Donnerstag, der 11. März 1976

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Donnerstag, 11. März 1976

Die Diskussion im Rundfunk über die Marktordnung mit Mussil,
Lanner, Erich Schmidt und mir, Diskussionsleiterin Dolores Bauer,
war für 9 Uhr angesetzt und der Techniker erschien erst nach
9 Uhr. Die ganze Diskussionsrunde musste warten. Ich hörte wie
Bauer irgendjemanden im Funkhaus anrief und ganz verzweifelt
fragte, wann denn endlich ein Techniker kommt. Die Antwort
war, die Einteilung hätte nicht geändert werden können und
um 9 Uhr beginne erst dessen Dienst. Unwahrscheinlich, wie schein-
bar auch dort die Rundfunkreform sich negativ auswirkt. Vielleicht
war es nur ein Ausnahmefall. Auf alle Fälle habe ich das seit
1945 – und seit dieser Zeit habe ich mit Rundfunkleuten zu tun –
noch niemals erlebt. Provokant habe ich angeboten, ins Studio der Ar-
beiterkammer zu gehen, dort würden wir sofort aufnehmen können.

In der Diskussion versuchten Lanner und Mussil die Regierung hart
zu attackieren, weil sie die einfachgesetzlichen Regelungen vor-
schlägt: Zerstörung der Sozialpartnerschaft, Versorgungskrisen
und ich weiss nicht was noch alles was die mindeste Prognose der
beiden. Schmidt hatte seine erste Rundfunk-Sendung in diesem Kreis
er war sehr gut vorbereitet und wirklich glaube ich mit guten
Argumenten versehen. Ich selbst strich nur heraus, dass die Re-
gierung regieren muss, und dass sie sich aus der Umklammerung
der Junktimierung befreien muss. Die Diskussion war deshalb
sachlich sehr schwer zu führen, weil z.B. Lanner mit einer
Frechheit sondergleichen behauptete, dass der Viehverkehrsfonds
niemals noch eine Weisung bekommen hat.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte einen Brief mit unseren Viehfonds-
Leuten genau ins Detail gehend vorbereiten, den ich Lanner schrei-
ben werde.

Mussil wieder hat ununterbrochen bei Ausführungen von mir dreinge-
redet. Da ihm dies optisch im Fernsehen wäre es noch deutlicher gewor-
den aber auch im Hörfunk akustisch sehr schadet, habe ich ihn
zuerst gewähren lassen, dann aber doch ganz energisch zurecht-
gewiesen. Die ganze Diskussion war glaube ich für den Hörer un-
interessant, weil er viel zu lange Statements der einzelnen hörte
und eigentlich gar keine richtige Diskussion erlebte.



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ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte Bandkopie verlangen.

Schwarz und Marhold berichten mir von der Aussprache mit der
Handelskammer über die Änderung der AHF-Beitragskosten-Über-
nahme durch de Handelskammer. Mussil hatte mich vorher telefonisch
verständigt, dass er einer Novelle zustimmt, die als Initiativ-
antrag der drei Parteien am Dienstag im Finanzausschuss eingebracht
werden soll. Auch eine andere Formulierung als der Rechnungshof
vorgeschlagen hat, ist ihm recht, da der Rechnungshofbeamte tat-
sächlich nur eines wünscht: jedwede Ausgaben des Ministeriums müssten
über den Budgetansatz des Handelsministeriums gehen. Mussil hatte
sich noch vorgestellt, dass eine Begrenzung mit 1 ‰ festgelegt
wird. Dagegen habe ich sofort Einspruch erhoben und erklärt, ich
beabsichtige keinesfalls, dass die Handelskammer ausgeräumt wird,
wohl aber dass nicht eine 1-‰-Grenze kommt, denn dann würde
jedermann versucht sein, sofort diesen Betrag auch tatsächlich zu
erreichen. Ich möchte dagegen es wirklich davon abhängig machen,
wie viele Minister eingeladen werden und wieviel dafür eben tat-
sächlich ausgegeben werden muss. Nach wie vor stehe ich auf dem
Standpunkt, ich möchte weder einen Budgetansatz dafür. noch möchte
ich für die Geschenke die Beträge ausgeben, sondern alles soll
sofort die Handelskammer bezahlen. Mussil war mit dieser Vorgangs-
wiese einverstanden, verlangte nur, dass wir einvernehmlich vor-
gehen sollten. Schwarz versuchte dann eine solche Formulierung
mit Reiger zu vereinbaren, d.h. wo keine Begrenzung vorgesehen ist,
Reiger bestand aber auf Einvernehmen. Schwarz hat dann sofort in
meinem Auftrag angeboten, dass mit einem Briefwechsel festgehalten
wird, wie vorgegangen werden soll. Marhold hatte nur den einzigen
Wunsch, einen solchen Briefwechsel nicht in einen Akt eingehen zu
lassen.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte lass für Dienstag-Ausschussitzung
genau Infomieren und die vereinbarte Formulierung geben.

Beim Parteitag war bezüglich des Termins, d.h. des Zeitplanes
eigentlich sehr gut organisiert. Anstelle der langen Begrüssungen
hatte Gratz nur einleitend als Landeshauptmann und damit als Wiener
Gastgeber gleich ein kleines politisches Einleitungsreferat gehalten.
Der Bericht von Fischer als wirklich erster Tagesordnungspunkt
über die Tätigkeit der Parlamentsfraktion fiel wesentlich anders
aus als dies ich bis jetzt gehört hatte. Fischer hatte auch sofort


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erkannt, es ist nicht wichtig, trockene Berichte zu bringen,
sondern auch gleich ein politisches Referat zu halten, welches
die ÖVP entsprechend attackiert. Dadurch wurden immer wieder seine
Ausführungen mit Beifall des Parteitages bedacht. Diese Vorgangsweise
des Klubobmannes in seinem Bericht war neu, denn bis jetzt war
es meistens so, dass alle Berichte auch die dann der Zentralsekretäre
mehr oder minder sehr trockene Materien waren. Aber selbst Marsch
hat diesmal einen Bericht gebracht, wo er öfters Beifall erhielt.
Blecha hat selbstverständlich wie erwartet, ein rhetorisch aber
auch inhaltlich oft mit Beifall unterbrochenes Referat gehalten.
Einer Formulierung kann ich nur beim besten Willen nicht zustimmen:
Sozialismus ist der vollendete Liberalismus. Ich hätte eigentlich
erwartet, dass dann in der Diskussion über diese Behauptung über-
haupt über das Bestreben, den Sozialismus ganz anders zu definieren
als dies erstens der geschichtlichen Entwicklung und zweitens wahr-
scheinlich auch seiner Zielvorstellung entspricht, wesentlich mehr
diskutiert wird. Bei aller Anerkennung der Öffnung der Partei
zum liberalen Flügel hin oder zu dem liberalen Wähler besser gesagt,
irgendwo muss es eine einwandfreie theoretische Abgrenzung geben.
Nicht dass mich dieser Zug stört, ganz im Gegenteil, ich stehe nach
wie vor auf dem Standpunkt, dass sich die sozialdemokratische Partei
in der ersten Republik ganz anders entwickelt hätte, wäre sie nicht
so dogmatisch gewesen. Nicht dass mich diese Entwicklung jetzt in
der zweiten Republik ganz besonders unter der Obmannschaft von Kreis-
ky
stören würde, sondern wahrscheinlich bringt sie uns wirklich Wäh-
ler, ich glaube nur, dass letzten Endes aber auch unsere Linken
in der Partei doch stärker mit ihren Auffassungen in Erscheinung
treten müssen und sich vielleicht sogar auch gegenüber einer zu
weiten liberalen Abweichung zur Wehr setzen müssten. Irgendwann ein-
mal kann sonst die grosse Gefahr entstehen, dass uns Arbeitergruppen
die von der Gewerkschaftsseite her schon sehr stark pragmatisch
beeinflusst werden, rein gefühlsmässig als zu weit rechts ablehnen.
Wenn nur eine Spur der Linken und nur ein Gedanke der Linken
richtig ist, so sicherlich der, dass ein Teil der Arbeiter noch im-
mer in Klassenkampfkategorien denkt. Gerade ich als Rechter bemühe
mich immer wieder diese Erkenntnis zu berücksichtigen. Umso mehr
war ich eigentlich von der Diskussion enttäuscht, als selbst die
Linkesten, Hindels z.B., gar nicht auf dieses Phänomen eingingen.
Hindels hielt zwar rhetorisch eine wirklich zündende Ansprache,
machte Formulierungen wie Ämterkumulierung ist Mangel an sozialistischem
Bewusstsein, aber keinerlei Kritik an der liberalen Haltung oder


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Ausrichtung unserer Partei. Wahrscheinlich haben aber die linken
Kräfte es innerhalb unserer Partei jetzt selbst sehr schwer, mit
ideologischen Fragen sich durchzusetzen, wo die pragmatischen
Erfolge Kreiskys alles überstrahlt. Kreisky selbst dürfte dies
auch spüren und hat bis jetzt von einer kleinen Kulturrevolution
des Parteitages in Zeitungen angeblich gesprochen. Bis jetzt kann
ich dies nicht feststellen. Vielleicht kommt es dann nach seinem
Referat.

Die meisten Diskussionsredner beschäftigten sich natürlich mit den
Problemen, die ihre delegierenden Organisationen betrifft. Uhlir
für die Pensionisten, Sallaberger für den Freien Wirtschaftsverband,
Huber für die Arbeitsbauernbündler, der besonders darauf hinwies,
dass der Viehverkehrsfonds weggehört, der Getreideausgleichsfonds
fraglich ist und nur der Milchfonds unbedingt bleiben muss, wegen
der einheitlichen Milchpreise, insbesondere für die Bergbauern.
Der Beirat im Landwirtschaftsministerium soll nicht durch die Inter-
essenvertretungen sondern durch die Stärke der einzelnen Parlaments-
fraktionen besetzt werden- Dadurch hofft der Arbeitsbauernbund wahr-
scheinlich auch eine entsprechende Vertretung zu bekommen. Der
Zufall wollte es, denn hier war sicherlich keine Regie von Seiten
des Vorsitzenden, dass Benya nach dem Arbeitsbauernbündler zu sprechen
kam und sich sofort auf die Marktordnungsgesetze stürzte. Er hat neuer-
dings ganz stark herausgestrichen, dass die Marktordnungen jetzt aus-
laufen können, dass er sogar hier in diesem Fall eine gewisse
einige Monate dauernde Unsicherheit und vielleicht sogar Versor-
gungsschwierigkeiten erwartet, dass aber unter gar keinen Umständen
die jetzige Marktordnungsform verlängert wird. Warum sich Benya so
stark öffentlich festlegt, ist mir nicht ganz klar. Ausser er möchte
wieder einmal beweisen, dass er als starker Mann so wie bei der
Erhöhung der Einlagenzinsen sich gegen Zauderer durchsetzt, auch
dann wenn es dem zuständigen Minister nicht passt. Natürlich war
bei seinen Ausführungen verhältnismässige Ruhe im Saal und ganz
besonders mehrere Beifallszustimmungen des Parteitages. Ansonsten
aber ist es im Parteitag so unruhig, dass selbst der Vorsitzende
immer wieder mahnen muss, man soll Gespräche gegebenenfalls draussen
führen. Früher war es auch immer üblich, in den Foyers mehr Dele-
gierte zu treffen als im Saal. Jetzt ist die Besetzung im Saal sehr
gut aber scheinbar hört nur ein ganz geringer Teil zu. Was mir auch
ganz besonders aufgefallen ist, dass sich so viele Frauen zu Wort
melden, dass fast immer ein Mann – eine Frau zur Diskussion kommt.



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Ebenso applaudieren die Frauen immer wieder den weiblichen Diskussions-
rednern auch zwischendurch, selbst wenn dieser Applaus dann ganz
spärlich ist. Da macht sich dann der nur 16 %-ige Anteil der Frauen
am Parteitag bemerkbar. Ansonsten aber haben sie sich wirklich sehr
militant ausgerichtet, scheinbar beschlossen die Diskussion nicht
den Männern zu überlassen und ganz besonders durch entsprechende Unter-
stützung ihrer Diskussionsrednerinnen ihre Anwesenheit militant zu
unterstreichen.

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Tagesprogramm, 11.3.1976


Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Präs. Kuratorium des Dorotheums


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      Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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        Tätigkeit: Präsidialist HK


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          Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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                Tätigkeit: MR HM
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                    Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                      Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


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                          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
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                            Tätigkeit: -obmann


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                                Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                  Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                    Tätigkeit: SPÖ-Zentralsekr.


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