Montag, 9. Feber 1976
Beim Jour fixe mit Mussil allein, beginnt dieser sofort über
die einfach gesetzlichen Regelungen von Preis- und Marktordnungen
zu reden. Mein Hinweis, daß Schleinzer dies auch versuchte und
deshalb auch die ÖVP aus diesem Dilemma einen Ausweg sucht, gibt
Mussil zu bedenken, daß dies der beste Beweis sei, daß es eben
nicht geht. Auch die ÖVP müßte von diesem Weg Abstand nehmen, da
es verfassungsmäßig nicht möglich ist. Mussil spricht von advo-
katorischen Verfassungstrick. Nach seiner Meinung ist Verfassungs-
artikel 10.215 nur im Gefolge eines Krieges Wirtschaftskompetenzen
beim Bund sind eindeutig, daß eben nicht im Gefolge eines Krieges
alle Wirtschaftskompetenzen bei den Ländern liegen. Ich lasse mich
auf diese Verfassungsdiskussion erst gar nicht ein, sondern verweise
daß der Verfassungsdienst einwandfrei das Preisgesetz und auch die
einfach gesetzlichen Marktordnungen zugestimmt hat.
Mussil selbst kommt auf die Semmelpreisfrage zu sprechen und
meint, er kenne keine Vereinbarung, daß die Semmelpreise diesmal
nicht erhöht würden. In der nächsten Paritätischen Kommission
wird er deshalb den Antrag auf Semmelpreiserhöhung unterstützen.
Ich verweise darauf, daß ich ihm am Telefon ja ausdrücklich mit-
geteilt habe und Dr. Rief es ihm und auch mir bestätigte, daß die
Vereinbarung eindeutig gelautet hat, daß wir den Brot- und Mehl-
preis in der Preiskommission erhöhen müssen und damit die Zug-um-
Zug-Vereinbarung erfüllt sei. Die Bundeswirtschaftskammer befindet
sich in einer schlechten taktischen aber auch moralischen Situation.
Die Vereinbarung war ganz klar, die Bundesinnung der Bäcker hält
sich nicht daran. Die Bundeskammer kann aber die Bäckerinnung auch
wieder nicht in Stich lassen. Mussil selbst hat damals noch aus-
drücklich mir gesagt, er fürchtet, daß die Bäcker sehr bald einen
Antrag auf Semmelpreiserhöhung stellen werden; dieses Recht haben
sie natürlich, daß sie aber den Lohnvertrag nicht unterschreiben,
ist sicherlich ein glatter Bruch der Vereinbarung.
Die Handelskammer hat jetzt große Schwierigkeiten mit der Land-
wirtschaft, weil diese die Metallarbeitertangenten-Regelung, d.h.
die Preiserhöhung im Gefolge des Metallarbeiter-Kollektivvertrages
nicht akzeptieren will. Die Landwirtschaft lehnt jedwede Erhöhung
ab, solange nicht ihre Forderung auf Getreidepreiserhöhung, die
nicht einmal noch eingebracht ist, nicht bereits von der Handels-
kammer offiziell unterstützt wird. Ich erkläre Mussil, daß ich keine
29-0159
Chance sehe, heuer neuerdings eine Getreidepreiserhöhung
vorzunehmen.
Mussil teilt mir mit, daß Dr. Dorn, der im Bürgesausschuß sitzt,
auch in Hinkunft im E-u.-E-Fonds und in der ERP-Kommission tätig
sein wird. Die Bürges Aktivitäten gebe ich Mussil, die Zusammen-
stellung über die Erhöhung des Antrages-Volumens und auch die
Erledigungen aller Bürgesaktionen. In der Mittelbetriebsebene
ist bereits eine deutlich sichtbare Investitionssteigerungsneigung
festzustellen. Ich bin aus überzeugt, daß dies früher oder später
die Großindustrie erfassen wird. Kritisch ist nach wie vor die
Eisen- u. Stahlindustrie. Mussil interessiert ganz besonders ob die
Prämienaktion bei der Bürges eingeschlagen hat.
Anmerkung für WAIS: Bitte entsprechenden Bericht von der Bürges
verlangen.
Im Energiesicherungsgesetz meint Mussil, er müsse sich jetzt
stärker in die Verhandlungen einschalten. Die ÖMV hätte eine hin-
haltende Taktik, da sie bereit wäre, gegebenenfalls wenn es zu
keiner Vereinbarung mit den Internationalen kommt, die Lager allein
zu errichten. Darin sieht die Handelskammer eine große Gefahr. Die
ÖMV hat heute eine Differentialrente, da die Inlandsproduktion ?
bei der Preisfestsetzung, aber auch bei dem Internationalen Energie-
vertrag außer acht bleibt. In anderen europäischen Staaten und
auch überseeischen Staaten wird diese Diffenrentialrente abge-
schöpft, dies müsse man auch gegebenenfalls bei der ÖMV in Erwägung
ziehen, wenn die ÖMV eine Politik macht, die sich gegen den Staat
oder gegen die anderen Mitkonkurrenten wendet. Hier hat die Handels-
kammer ähnliche Ideen wie sie auch seinerzeit die Arbeiterkammer,
Dr. Zöllner, vertrat. Ich glaube aber, dass dies nicht notwendig
sein wird und von mir nicht unterstützt würde. Die ÖMV wird sich
mit den Internationalen einigen, denn ich lege Wert darauf, auf
einer breiten Basis die Lagergesellschaft und die Versorgung zu
sichern. Wenn die autorisierten Lagergesellschaften, wahrscheinlich
wird es ja nur eine große geben, die anderen Firmen die importiert
bei sich lagern lassen, dann brauch ich nur die Tarife dieser Lager-
gesellschaften feststellen und einen Kontrahierungszwang statuieren.
Dieser muß gar nicht im Gesetz drinnen stehen, sondern genügt, wie
ich Mussil erkläre, auch in der Tarifanordnung. Das einzige Problem
ergibt sich, wenn die Lager voll sind von den Gesellschaftspartnern
und kein Dritter mehr dann hinein kann. Hier muß man vorsehen, daß
dann gegebenenfalls das Lagerrecht der Dritten Vorrang hat.
Mussil verlangt neuerdings, daß ein unabdingbarer Preisbestand-
teil diese Lagerkosten im Gesetz verankert werden müssen. Ich
erkläre Mussil, so wie ich dies den nationalen und internationalen
Vertretern gesagt habe, daß es sich hier nur um eine verbale Er-
klärung handelt, die keinerlei praktische Konsequenz bei der Preis-
festsetzung haben kann und wird. Was immer bei den Preisen amtlich
festgesetzt wird, selbst wenn es sich um eine Preissenkung handelt,
werde ich stets erklären, die erhöhten Lagerkosten sind bereits in
dem Preis beinhaltet.
Mussil beschwert sich, daß noch unter Römer die Industriesektion
bezüglich des Hafens Enns mit der Industrie Sektion der Bundes-
handelskammer und mit der OÖ Handelskammer Kontakt aufgenommen
hat ohne daß die Bundeshandelskammer davon was wußte. Er ersucht
mich, ich sollte neuerdings in Erinnerung rufen, daß wir vereinbart
haben, immer die Bundeshandelskammer zu verständigen. Ich kann mich
zwar auf eine solche Vereinbarung expressis-verbis nicht erinnern,
wohl aber habe ich ihnen zugesagt, daß wir mit der Bundeshandels-
kammer Kontakt aufnehmen wollen.
Anmerkung für TIEBER u. PLESCH: Am besten werde ich bei der nächsten
Sektionsleitersitzung einen neuen Hinweis darauf geben. Bitte nächste
Sektionsleitersitzung festlegen.
Natürlich kam neuerdings die Frage der Römer-Nachfolge zur Sprache.
Mussil meinte, die Kommission setze sich aus 2 zu 2 zusammen. Er
bezog dies auf die politische Färbung, ich erklärte sofort, dies
ist im Gesetz vorgesehen, 2 vom Dienstnehmer, 2 vom Dienstgeber.
Nach wie vor erklärte er, der Wanke sei von mir gezwungen und
Gröger und Steiger seien neben einem Dritten, der Blutgruppe 0 hat,
wie er sich ausdrückte, deren Namen aber nicht nannte, er meinte
sicherlich Zembsch, die Kandidaten, die sie unterstützen. Ich er-
klärte einmal mehr, daß die Kommission mir entsprechende Vorschläge
nach objektiven Gesichtspunkten machen wird und ich daher noch gar
nichts sagen kann, wer der erste Kandidat auf diesen Posten ist
und sein wird. Die Handelskammer hat nur von mir verlangt, daß nicht
ein Vertreter der Verstaatlichten Industrie es sein soll, weshalb
viele Kandidaten sich erst gar nicht aus diesem Bereich meldeten.
Die Bundeskammer selbst hatte keinen Kandidaten nominieren können
wegen der schlechten Bezahlung und die Personalvertretung verlangt
wieder, daß es unbedingt ein Kandidat aus dem Handelsministerium
sein soll. Dies sind die Forderungen, die ich bis jetzt gehört habe.
Politische Gründe mag es sicherlich da und dort geben, die
aber bis jetzt noch keine Rolle gespielt haben. Ich verspreche
Mussil, beim nächsten Jour fixe eine Liste aller Anwärter ihm
zu geben.
Anmerkung für PLESCH: Bitte zum nächsten Jour fixe mir Liste
mitgeben.
Mussil verspricht, das Institut für Formgebung positiv dem
Präsidium zu empfehlen, das am 24. Feber über den Subventions-
antrag endgültig entscheiden wird. Es wird noch ein detaillierter
Bericht des Instituts verlangt.
Zur Novelle des Aussenhandelsförderungsgesetzes hat Mussil große
Bedenken. Er ist mit der Formulierung des Rechnungshofes nicht
einverstanden, daß es hier heißt, die wirtschaftspolitischen Ver-
handlungen des Handelsministeriums seien berücksichtigen und möchte
die Einschränkung auf handelspolitisch, dies kann ich sofort zu-
stimmen, weil er befürchtet, daß Kreisky der auch natürlich als
Bundeskanzler in der Handelspolitik, wie er sich ausdrückt, rum-
fuhrwerkt, Lanc in der Verkehrspolitik, Androsch in der Währungs-
politik, dann ebenfalls vielleicht Forderungen an den Handels-
kammerfonds stellen würde. Ausserdem hätte man ihm ausgerechnet,
daß 1985 bereits ein Defizit in diesem Fond zu verzeichnen ist,
wenn die Entwicklung sich nach den jetzigen Prognosen abspielt.
Zu diesem Zweck, weil ich dies bezweifelt, ruft er Gleissner und
der expliziert mir, daß seit 1955 bis 1974 der Aussenhandel nominell
um 11 % zugenommen hat. Wenn diese Tendenz weiter ist, ist 1985
laut Wirtschaftsforschung eine Pleite bereits errechnet. Die Kosten
der Aussenhandelsstellen, insbes. der Mieten usw. im Ausland steigen
ins gigantische. In Wirklichkeit verweise ich darauf, daß die
Sozialistische Regierung seit 1970 eine wesentlich stärkere Aus-
dehnung des Aussenhandels erreicht hat und ich auch überzeugt hin,
daß es in Hinkunft mehr als 11 % nominell sein werden. Ausserdem
habe ich Mussil bereits vor Jahren darauf aufmerksam gemacht, daß
er mit den fixen Kosten, d.s. insbes. die Löhne auf diesem Sektor,
durch Neueinstellungen sehr vorsichtig vorgehen soll. Gleissner
ist der Meinung, daß mit der Formulierung des Rechnungshofes die
Ausgaben für die Österreichische Fremdenverkehrswerbung für den
Ski-Pool und wie ich jetzt zum ersten Mal erfahre auch ein Studenten-
heim in Starkfriedgasse gedeckt ist. Wenn die Bundeskammer sich
29-0162
nicht besser in der neuen Novelle dann, die durch Initiativ-
antrag eingebracht werden soll, absichert, ist dies ihre Ange-
legenheit.
Beim Journalistenfrühstück muß Tieber den Vorsitz führen, weil
Puffler erkrankt ist. Tieber würde die Vorsitzführung bei diesen
Frühstücken wahrscheinlich in kürzester Zeit viel lebendiger ge-
stalten, trotzdem glaube ich, sollten wir davon Abstand nehmen um
Puffler nicht zu verärgern. Den großen Vorteil, den Puffler hat,
ist, daß er ein formeller Vorsitzender ist, der dafür alle Anwesenden
persönlich kennt. Ich habe mit vielen schon fünf Jahre zu tun und
kenne sie noch immer nicht nach Namen. Interessant war, daß wir
ein einziges Thema hatten, nämlich Bericht Meisl über die Tätigkeit
im Rahmen der EG, er wird jetzt Vorsitzender des Gemischten Aus-
schusses und folgt damit Reiterer nach, daran hätte sich überhaupt
keine Diskussion geknüpft, wenn ich nicht dann provozierend viele
Details und insbes. unsere Landwirtschaftspolitik in der EG erörtert
hätte. Dann entwickelte sich über die Preisanträge und die Energie-
versorgung eine so lange und lebhafte Diskussion, daß wir weit über
eine Stunde hinaus die Pressekonferenz ausdehnten. Es ist schrecklich
von vornherein festzustellen, wie die Besprechung beim Journalisten-
frühstück läuft, resp. laufen soll, die einzige Chance, die ich
sehe, ist, daß man einige interessante Themen mit unseren Journalisten
vorher abbespricht damit sie gegebenenfalls hier Anfragen richten.
Da die Journalisten aber meistens keine Detailkenntnisse haben,
stellt sich dieses Frage-Antwort-Spiel auch als viel schwieriger
heraus als ich jemals vermutete. Hier hat Tieber noch eine ungeheure
Erziehungsaufgabe vorzunehmen.
Anmerkung für TIEBER: Wie kann man wirklich unsere Journalisten bes-
ser informieren und aufklären, damit sie dann zur Diskussion oder zu-
mind. zu richtigen Fragen imstande sind?
Beim Mittagessen für den tunesischen Aussenminister hat der jetzige
Botschafter in Tunis, der meine Frau sehr gut kennt, sie ersucht,
auf alle Fälle mich bei dieser Reise zu begleiten. Da die Tunesier
diesen Termin für Feber abgesagt haben, besteht tatsächlich eine
Möglichkeit eine solche Reise zu arrangieren.
Anmerkung für WAIS: Bitte Übernachtungsmöglichkeiten in österr.
Botschaft in Tunesien mit anwesendem österr. Botschafter sofort
besprechen.
Aussenminister Bielka macht mich darauf aufmerksam, daß der
Vertreter von Steyr-Daimler-Puch, Weichselbaumer, der viele
Geschäfte macht, die Anstoß selbst bei der Abwicklung der Steyr-
Geschäfte auslösen, auch scheinbar eine eigene Firma hat unter
anderem hat er aus Deutschland nach Südafrika über Österreich
Explosivstoffe transitieren wollen. Das Aussenamt ist durch
Zufall auf dieses Geschäft gestoßen und hat nun ein Veto für
diese 9 Waggon Sprengmittel eingelegt, der französische Botschafter
hat gegenüber Bielka angedeutet, daß hier oft in Österreich jetzt
sowie nach Griechenland z.B. Sprengstoff-Transaktionen vorgenommen
wurden. Dies widerspreche den Neutralitätsgedanken Österreichs,
dies gilt ganz besonders natürlich für Lieferungen nach Südafrika.
Aus diesem Grund möchte Bielka, daß nun im Handelsministerium auch
mit Transitgenehmigungen vorsichtiger umgegangen wird. Er kommt
in die größte Verlegenheit, wenn er jetzt von verschiedenen Seiten
wegen dieses leichtfertigen Verhaltens Österreichs angegangen wird.
Ich stimme mit Bielka vollkommen überein, daß uns die Geschäfts-
interessen einer Firma hier wesentlich weniger interessieren dürfen
als unser allgemeiner bis jetzt noch absolut integrer Ruf ein
neutraler Staat zu sein. Ich ersuche Meisl, sofort nach meiner Rück-
kehr die Angelegenheit zu überprüfen und einen Bericht vorzulegen.
Anmerkung für WAIS: Wieso ist es möglich, daß wir nur durch Zufall
von solchen Geschäften erfahren?
Gen.Dir. Bauer und Feichtinger kommen wegen der Preiserhöhungs-
anträge. Zuerst kläre ich die Frage der Einlagerung, d.h. den
Syndikatsvertrag zwischen ÖMV und Internationalen. Die ÖMV verlangen
so wie bei der AWP 51 % und sind auch überzeugt, daß sie dies durch-
setzen können. Ich stimme dieser Meinung bei, daß diese größte
nationale Gesellschaft mit Recht 51 % verlangen kann. Die ÖMV wird
400.000 Tonnen Lager in die Lagergesellschaft einbringen, ausserdem
ist sie bereit, sofort in Lannach ein Rohöllager zu errichten und
200.000 Tonnen von der ÖMV dort bereit zu stellen. Die Internationa-
len haben sich noch nicht entschieden, wie groß ihr Anteil dort
sein wird, möchten aber insbes. Produkte lagern. Bis 1980 müßten
1,3 Mio. Tonnen Lager vorhanden sein, damit der Int. Energieagentur-
Vertrag erfüllt ist. Die ÖMV verlangt aber unbedingt, daß die Firmen-
lager weiter errichtet werden können. Die Internationalen möchten,
daß nurmehr die Lagergesellschaft Lager errichten darf. Trotzdem
ist Bauer zuversichtlich, daß er mit den Internationalen in Kürze
29-0164
zu einer Syndikatsvereinbarung kommen wird. Ich erkläre mein
ausdrückliches Interesse so schnell als möglich hier eine
positive Erledigung zu erreichen, da erst nach Gesetzwerdung
im Handelsunterausschuss ich bereit bin über die Preise konkret
zu verhandeln.
Bezüglich der Preiswünsche meint Bauer und Feichtinger, daß
sie auf alle Fälle erwarten, die 50 Groschen Mineralölsteuer
nicht wirksam wird. Der beste optische Ausweg wäre, wie Neuhold
berichtet, daß man die 50 Groschen auf das kg bezogen hat und
nicht auf Liter wie jeder meinte. Wenn auf kg bezogen wird, dann
sind das ungefähr 38 Groschen je Liter und würde ungefähr in der
Kalkulation unterzubringen sein, demgegenüber steht allerdings
ein Entwurf des Finanzministeriums den die Sektion IV im Bundes-
kanzleramt schon besitzt wo mitgeteilt wird, daß 660 Schilling
pro Tonne, d.s. 50 Groschen pro Liter Mineralölsteuer für Benzin
und Dieselöl erhöht werden soll, dies brächte 1,9 Mia. Schillinge
pro Jahr. Da ab 1. März in Aussicht genommen ist die Steuer einzu-
führen, würde dies für 8/12 eine Mia. Schilling bedeuten. Die ÖMV
spricht sich nicht nur gegen die Höhe, sondern noch mehr gegen
Erhöhung des Dieselmineralölsteuerpreises aus; damit würde der
ganze Dieselpreis neuerdings ins Wanken kommen, kalkulations-
mässig müßten die Preise von 6.50 auf 7.77, von 5.80 auf 7.27
von 3.00 auf 3.55 und von 5.30 auf 6.74 erhöht werden. Wenn nun
aber wie vorgesehen der Super nur mehr um 80 Groschen von 6.50 auf
7.30, der Normalbenzin auch nur um 80 Groschen und nicht wie die
ÖMV meint um 1 Schilling, von 5.80 auf 6.60 erhöht wird, das
Ofenheizöl mit 3.-- unverändert bleibt und der Diesel statt 5.30
nur 5.70 kostet würde der Produktenpreis um 270 Schilling die
Tonne untergedeckt sein. Bei 3 Mio. Tonnen Rohöl, die die Inter-
nationalen einführen würden sie eine 1/2 Mia. Schillinge jährlich
verlieren. Die Internationalen können daher diese Preise nicht
akzeptieren. Ich erkläre, die große Schwierigkeit besteht darin,
den Heizöl-Extra-Leicht-3.00-Schilling-Preis auch nur um
10 Groschen zu erhöhen, bezüglich Normalbenzinerhöhung muß sie
genau so hoch sein wie für Super, da die Index-Berechnung derzeit
auf Normalbenzin aufgebaut ist und daher kaum eine stärkere
Groschenbelastung als wie bei Super vom Finanzminister und von
anderen Stellen akzeptiert wird. Für Dieselerhöhung bin ich eigent-
lich nur indirekt zuständig, wenn die ÖMV imstande ist den Finanz-
minister davon zu überzeugen, daß er von der Steuererhöhung Abstand
29-0165
nimmt, lege ich keinen besonderen Wert darauf, Dieselöl zu
erhöhen. Alle die Preisvorschläge der ÖMV bauen sich natürlich
auf ihre reine Verkaufspolitik auf. Die große Schwierigkeit,
die die ÖMV hat, ist, daß sie als Raffinerie dann übrigbleibt
weil auch die Internationalen nur die Pflichtraffinierung durch-
führt; dies ist nur ein Drittel der jetzt effektiv durchgeführten
Raffineriemenge. Die anderen zwei Drittel fürchtet die ÖMV, würden
die Internationalen Produkte aus ihren Raffinerien importieren,
damit würde das Verarbeitungsgeschäft für die ÖMV verloren gehen.
Bauer und Feichtinger werden mit dem Gewerkschaftsbund und der
Arbeiterkammer gemeinsame Gespräche führen um die offenen Frage
zu klären. Ich selbst erkläre neuerdings, erst in konkrete Ver-
handlungen einzutreten, bis im Unterausschuß das Energiesicherungs-
gesetz beschlossen ist.
Die Algerien-Gas-Verhandlungen bringen, wie Bauer mir mitteilt,
einen höheren Gaspreis, der derzeit schon 15 % über Heizöl, schwer
liegt und deshalb uninteressant sei, er wird mit Gen.Dir. Reisinger
die Algerien-Gas-Probleme besprechen und dann werden beide zu mir
kommen. Wieder einmal mehr zeigt sich für mich, daß die ÖMV große
Angst hat von anderen Firmen in deren Monopolstellung bezüglich
der Importpolitik doch noch verdrängt zu werden. Seinerzeit hat
die ÖMV geschlafen als die Austro-Ferngas sich im Algerien-Gas-
geschäft soweit verankern konnte und sie fürchtet noch immer, daß
die Austro-Ferngas mit den Franzosen gemeinsam irgendwelche Importe
tätigen könnte, deshalb will sie dieses Geschäft an sich reißen.
Auf der einen Seite macht sie den Algerien-Gas-Vertrag immer als
ungünstig darstellend fast unmöglich auf der anderen Seite aber
versucht sie, wenn schon aus Algerien Gas importiert wird, daß dies
nur über die ÖMV erfolgen kann. Ich persönlich habe für diese
Politik volles Verständnis, wundere mich nur, daß die ÖMV seit
Jahren diese Politik nicht zeitgerecht erkannt hat, jetzt ist die
Austro-Ferngas am Zug und die ÖMV kann natürlich nur mit der Austro-
Ferngas gemeinsam zu einer Lösung kommen. Ich selbst muß als
Handelsminister in diesem Fall auch die Interessen anderer Gesell-
schaften entsprechend berücksichtigen und wahren.
Dr. Schachner, der Anwalt der ÖMV führt die Vorlage des Gasvertrages
mit Iran, hat mir jetzt persönlich diese Verträge geschickt, ich
habe sie unter Verschluß dem S.Chef Frank gegeben und werden, weil es
29-0166
es Schachner so wünscht, wieder über mein Büro den Vertrag
dann retournieren. Bei dieser Gelegenheit habe ich Schachner
bereits telefonisch angekündigt, wird von mir dann auch bescheid-
mäßig bestätigt, daß ich diesen Vertrag genehmigt habe, damit
ist die Affäre Frank ÖMV einigermaßen beigelegt. Bauer gibt nur
Frank noch immer nicht die Hand, sondern findet dann immer irgend-
welche verbindlichen Worte warum er vom Shake-Hands Abstand nimmt.
Bauer ist, das glaube ich wirklich, beleidigt obwohl er dies bei
den Verhandlungen nicht mehr so deutlich zeigt. Was Bauer am
meisten kränkt ist glaube ich, daß er es war, der sich für die
Berufung Franks als Sektionsleiter ganz besonders innerhalb der
Handelskammer und der ÖVP eingesetzt hat; er hat sich dafür mehr
Dank versprochen.
Anmerkung für TIEBER: Bitte versuche auch hier ausgleichend zu
wirken und vor allem achte, daß die Anzeige unverzüglich zurück-
gezogen wird.
Tagesprogramm, 9.2.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)