Donnerstag, 5. Feber 1976
Botschafter Reiterer geht jetzt in Pension und hat sich von
mir verabschiedet. Natürlich kam ich darauf zu sprechen, ob er
seine Berufung als Botschafter nach Brüssel als den Höhepunkt
seiner Karriere betrachtete. Er bejahte dies, meinte allerdings
es war ein schwerer Einsatz, denn er musste von 9.00 Uhr früh
bis spät in die Nacht, auch Samstag, Sonntag entsprechend die
Partys und sonstigen Veranstaltungen stets mit seiner Frau
immer dabei sein. Er fragte mich ob er sehr offen sein soll und
beschwerte sich dann nur, dass die Berufung zu dieser Botschafts-
tätigkeit nicht sehr schön war. Im September wurde ihm mitgeteilt,
dass er nach Brüssel gehen soll und im Juni hatte ich in Luxemburg
Leitner bereits mitgeteilt und mehr oder minder gefragt, dass er
vom Posten Brüssel jetzt weg soll. Meine Ausrede, dass er sich hier
nur um ein klärendes Gespräch gehandelt hat, glaubte er sicher nicht.
Auch der Einfall, der mir plötzlich kam, ich kämpfte um den Posten
erstmalig für einen Handelsministervertreter zu erreichen, bis zu
diesem Zeitpunkt waren es immer Vertreter des Aussenamtes und in Zu-
kunft werden sie es wieder sein, nahm er mir sicherlich auch nicht
ab. Andererseits hat er sich sehr erstaunt von mir zu erfahren, dass
die ganze Frage auch im Parlament von der ÖVP zu einer Attacke gegen
mich benützt wurde. Die ganze Diskussion war nicht sehr ehrlich und
eigentlich jetzt vollkommen überflüssig. Nachher ärgerte ich mich
schon ein wenig über mich selbst. Als ich Wanke anschliessend das
ganze Problem schilderte meinte dieser mit Recht, er ist gespannt
ob Reiterer jetzt wirklich die Konsulententätigkeit bei der Industrie
die man ihm zugesichert hat, aufnehmen wird. Mir gegenüber meinte
Reiterer auf meine Frage was er in Zukunft machen wird, derzeit
schlichtet er seine Bücher nach der Rückkehr aus Brüssel. Er ist
mit der Übersiedlung noch sehr beschäftigt.
ANMERKUNG für WANKE: Bitte verfolge ob tatsächlich die Industriellen-
vereinigung ihr Versprechen hält.
Dr. Bernfeld der Leiter der Verwaltungsakademie, die im Schloss
Laudon unterkommen soll, diskutierte mit Wanke und mir seine Zu-
kunftspläne und Schwierigkeiten die er erwartet. Die CV-ler im
Bundeskanzleramt und wahrscheinlich in allen Ministerien, aber auch
der Bund Sozialistischer Akademiker waren ja mit der ganzen Idee
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der Verwaltungsakademie nicht sehr glücklich. Andererseits verwies
Wanke darauf, dass jetzt der ÖAAB eine Studie herausgegeben hat,
die sich weitestgehend den Ideen, die dieser Verwaltungsakademie
zugrunde liegen, zugestimmt hat. Wanke hat bereits in der Arbeiter-
kammer und dann ganz besonders im Institut für Gesellschafts-
politik sich immer für diese Ideen eingesetzt. Neben den Aufstiegs-
möglichkeiten für tüchtige B-Beamte in A soll sie auf Management-
schulung für alle Beamten ausgerichtet sein. Diese Arbeit haben wir
im Handelsministerium für Jahren begonnen, weshalb wir schon aus
diesem Grund die Verwaltungsakademie sehr begrüssen. Wanke und ich
haben Bernfeld die ganze Unterstützung zugesagt. Er war darüber sehr
erfreut, weil er sich der Schwierigkeiten auch in vielen Ministerien
mit den leitenden Beamten, selbst bei manchen Sozialisten voll-
kommen klar ist.
Sekretär Glück von den Metallarbeitern als Obmannstellvertreter
im Verbund Aufsichtsrat informierte mich zum Glück über die Details
der Verbundreorganisation. Die Betriebsräte hatten mit den sozia-
listischen Direktoren in Kaprun die notwendige Reorganisation im
Personalwesen der Verbund eingehend besprochen. Nach einer tagelangen
Diskussion wurde verlangt, dass die Personalfragen von Vorstands-
direktor-Stellvertreter Arthold wegkommen und den gesamten Vorstand
unterstellt werden. Bis zum Jahre 1960 war auch das Personalwesen
dem Generaldirektor unterstellt. Arthold selbst hat, wie mich Glück
informierte, weder in der Personalpolitik, noch in der Personalführung
auch nur annähernd eine Tätigkeit entfaltet, die als sachlich
richtig bezeichnet werden kann. Er überreichte mir ein ausschliess-
lich für mich bestimmtes Papier, wo auf diese Schwachstelle der
Verbundgesellschaft besonders hingewiesen wurde. Beim Rausgehen
traf er Präsident Weiss von der Verbundgesellschaft, was mir sehr
recht war, um zu dokumentieren, dass ich eine Aussprache mit Weiss
vorher mit einer Information von meinen Freunden und Genossen
einleitete.
Präsident Weiss informierte mich, dass er im Namen der ÖVP des
Obmannes Taus komme, um sich erstens zu beschweren, dass man
jetzt Arthold in seiner Funktion wesentlich beschneidet. Er ver-
liert 104 Angestellte aus seiner Kompetenz, allerdings davon 50
Arbeiter und es verbleiben ihm ganze 56. Die ÖVP hat erwartet,
dass die Neuorganisation der Verbundgesellschaft, die mit 1.1.74
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durchgeführt wurde, für alle Zeit einen Schlußstrich unter die
Kompetenzaufteilung setzt. Jetzt wird nach Salami-Taktik schein-
bar wieder ein Stück aus der Kompetenz der ÖVP der SPÖ übertragen.
Dagegen müsse er protestieren. Insbesondere aber beschwerte er sich,
dass man mit ihm oder der ÖVP nicht verhandle, sondern entsprechende
Vorschläge vorlegt und erklärt, die müssten angenommen werden.
Ansonsten wird im Vorstand von Generaldirektor Erbacher dirimiert
und im Aufsichtsrat, wo ja letzten Endes ja die ganze Organisation
zu beschliessen sei, mit Mehrheit die ÖVP niedergestimmt. Er be-
trachte alle diese Massnahmen ausschliesslich als politische Aktion
gegen die ÖVP. Er verlangt, dass die Verhandlungen sachlich geführt
werden müssen und nicht unter Zeitdruck stehen dürfen und dass die
ÖVP, Taus, von mir erwartet ein Gentleman's Agreement wo dann end-
gültig Schluss mit den Änderungen der ÖVP Kompetenz in den Gesell-
schaften festgelegt wird. Ich erklärte Präs. Weiss, dass ich mich
ausschliesslich bei allen Massnahmen, die ich bis jetzt in der Ver-
bund und in den Sondergesellschaften gesetzt oder besser gesagt
gewünscht habe, nach ausschliesslich sachlichen Gesichtspunkten
mich leiten liess. Dies gilt sowohl für die Sektion Ennskraftwerke
zur Donau, Änderung des Donauvorstandes, jetzt die Konzentration in
den Atomenergiegesellschaften, die Errichtung von Voitsberg III
und was sonst noch alles in Zukunft kommen wird. Ich werde mich
ausschliesslich nach sachlichen Gesichtspunkten richten, jederzeit mit
jedermann.über die Probleme diskutieren und weiterhin um eine sach-
liche Lösung bemüht sein. Weiss war sehr erstaunt von mir zu er-
fahren, dass auch bezüglich der Personalpolitik es sachliche Be-
schwerden und Wünsche gibt. Er meinte, dies sogar nicht zu unrecht,
dass man dies hätte schon längst im Vorstand diskutieren müssen.
S.Chef Frank schlug vor, dass man jetzt auch noch genug Zeit hat
im Vorstand das ganze Problem ernstlich zu diskutieren, weil ja
die eine Seite nur einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt hat.
Zusammenfassend halte ich dann fest, dass das ganze Problem im Vor-
stand jetzt diskutiert gehört und man dann auch noch im Auf-
sichtsrat die Möglichkeit hat dieses Problem ernsthaft zu bespre-
chen. In die Beschlüsse der Organe möchte ich mich aber unter gar
keinen Umständen einmischen. Weiss verwies darauf, dass Kreisky
in der Regierungserklärung mitgeteilt hat, im Rahmen der verstaat-
lichten Betriebe sollte man nicht sofort dirimieren, sondern vorher
unter allen Umständen Verhandlungen führen und versuchen zu einer
gemeinsamen Lösung zu kommen. Ich erklärte dezidiert, auch ich
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hätte nichts gegen Verhandlungen; im Gegenteil nach meiner Infor-
mation werden auch diesbezügliche Verhandlungen geführt. Was die
Frage des Gentleman's Agreement oder Arrangement betrifft, so bin
ich gerne bereit über jede einzelne Frage eingehende Besprechungen
zu führen. Weiss fasste zusammen, dass ich scheinbar nicht bereit
bin ein Gentleman's Agreement über die Proporzeinteilung der Ver-
gangenheit mit der ÖVP und deren Garantie für diese Legislatur-
periode abzuschliessen. Mit dieser Zusammenfassung hat er voll-
kommen recht, ohne dass ich es ihm allerdings zu deutlich bestätige.
Meine Politik ist und wird sein, über alles mit der ÖVP zu reden
was sie zu reden wünscht, aber keine Zusagen für die Zukunft zu
machen. Insbesondere unterstrich ich, dass ich nach wie vor der
Meinung bin, mit Weiss den von der ÖVP mir gegenüber legitimierten
Energiesprecher, insbesondere für die Elektrizitätswirtschaft zu
haben. Selbstverständlich werde ich auch weiterhin jederzeit zu
seiner Verfügung stehen und alle Probleme ganz besonders mit ihm
eingehend zu erörtern.
ANMERKUNG für TIEBER: Frank bestätigte mit, dass sehr unglücklich
agiert wurde. Bitte achte in Zukunft auf bessere Koordination.
Von der Aussprache verständigte ich telefonisch sofort Glück, der
mir gegenüber äusserte, er hätte jetzt sowieso mit Präs. Weiss ent-
sprechende Gespräche zu führen.
Der neue Präsident der Wirtschaftstreuhänder Dr. Burkert hat mit
grossem Widerstand von der Vereinigung, das ist die ÖVP-Organisation
der Wirtschaftstreuhänder zu rechnen, deren Exponent Vizepräs. Böck
versucht, natürlich jetzt überall Parteipolitik zu machen. Unter
anderem haben sie eine Tagung in Saalbach gehabt, wo Taus seinen
Mitgliedern empfahl, bei der Beratung auf die schlechte Wirtschafts-
politik, die gegen die Unternehmer gerichtet ist, immer wieder
hinzuweisen. Burkert hat auch grosse Schwierigkeiten weil er ver-
einbarungsgemäss mit dem Freien Wirtschaftsverband Bechinie in
den Vorstand kooptiert hat. Ich erwiderte Burkert, dass er dadurch
die Tätigkeit der Wirtschaftstreuhänder auf eine breite Basis
gestellt hat und sicherlich mit Zustimmung der überwältigenden Mehr-
heit der Wirtschaftstreuhänder rechnen könne. Die Wirtschaftstreu-
händer wünschen eine Interessenvertretung und nicht eine politische
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profilierte Kampftruppe gegen die Regierung in der Kammer der
Wirtschaftstreuhänder zu sehen. Burkert teilte mit auch mit,
dass er mit Schuppich, Rechtsanwaltskammer, Wagner Notariatskammer
und Beer Patentanwaltsorganisation eng kontaktiert, damit nicht
in der Konferenz der freien Berufe die politisch exponierten Leute
noch einen grösseren Einfluss bekommen. Dies sei auch ein Grund,
warum man den Vizekanzler a.D. Bock neuerdings aufgefordert hat,
Präsident dieser Organisation zu sein. Man wollte unter allen Um-
ständen abwehren, dass Müller-Hartburg von den Architekten, ja
selbst Piaty von den Ärzten dazu gewählt wird. Ich kann mir sehr
gut vorstellen, dass die reinen Sachvertreter und nicht politisch
exponierten Funktionäre innerhalb dieser Organisation wirklich sehr
schwierig haben.
Burkert erwartet, dass nun der Vertreter der Vereinigung Vizepräs.
Böck neuerdings die Tarifforderung bei mir zur Sprache bringen wird.
Ich erklärte Burkert sofort dezidiert, dass ich nur mit ihm als
Präsident darüber verhandeln werde. Die letzte Erhöhung ihrer
Tarife erfolgte am 1. September 1974, nachdem sie am 1. März 1974
eingereicht hatten. Zwischenzeitlich haben sie den Kollektivver-
trag um 17 – 29 % und jetzt mit 1. März 1976 wieder um 12 - 15 % er-
höht. Dazu kommt dann noch die Arbeitszeitverkürzung. Er selbst
erwartet eine Erhöhung der Tarife um 20 - 25 %. Ich schlug ihm vor
mit Jagoda die Besprechungen zu führen. Jagoda war leider noch in
Innsbruck und ich konnte ihm nicht zur Aussprache zuziehen.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte mit Jagoda und mir weitere Vorgangsweise
festlegen.
Burkert wollte auch, dass in unserer Stellungnahme zum Verfassungs-
gerichtshofsgesetz vorgesehen wird, dass die Wirtschaftstreuhänder
bei Entscheidungen über wirtschaftliche Fragen als rechtsberatende
Organisation resp. Vertreter berufen werden. Ich versprach Burkert die-
ses Problem mit Jagoda, der das Gutachten abzugeben hatte, zu be-
sprechen. Zusagen machte ich keine.
Burkert wünschte auch eine Unterstützung, dass die Wirtschafts-
treuhänder das nächstemal bei einer wirtschaftspolitischen Aus-
sprache, wie sie im Redoutensaal durchgeführt wurde, beigezogen
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werden. Auch hier konnte ich und wollte ich ihm keinerlei Zusagen
machen, verwies aber darauf, dass der Einlader Bundeskanzler
Kreisky war und er sich an ihn wenden sollte. Die freien Berufe
legen seit längerer Zeit grössten Wert darauf und wünschten, dass
sie, sowie die anderen Kammern ebenfalls bei Regierungsbesprechungen
zugezogen werden. Ich kann mir nicht sehr gut vorstellen, dass man
im Rahmen der wirtschaftspolitischen Aussprachen, oder bei sonstigen
Anlässen diesem Verlangen nachkommt. Da ich es aber wirklich nicht
zu entscheiden hatte, habe ich selbstverständlich auch darauf keinen
Einfluss genommen und werde es auch nicht in Hinkunft tun.
Bei der Vorstandssitzung der Lebensmittelarbeiter diskutierten
wir nicht nur die wirtschaftliche Lage, sondern ganz besonders
das Verhalten der Bäckerinnung. Da diese ausser der Brotpreiserhöhung
von der Preiskommission nicht gleichzeitig eine Zusage der Pari-
tätischen Kommission für eine Semmelpreiserhöhung bekommen hat,
beabsichtigt sie so lange nicht die Löhne die vereinbart wurden
zu bezahlen. Dies ist ein glatter Bruch der mündlichen Vereinbarun-
gen, die zwischen der Gruppe Bäcker und der Bundesinnung geschlos-
sen wurde. Betriebsratsobmann Deutsch von der Ankerbrot meinte, er
hätte sich seit Jahren gegen die Zug-um-Zug-Regelung gestellt.
Diesmal hätte er sich vorher davon überzeugen lassen, dass dies
zweckmässig sei und jetzt wird von der anderen Seite der Bäcker-
innung diese Zug-um-Zug-Regelung missachtet. Deutsch hat vollkommen
recht, nur glaube ich, dass die Bäckerinnung ihre Stellungnahme
wird aufgeben müssen. Einzelne Innungen wie z.B. in Tirol haben
schon dezidiert erklärt, werden, wie man sich dort ausdrückte zur
Sicherung der Versorgung der Olympischen Kampfstätten und auch der
Bevölkerung in der Olympiadezeit auf dieses Druckmittel verzichten,
und die Löhne bezahlen. Auch die Salzburger Innung soll eine solche
ähnliche Erklärung abgegeben haben. Der neue Bundesinnungsmeister
will sich scheinbar gegenüber seinen Mitgliedern profilieren und
als starker Mann zeigen, weshalb er keine Anstalten machte, sich
gegen seine auflehnenden Mitglieder zu stellen. Einzelne Funktionäre
bei ihnen dürften von ihm eine harte Gangart erwarten, vielleicht sogar
auch verlangen. Ich hoffe, dass es zu einer friedlichen Lösung dieses
Konfliktes kommt. Wenn die Bundeshandelskammer Vereinbarungen trifft
und dann nicht hält, muss sich automatisch das Klima zwischen den
Organisationen sehr verschlechtern.
Anschliessend an die Vorstandssitzung hatte ich ein langes Tele-
fongespräch mit dem Obmann der Konsumgenossenschaft Serini. Dieser
hatte in einem Rundschreiben an alle Mitglieder seines Betriebes
behauptet, dass es schwierige Verhandlungen mit der Unternehmungs-
leitung geben wird, weil er die Übernahme aller Arbeiter ins Ange-
stelltenverhältnis fordert. Da die Sekretäre Blümel und Gludovatz
sich dagegen aussprachen, werden sie alles daransetzen um dies zu
verhindert. Blümel und Gludovatz haben aber nichts anderes gemacht,
als auf Beschlüsse unserer Organisation hingewiesen, die Lebens-
mittelarbeitergewerkschaft verlangt seit eh und je die Angleichung
der Rechte der Arbeiter an die der Angestellten. Niemals haben wir
aber eine Übernahme der Arbeiter ins Angestelltenverhältnis ver-
hindert, allerdings auch erklärt, dass dies nicht die Lösung sei.
Serini meinte mir gegenüber, dass das Unternehmen sehr wohl mit
der Überführung der Arbeiter ins Angestelltenverhältnis sich
Kosten erspart. Dies gilt ganz besonders für die Unfallversicherung.
Serini musste mir gegenüber allerdings zugeben, dass mit einer
solchen Politik die verbleibenden Arbeiter dann in der Unfallversi-
cherung sehr bald nur mehr die höheren Risken sein werden und die
Beiträge von den Unternehmen von 2 % zur Unfallversicherung durch
Übernahme ins Angestelltenverhältnis nur mehr auf 0.5 % geleistet
werden. Die Unfallsituation aber wird sich für die Tätigkeit der
Arbeiter, auch dann wenn sie Angestellte sind, um kein Jota ändern.
Ähnlich ist es bei der Pensionsversicherung der Arbeiter durch
Überstellung zu Angestellten. Da ich weiss, dass der Obmann der
Metallarbeiter und Präsident des Gewerkschaftsbundes Benya ein
strikter Gegner der Überstellung der Arbeiter in das Angestellten-
verhältnis ist, sehe ich auch aus diesem Gesichtspunkt keine Chance,
dass in der KGW diese Politik Erfolg hat. Benya würde als Vor-
sitzender des Aufsichtsrates der KGW niemals einer solchen Rege-
lung zustimmen, weil er sie in der Metallarbeitergewerkschaft mit
aller Vehemenz bekämpft. Dies ist mit einer der Gründe der Span-
nungen zwischen den Arbeitergewerkschaften und der Angestellten-
gewerkschaften. Die Angestelltengewerkschaft ist über diese Ent-
wicklung selbst auch nicht glücklich, muss aber mehr oder minder
z.B. bei Eumig zur Kenntnis nehmen, dass eben das Unternehmen
automatisch alle Arbeiter ins Angestelltenverhältnis überführt.
Dies bedeutet für die Angestelltengewerkschaft, dass die echten
Angestellten auch mit dieser Entwicklung innerhalb ihrer Organisation
gar nicht zufrieden sind. Was die Vertretung der dann sogenannten
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Angestellten betrifft, so kann diese nur von den Metallarbeitern
weiter vorgenommen werden. Die Angestellten würden über die De-
tails der Akkordregelungen, die ja unverändert bleiben und ich
weiss nicht was sonst noch alles, gar nicht informiert sein.
Ähnlich verhält es sich bei anderen Betrieben, wo die Unternehmer
schon auf Kosten Ersparungsgründen diesen Weg beschritten haben.
Der Gewerkschaftsbund müsste eigentlich eine Lösung dieses
äusserst schwierigen Problems in Angriff nehmen. Bis jetzt aber
hat man sich nur in Konferenzen und letzten Endes sogar in den
Kongressen des Gewerkschaftsbundes mit dieser Frage klar be-
schäftigt, aber keinerlei Lösungsvorschläge erarbeitet. An diesem
Problem kann sich einmal das Verhältnis Arbeiter zu Angestelltenge-
werkschaften katastrophal zuspitzen. Das bis jetzt pragmatische
Vorgehen hat noch zu keiner aussichtsreichen Lösung geführt.
Tagesprogramm, 5.2.1976