Mittwoch 4. Feber 1976
Komm.Rat Vockenhuber, der Besitzer der Fa. Eumig, teilt mir strengst
vertraulich Details über seinen Vertrag mit Polaroid mit. Diese hat
bei der grossen amerikanischen Produktionsfirma Bell & Howell beabsich-
tigt gehabt, eine Kamera und Projektoren erzeugen zu lassen, wo der
Film unmittelbar entwickelt wird und daher gleich nach der Aufnahme
gezeigt werden kann. Polaroid hat das Filmmaterial schon jetzt
in grösster Menge erzeugt und die amerikanische Firma ist jetzt aus-
gesprungen. Trotz schärfster Japanischer und asiatischer Konkurrenz
hat Vockenhuber dann den Vertrag bekommen. Durch 5 Jahre werden
150.000 Kameras und Projektoren pro Jahr erzeugt. Eumig produziert
jetzt 600.000 Einheiten. Durch diesen neuen Vertrag werden 800 Be-
schäftigten aufgenommen. Für die Eumig-Produktion, die er sonst normal
hat, kann er heuer ebenfalls 100 neu aufnehmen. Insbesondere wird in
Fürstenfeld die von der Danubia übernommene Fabrik mit 500 neuen
Leuten zusätzlich beschäftigt, auch in Deutsch Altenburg, im anderen
Zweigbetrieb, wird er Produktionen hinlegen und Leute aufnehmen.
Eumig trägt nur das Herstellerrisiko. Insgesamt werden 120 Mill. S
investiert, 82 Mill. bekommt er zinsenlos Vorauszahlungen von
Polaroid, der Rest wird von der Länderbank und vom ERP-Fonds finan-
ziert. Die Preissteigerung und Lohnsteigerung werden mit Tangenten
berechnet. Die Lohntangente, hat er mir mitgeteilt, beträgt 38 %
bei diesem Auftag, der 2,5 Mia. S ausmachen wird. Ich habe Vockenhuber
gratuliert und versprochen, wenn er Schwierigkeiten bei irgendwelchen
behördlichen Stellen hat, z.B. meinte er, Fürstenfeld gelte heute
nicht mehr als Grenzland und bekomme daher keine Förderung, soll er
sich sofort an mich wenden und ich werde ihn tatkräftigst unter-
stützen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Industriepolitisch müsste dieser
Musterbetrieb viel stärker herausgestrichen werden.
Mit den EVUs hatten Frank, Burian und Kurzel die ersten Gespräche wegen
der Akontierung. Unser Ministerium verlangt, dass die EVUs um eine
Akontierung ansuchen. Die Taktik ist nicht schlecht, denn dadurch
brauchen sie sich nicht rechtlich den Kopf zerbrechen, wie ansonsten
ein Antrag, der von jedem EVU vorliegt, zu behandeln wäre. Natürlich
gibt es von den EVUs grösste Bedenken. In Wirklichkeit geht es darum,
welchen Akonto-Betrag bekommen die EVUs. Die Arbeiterkammer hat
bis jetzt 5 maximal 6 Groschen vorgesehen. Die Handelskammer, ich sprach
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zwischendurch mit Dr. Rief und dem Industrievertreter Dr. Oberdorfer,
meinte 8 bis maximal 9 Groschen. Die EVUs wollen von ihren Anträgen
20 – 22 Groschen mindestens 2/3. Ich erklärte, ich werde ein Kom-
promiss versuchen, der sicherlich nicht bei ihren Maximalwünschen
liegt, ja sogar weit davon entfernt sein wird. Dr. Klimesch von
der OKA und derzeitiger Sprecher der EVUs, aber auch Bandauer von
der Verbund waren sehr beruhigt als ich erklärte, die Akontierung
ja sogar dann die Preisfestsetzung wird nicht davon anhängen, welchen
Antrag das EVU gestellt hat. Die OKA war im Verhältnis z.B. zur Newag
oder Tiwag ausgesprochen zurückhaltend. Wenzl hat ja deshalb sich
auch bei mir bitter beschwert, dass ihn die AZ und soz. Korrespondenz
als Preistreiber hinstellt. Er hat sogar Einfluss genommen, dass
die OKA verhältnismässig einen niedrigen Preis gefordert hat. Frank
hat mir einen Briefentwurf vorgelegt, wo ich Wenzl mitteile, wie
notwendig es daher war, die Landeshauptleute als Aufsichtsrats-
vorsitzende zu fragen, denn dadurch ist es ja zur starken Reduktion
bei der OKA gekommen. Jetzt will ich aber wirklich dadurch nicht
die OKA oder Verbund schädigen, sondern im Gegenteil es muss sich
herausstellen, je seriöser jemand einreicht, umso eher werden seine
Wünsche erfüllt. Klimesch und Bandhauer waren sehr befriedigt und
beruhigt.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND TIEBER: Die Preise müssen am 1.3. in Kraft
treten und daher soweit vorbereitet werden.
Statt Sektionschef Frank hat Zluwa die Verhandlungen de facto über
das neue Energiesicherungsgesetz, das jetzt auf Vorschlag des Unter-
ausschusses formuliert wird, geführt. Die drei Mineralölvertreter
Romig, ÖMV, Kandler, Esso, und vor allem von Shell Dkfm .
sowie Rief und Oberdorfer waren anwesend. Ich machte Zluwa sofort
darauf aufmerksam, dass auch ein Vertreter der Arbeiterkammer zu
verständigen ist. Wenn die Arbeiterkammer keine Zeit hat oder nicht
kommt, ist das ihre Angelegenheit. Aber auf gar keinen Fall darf
der Eindruck entstehen, dass wir nur einseitig die Formulierung
mit der Unternehmerseite durchführen. Ein offener Punkt ist, dass
die Handelskammer und damit die ÖVP nicht bereit ist, in das neue
Energiesicherungsgesetz die Lenkungsmassnahmen, nicht einmal die
für Öl, aufzunehmen. Die möchte die ÖVP unbedingt ins Rohstofflenkungs-
gesetz resp. bei der Elektrizität ins Lastverteilergesetz transferie-
ren. Da alle diese Gesetze Verfassungsbestimmungen beinhalten, werde
ich wahrscheinlich nachgehen müssen. Über alle anderen Punkte werden
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wir eine Einigung erzielen. Typisch war und das hat sich beim Unter-
ausschuss schon gezeigt und wahrscheinlich auch bei den weiteren
Verhandlungen, dass die ÖVP wirklich erst zu dem Zeitpunkt verhandels-
bereit ja sogar verhandlungsfähig wurde, bis ein entsprechender Ver-
trag über die Gesellschaft, die die Lagerung durchführt, zwischen der
ÖMV und den Internationalen zustande kam. Niemand hat so deutlich
gezeigt oder besser gesagt erwartet, dass es sich so deutlich zeigen
wird, wie die ÖVP von diesem Vertrag resp. Gesellschaftsabschluss
abhängig ist. Als wir in der Opposition waren, gab es auch bei
uns oft Probleme, d.h. Vorbesprechungen waren noch nicht abge-
schlossen oder Konzeptionen waren noch nicht soweit um besprochen
zu werden. Niemals aber haben wir uns so entblösst, so deutlich
zu zeigen, dass wir noch keinen Ausweg wussten. In so einem Fall
haben wir es viel besser getarnt.
Gen.Sekr. Effenberger vom ARBÖ kam wegen der Radfahrorganisationen.
von 1.000 Lizenzen hat der ARBÖ fast 60 %. Kaum wird ein Radler aber
bekannt, gewinnt er Rennen, so schwimmt er in einen bürgerlichen Rad-
fahrverein ab. In der letzten Zeit haben nun Kelly, Iglo, Max u. Moritz
Apfelsaft und jetzt besteht auch die Gefahr KTM ihre Sponsortätigkeit
einbestellt . Dadurch werden viele Radfahrvereine des ARBÖ vollkommen
unbeweglich, ja sogar von der Gefahr bedroht, finanzielle zugrunde
zu gehen. Ich rief sofort noch in Anwesenheit der Genossen vom ARBÖ
Direktor Beurle von der Brau AG an, da Kelly den Neunkirchner Verein
nicht mehr subventionieren will. Beurle wird sich die Finanzleute kommen
lassen und schauen, was er noch machen kann, erklärt aber, er hätte
seinerzeit schon nur einen befristeten Vertrag abgeschlossen. Mit
Direktor Walz von der Vöslauer sprach ich, weil dort gerade der ARBÖ-
Radler Baumgartner vom 3. Bezirk tätig ist und mit den 60.000 S,
die er bis jetzt bekommen hat, zwar auskommt, 1975 aber nur 30.000
bekommen hat. Insgesamt stehen ihm 129.000 S zur Verfügung, die er
sich zusammenschnorrte. 125 Mitglieder hat er, von denen 39 Rennfahrer
sind. Die Salzburger Nachrichten sponsern einen Verein mit 40.000
und Eskimo in Linz hat einen grossen Verein mit 400.000 S. Die ARBÖ-
Leute haben nun die Idee, die ich für sehr gut finde, ihre Spitzen-
radler in einen grossen und bedeutenderen Verein, der nicht ARBÖ heissen
muss, zusammenzufassen. Dieser Radrenn-Verein soll jetzt durch einen
grossen Sponsor finanziert werden. Ich habe sofort Heindl und Fremuth
von dieser Idee verständigt und sie gebeten, entsprechende Vorschläge
zu machen.
Der ARBÖ befindet sich wegen der Benzinpreissteigerung insbeson-
dere Mineralölsteuererhöhung und der Kraftfahrzeugsteuer-Verteuerung
in einer schlimmen Situation. Auf der einen Seite erwarten ihre
Mitglieder, dass sie etwas erreichen, wenn nicht sogar dagegen
mit aller Schärfe auftreten, auf der anderen Seite hat sowohl der
Präsident Broda als auch Vizepräsident Hobl nirgends ihre Stimme
erhoben. Die Grazer Kleine Zeitung hat deshalb beide und damit den
ARBÖ hart attackiert. Ich habe Effenberger vor längerer Zeit schon
vorgeschlagen, er soll mit dem ARBÖ durch entsprechende Absprachen
zeitgerecht Forderungen erheben, die dann auch von den Ministern
erfüllt werden können. Für mich steht jetzt schon ziemlich
fest, dass 50 Groschen Mineralölsteuer kaum kommen können, wenn
der ARBÖ deshalb wegen dieser Mineralölsteuer beim Finanzminister
vorspricht und dieser dann erklärt, er sieht die Argumente ein und
ist bereit, auf 40 Groschen zurückzugeben, was er sowieso machen
wird müssen, dann gibt es meiner Meinung nach einen Teilerfolg.
Effenberger ist sehr unglücklich, dass seine Funktionäre diese
Politik nicht spielen wollen. Ich versprach Effenberger über den
Stand der Verhandlungen bei Benzin ständig auf dem laufenden zu
halten.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die entsprechende Information immer
zeitgerecht, nötigenfalls vertraulich Effenberger weitergeben.
Der ÖMV-Vorstand mit ihrem Rechtsanwalt Dr. Schachter kamen, um sich
bei mir bitter über die Vorgangsweise Sekt.Chefs Frank, der mit
Zluwa, wie ich ihn ersuchte, erschienen war, zu beschwere. Die
ÖMV hat in den vergangenen Jahrzehnten niemals gespürt, dass ein
Ministerium existiert, welches halt auch seine gesetzlichen Be-
stimmungen hart anwenden kann. Im Energiewirtschaftsgesetz ist
eindeutig geschrieben, dass Gasverträge vom Reichswirtschaftsminister zu genehmigen sind. Die ÖMV hat niemals noch vorgelegt und
Schmatzberger, der Vertreter der ÖMV hat bei Besprechungen dezidiert
erklärt, er dürfe dies nicht. Darauf schaltete Frank ebenfalls auf
stur und hat mit Ladung jetzt Anzeigung an Bezirksgericht das
erzwingen wollen. Nach harter Diskussion ist es mir im letzten
Moment gelungen, einen Weg zu finden, den Frank zuerst wie ich
entnehmen konnte, gar nicht gehen wollte, der aber einen Ausweg dar-
stellt. Die ÖMV hat mich seinerzeit ersucht, einen Ministerrats-
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vortrag über den Abschluss mit Iran-Gas über die Sowjetunion nach
Österreich einzubringen, als der Vertrag noch gar nicht endgültig
fixiert war. Diesen Ministerratsvortrag habe ich gemacht, der
Ministerrat hat auch beschlossen. Aus dieser Tatsache leitete
ich ab, dass es sich hier um einen Antrag der ÖMV gehandelt hat.
Jetzt, nachdem der Vertrag endgültig fixiert ist, wird ihn die
ÖMV mir persönlich schicken und ich werde dann einen Bescheid
der ÖMV geben, dass ich diesen Vertrag genehmige. Um zu verhindern,
dass die ÖMV erklärt, der Vertrag oder ein Teil davon wird unbe-
fugten bekannt, habe ich anschliessend nach der Sitzung Frank aufge-
fordert, diesen Vertrag als geheim, d.h. als Verschlussakt die
ganze Angelegenheit zu betrachten.
Frank hat den Fehler gemacht, Gen.Dir. Geist einzuschalten, damit
eventuell dieser auf die Gesetzesbestimmung die ÖMV aufmerksam
macht und darauf drängt, dass die sich daran halten müssen.
Geist hat dann nichts Eiligeres zu tun gehabt, als der ÖMV sofort
mitzuteilen, dass Frank den Verdacht äusserte, sie hätten Öl billiger
gekauft und Gas teurer bezahlt, um ihre Geschäftspolitik besser
machen zu können. Für Gas haben sie garantierte Abnehmer und befindet
sich nicht in der Konkurrenzsituation wie bei Öl. Das hat natürlich
Bauer sehr geärgert und er hat sogar erklärt, er gibt Frank nicht
einmal mehr die Hand. Bei der Verhandlung mit Schmatzberger hat
Frank wieder den Fehler gemacht zu erklären, die ÖMV läuft ins offene
Messer, worauf Bauer wieder sagt, jemand der ein Messer in der
Hand hat, gibt er deshalb auch nicht die Hand, weil er sich dann
verletzen könnte. Am meisten aber hat mich beeindruckt, dass sogar
Meszaros so verärgert war, dass er als Frank meinte, ihr
Tagesprogramm, 4.2.1976