Donnerstag, der 15. Jänner 1976

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Donnerstag, 15. Jänner 1976

Der rumänische Botschafter Aninoiu und der Handelsrat Ceausescu
wünschten eine längere Aussprache, um die rumänische Handelspolitik
1976 zu erörtern. Aninoiu sagte nicht zuletzt auf meinen Brief,
ich ersuchte alle Oststaaten, uns in die zukünftigen 5-Jahres-Pläne
einzubauen, hätte man in Bukarest beschlossen, dass die grossen
Investitionen, neue Produktionen und Errichtung neuer Betriebe
auch durch besondere Anlagenimporte Österreichs im Jahre 1976
berücksichtigt werden. So soll der Import aus Österreich, der
heuer vielleicht 1,5 Mia. S erreichen wird auf 2 Mia. S gesteigert
werden. Dazu müsse man Zahlungsmöglichkeiten suchen. Die Frage kam
auf die Kreditgewährung, hier insbesondere auch für gemeinsame
Lieferung auf Drittmärkte. Ich replizierte dann zu diesem Punkt
und verwies darauf, dass die österreichische Kontrollbank vori-
ges Jahr sehr konkrete Verhandlungen geführt hat und dass im
letzten Moment unbegründet und in einer Art und Weise, die die
Kontrollbank insbesondere Gen.Dir. Haschek sehr überraschte, abge-
brochen wurde. Es müsse jetzt von Seiten der Rumänen Verhandlungen
neuerdings aufgenommen werden.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Fälbl soll ein Schreiben an Haschek für
mich entwerfen, wo auf diese Aussprache Bezug genommen wird.

Aninoiu fragt an, wie weit Österreich sich jetzt endlich an dem
Kanal zwischen Donau und Schwarzem Meer beteiligen wird und die
von Kreisky angedeuteten Kredite, die dann durch Dienstleistungen
abgegolten werden sollen, zur Verfügung gestellt werden. Ich
verwies darauf, dass dafür nur das Bundeskanzleramt zuständig sei.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte Gehart befragen, was das Bundes-
kanzleramt zu tun gedenkt.

Die Rumänen würden es sehr begrüssen, wenn die VÖEST, einer ihrer
wichtigsten Partner, die allerdings wegen der Nichtlieferung einer
fest vereinbarten Halle in Kooperation sehr verärgert sind, sich
jetzt aber an der petrochemischen neuen Anlage in Navodari beteiligen
soll, ausserdem Drahtbeizen und Stranggussanlagen sowie gemeinsame
Stahlwerke in Liberia mit Rumänien gemeinsam errichten sollten, eine
eigene Vertretung in Bukarest eröffnen. Ich versprach nur, die VÖEST


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davon zu verständigen, da ich keinerlei Erklärungen für sie abgeben
kann und will.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte eine schriftliche Anfrage an die VÖEST
richten.

Am wichtigsten und für mich am schwierigsten zu beantworten war der
Wunsch der Rumänen eine Zollgleichstellung mit den EG-Staaten zu
bekommen. Die Diskriminierung macht sich nach Auffassung der Rumänen
jetzt bei ihren Exporten nach Österreich bemerkbar. Dies sei der
Grund, warum die Lieferungen nur 1 Mia. S ausmachen. Tatsächlich ist es
so, dass gegenüber dem Vorjahr die Ziffern gleichblieben, sowohl
was den Export als auch den Import betrifft, und eigentlich keine
Aufwärtsentwicklung selbst nicht einmal nominell festgestellt werden
konnte. Da wahrscheinlich aber die Rumänen gegen andere Staaten
einen gewissen Rückschlag erlitten haben, so erscheint ihnen diese
Ziffer für gut. Ich konnte nur darauf verweisen, dass sie als erstes
den Wunsch der Rumänen in Self-election als Entwicklungsland einge-
stuft entsprechende Zollermässigungen zu werden. Dasselbe gilt
für handwerkliche Erzeugnisse und für die autonomen Zollsenkungen
in Kapitel 84 und 85. Da Rumänien seinerzeit zu erkennen gegeben hat,
dass sie sich gegebenenfalls an die EFTA anschliesst, jetzt sogar
mit den EG unverbindliche Besprechungen führt, erklärte ich, dass
man im Rahmen eines Freihandelsabkommens entsprechende Begünstigungen
hat. Ich bin allerdings überzeugt, dass Rumänien sich, wenn überhaupt,
eher an die EG anschliessen wird. Der weitere Hinweis, dass Rumänien
oft auch durch Preispolitik versucht, einen entsprechenden Absatz sich
zu sichern, liess ich nicht gelten, da wir seinerzeit vereinbart haben,
dass Dumpingpreise die Rumänen selbst abstellen werden. In der letzten
Zeit hatte ich auch öfters diesbezüglich Beschwerden und lobte den
Botschafter, dass es ihm gelungen war, diese Dumpingpreisexporte einzu-
stellen. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte ich von der Schutz-
klausel Gebrauch machen müssen. Die Aussprache verlief sehr freund-
schaftlich, da bezüglich der Konzeption erstmalig und ich bin sehr
gespannt, ob wir dadurch im Jahre 1976 wirklich mehr Exporte nach
Rumänien tätigen können als im Vorjahr. Wenn mein Brief also nicht
geholfen hat, geschadet hat er keinesfalls, denn immerhin reagieren
die Oststaaten darauf.



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Der polnische Botschafter Karski hat mich verständigt, dass bezüg-
lich Einbaues Österreichs in den Fünfjahresplan Ministerpräsident
Jaroszewicz den Minister Hrynkiewicz beauftragt hat, mit Österreich
entsprechende Verhandlungen zu führen. Hrynkiewicz soll diesbezüg-
lich bis April berichten. Karski meinte, man sollte die grosse
polnisch-österreichische Kommission, die im Juli tagen soll auf
April vorverlegen. Ich sicherte Karski nur zu, dass wir so schnell
als möglich die österreichischen Exportwünsche bekanntgeben werden.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort die Arbeiten dafür aufnehmen
lassen, Fälbl soll bezüglich der Kommission mir berichten.

Ich verständigte Karski bei dieser Gelegenheit, dass die ÖMV
mitteilte, eine Beteiligung der Polen an dem Gasleitungsbau TAG
käme nicht in Frage. Ausserdem hätte lt. Mitteilung der ÖMV wie
mir Fälbl berichtete, niemand mit ihnen darüber gesprochen, ge-
schweige denn verhandelt. Karski reagierte sehr typisch darauf,
indem er meinte, also es käme nichts in Frage. Karski ist irr-
sinnig ehrgeizig, was in dem Fall sehr gut ist, und hoffte scheinbar
auf Überspielmethode sich in diesen Grossauftrag einzuschalten.
Die ÖMV aber erklärt, nicht einmal die Franzosen will sie daran
beteiligen lassen, obwohl sie eine gemeinsame Gesellschaft, wo
die ÖMV 51 % hat, gründen werden. Ihr Trupp ist aber wenig aus-
gelastet, dass er diese Gasleitung selbst bauen wird.

Der ägyptische Minister Chafei und der ägyptische Botschafter be-
sprachen mit Kreisky und mir die neue arabisch-österreichische Ge-
sellschaft. Diese Idee hatte Kreisky scheinbar vor längerer Zeit
über Ägypten den arabischen Staaten mitgeteilt und gefragt, ob sie
bereit sind, eine solche Gesellschaft mitzugründen. Die Überlegung
Kreiskys ist richtig, dass alle arabischen Staaten befürchten, die
industrialisierten Länder Europas wollen nichts anderes als ihre
Produkte verkaufen. Geld haben nämlich die arabischen Staaten jetzt
genug, oder zumindestens mehr als sie früher hatten, deshalb ist
ihr Markt besonders interessant geworden. Kreisky möchte nun einen
Schritt weitergehen und durch diese gemeinsame arabisch-österreichische
Gesellschaft die Projekte besser betreut und vor allem einmal auch
vorangetrieben haben. Als Beispiel demonstriert er, dass die VÖEST
oft Anfragen bekommt, diese dann entsprechend liegen lässt, weil
sie keine Kapazitäten frei hat, bevor sie dieses Geschäft einer


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anderen dritten Firma in Österreich abtreten würde. Besteht nun
eine solche gemeinsame Gesellschaft, so wird diese mit den Arabern
gemeinsam eine andere Liefermöglichkeit Suchen Nach Vorstellung
Kreiskys sollte diese Gesellschaft mit einem hohen Kapital ausge-
stattet werden. Er schlug 50 Mill. S vor. Die österr. Beteiligung
wäre z.B. die ÖIAG und die Kontrollbank. Kreisky verwies insbesondere
darauf, dass er es gewesen ist, der schon zu Beginn der 60er-Jahre
die Bedeutung der arabischen Staaten erkannt hat und damals gegen
die sozialistischen Parteien ja auch gegen gewisse Widerstände
im Inland und sehr zur Verwunderung von anderen Staaten die Bezie-
hungen aufnahm und verbessern wollte. Damals war Österreich mit
dieser Idee – er war Aussenminister – sehr isoliert. Couve de Murville
und Rusk USA erklärten ihm damals, sie sähen hier keine grossen
Möglichkeiten. Die Politik aber, die Kreisky damals schon verfolgte
war, dass er nach dem Staatsvertragabschluss 1955 als Aussenminister
die Absicht hatte, sich nicht stärker an die SU zu binden, um
nicht eine Entwicklung wie mit Finnland einzuleiten, sondern er sich
an die Freunde der SU wie Polen, dann Rumänien und Bulgarien
und die anderen Oststaaten bessere wirtschaftliche und politische
Beziehungen aufnehmen wollte. Weiterer Schritt war auch dann,
als erster die arabischen Staaten zu entdecken. Kreisky meinte,
es müsste ein Signal jetzt in unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Ägypten
gesetzt werden und bezeichnete als wichtigste Frage die Lösung
des Tunnel-Angebotes.

Der Botschafter und Minister Chafei erklärten dann im Auto,
dass sie Kreisky als den bedeutendsten Politiker jetzt in West-
europa betrachten. Er erkennt die Zeichen als erster und einen
Schritt schon früher als alle anderen. Sein Prestige ist in
diesen Staaten sichtbar wirklich sehr gross. Ich bin neugierig,
wie sich dies bei den grossen Lieferprojekten auswirken wird.

Der Besuch von den Böhler-Werken, Vorführung von Drainomat und
von der Wienerberger zeigten den Ägyptern, welche Liefermöglichkeiten
Österreich hat. Diese Drainomat-Maschinen legen Kabel unter
die Erde, sie schlitzen also den Boden auf, wenn man will,
eine besondere Abart von Bulldozern, ist in der Stückfertigung
glaube ich sehr teuer, weil es keine Serien gibt. Ein Stück soll
im Rahmen der Entwicklungshilfe den Ägyptern gegeben werden,
aber eine solche Maschine kommerziell wirklich verwerten, gerade
in diesen Entwicklungsländer, bezweifle ich.



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Dort gibt es genug Arbeitskräfte, um die Kabeln durch normales
Graben von Künetten zu verlegen. Ähnlich war auch der Problem bei der
automatischen Ziegelfertigung. Chafei gab mir nachher zu verstehen,
dass ich vollkommen recht habe, dass ich die Hilfe, die wir Ägypten
geben können, weniger darin sehen sollte, vollautomatische Maschinen
und Produktionen ihnen zur Verfügung zu stellen. Dazu haben sie
weder die entsprechend technisch ausgebildeten Leute noch aber die
Notwendigkeit, denn Arbeitskräfte haben sie mehr als genug. Was
sie brauchen sind Produktionshilfen, um mehr Produkte erzeugen
zu können. Nicht die vollautomatische Fertigung ist entscheidend,
sondern die grössere Produktion mit entsprechenden ersten Schritt
der technischen Einrichtung. Die Wienerberger wird deshalb den
Ägyptern für die hundert Ziegeleien, die sie modernisieren wollen,
insbesondere Extruder, d. sind Pressmaschinen für Ziegelformen
anbieten. Die meisten Ziegelfabriken in Ägypten schlagen die
Ziegel noch mit der Hand. Interessant für mich war, dass
Dir. Seibt und ein Techniker mir gegenüber erklärten, warum die
Ägypter heute Häuser, sei es in Betongerüst, oder wie die Iraner
im Stahlgerüst bauen und dann mit Ziegeln nur noch die Flächen
ausfüllen, ist ihnen unerklärlich. Früher und teilweise auch jetzt
haben sie die Ziegeln mit ganz geringer Druckfestigkeit produziert.
Da war es nicht möglich, normale Häuser aus Ziegeln zu bauen.
Jetzt aber könnten sie ohne weiteres einige Stockwerke – Hochhäuser
kommen dazu natürlich nicht in Frage – mit Ziegeln, so wie wir es
Jahrhunderte lange taten, errichten. Früher auch wurde der Lehm
aus dem Nil gewonnen, der jährlich überschwemmte. Jetzt ist durch
den Assuan-Damm diese Möglichkeit nicht mehr gegeben und es gibt
bezüglich der Lehme für Ziegelgewinnung grosse Probleme u.a.
graben sie jetzt entsprechende Lehmgruben ab, wo die Ziegel dann
nach Trocknung zentimeterdicke Salzschichten haben. Die Lehmzu-
sammensetzung spielt nämlich auch eine grosse Rolle, um Extruder
und alle Ziegelformen verwenden zu können. Tatsächlich müssten wahr-
scheinlich noch wesentliche Studien und Untersuchungen über
zweckmässige Rationalisierung ihrer Ziegelindustrie geführt werden.
Die CA-Gesellschaft, die Hendricks führt, ist dafür ebenfalls einge-
schaltet. Ich erklärte Seibt sofort, ich glaube, dass hier die
CA darauf drängt, ihren Konzernbetrieb Wienerberger durch Ein-
schaltung dieser Gesellschaft einen gewissen Gewinn zuzuschanzen.
Direktkontakte nämlich zwischen der Arbeitsgruppe der Architekten
auf der einen Seite und den Ägyptern könnte billiger kommen. An-
dererseits aber wieder ist zur Anbahnung von Geschäften es ganz


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gut, wenn es solche allgemeine Handelsgesellschaft, wie sie
Hendricks repräsentiert zumindestens bei den ersten Schritten
eingeschaltet wird. Dann allerdings bin ich überzeugt, möchte sie
natürlich weiter im Geschäft bleiben, um auch gewissen Gewinn
daraus zu ziehen. Wir sollten vom Handelsministerium gerade die
Erfahrung und Entwicklung auf diesem Gebiet genau verfolgen, um
unser falsches System, das ich hier befürchte, an konkreten Bei-
spielen konkret darzulegen. Es ist wirklich nicht entscheidend,
den Ägyptern eine grosse Ziegelfabrik anzudrehen, die vielleicht
sogar noch arbeitet, wenn sie weder vom beschäftigungspolitischen
geschweige denn vom baupolitischen oder gar vom technischen System
her gar nicht notwendig und zweckmässig ist. Mich erinnert das
noch an ein Projekt, das die Amerikaner angeblich seinerzeit in
Indien bei einer Elektrifizierung durchgesetzt haben. Dort wurde
nicht nur das Kraftwerk errichtet, die Leitungen gebaut sondern
auch in der Verwaltung computermässig eine bargeldlose Abrechnung
und Kontrolle eingeführt. Dies alles bei einem irrsinnigen Menschen-
und Arbeitskräfteüberschuss.

ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Bitte dieses Problem diskutieren
und ganz besonders verfolgen.

In der Pause der Opernbesuches traf ich den Liechtensteinischen Minister-
präsidenten Kieber und vor allem seinen Kanzler, den ich des
öfteren bei der EFTA als Vertreter Liechtensteins in der Schweizer
Delegation begrüssen kann. Die Dimensionen ihrer Wirtschafts-
probleme sind interessant. Der Ministerpräsident meinte, sie hätten
jetzt auch Schwierigkeiten u.a. 20 Arbeitslose. Was sie wirklich
bedrückt ist, dass heuer durch Schulentlassungen eine grössere
Jugendarbeitslosigkeit entstehen könnte, man nimmt an, ungefähr
40. Deshalb will man die Schulzeit von 9 Jahren auf 10 Jahre ver-
längern. Der österr. Konsul in Liechtenstein ersuchte neuerdings,
dass ich vor der Dornbirner Messe den zugesagten offiziellen Be-
such abstatten sollte, was ich auch dem Regierungschef gegenüber
versprach.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte diese Reise unbedingt einplanen.

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Tagesprogramm, 15.1.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: rum. Botsch. bis 1977


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              Tätigkeit: rumän. Handelsrat, Bruder von Nicolae C.


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