Samstag, 6. Dezember 1975
Das war ein ausgesprochener Oberösterreich-Tag. Bei der Staats-
wappenüberreichung Linz – Ringbrotwerke – nützte ich die Gelegen-
heit, um vor der Belegschaft aber ganz besonders der anwesen-
den Handelskammerleute ein Rundschreiben des Besitzers Dr. Ehninger
zu kritisieren. Ehninger war sehr überrascht, dass ich diese
Details kannte. In diesem Brief an die Mitarbeiter meinte Ehninger
wenn der Fachverband entsprechende höhere Löhne wieder vereinbaren
sollte, dann müsste er mit den Betriebsräten sich überlegen, wie
sie eine Sonderlösung durchführen. Dies ist gesetzlich aber gar
nicht möglich, weil Kollektivvertragsvereinbarungen eben von
beiden Teilen einzuhalten sind. Da sein Schwiegervater, der schon
gestorben ist, im Fachverband immer eine Rolle gespielt hat,
erklärte ich, dass ich auch in Hinkunft annehme, das die Fa.
innerhalb des Fachverbandes sich versucht durchzusetzen, dann aber
selbstverständlich entsprechende Beschlüsse auch einhält. Im
Betrieb haben 2 Betriebsratslisten der Sozialisten kandidiert
und drei zu drei Stimmen jeweils bekommen. Die Konstituierung des
Betriebsrates wird nicht sehr einfach sein und noch viel kritischer
wird es dann bei den zukünftigen Verhandlungen. Wenn man hier nicht
aufpasst, wird der Unternehmer gleich die unglückliche Differen-
zierung nützen, weshalb ich umso mehr auf die Sache Vereinbarung
Fachverband – Gewerkschaft hingewiesen habe.
Bei das Gablonzer Genossenschaft – Ausstellungshaus – lernte
ich Obmann Waniek und Dir. Nemecek kennen. Im August hatte ich
Gelegenheit in Gablonz Bohemia, die tschechische Gesellschaft,
und deren Produkte kennenzulernen. Dort erzeugte man Massenware,
wahrscheinlich irrsinnig billig im Export, aber mit der österr.
Qualitätsarbeit sicherlich nicht zu vergleichen. Neu war noch,
dass ich erfuhr, dass schwedische Einkäufer z.B. nach Österreich
kommen, weil sie in der CSSR nicht zeitgerecht die Bestellungen
ausgeliefert bekommen. In der Gablonzer Genossenschaft sind
131 Betriebe organisiert auf ganz Österreich fast verteilt, 220
Genossenschaften. Der Umsatz beträgt 50 Mill. Wenn man aber den
Umsatz aller 3.000 Beschäftigten rechnet, so sind es über
900 Mill., die die einzelnen Firmen erzeugen. Im Inland sind nur
5 % davon absetzbar, der Rest muss exportiert werden. Ich ver-
sprach der Genossenschaft, wenn sie das nächste Mal Planungs-
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kosten hat, ich diese übernehmen werde, weil ich dies auch bei
den Messen und ganz besonders bei der Genossenschaft in Fulpmes
übernommen habe. Mit Zolles, ÖFVW, werde ich über eine gemeinsame
Werbung noch sprechen. Die Gablonzer müssen schrecklich viel
als Genossenschaft werben und haben dafür 180.000 S pro Jahr aus-
gegeben.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte stelle fest im Hause, wie man der
Genossenschaft helfen könnte.
der Berechtigung zur Führung des Staatswappens an Bahnbau Wels
organisiert. Dies ist ein verhältnismässig junger Betrieb, 25
Jahre alt, und erbringt eigentlich kaum Leistungen, die es berech-
tigen würden bei strengster Massstabsanlegung diese Auszeichnung zu
geben. Die Handelskammer hat auch dagegen protestiert, solange
nicht Plasser & Theurer die Staatswappenauszeichnung bekamen.
Dies ist nun in letzten Zeit geschehen und die Eisenbahnergewerk-
schaft, aber auch der ARBÖ und vor allem einmal die Gemeinde
drängten mich dazu, ihm – Besitzer ist nämlich KR Wilfling,
ein ehemaliger Bankier – sicherlich grösstenteils aus Eitelkeit
diese Auszeichnung zu überreichen. Da es mir persönlich ganz
wurscht ist, wer es bekommt, die gesetzmässige Überprüfung mein
Ministerium vorgenommen hat und auch letzten Endes positiv ent-
schied, war ich natürlich auch bereit, nach Wels zu fahren.
Zum Abschluss zeigte man und dann noch einen Kindergarten, den
Wilfling mit 5,3 Mill. S der Stadtgemeinde errichtet hat.
Ein jahrzehntelanger Bekannter vom Mühlenfonds, Strobl, Besitzer
der grossen Müllerei in Ebelsberg, hatte ebenfalls seit Jahren
schon versucht, mich zu einem Besuch seiner Mühle zu veran-
lassen. Da ich jetzt in Oberösterreich war, bin ich dann tat-
sächlich hingefahren und habe dort die Mühle besichtigt, die extra
wegen mir in Betrieb gehalten wurde. Er hatte die Betriebsräte auch
eingeladen und mir kam so richtig zu Bewusstsein, was es für einen
Unternehmer bedeutet, insbesondere für die 84-jährige Mutter
dass ein Minister zu Besuch kam. Die Mühle erzeugt qualitäts-
mässig einwandfreies Mehl und Strobl ist gerade auf diesem Gebiet
sehr tüchtig. Als einmal bei einer Anordnung bei der Ausmahlungs-
type 480 das Wörtchen Griess vergessen wurde, hat er sofort ein Mehl
der Type 480 erzeugt und damit einen guten Absatz gehabt. Jetzt
hat sein Sohn ein vitaminisiertes Brot entwickelt. Die Müller
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hängen an ihrem Kartell und ganz besonders an dem Mühlenausgleichs-
fonds sowie an dem Getreidefonds, doch bin ich überzeugt, wenn
dies alles wegfallen würde, würden sich die tüchtigen Müller in der
Qualität sicherlich durchsetzen.
Die SPÖ in Enns und ganz besonders der Bürgermeister ersucht
mich, ob ich nicht einmal noch Enns besuchen könnte, um einen
notleidenden Betrieb aber ganz besonders die Zuckerfabrik
zu besuchen. Da ich nicht wieder nach Enns hinauffahren wollte,
erklärte ich mich bereit, am Abend noch die Zuckerfabrik zu
besichtigen. Die Kampagne ich in vollem Gange, wird weit über
Weihnachten hinaus ins neue Jahr reichen, etwas was seit 15 Jah-
ren nicht mehr der Fall war. Jetzt läuft alles glatt, die Gefahr
ist nur, dass ein Kessel ausfällt, dann würde die Kampagne noch
länger dauern als bis in die Jännertage hinein. Der Direktor
erklärte mir, was ich sowieso schon wusste, wie glücklich er ist,
dass man auf der einen Seite den Export jetzt genehmigt hat und er
auf der anderen Seite aber einen Silo (den 4.) für Zucker errich-
tet. Wäre beides nicht gewesen, hätte die Lagermenge gar nicht aus
gereicht, um die Produktion aufnehmen zu können.
Tagesprogramm, 6.12.1975