Montag, 27. Oktober 1975
Min.Rat Sterk versucht für die Bergbauförderung insbesondere
für den Obertagbau in Köflach alle verfügbare Mittel zusammen-
zukratzen. Deshalb hat er mit Kaber im Finanzministerium besprochen
gegebenenfalls 40 Mill. S aus der Wirtschaftsförderung, die wir
heuer nicht so dringend brauchen in die Bergbauförderung zu trans-
ferieren. Ausserdem sollen 80 Mill. S ERP-Mittel, die noch
im BKA von den 400 Mill. Grenzland- und Kohlenarbeiter-Ersatzmittel
1 % verzinst zur Verfügung stehen, herangezogen werden. Gehart
berichtete mir und wir hatten sofort eine Aussprache mit Marhold.
Dieser warnte ganz entschieden vor einer solchen Vorgangsweise
bezüglich unserer Wirtschaftsförderungsmittel. Wenn das Finanz-
ministerium einmal eine solche Möglichkeit hat, würde es dann
ständig unsere Wirtschaftsförderungsmittel in die Bergbauförderung
oder sonst wohin transferieren. Aus diesem Grund sollten und müssten
wir eine solche Vorgangsweise entschieden ablehnen. Die Restver-
teilungsgelder von der Wirtschaftsförderung werden entweder für
noch zu bezahlende Projekte und Subventionen gebraucht oder ev.
als Vorauszahlung für den Jahresbeitrag des Vereins für Konsumenten-
information im Dezember für 1976 ausbezahlt.
Marhold sieht auch eine grosse Gefahr darin, dass wir jetzt der
Bürges Dutzende Millionen und in kurzer Zeit wahrscheinlich hunderte
Millionen ansammeln, die durch das neue System nicht mehr kumu-
lative Auszahlung an die Banken entstehen. Der Finanzminister resp.
das Finanzministerium muss dann, wenn hunderte Millionen in den
verschiedensten Banken zu verschiedensten Bedingungen angelegt sind,
auf die Idee kommen, entsprechende Kürzungen der Zuteilungen vorzu-
nehmen. Damit würden wir erstmalig eine gesetzlich jetzt garantiert
uns zustehende Zinsenzuschussaktion fördern. Ich bin nach wie vor
der Meinung, der beste Weg ist, den Banken wieder die Abwicklung und
Zuteilung zu geben, allerdings eben reduziert um die abgezinsten
Zinsenzuschussbeträge und nicht wie in der Vergangenheit mit den
kumulierten.
Marhold bemerkte beim Weggehen von sich heraus, wann endlich jetzt
Gehart als Kabinettchef bestellt wird. Ich eklärte ihm sofort, dass
das System des Kabinettchefs sich unter Bukowski gar nicht bewährt
hat, als wir von 5 1/2 Jahren begonnen haben, hiess es im Hause:
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Jetzt haben wir vier Minister, weil man die drei: Wanke, Koppe
und Heindl dazugezählt hatte. Dies war das richtigste und beste
System. Nur hatte ich den Fehler dann gemacht, einen Kabinetts-
chef zu bestellen, das Ergebnis war, dass er nur mehr formell im-
stande war, gegenüber dem Haus ersten die Arbeit zu machen und
zweitens Beamte des Hauses alle zu ihm liefen, damit entstand das
Gefühl, die anderen Kollegen vom Büro sind eben nur Mitarbeiter.
Marhold hat dies vielleicht eingesehen, auf alle Fälle hat er von
sich aus, wie mir Gehart versichert, diese Initiative gestartet.
Gehart hat anschliessend mit Wanke und mir, ganz richtig, analysiert,
dass wir dieses neue System, das eigentlich ein altes ist, aber anders
handhaben müssen, als wir dies derzeit tun. Die Abgrenzung der einzel-
nen Aufgabengebiete der Kollegen ist nicht ganz klar, irgendwer
im Büro, wahrscheinlich ist dies am zweckmässigsten, wenn dies
Wiesinger macht, müsste vollkommen informiert sein, wer wo ist
und was er zu tun hat, damit der Bürobetrieb wieder optimal läuft.
Ich ersuchte Wanke, er soll mit den Kollegen gemeinsam ein opti-
males Organisationsschema erstellen, welches auf der Erfahrung
der ersten Zeit unserer Bürotätigkeit und Imperium-Übertragung vom
Minister an die Bürokollegen aufbaut.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte auch mit Tieber sofort bei seiner
Rückkunft aus Amerika Kontakt aufnehmen.
Beim Jour fixe besprach ich mit Sallinger die Vereidigung von ihm.
Er meinte, er würde ins Ministerium kommen, ich lehnte es sofort
ab, dass ich auch beim ersten Mal Gelegenheit gehabt hatte, dies
in der Vollversammlung vorzunehmen. Bei dieser Gelegenheit kündigte
ich ihm an, dass ich ihm auch einen grossen Orden überreichen werde.
Aus der Textilfusionssitzung ergab sich dann die Diskussion, wieweit
Igler und die Industriellenvereinigung sich immer stärker einschaltet
und Firmeninteressen mit gesamtwirtschaftlichen Problemen vermengt
und zur Sprache bringt. Meine Ansicht ist und war, dass die Indu-
striellenvereinigung zwei Kollisionspunkte hat, auf der einen Seite
die verstaatlichte Industrie, die sie gerne in ihre Organisation
einbeziehen will und wollte, auf der anderen Seite die aussenhandels-
politischen Aktivitäten, die sie teilweise durch das Evidenzbüro
durchführt. Die Handelskammer selbst hat ja auch immer den Fehler
gemacht, zu behaupten, die Verstaatlichte führe ein Eigenleben,
obwohl sie eigentlich in der Handelskammer Mitglied ist und sich dort
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halt nur teilweise richtig vertreten fühlt. In dem Ministerium
ist durch die Trennung zwischen der eigenen verstaatlichten Ver-
waltung im BKA allerdings nur als Eigentumsvertreter in der
Vergangenheit aber durch die andere politische Konstellation,
Privatwirtschaft schwarz geführt, verstaatlichte Industrie von
roten Ministern geführt, diese Trennung sehr deutlich gewesen.
Hauptsächlich hat sich aber die Industriellenvereinigung durch
die Nominierung von Kottulinsky durch die Bundeskammer in den
Beirat ein Entree in die Paritätische Kommission verschafft. Als Kot-
tulinsky dann seinen Herzinfarkt hatte, ist dann automatisch ein
anderer der Industriellenvereinigung nachgerückt, ohne dass dieser
von der Bundeskammer nominiert wurde. Letzten Endes ist dann bei der
wirtschaftspolitischen Aussprache Igler erschienen. Für diese Poli-
tik kann die Handelskammer niemandem anderen die Schuld geben als
sich selbst. Ähnlich ist es beim Evidenzbüro. Dort hat Ing. Häusler
von der Steiermark eine stärkere Einschaltung des Exporthandels
gewünscht und Pisec und Mitterer sind sofort auf diese Politik
eingestiegen. Graf Hartig hat dann dieses Evidenzbüro immer stärker
als Geschäftsführer mit der Industrie liiert. Derzeit ist der Obmann
Zuckermann, der natürlich auf die Selbständigkeit und noch viel
mehr auf weitere Aktivitäten des Evidenzbüros drängt. Damit kommt es
automatisch zu einem Kollisionskurs mit der Handelskammer. Ich
mische mich selbstverständlich nicht hinein, weil ich dazu gar
keine Veranlassung habe.
Mussil fragt an, wieso Keller jetzt eine Arbeitsgruppe im Konsumen-
tenbeirat resp. -forum führen soll. Christian hat scheinbar bei
Mussil angefragt, wie er sich verhalten soll, wenn jetzt der Sekre-
tär von Broda über Gewährleistung, Ratengesetz und andere konsumen-
tenpolitische Aktivitäten die Führung im Beirat und im Forum übernimmt.
Ich beruhigte ihn sofort, indem ich erklärte, Keller wird jetzt im
Konsumentenbeirat kooptiert, wogegen er gar nichts einzuwenden hat
und man wird dort über die Aktivitäten, die er zu entfalten hat,
sicherlich ein Einvernehmen erzielen.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND KOPPE: Bitte diese Details mit Keller und
auch Christian von der Bundeskammer – getrennt – besprechen.
Mussil hat in Erfahrung gebracht, dass ich irgendwo bei der Patent-
förderung Gabmeier für seine Wasserdruckmassage-Anlage ein Inter-
view geben soll. Er meinte, es müsste auch von der anderen Seite
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jemand zu Wort kommen, wogegen ich gar nichts einzuwenden habe.
Er müsse sich eben an den ORF wenden.
Geschockt war Mussil, zumindestens spielte er so, als wir auf die
Preissituation zu sprechen kamen. Nachdem ich ihm erklärte hätte,
ich würde auf die Dauer nicht immer nur Kritik oder wie ich mich
ausdrückte "Watschen" einstecken und zwar von allen Seiten, explizier-
te ich ihm mein System. Bei Obst und Gemüse werden nun Handelspan-
nenregelungen nach Meinung der Ländervertreter fällig. Ich, ja selbst
die AK und der ÖGB, würde darauf nicht besonderen Wert legen.
Trotzdem werde ich jetzt von der Handelskammer hart attackiert.
Bei den Elektrizitätspreis-Diskussionen derzeit wird ohne dass
man mir auch nur ein Wort gesagt hat, von Klimesch 20 % und mehr
Forderung gestellt, man lässt ausserdem durchblicken, alles hätte
man mit mir abbesprochen und mit 1. Jänner müsste dies in Kraft
treten. Ich denke nicht daran, mich überfahren zu lassen, sondern
werde genau prüfen und von jeder Landesgesellschaft auch die schrift-
liche Bestätigung des Vorsitzenden des Aufsichtsrates verlangen,
dass er mit diesem beantragten Prozentsatz einverstanden ist.
Ich werde nicht tatenlos zuschauen, wenn auf der einen Seite die
ÖVP-Landeshauptleute in ihren Landesgesellschaften recht viel ver-
langen und auf der anderen Seite der ÖVP-Pressedienst ausrechnet,
um 400 S werden die Konsumenten pro Jahr belastet durch den Han-
delsminister. Da ich nicht genau weiss, wie es im Parlament mit
den Verhandlungen über ein Preisgesetz weitergeht, habe ich jetzt
die Absicht, ein Einfach-Gesetz in die Begutachtung zu schicken.
Ich zeigte den Entwurf Mussil und schlug ihm vor, wenn er will,
könnte er sich ihn kopieren lassen, obwohl er sofort darauf reagier-
te, dieses "Pamphlet" möchte er nicht einmal in die Hand nehmen.
Die Gefahr, die er sieht, ist, dass ich die Verbraucherpreise
auf Grund der Einfachgesetzregelung festsetzen kann, während
eventuell Erzeugerpreise und sonstige Bestimmungen bei den Landes-
hauptleuten liegen. Er meint nun, die Landeshauptleute würden
agrarfreundlich höhere Preise festsetzen und in den Verbraucher-
preisen würden diese dann nicht ihre Deckung finden. Dagegen er-
klärte ich, hätte ich mich dadurch abgesichert, dass ich die Dele-
gierung an die Landeshauptleute vorgesehen habe. Ich möchte das
ganze Instrumentarium ja nur als Rute im Fenster gebrauchen und
nur dann zur Anwendung bringen, wenn die Preisentwicklung eine
solche notwendig macht. Mussil meinte, diese Vorschläge seien
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genauso tödlich und von der Handelskammer mit aller Entschieden-
heit abzulehnen wie wenn ich die Aussenhandelsgesetze den Aussen-
handelsstellen novellieren würde. Ich bin aber trotzdem fest ent-
schlossen, nicht zuletzt um die Doppelzüngigkeit der ÖVP in der
Preispolitik aufzuzeigen, den Weg der einfachgesetzlichen Regelung
jetzt einmal einzuschlagen. Was letzten Endes dabei herauskommen wird,
wird sich zeigen. Mit Jagoda vereinbarte ich, dass noch einmal im
Hause ein Koordinationssitzung gemacht wird, anschliessend daran den
Verfassungsdienst und andere Ministerien einlädt und so schnell als
möglich den Entwurf in eine sechswöchige Begutachtung schickt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Arbeitskreis Preise der fraktionelle
Länderkreis Salzburg den endgültigen Entwurf dann sofort schicken
und Sitzungen einberufen.
Beim Journalistenfrühstück kam nur der Fremdenverkehr – Würzl –
und Sterk mit dem Rohstoffsymposium zur Berichterstattung. Diskussion
gab es fast gar keine und auch keine Anfragen. Dibold war der einzige,
der dann wegen des Strompreises und des Ölpreises überhaupt eine
Aktivität entfaltete. Puffler hatte einen Gag, indem er zum 150. Pres-
sefrühstück von mir unterschrieben eine Beilage beifügte, zum
150. Pressefrühstück noch immer "Happy". Dies trifft sicherlich für
meinen nach aussen hin dokumentierten Zustand zu, allein aber was
die Art dieses Pressefrühstücks betrifft, schon nicht mehr. Es war
eigentlich das kürzeste, an das ich mich erinnern konnte. Dabei
war interessanterweise das erste Mal der ÖVP-Pressedienst offiziell
vertreten. Ein Kollege, der früher bei der APA beschäftigt war, ist
jetzt beim ÖVP-Pressedienst und hat weil er diese Einrichtung schon
kannte, sei es mit Genehmigung von Busek, vielleicht auch ohne dessen
Zustimmung, daran teilgenommen. Ich bin über diese Entwicklung
gar nicht unglücklich sondern ganz im Gegenteil. Wir werden ja sehen,
ob er längere Zeit bleibt, was ich allerdings annehme. Was wir
glaube ich mehr machen müssen, um das Pressefrühstück aktueller zu
gestalten, ist noch mehr Themen zur Auswahl zu stellen. Insbesondere
glaube ich müsste über die Grundsatzgruppe zumindestens vereinzelt
auch Probleme zur Sprache gebracht werden.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND KOPPE: Können wir wieder zu dem vor etlichen
Jahren gehandhabten System kommen?
Bei der Verabschiedung des indischen Ministers Pai, an der auch der
Handelsdelegierte teilnahm, nützte ich die Gelegenheit am Flughafen,
ihn noch einmal zu ersuchen, unseren Handelsdelegierten jedwede
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Möglichkeit der Unterstützung zu geben. Pai versicherte, er hätte
jederzeit die Möglichkeit, sich mit ihm in Kontakt zu setzen,
wenn es irgendwelche Probleme gibt. Bei dieser Gelegenheit machte
ich den Handelsdelegierten von der Aussprache Kreisky und Bielka
über den Inhalt der Aussprache mit Pai aufmerksam. Dabei erwähnte ich
selbstverständlich die Bemerkungen Kreiskys wegen der Inhaftierung
des indischen Sozialistenführers.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte Bericht über die offiziellen Verhandlungen
mit Pai für Aussenamt zur Botschafterinformation von Meisl verlangen.
Bei einem Mittagessen für den Board des Weltenergierates teilte mir
Hintermayer mit, dass er erfahren hat, dass das Kernkraftwerk im
Tullnerfeld bis zu 3/4 Jahre verspätet erst in Betrieb gehen kann.
Der technische Überwachungsverein hat eine Änderung der Rohre aus
Sicherheitsgründen verlangt, weshalb es zu einer Verzögerung kommen
wird. Frank hat davon angeblich auch erst vor 2 Tagen erfahren und
meint, das kostet ca. 1 Mia. S, weil jetzt der Strom viel später
als programmiert zur Verfügung steht. Hintermayer meint, dies sei
ein Glückfall für die KWU, denn sie sei an und für sich auch schon im
Verzug, hätte dann entsprechendes Pönale bezahlen müssen, und kann
sich jetzt auf den technischen Überwachungsverein ausreden.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte lass genau prüfen, ob nicht hier ein
gewisses Zusammenspiel festzustellen ist.
Handelsrat Kowalski musste mich unbedingt sprechen, um mir dann in
Wirklichkeit nur den Bestätigungsbrief von Handelsminister Olszewski
über die Kreditverträge zu bringen. Bei dieser Gelegenheit meinte
er nur, es möchte Hrynkiewicz eine Pakettheorie 50 Mill. $ poln.
Konsumgüter nach Österreich exportiert, damit man 50 Mill. $ österr.
Konsumgüter nach Polen exportieren kann, gerne effektuieren. Die
Hauptschwierigkeit liegt nur darin, dass die Polen jederzeit bei
uns jede Menge verkaufen können, wenn sie nur preislich und qualitäts-
mässig gut sind. Trotzdem ist die Idee Hrynkiewicz richtig, weil
er scheinbar nur so in Polen die Möglichkeit sieht, dass eben dann
für 50 Mill. $ auch österreichische Exportwaren eingeführt werden
können. Ich habe Kowalski dann vorgeworfen, dass wir alles getan
haben, damit von Anker-Datentechnik die 2.500 Kassen auf Kredit
und unter Verzicht der 15 %-igen Anzahlung in diesem Jahr endgültig
ein Vertrag abgeschlossen werden könnte. Bis jetzt aber wurde dies
nicht effektuiert, obwohl Koschevsky, der Vizebinnenminister und
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und Dlugosz, der Aussenhandelsvizeminister, vor mir versichert
haben, dass das jetzt perfekt ist. Kowalski erklärte, er
sei selbst darüber erstaunt und werde sofort die entsprechenden
Schritte einleiten.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte Anker-Datentechnik neuerdings infor-
mieren, damit sie auch nachstösst.
Die mit dem Aufkauf der österr. Konsumgüter beauftragte Firma
Ostrana verlangt entgegen der seinerzeitigen Vereinbarung jetzt
1 % Provision, getarnt als Deckungsbeitrag von den Firmen, die
Waren liefern. Kowalski war darüber sehr empört, weil er genau
weiss, dass dies gegen die Vereinbarung verstösst und verspricht,
dies abzustellen. Bei dieser Gelegenheit erklärt er, es sei
eindeutig vereinbart worden, dass Ostrana die Waren zu beschaffen
hat, dass dafür nur österreichische Waren in Frage kommen und
Ostrana dafür keine österreichischen Leistungen in Form von Pro-
visionen und sonstigen Beiträgen erwarten darf. Insbesondere weil
er darauf hinweist, dass österreichische Waren nur in Frage kommen,
mache ich ihn darauf aufmerksam, dass der Textilverband uns mit-
geteilt hat, es seien Hemden aus Hamburg über einen österreichischen
Zwischenhändler von Ostrana gekauft werden soll. Dies lehnen
wir aber auch Kowalski ab.
Bei der Aussprache zwischen dem Präsidium der Partei und des ÖGB
wurde insbesondere die zukünftige Lohn- und Gehaltspolitik besprochen
Im öffentlichen Dienst ist derzeit das Bestreben, vor der Per-
sonalvertretungswahl noch zu irgendwelchen Erklärung des Dienst-
gebers, nämlich des Staates zu kommen. Genau dies ist aber un-
möglich, weil das jetzige Gehaltssystem noch bis Mitte des nächsten
Jahres läuft. Die einzelnen Gewerkschaften machen sich jetzt die
verschiedensten Pläne. Dadurch entstehen die Wünsche nach Lösung von
Struktur- und Spartenfargen. Diese sind aber auch schwere Belastungen
für den Staat. Während 1 % Lohnerhöhung 720 Mill. S kostet, würden
alle Struktur- und Spartenfragen 4–6 Mia. S ausmachen. Allein
die Verwaltungsdienstzulagen-Korrektur, die noch nicht bei jedem
Verwaltungsdienst eingeführt ist, würden 2,4 Mia. bei den Lehrern
ausmachen. Die Eisenbahner wieder möchten, dass ihre dreijährige
Vordienstzeit auf eine zweijährige, die jetzt nur 19 % der Eisen-
bahner haben, auf die restlichen 81 % auch ausgedehnt werden.
Dies kostet zwar nichts in den ersten Jahren aber in den weiteren
Folgen ungeheuer viel Geld. Die Haushaltszulagen, die der öffent-
liche Dienst zusätzlich bekommt, nämlich 150.– S pro Haushalt, wenn
die Frau auch eine Staatsbedienstete ist nur 40.– S pro Haushalt,
würde bei einer Erhöhung von 10.– S auch 87 Mill. S ausmachen.
Diese Haushaltszulage ist seit 1965 eingefroren, kostet aber in
Summe auch 1,2 Mia. S. derzeit. Hier sind es wieder die Gemeinde-
bediensteten, die hier den Vorstoss unternehmen. Offen und eine
Streitfrage ist, was mit der Abrechnung geschieht. 1971 wurde ver-
einbart, dass 2,5 % immer Vorleistungen auf die zu erwartenden Preis-
steigerungen in jeder Gehaltsregelung beinhaltet ist. Juni 1975 wurde
deshalb mit den 11,5 % Steigerung wieder 2,5 % Vorleistung einge-
schlossen. Wenn ein neues Ergebnis 1976 vereinbart wird, dann sind
die minus 2,5 % drinnen. Scheinbar ist darüber aber nicht eine
absolute Klarheit, denn manche meinen, es müsste jetzt abgerechnet
werden, da die Preissteigerungen höher als die 2,5 % sind. Dies
ist die alte Streitfrage, die auch bei den Gewerkschaften existiert.
Kriegt man die Lohnerhöhung für die Zukunft oder kriegt man die Lohn-
erhöhung für die Vergangenheit. Benya sagt mit recht, für die
Vergangenheit kann man deshalb ja schon nichts kriegen, was die
Abgeltung für Preise betrifft, weil man diese Preise ja eben schon
bezahlt hat. Für die Metallarbeiter ist es daher selbstverständlich,
dass sie dies nur für die Zukunft bkeommen. Aus diesem Grund werden
aber ganz besonders wegen der wirtschaftlichen Situation die Löhne
bei den Metallarbeitern, die jetzt eine Runde vor sich haben, unter
zwei Stellen sein. Bei den öffentlich Bediensteten will man scheinbar
aber nicht abwarten, was nach Auslaufen der Gehaltsvereinbarung
geschieht sondern jetzt schon entsprechende Verhandlungen führen.
Die Finanzreferenten hätten deshalb besprochen, um nicht zu prä-
judizieren, in die Budgets keine Gehaltsvorsorge in diesem Sinne ge-
troffen werden. Der Bund und Wien haben sich daran gehalten. Die
9 %, die jetzt im Budget drinnen sind, sind nur eine Volljahres-
abgeltung der letzten Erhöhung von 11,5 % mit Juli 1975 auf das
ganze Jahr 1976 und natürlich die Biennien und so weiter gerechnet.
Andere Länder aber haben bereits in ihren Budgets, wie jetzt aus
einer Landespersonalreferentenkonferenz vertraulich zu erfahren war,
8–11 % Gehaltssteigerungen eingebaut. Das ganze Lohn- und Gehalts-
problem ist aus verschiedensten Gründen nicht nur vielschichtig
sondern wie ich immer wieder feststellen kann, in der Entwicklung
deshalb verheerend, weil sie sich so auseinanderentwickelt.
Auf der einen Seite gibt es, wie Gratz richtig sagt, quasi pragma-
tisierte Sozialversicherung verstaatlichte Betriebe, Banken, die
höhere Löhne oder Gehälter verlangen, weil sie nicht pragmatisiert
sind, obwohl ihnen auch nichts passiert. Auf der anderen Seite gibt
es die pragmatisierten Arbeiten, die incl. Verwaltungsdienstzulage
wie Weisz mitteilt, als Höchstbezug 8.000 S brutto haben. Die höchsten
öffentlichen Bezüge sind die Präsidenten der Obersten Gerichte und
können auf 51.000 S brutto incl. aller Zulagen kommen, wenn es nun
zu einer neuen Gehaltsregelung kommt, müsste man versuchen, eine
bessere Regelung zu finden, wo die kleineren Bezüge einen höheren und
die höheren Bezüge einen tieferen Prozentsatz bekommen. Eine Abgeltung
von der Teuerung mit einem absoluten Betrag ist aus zwei Gründen
nicht möglich: 1. würde bei den höheren und mittleren Einkommen
die Steuerprogression dann den absoluten Betrag gar nicht in derselben
Höhe ausbezahlt werden als bei den unteren und damit wahrscheinlich
nicht einmal die Teuerung abgelten, 2. aber würde dann dieser absolute
Betrag von allen, auch von den Pensionisten automatisch verlangt werden.
Die Pensionisten haben aber die Pensionsdynamik, wo sie ihre Abgeltung
bekommen. Übereinstimmend aber wird festgestellt, dass wir diesmal
mit dem öffentlichen Dienst mehr ein vierjähriges Abkommen schliessen
sollten und können, dass man darüber hinaus auch eine einmalige
Kombination zwischen absolutem Betrag nicht als Teuerungsabgeltung
also einen sogenannten Sockel-Betrag und dann einen geringeren Prozent-
satz anwenden wird.
Häuser berichtet, dass die Arbeitsmarktförderung mit Stand September
zeigt, dass er mit den 880 Mill. die im Budget vorgesehen sind, auskom-
men wird. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass er früher
für 150 Mill. S Schulungsbauten usw. immer durchführte, während es
jetzt nur mehr zum Auslaufen der bereits begonnenen kommt. Dadurch ist
er imstande, die gestiegene Arbeitslosengelder aber auch die Karenzur-
laubsgeldsteigerung ohne weiteres zu decken. Er wird auch selbst
wenn die Vereinigten Edelstahlwerke die bis April jetzt abgesichert
sind und noch andere grössere Betriebe kommen, finanziell bis zur
Mitte des nächsten Jahres durchstehen. Bis dahin rechnen alle, wird
die Konjunktur sich bereits gewendet haben.
Gratz steht vor folgendem Dilemma, dass die Fa. Habsburg jetzt erklärt
in Konkurs zu gehen. Die zwei Privatbesitzer, ein älteres Ehepaar,
hat in den letzten Jahren 40 Mill. S Privatentnahmen getätigt und
dadurch die Finanz- und wirtschaftliche Situation von Habsburg
so verschlechtert, dass für die 1.300 Beschäftigten die Arbeitsplätze
gefährdet sind. Die beiden wollen verkaufen, aber um 260 Mill. S,
was niemand bereit ist zu bezahlen. Gratz hat deshalb ein Dilemma,
weil man ihm erklärt, sie würden die 12 t Spitalswäsche nicht mehr
waschen, wenn geschlossen wird. Die Gemeinde Wien selbst wäscht
sich jetzt schon 40 t und könnte sich gegebenenfalls auf die gesamte
Spitalswäsche einstellen. Dies ist aber wahrscheinlich gar nicht
notwendig, wenn der Betrieb – woran alle interessiert wären – erhalten
bleibt. Bei den derzeitigen Besitzern ist dies allerdings nicht
möglich. Wieder ergibt sich dann die Diskussion, was geschehen wird,
wenn der Ausgleich angemeldet ist. Broda verspricht, er wird im
neuen Gesetz, das er jetzt in Arbeit hat, den Fristenlauf festlegen,
damit nicht zu lange die Ausgleichsverhandlungen hinausgezögert werden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Die Grundsatzgruppe sollte einmal festhalten, was
vom wirtschaftlichen Standpunkt bei einem neuen Ausgleich- und Konkurs-
verfahren zur Sicherung der Arbeitsplätze notwendig wäre.
Tagesprogramm, 27.10.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)