Dienstag, 21. Oktober 1975
Mit Präs. Igler, Min.Rat Gröger und Grumbeck, Reim bespreche ich die
Textilfusion. Hauptschwierigkeit liegt bei der Finanzierung.
Die CA wird 49,5 Mill. S Kredite in Anteile für das Gründungskapital
umwandeln. Schoeller gibt 150 Mill. Wichtiges Problem ist, vom E+E-Fonds
130 Mill. S die Haftung zu bekommen. Dir. Schramm ist dort sehr unbeweg-
lich und ständig muss er gedrängt werden, dass er weiter tut. An
Betriebsmitteln fehlen dann 100 Mill. S die durch ein Banken-
konsortium aufgebracht werden sollen. Hauptproblem ist die Be-
sicherung deshalb fehlt, weil E+E-Fonds und andere auch immer auf
die erste Hypothek gehen wollen. Die Fa. Tembornino , die in Konkurs
hätte gehen müssen, wurde nun von der CA und von Schoeller vorüber-
gehend saniert, indem Betriebsmittel zur Verfügung gestellt wurden.
Auf alle Fälle fehlen bei der endgültigen Sanierung dann 30–40
Mill. S, die aus der Arbeitsmarktförderung oder eventuelle Zins-
stützungsaktion des Handelsministeriums zur Verfügung gestellt werden
müssten. Was mich am meisten überrascht ist, dass Igler zugibt, dass
das Handelsministerium ungeheuer expeditiv arbeitet, die jungen Leute
sich tatkräftig einsetzen. Bei den Banken ist es ganz anders, dort
wurde verlangt, dass von Stuttgart die Fa. Schidack eine Prüfung
durchführt, die mindestens 1/2 Mill. kosten wird. Von den Banken
selbst werden ausserdem noch 11 Beamte zur Prüfung und Beratung ein-
gesetzt. Insgesamt werden so dann 15 Leute die Betriebe bereisen.
Ein ungeheuer aufwendiger und komplizierter Apparat. Ich bin fast
stolz darauf, dass wir hier im Handelsministerium viel expeditiver
arbeiten, allerdings auch finanzielle keine besondere Leistung
erbringen zum Unterschied von den Banken.
Unter vier Augen erklärt mir dann Igler, als ich ihn wegen der Trans-
aktion von Touring-Maschinenexport und Strumpfhosenimport nach Rumänien
frage, dass Giessriegl ihm jetzt erklärt hat, dies ginge so, dass
die Maschinen exportiert werden, wahrscheinlicher Wert sicherlich
5 Mill. und von den 22 Mill. S Import der Strumpfhosen ein gewisser
Zuschlag pro Stück an die Rumänen bezahlt werden muss. Wie ich vermutet
habe, handelt es sich also um nichts anderes als um eine wesentlich
höhere Importgenehmigung für Strumpfhosen, die mit dem Export der
Maschinen nur in einem Teilzusammenhang steht.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte über die ganze Vorgangsweise ÖGB, Tumpel,
Textilgewerkschaft informieren.
Beim Ministerrat hat Bielka Kreisky informiert, dass weder bei der
Seligsprechung von Peter Kollando 1926 noch von Klemens Maria Hof-
bauer 1888, ja nicht einmal bei der Heiligsprechung 1909 ein Re-
gierungsmitglied anwesend war. Der ORF, aber auch die Zeitungen
haben bei der Übertragung Sonntag von Rom immer wieder die Frage
gestellt, wieso kein Regierungsmitglieder bei dieser Seligsprechung
anwesend war. Wenn dies nicht einmal bei der Monarchie oder bei
der christlichsozialen Regierung in der 1. Republik der Fall war,
war für uns wirklich keine Veranlassung. Ich bin allerdings über-
zeugt, dass Kreisky – hätte er sich das besser überlegt und nicht
so grosse Einsparungen mit den Reisen machen wollen – wahrscheinlich
schon ein Regierungsmitglied buseriert hätte, zu fahren.
Androsch lehnt, wie ich erwartet habe, die Teilnahme von Meiner
bei der Prüfung der Ölfirmen ab. Er sagt mit Recht als Steuerbehörde
ist er an das Steuergeheimnis gebunden, fürchtet, dass wenn ein
Finanzbeamter dabei ist, dann man sofort sagen wird, damit könnte
das Steuergeheimnis verletzt werden, weil sich dieser ja doch
Informationen über das Finanzamt holen wird. Androsch ist andererseits
an dem Prüfungsergebnis sehr interessiert, weil er gegebenenfalls
für das Antigewinntransfergesetz Rohölimporte wesentlich teurer als
notwendig gegen die internationalen Gesellschaften Unterlagen sammelt.
Ich verständige von diesem Entscheid sofort Sekt.Chef Frank, der
sich ebne jetzt aus anderen Ministerien, insbesondere von der
Wirtschaftspolizei tüchtige Prüfer suchen muss. Ein Sachverständiger,
d.h. Wirtschaftsprüfer, wird auf gar keinen Fall beigezogen. Dieser
verursacht ausschliesslich Kosten und würde und kaum die gewünschten
Unterlagen sehr schnell liefern.
Mit Sinowatz und Häuser bespreche ich die Idee beim Bildungs-
freistellungsurlaub österreichische Hotels heranzuziehen. Diese
Hotels haben mich auf Umwegen wissen lassen, dass sie bereit wären,
zu äusserst günstigen Konditionen in der saisonschwachen Zeit
Aufenthalts- und Unterrichtsräume zur Verfügung zu stellen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte für nächsten Jour fixe AK-ÖGB auf die
Tagesordnung nehmen.
Bielka ist unglücklich, wie er mir unter vier Augen sagt, dass wir
so wenig über die konkreten Geschäfte, die die Regierurg entriert
und dann nicht mehr genau verfolgen kann, wissen. Insbesondere wurde
der Geschäftsträger von Ägypten, Nowotny, ehemaliger Sekretär
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von Kreisky, zum Ministerpräsidenten gerufen und gefragt, wie es jetzt
weitergehen soll. Es ist richtig, dass weder das Aussenministerium
noch besonders das Handelsministerium über Detailinformationen ver-
fügt. Ich fürchte aber auch, dass die Handelskammer, die doch am
meisten noch Informationen erhält, durch ihre Aussenhandelsstellen,
wirklich sehr viel weiss. Die österreichischen Firmen sind wegen der
Konkurrenz mit Informationen sehr vorsichtig. Nur wenn sie etwas brauche
kommen sie dann und informieren und bitten um Intervention. Bielka
meint, es wäre zweckmässig, ein Ministerkomitee einzusetzen, damit
die entsprechenden Minister sich besser koordinieren. Ausgelöst
wurde diese Idee scheinbar durch die Tatsache, dass Kreisky und Androsch
in Polen Verhandlungen begonnen haben, ohne dass jemand wusste, was
die beiden eigentlich dort besprochen haben. Mich hat es eigentlich
weniger gestört als scheinbar Bielka. Ich kenne die Arbeitsweise
von Kreisky, habe mich darauf eingestellt, weiss, dass er nur ganz
selten kooperierend informiert, muss allerdings zugestehen, dass auch
ich eine ähnliche Politik mache. Ich erledige meine Angelegenheiten in
Eigenverantwortung, ohne viel zu informieren, nach dem Prinzip: Wenn
es euch nicht passt, dann sucht euch einen andern. Ich kann Bielka
davon überzeugen, dass ein Ministerkomitee gar nicht zielführend ist.
Es würden Kreisky oder Androsch oder wer sonst noch sitzt, ja noch
nur allgemeine Bemerkungen machen, uns vielleicht dann mitteilen,
dass sie dort und dort hinfahren werden oder es zumindestens beabsich-
tigen, aber mehr schon nicht. In den vergangenen 5 1/2 Jahren sage ich
Bielka habe ich mit dem Aussenministerium sehr gut zusammengearbeitet,
ich habe – was der beste Weg war – immer der Aussenpolitik weitest-
gehend den Vorrang gelassen und Auslandsreisen und Empfänge von ausl.
Ministern mit Kirchschläger und jetzt Bielka immer abgesprochen.
Bielka träumt scheinbar davon, auch mit anderen Ministern einen so
guten Kontakt zu bekommen. Wir verbleiben so, dass wir insbesondere
über die arabischen Länder besser unsere Informationen austauschen,
indem ich ihm Berichte für seine Botschaften schicke. Den ersten
verspreche ich sofort von der Besprechung mit Energieminister Sultan.
Meisl wurde davon informiert. Maschke, unser Botschafter in Ägypten,
leidet an Depressionen und wird, wenn irgendwie möglich, von dort wieder
angezogen. Nowotny führt jetzt dort die Geschäfte.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte mit Meisl besprechen, wie wir unsere
Botschaften besser informieren können.
Broda, der auch äusserst vorsichtig ist mit keinem anderen Minister
wegen der Kompetenzen in Streit zu kommen, erklärt mir sofort, dass er
bezüglich des Interviews von Keller heute morgen im Journal, wonach
der Justizministerium jetzt Konsumentenpolitik machen würde, nichts
wusste. Er ist besonders dafür, dass ich mich sofort mit Keller und
Koppe zusammensetze, um zwischen VKI – Handelsministerium – Justizmini-
sterium die Aktivitäten abzugrenzen. Was mir zu denken gibt, ist die
Idee eine Ombudsmannes auf diesem Gebiet, dann würde das VKI weitest-
gehend ausgeschaltet sein. Broda ist sofort dafür, die Idee fallen
zu lassen.
Eine Aussprache mit Keller, Koppe, Wais ergibt, dass wir die juridi-
schen Sachen über Gewährleistung, Gerichtsstand usw. vom Justizmini-
sterium jetzt bearbeiten lassen, zur Koordination aber Keller in
den Konsumentenbeirat kooptiert wird. Koppe wird dies mit der Handels-
kammer besprechen. Die Aktivitäten des Justizministeriums werden also
jetzt ins Handelsministerium koordinierend einbezogen.
Dr. Haiden von der Z möchte gerne, dass die Unternehmer mehr über die
Exportfinanzierung wissen und möchte, dass wir uns hier stärker ein-
schalten. Ich habe nichts dagegen, mache aber aufmerksam, dass ge-
wisse Informationen jetzt schon erfolgen und das Handelsministerium
nur sekundär davon berührt ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND GEHART: Hier müsste man gegebenenfalls Banken
und Sparkassen durch Informationsschriften stärker heranziehen.
Haiden fragt insbesondere an, ob er jetzt im Fremdenverkehr wieder ge-
wisse Aktivitäten auch in dieser Legislaturperiode entwickeln soll. Ich
ersuche ihn sofort, die Tätigkeit fortzusetzen und sie ganz besonders
mit Dr. Heindl zu koordinieren, der nach wie vor für die fraktionelle
Fremdenverkehrsarbeit verantwortlich ist.
ANMERKUNG FÜR GEHART UND HEINDL: Wir müssen die Arbeitsgruppen Fremden-
verkehr, Preise, Energie so bald wie möglich einberufen.
Prof. Edwin aus Aachen, ein ehemaliger ÖDK-ler, ist auf Besuch in Wien
und erzählt mir, dass er auf drei Gebieten jetzt arbeitet. Erstens
die Versorgungsoptimierung der Energiewirtschaft, zweitens die
Zuverlässigkeit und drittens die Automatisierung. Entscheidend für
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und interessant ist glaube ich das zweite Problem: Die Zuverlässigkeit.
Er meint, wir müssten die österreichischen Wasserkräfte und ganz
besonders auch die Speicherwerke weiterhin ausbauen, da in der Atom-
energie, wenn die grossen Einheiten 1.300 MW und grösser, kommen,
gerade Reservewerke ständig zur Verfügung stehen müssen. Nur so ist
die Zuverlässigkeit gewährleistet. Er meint, meine Idee, das Kohle-
kraftwerk in Voitsberg III auch unter diesem Gesichtspunkt zu
errichten, sie sehr richtig. Edwin hat mit Frank einen sehr guten
Kontakt und möchte sich jetzt sowieso keinesfalls verändern.
Der ungarische Botschafter Nagy und sein Handelsrat sowie Meisl
und ich besprechen die Wünsche der Ungarn. Selbstverständlich übernehme
ich die Schirmherrschaft über die ungarischen Wirtschaftstage, die sich
mit Kooperationen und Messen usw. beschäftigen sollen. Ich werde auch
die Eröffnung vornehmen. Ein wirkliches Problem ist, dass die Importe
aus Ungarn so stark zurückgehen. Handelsrat Madai führt dies ausschliess-
lich auf die Zolldiskriminierung zurück. Die Zollsenkungen im Rahmen
des EG-Vertrages mit 1.1.1976 80 % machen sich jetzt schon deutlich be-
merkbar. Hier müssen wir eine Lösung finden, die nicht so wie Finnland
in einem Sonder-Freihandelsvertrag mit den Oststaaten besteht. Hier
gibt es oder gäbe es aussenpolitisch viel zu grosse Bedenken dagegen.
ANMERKUNGWANKE UND GEHART: Bitte in der Grundsatzgruppe Über-
legungen anstellen.
Die Tagung der Aussenhandelsstellenleiter in Fernost und die Besprechung
mit ihnen gibt mir eigentlich jetzt kaum noch etwas. Mit der Zeit
kenne ich alle Aussenhandelsstellenleiter und die Besprechungen dort
viel zu allgemein gehalten und wir haben dazu viel zu wenig Zeit.
Ich glaube, dass es wenn die AH-Stellenleiter in Österreich sind,
zweckmässiger wäre in ganz bestimmten Ländern, wo wir besonderes
interessiert sind und wo wir auf besonderen Kontakt mit den AH-Stellen-
leitern Wert legen, diese zu Einzelgesprächen ins Ministerium zu mir
zu bitten. Selbstverständlich sollen diese allgemein gehaltenen
Tagungen weiter bleiben und von mir auch besucht werden.
Jagoda berichtet mir, dass mit dem Zinsenzuschuss für das Bad in
Schladming kein positiver Bescheid gegeben werden kann. Das Bad ist
eine GesmbH und Co. KG und das Finanzausgleichsgesetz und die damit
vorgesehenen Mitteln sehen nur Subventionen für die Gemeinden vor.
Die einzige Möglichkeit, der Gemeinde zu helfen, wäre ein Hinweis
auf die Hausaktion des Ministeriums. Ich ersuche Jagoda aber auf
alle Fälle bei der Mitteilung aber gleich festzuhalten, dass wir
hier nur beschränkte Budgetmittel zur Verfügung haben. Jagoda hat
den Akt auf alle Fälle von Ortmann weggenommen, damit hier nicht
irgendwelche Vorwürfe dann ihm gegenüber erhoben werden können.
Bei dieser Gelegenheit hat er in einem alten Akt jetzt gefunden
eine Bemerkung von Ortmann, dass ein gewisser Ing. Royer , scheinbar
der Gewährsmann, an ihn herangetreten ist, um eine Auskunft über die
Möglichkeit der Subventionierung dieses Bades. Ortmann hat in diesem
Aktenvermerk festgehalten, dass er dafür die Zustimmung des Prä-
sidiums bräuchte. Was weiter geschehen ist, ist aus dem Akt nicht zu
entnehmen. Da die ganze Angelegenheit derzeit bei der Staatsanwalt-
schaft anhängig ist, habe ich glaube ich keine Veranlassung mehr,
mich mit dem Fall im besonderen zu beschäftigen. Jagoda wird alles
aber genau registrieren und nachher, wenn der Fall abgeschlossen ist,
mit dem Präsidium die Vorgangsweise und Genehmigungsweise von Neben-
beschäftigungen im Einzelnen zu besprechen.
Kreisky hat mit Sekt.Chef Gatscha, wie er mit einem Telefonge-
spräch mitteilte, grosse Schwierigkeiten. Gatscha möchte die ÖIAG
immer sabotieren und intrigiert daher gegen den Generaldirektor
Geist. Kreisky möchte Gatscha unbedingt von der Sektion IV wegbringen
damit er dann die Sektion IV mit der Preglau-Sektion V – ERP-Büro –
zusammenlegen kann. Kreisky fragt an, wie es mit der Besetzung
der Industriesektion im Handelsministerium aussieht. Ich erkläre
ihm, dass Römer heuer in Pension geht und mit Ende Jänner wahrschein-
lich von mir eine Ausschreibung erfolgen wird. Für diese Ausschrei-
bung hat mir bereits Staatssekretär Lausecker mitgeteilt, wird sich
nicht nur Bodo Beelitz, sondern auch der ehemalige Nationalrat Fleisch-
mann interessieren. Ich bin überzeugt, dass es Kreisky gelingen wird,
auch Gatscha davon zu überzeugen, dass er sich um diesen Posten
bewerben soll. Ich selbst erkläre Kreisky, ich bin noch keinesfalls
entschieden, welcher der beste Mann auf diesem Posten ist und werde
daher die Ausschreibung abwarten. Kreisky interessiert sich auch,
wie es nun mit Tieber weitergehen soll und ob er sich bei mir
schon gemeldet hat, ob ich ihn übernehmen werde und was ich beab-
sichtige. Ich erkläre ihm sofort, dass Tieber mit mir eine
fixe Vereinbarung hat, mit 1. Dezember anfangen wird und daher
für eine andere Arbeit, insbesondere auch nicht für Heinz Fischer
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im Klub zur Verfügung steht. Kreisky ist glaube ich mit dieser
Lösung sehr einverstanden. Da er ja kaum grosses Interesse hat,
Tieber wirklich im Klub zu verankern.
In der Oper treffe ich Taus und seine Frau und unterhalte
mich längere Zeit mit ihnen. Seine Frau meint, Taus hätte auch
in der Vergangenheit schon sehr viel gearbeitet, sei kaum zu
Hause gewesen, was ich gar nicht bestreite. Ich bewundere nur,
dass er sich letzten Endes doch zu diesem Geschäft entschlossen
hat. Seine Frau meint, sie versteht überhaupt nicht, wie sich Männer
wie er und ich in die Politik so verankern und reinstürzen, wo
man doch nur Undank ernten kann. Taus gibt sich sehr optimistisch,
wird von den ÖVP-Anwesenden natürlich immer freudigst begrüsst
meine Frau fällt dies ganz besonders auf und sie meint, da schau
her, wie die zusammenhalten. In Wirklichkeit geht es meiner Mei-
nung nach um ganz etwas anderes. Die ÖVP-ler versuchen nun Taus
insofern Mut zu machen, indem sie ihn ganz besonders nach aussen-
hin unterstützen, so nach der Methode, der arme Kerl hat jetzt
so für uns gekämpft, die Wahl verloren, jetzt müssen wir ihm
zeigen, dass wir hinter ihm stehen. In Wirklichkeit bin ich fest
überzeugt, sind ausser Karrieristen die nicht genau wissen, ob
sie ihn nicht doch einmal brauchen, einige der Meinung, wenn man
ihm jetzt nicht besonders zeigt, dass er der unbestrittene Führer
der ÖVP ist, er dann noch früher kapitulieren wird als ich es sowie
so erwarte. Min.Rat Winterleitner, der Sekretär von Kohlmaier,
mit dem ich heute über die Problematik des Sekretariatstasuches
8 Wochen vor der Wahl gesprochen habe, meint, dass er dies auch
nicht verstanden hat. Dadurch hat es allein organisatorisch in
dieser Zeit schon einige Schwierigkeiten gegeben. Jetzt erfahre
ich von Taus, dass er auch seine langjährige Sekretärin in die
Bank zurückgeschickt hat. Taus beginnt also wirklich ein ganz
neues Leben und muss sich einen ganz neuen Apparat aufbauen.
Wie weit er dies imstande ist, ohne nervlich dazu zugrunde zu gehen,
weiss ich nicht. Ich bin sehr gespannt, wie dies weitergehen wird.
Kreisky habe ich auf alle Fälle im Telefongespräch prophezeit,
dass er 3 Legislaturperioden noch bleiben wird, für diese und die
nächste, bin ich überzeugt, wird es auf alle Fälle der Fall sein.
Kreisky meinte zwar, Du bist ja verrückt, ich aber bin überzeugt
und habe ihm dies auch gesagt, dass so wie Benya er auch gar
keine Wahl hat, bis zuletzt diese Funktion auszuüben. Solange
wir nämlich gewinnen, wir niemand ihm die Möglichkeit geben.
sich zurückzuziehen, wenn er das übrigens, was ich nicht ganz
überzeugt bin, nach aussen jetzt immer ankündigt. So wie sich alles
in der Politik mehr polarisiert, wird sich auch polarisieren auf der
einen Seite die Jungen von der ÖVP, auf der anderen Seite die Vater-
Figur Kreiskys. Wenn die Österreicher nicht wesentlich anders reagieren
als die Deutschen und ich bin überzeugt davon, dass sie dies nicht
machen werden, wird die Vater-Figur Kreisky genau dieselben Erfolge
haben wie in Deutschland Adenauer. Dieser hat sogar mit 71 Jahren
erst als Kanzler seine Politik, wenn man so sagen kann, begonnen.
Tagesprogramm, 21.10.1975
Tagesordnung 183. Ministerratssitzung, 21.10.1975
27_1187_03hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)