Donnerstag, 16. Oktober 1975
Gehart macht für die Bürges einen sehr vernünftigen Vorschlag.
Bei meiner Amtsübernahme war mit den Kreditinstituten verein-
bart, daß sie im Gewerbestrukturverbesserungsgesetz den Zinsen-
zuschuß kumuliert ausbezahlt bekommen. Dies war ein ganz ein-
malige Kondition des Staates oder der Bürges den Kreditinstituten
gegenüber. Bank- und finanztechnisch wäre nämlich eine Abzinsung
und finanztechnisch wäre nämlich eine Abzinsung die richtige Vor-
gangsweise gewesen. Ich habe deshalb durch Jahre hindurch gekämpft,
damß wir diese kumulierten Beiträge für die Bürges bekommen, selbst
anlegen und den Kreditinstituten nur halbjährlich den Zinsenzu-
schuß bezahlen. Tatsächlich istsdann geglückt und wir haben
170 Mio. Schilling der Bürges jetzt angespart und Erträgnisse mehr.
Natürlich ergibt sich jetzt die Frage wie dieses Geld anzulegen
ist. Der Bürges- Aufsichtsrat hat sich mit diesem Problem be-
schäftigt aber noch keine befriedigende Lösung gefunden. Gehart
selbst befürchtet, daß einmal der Rechnungshof dann die Anlagen,
die zwar hoch verzinslich einen guten Ertrag bringen weil sie
bei verschiedenen Kreditinstituten in Wertpapieren angelegt sind,
die wir jederzeit aber wieder den Kreditinstituten verkaufen können,
hart kritisiert werden kann, sein Vorschlag lautet deshalb, man
soll den Kreditinstituten wieder die gesamte Abwicklung übertragen,
allerdings abgezinst den Zinsenzuschuß auszahlen, dadurch ersparen
wir uns ein halbes %. Derzeit handhabt das Finanzministerium
unsere günstige Finanzsituation der Bürges indem sie die Beträge
die im Budget vorgesehen sind und aus dem Gewerbesteuerbetrag zu
bezahlen wären, wir stunden resp. das Finanzministerium nur
schleppend bezahlt. Ich bin damit einverstanden, daß Gehart dieses
Problem mit der Fraktion und anschließend daran in der Bürges zur
Sprache bringt, damit entsprechende Beschlüsse gefaßt werden.
Sollte es mit den Kreditinstituten so keinem Einvernehmen kommen,
dann müßte man eben über die Anlage des Geldes entsprechende Be-
schlüsse im Aufsichtsrat zu fassen haben, damit der Rechnungshof
nicht nachher hart kritisieren wird.
Momentan ist es unwahrscheinlich ruhig und ich komme deshalb
dazu den Bericht der Handelskammer über die Außenhandelstätigkeit
1974 zu lesen. Dort erfahre ich z.B., daß die Handelskammer nicht
nur Taschenbücher über den Außenhandel herausgibt, sondern auch
27-1156
einen Arbeitsbehelf für den Export. Das erste Taschen-
buch hatten sie mir 1971 geschickt, seither keines mehr.
Am meisten verwundert aber war ich, als ich mit Meisl darüber
sprach ober er die Publikationen insbes. diese Arbeitsbehelfe
kennt, er meinte, er wisse nichts davon, der Hauptgrund liegt,
glaube ich darin, daß der Tätigkeitsbericht von der Sektion III
bearbeitet wird, die ihm zwar der Sektion II vorschreibt, aber
dort, weil er eben nicht ressortmäßig hingehört, nur flüchtig
gelesen wird. Meisl z.B. hat ihn zwar gesehen aber weniger be-
achtet als ich selbst. Ganz zum Schluß wird dann auf den vielen
Seiten die finanzielle Gebarung dargestellt. Hunderte Mio. über
eine halbe Milliarde Schilling können hier im Inland und im Aus-
land ausgegeben werden. Auch Wanke kannte diesen Bericht nicht.
Anmerkung für WANKE: Wir müssen innerorganisatorisch eine
Änderung treffen.
Gehart selbst wird ständig scheinbar gedrängt, warum ich diesen
Akt, wo der Prüfungsbericht vorgelegt wird, noch nicht unter-
schrieben habe. Momentan denke ich gar nicht daran, dies so
schnelle zu tun, sondern warte die Verhandlungen mit Präs. Reiger
von der Handelskammer und SChef Meisl über die Kostenbeteiligung
der Handelskammer an Repräsentationsaufwand und Reisen sowie Ein-
ladungen von Ministern nach Österreich, ab.
Anmerkung für GEHART: Wer drängt dich so, daß ich den Akt jetzt
endlich unterschreibe.
Nach der Überreichung von Auszeichnungen an Mock, Artner von der
Obersten Bergbehörde und Herren des Patentamtes legen mir Mock
und Böhm neuerdings ihre Akte wegen Anstellung von Beamten
vor. Mock hat für das Marktscheidewesen einen Assistenten von
Leoben, der allerdings nur bis zum Jahresende diese Arbeit über-
nimmt, dann will er einen ständigen Beamten dafür haben. Ich
habe dies im Hinblick, da wir jetzt ja diese Lösung mit den
zeitweise verwendeten gefunden haben, abgelehnt. Böhm aber
meint, er hätte jetzt den Posten von den in Pension gegangenen
Wimmer frei und müßte ihn unbedingt wieder ersetzen, da er die
Arbeit nicht mehr bewältigen kann. Ich erkläre ihm sofort, daß
die Sektionen, die wesentlich mehr zu haben als das Präsidium,
sich bei mir beschweren. daß sie zu wenig Beamte haben. Böhm meint,
er hätte noch niemals eine solche Beschwerde gehört. Dem Patentamt
27-1157
hätte er jetzt entsprechende Beamte verschafft, ja sogar
in der neu aufgebauten Energiesektion hätte er still und
leise von 32 Beamten diese auf 48 aufgestockt und selbst die
Industriesektion, Römer, sei jetzt sehr zufrieden, erst unlängst
hätte er ihm gesagt, mit den 5 jungen Beamten käme er ohneweiters
aus. Als ich darauf hinwies, daß die Regierung Dienstposten ein-
sparen muß weil sie ständig von der Opposition attackiert wird,
meinte Böhm, ich müßte einmal sagen, wieviele eigentlich einzu-
sparen sind. Da wir in der Regierung ja wirklich keinen konkreten
Beschluß gefaßt haben, sondern Kreisky immer nur davon spricht,
dann aber die einzelnen Ressorts doch mehr oder minder immer neue
Beamte anschaffen, meinte ich, so ungefähr 10 %. Böhm sagte, dies
sei ganz unmöglich, obwohl ich überzeugt bin, daß dies sehr wohl
möglich wäre. Allerdings müßte dann eine solche Personaleinsparung
generell im ganzen Bund verfügt werden. Unter gleichzeitiger Auf-
hebung des § 67, damit die Beamten auch tatsächlich von einer
Dienststelle zur anderen versetzt werden können. Was mich aber
sehr verwundert hat und sogar ein wenig geärgert, war, daß auf
die Akte, die mir jetzt wieder vorgelegt werden, Bukowski nur
ganz lakonisch darauf geschrieben hat, wird vom Minister abgelehnt,
dazu hat Heindl seinerzeit dieses phantastische System nicht einge-
führt, damals wurde so gehandhabt, daß jeder Personalakt zwar vor-
zulegen ist, bevor er aber zur endgültigen Ablehnung oder Ge-
nehmigung gekommen ist, hat Heindl oft, in natürlich sehr langen
Verhandlungen, die betreffenden davon überzeugt, daß es gar nicht
anders möglich ist, eben einen solchen Akt dem Minister
vorzulegen, weil er, aus was weiß ich welchen Gründen, eben nicht
unterschreiben wird. In den seltensten Fällen ist damals aber die
Ablehnung von mir erfolgt, sondern dies wurde eben still und leise
den ansuchenden Abteilungsleitern oder Sektionschef oder gar
der Personalabteilung beigebracht.
Anmerkung für GEHART: Bitte mit Heindl zu besprechen, wie wir
dieses System wieder aktivieren.
Im Akademietheater gibt es einen Billeteur, der sammelt Unter-
schriften mit Bildern von allen möglichen Prominenten. Mich hat
er vor längerer Zeit angeredet, ich habe ihm selbstverständlich
zugesagt und nun ist er erschienen und hat sogar noch geglaubt,
es kommt von der Arbeiter-Zeitung eine große Reportage. Kreisky,
Sinowatz, Firnberg und einigen anderen Ministern hat er Bilder
27-1158
und Bogen mir vorgelegt. Ich schrieb ihm natürlich auch ent-
sprechende Bemerkungen mit Namensvetter "Pepi", auf das legt
er besonderen Wert, und einigen Glückwünschen in sein Album.
Toni Wais kannte diese Sammlung sehr genau und meinte, sie
sei auch berühmt. Mit was man alles berühmt werden kann ist
traumhaft.
Bundesrat Demuth, die Zentralsekretärin der Frauen wollte von
mir unsere Vorschläge für die nächste Legislaturperiode in
der Konsumentenpolitik wissen. Die Soz. Frauen machen wieder
eine Konsumentenwoche, die sich diesmal mit mehr Service für
die Konsumenten beschäftigen wird. Ich bin leider bei der Ver-
anstaltung in Genf bei der EFTA und kann daran nicht teilnehmen.
Ich werde ihnen auf alle Fälle ein entsprechendes Schreiben
schicken.
Anmerkung für WAIS: Bitte den gewünschten Inhalt mit Demuth
besprechen.
Die Zentrale Frauenorganisation überläßt es dann den einzelnen
Landesorganisationen auch, innerhalb dieser Konsumentenwoche
aktiv zu werden. Die Wiener Frauensekretärin Dohnal hatte die
Wahnsinnsidee eine Enquete über die Ladenschlußzeiten zu ver-
anstalten. Damit hätte sie sicherlich den größten Erfolg in ganz
Österreich gehabt. Für dieses heiße Eisen hätte sich sofort die geg-
nerische Presse, aber auch die Boulevard-Zeitungen sehr interessiert.
Die Katastrophe wäre allerdings dann sehr bald gekommen, denn es
hätte die Gegensätze zwischen der Gewerkschaft der Privatangestellten,
Sektion Handel, des Gewerkschaftsbundes, der Arbeiterkammer, ja
selbst der soz. Partei-Organisationen, der selbstständigen
Organisationen wie Freien Wirtschaftsverband usw. die Öffentlich-
keit sehr interessiert, uns aber riesig geschadet. Dohnal be-
hauptete frech, sie hätte dies mit der Vorsitzenden der Gewerk-
schaftlichen Frauenorganisation Metzger besprochen und abgestimmt.
Ich bin überzeugt, daß höchstens eine Bemerkung einmal gefallen
ist. Dohnal hat, nachdem ich die Privatangestellten auf die
Gefahr aufmerksam gemacht habe, sofort diese Idee wieder fallen
lassen und beschränkt sich jetzt auf eine Veranstaltung, an der
ich ohne weiteres teilnehmen kann, weil es sich um allgemeine
Konsumentenfragen handelt. Die zentrale Organisation wird sich
mit dem Problem Verpackung befassen. Alles Gott sei Dank Themen,
die nicht mehr den gefährlichen Charakter haben wie die Laden-
27-1159
schlußzeiten.
Im Beirat, nach dem Zuckergesetz, der auch für die Stärkeförderung
zuständig ist, führte ich diesmal selbst den Vorsitz. Bei den
Wünschen der Handelskammer und der Landwirtschaftskammer ging
es nämlich darum, daß die 80 % des Paritätsausgleich auf 100 %
erhöht werden soll. Zum Glück hat der Vertreter des Finanzministeriums,
Dr. Ditford, sofort nach meiner Einleitung erklärt, daß die Ver-
einbarung für das nächste Jahr lautet, zwar 35 Mio. Schilling für
die spezifische Stärkeförderung heuer nur 25 Mio, dies aber für
10.000 Tonnen und 80 % gegeben wurden. Heuer werden die 10.000 t
gar nicht gebraucht, sondern es können maximal 9.000 to von der
Stärkeindustrie der Papierfabrik und Chemischen Fabriken usw.
verkauft werden. Da wir nicht wollen, daß dieses Geld verfällt,
hat Blaha einen sehr vernünftigen Vorschlag gemacht, er klärte,
daß sich die Präsidenten in der letzten Präsidentenvorbesprechung
zur Paritätischen Kommission über Erhöhung des Stärke-Kilopreises
von 3.80 S auf 4.00 S geeinigt haben. Dies bedeutet, daß die
Stärkekartoffel von ca. 63 um nicht ganz 4 Groschen erhöht werden
kann. Dadurch ergibt sich jetzt die Notwendigkeit, den Stärke-
preis von S 7.41 auf 9.98 zu erhöhen. Wenn man dies vorweg nimmt,
ohne daß man abwartet, bis die ausländischen Preise entsprechend
reagieren, so gibt es eine Möglichkeit der Gmünder einen größeren
Stärkeförderungsbetrag zu überweisen. Mit dieser Vorgangsweise
war auch Dr. Ertl von der Handelskammer und Frau Kramer vom
Fachverband für Nahrungs- u. Genußmittel ganz bes. aber die Agrar-
Industrie, Dr. Wenzl, einverstanden. Wir kamen deshalb zu einem
einheitlichen Gutachten an die beiden Minister, Finanzen und
Handel und müssen daher nicht mit Minderheitsgutachten und weiß
Gott was alles arbeiten.
Anmerkung für REIM: Bitte behalte diese ganze Stärkeförderung
mehr im Auge als bisher.
Blaha und Weiss von der Arbeiterkammer und Pumpler vom Gewerk-
schaftsbund besprachen mit mir die Exportsituation auf dem Agrar-
sektor. Außer die 30.000 Tonnen Zucker, die wir sicherlich noch
wesentlich erhöhen müssen, wünscht die Landwirtschaft auch einen
entsprechenden Export von Weizen. Blaha ist damit einverstanden,
27-1160
wenn endlich der Füllweizen, den man nicht braucht, als
Futterweizen qualifiziert und auch dann entsprechend bezahlt
wird. Ich dränge seit Jahren darauf, daß man endlich aus den
starren Weizenpreissystem den Normalweizen, der nicht vermahlen
wird als Futterweizen der freien Preisbildung überläßt. Für
den Qualitätsweizen wäre ich bereit, wesentlich höhere Preise
zu bezahlen als dies jetzt der Fall ist.
Blaha und Tumler, die beide nicht bei den Strumpfhosenverhandlungen
anwesend waren, beklagten sich bei mir, daß ich im Kautsky-Kreis
darauf hingewiesen habe, daß der Gewerkschaftsbund und die Arbeiter-
kammer auch für diese Mindestpreisregelung für Strumpfhosen sind.
Ich brachte ihnen in Erinnerung, daß seinerzeit Lachs und auch die
Arbeiterkammer als die Handelskammer nur eine Maßnahme gegen
Israel und Rumänien verlangten, vielleicht aus taktischen Gründen
erklärten, es müßte eine weltweite Richtpreisverordnung von mir
erlassen werden. Jetzt ist die Handelskammer auf diesen Vorschlag
eingeschwenkt und ich sehe keine Möglichkeit, dies zu verhindern.
Mein Selbstbeschränkungsabkommen welches ich den Importeuren auf-
gezwungen habe, wird von der Handelskammer so schlecht administriert,
daß eben die Strumpfhosenindustrie erklärt, damit nicht mehr das
Auslangen zu finden. Ich bin schon sehr gespannt, was die Kammern
im Verfahren über die Erstellung des neuen Richtpreises oder
Mindestpreises machen werden. Der Wunsch der Industrie mit 6.80 S
die Strumpfhose als Niedrigstpreis festzusetzen, wird sicherlich
nicht erfüllt. Das letzte Mal hat Lachs 5.80 S zugestimmt, wahr-
scheinlich wird man sich in der Mitte eher bei 6.40 S treffen.
Tagesprogramm, 16.10.1975