Freitag, der 3. Oktober 1975

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Freitag, 3. Oktober 1975

Hönel berichtet, dass er in Ägypten mit der Holzarbeitsgemeinschaft
Marso 55.000 m³ um 125 Mill. S ein Jahr Kredit verkaufen konnte.
Im Oktober soll eine zweite Tranche mit 55.000 folgen und im Frühjahr
1976 eine dritte, ebenfalls mit 55.000 m³. Der Preis ist derzeit
122 $, für das Kreditgeschäft. Ägypten wäre bereit, aber sofort
cash noch einmal 55.000 m³ zu kaufen, in dem Fall aber um 109 $,
das Problem ist, wie man jetzt die anderen Exporteure und vor allem
einmal die Sägewerke, die ebenfalls womöglich einen direkten Export
nach Ägypten möchten, einbindet. Hönel ist schlau genug, sich nicht
zu sehr zu exponieren. Derzeit gibt es eine ägyptisch-österreichische
Holzkommission und der Holzwirtschaftsrat dürfte nicht imstande sein,
eine Ein-Hand-Stelle zusammenzubringen. Dies ist aber natürlich die
Absicht der jetzt im Ägypten-Geschäft neu eingestiegenen Holzexporteu-
re. In den vergangenen Jahrzehnten war es nicht möglich, so gute Holz-
geschäfte zu machen. Hönel hat mit Osman Kontakt gehabt, der unbedingt
will, dass ich jetzt nach Ägypten komme als einen Gegenbesuch für
seinen Österreich-Aufenthalt. Das Ganze wird von der AWP arrangiert.
Hendricks ist dort der Mann, der sowohl früher und auch jetzt noch im
Ostgeschäft führend war und jetzt scheinbar sich auch auf den nahen
Osten verlegt.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Meisl müsste untersuchen, wie weit man hier
wirklich den Holzwirtschaftsrat und die AWT einbinden kann.

Die Prokuristin der Fa. Kontron, die mir Bilder vom Empfang im Schloss
Laudon brachte, erzählte mir, dass ihre Geschäfte sehr gut gehen.
Die Fa. hat leider nur bis jetzt in Österreich Handelsgeschäfte be-
trieben. Ich versuchte deshalb sie davon zu überzeugen, dass es
zweckmässig wäre, ihren Chef Herrn Weiss davon zu überzeugen, dass
es zweckmässig ist, in Österreich auch eine Produktionsstätte zu
errichten. Ich bin nämlich überzeugt, dass ausser in der Schweiz
und in Deutschland es möglich sein müsste, eine Betriebsstätte
in Österreich zu errichten. Dies gilt ganz besonders, weil er im
Ostgeschäft sehr gut verankert ist, und deshalb sicherlich von
Österreich aus gut auch in der Produktion operieren könnte. Ich
habe Herrn Dr. Hofeneder hinzugezogen, damit er ihr alle Details
erklärt. Wenn Herr Weiss das nächste Mal in Österreich ist, erklärte


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ich mich bereit, mit ihm über dieses Problem ein eingehendes Ge-
spräch zu führen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte, wenn Termin gewünscht wird, verein-
baren.

Die Fa. GEKA, eine Tochtergesellschaft von Schweizer Konzern wie
Herzmansky und Gerngross auf der Landstrasse absolvierte ich nur,
damit die dortigen Betriebsräte nicht erklären, ich gehe jetzt nur
in COOP-Kaufhäuser. Das Lustigste dabei ist, dass man natürlich
ein solches Kaufhaus, selbst wenn man alle Angestellten begrüsst,
Hände schüttelt und ein paar Worte mit ihnen spricht, in einer
halben Stunde hinter sich hat. Da es sich ja wirklich nur um ein
kleines Kaufhaus handelt. Die Betriebsräte aber meinen, man müsste
sich einige Stunden nehmen, um alle die Details von ihnen zu erfahren.
GEKA hat einen unheimlich günstigen Platz bei der Station Mitte
mit dem Omnibus-Bahnhof sodass dort verhältnismässig guter
Geschäftsgang zu verzeichnen ist. Trotzdem hat in der letzten Zeit
der Umsatz nachgelassen.

Die nö. Wahlveranstaltungen waren wirklich nur mehr zum drüberstreuen.
In Stockerau haben die Genossen vorgesehen, dass ich sozusagen
durch die Stadt bummle, Autogramme gebe, die allerdings den Passan-
ten ein bisschen aufgedrängt werden und natürlich wieder einen Konsum-
markt besuche. Der Bürgermeister aber hat ganz richtig getippt
und meinte, wir sollten auch ein riesiges ÖVP-Kaufhaus (Besitzer ÖVP-ler)
besuchen. Natürlich habe ich ihn vorgeschickt, damit es nicht auf-
dringlich erscheint, wenn ich ich dort ganz unangemeldet aufkreuze.
Was sollte der Besitzer auch anderes machen, als den Handelsminister
herzlich willkommen zu heissen und durch ein sehr gut ausgebautes
vergrössertes, derzeit volles Kaufhaus zu führen. Der Umsatz lässt
auch dort sehr zu wünschen übrig, der Eindruck war daher für mich
vom wirtschaftlichen Standpunkt aus verheerend. Verhältnismässig
ebenfalls wenige Kunden für Freitag nachmittags, die Regale bummvoll,
das meiste schon auf Winterverkauf eingestellt. Hier aber ist primär
die warme Witterung daran schuld, dass natürlich jetzt überhaupt noch
niemand Wintersachen kauft. Der Bürgermeister Blabolil glaubt
allen Ernstes, dass wenn die UNO-City fertig sein wird, von den


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links der Donau befindlichen internationalen Angestellten,
die nicht nur nach Stockerau teilweise auf Naherholung fahren,
sondern auch dann dorthin einkaufen fahren werden. Ich wollte
ihn nicht allzu sehr enttäuschen, meinte nur, hier müsste man
zuerst eine entsprechende Studie anstellen, ob so etwas überhaupt
zu erwarten ist.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Gibt es aus Genf oder New York irgendwelche
Erfahrungen, wie sich diese internationalen Beamten kaufkraftmässig
verhalten?

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Renner-Platz haben eigentlich
für mich überraschend viele gekommen. Die Stockerauer hatten neben
Kreisky und Sinowatz auch noch mich angefordert. Ich habe in
Stockerau deshalb glaube ich einen ganz guten Ruf, weil ich hier
ja auch ausserhalb der Wahlwerbezeit bei ihnen bei Betriebs-
eröffnung, Besichtigungen usw. gewesen bin. Der Bürgermeister und
eine verhältnismässig sehr junge Mannschaft ist dort sehr aktiv.
Die Wirtschaftslage im Ort ist noch sehr günstig. Die grossen
Fabriken haben noch keine Abbaumassnahmen durchgeführt. Aller-
dings benötigen sie dringendst eine Aufträge. Ausser meinem Schmäh
hatte ich Gelegenheit, gerade in dieser Ortschaft über den Osthandel
und dessen Entwicklungen und insbesondere über die letzte Ab-
schlüsse mit Polen in meine Rede einzubauen. Dies gab mir dann
auch gleich die Gelegenheit, mich mit aller Deutlichkeit von den
Kommunisten zu distanzieren. Ich glaube, dass dies gerade in NÖ
äusserst wichtig ist.

Am anderen Ende von NÖ, nämlich bei Hohenau oben, gab es eine
gut besuchte Veranstaltung in Ringelsdorf. Dort sind natürlich
viele Zuckerarbeiter zu Hause und auch dort hatte ich die Absicht
klar und deutlich die Trennungslinie zwischen unserer Partei und
den Kommunisten aufzuzeigen. Die ÖVP hat ja offiziell die Aus-
schreitungen am Ring gegen IBERIA sehr geschickt aufgegriffen
und uns indirekt damit doch ins Gespräch gebracht. Ich bin über-
zeugt, dass einige davon so verschreckt waren, dass sie sicherlich
sich überlegen werden, ob sie Kreisky wählen sollen. Leider wird
man es niemals analysieren können, wieviele Hunderte oder
Tausende sich davon beeinflussen liessen. Die Beruhigung, dass auch
die katholische und evangelische Jugend mit demonstriert hat
und deshalb auch es keine sozialistische Angelegenheit allein


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blieb, an der sich die Kommunisten angeschlossen haben, trifft
nur ganz am Rande das Problem. Dass man gegen die Terrorurteile in
Spanien ist, ist eine Sache, dass man dagegen protestiert, die zweite.
Dass es aber die Kommunisten Partei gelingt, sich anzuhängen und
dann mehr oder minder in den Vordergrund zu spielen, das hätte man
verhindern müssen. In diesem Fall aber hätte man keinen Aufmarsch
machen dürfen, sondern hätte meiner Meinung nach irgendwo in einer
grossen Halle zu einer Protestkundgebung einladen sollen. Die Ver-
anstalter stehen natürlich auf dm richtigen Standpunkt, dass wenn
sie in Erscheinung treten wollen, dann mit einem Marsch über den
Ring am stärksten dies tun, weil sie damit den Verkehr blockieren
und mehr oder minder die Autofahrer zwar gegen sich aber auf alle
Fälle aufmerksam machen und damit automatisch auch eine Publicity
haben, die sie sonst niemals in einer Halle ja selbst nicht einmal auf
einem riesigen Sportplatz bekommen würden.

Am meisten verwundert hat mich, dass Wais, aber auch Reim an diesen
Veranstaltungen teilnehmen wollten. Wais wollte allerdings eine,
wenn ich so sagen darf, Studie über den Wahlkampf nicht nur aus
der Sicht eines JG-Funktionärs sondern eben auch in Begleitung
eines Ministers. Ich bin sehr gespannt, was er für Schlüsse daraus zieht,
versprochen hat er, er wird vor dem Wahltag noch ein Resümee
zusammenfassen. Nach dem Wahltag ist es glaube ich zu sehr von dem
Ergebnis beeinflusst. Da wir aber die Meinungsumfragen kennen, die
jetzt im August auf September einen ÖVP-Gleichstand und einen
1 %-igen neuerlichen Gewinn der SPÖ verzeichnet, wird sein Resümee
auch von diesem positiven Trend beeinflusst sein. Am meisten über-
rascht bin ich, und das gestehe ich freimütig, dass sich Reim so
politisch engagiert und interessiert. Ich muss ihm in dieser Beziehung
direkt Abbitte leisten. Ich hätte angenommen, dass er ein mehr der
reinen Wissenschaft, der Lehre, wenn man so will der intellektuellen
Tätigkeit ausgerichteter Kollege ist. So kann man sich täuschen.

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Tagesprogramm, 3.10.1975




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