Donnerstag, der 2. Oktober 1975

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Donnerstag, 2. Oktober 1975

Ich begrüsste den neuen konstituierten Ausschuss für Konsumenten-
erziehung unter Präsident Schnell. Dieser Ausschuss wird lang-
fristig arbeiten nach dem Programm was er sich gegeben hat und
nach den Schwierigkeiten die zu erwarten sind. Schnell behauptet,
dass seine Leistungsniveausteigerung vom abstrakten Bereich, wie
z.B. Fremdsprachen, Mathematik und Physik zu verzeichnen ist.
Ich dagegen glaube, dass es günstig wäre, wenn man diesen abstrakten
Bereich durch praktische Unterrichtsgegenstände ergänzen, wenn
nicht sogar teilweise ablösen sollte. In Mathematik kann man, wie ich
z.B. ausführte viel leichter das Interesse der Schüler dafür gewinnen,
wenn man anstelle einer abstrakten Zahlenreihe das Beispiel eines
Kreditkaufes darlegt und dabei die Zinsenrechnungen erklärt. Am
interessantesten war aber die Selbstkritik des Elternvereinsvertreter.
Er meinte dass sie auch hätten vor längerer Zeit schon daraufkommen
sollen, der Konsumentenerziehung einen grösseren Augenmerk zuzuwenden.
Die Hauptschwierigkeit wird aber sein, die Lehrer bereits in ihrer
Ausbildung auf die Konsumentenerziehung nicht nur hinzuweisen, sondern
sie entsprechend zu schulen. Übereinstimmend wurde festgehalten, dass
das Büro die Koordination durchführen muss. Der einzige Koordinator
wird in diesem Fall, wenn Sager uns, was wahrscheinlich ist, verlässt,
Dr. Wais sein. Der Konsumentenpolitik müssen wir nämlich auf alle
Fälle ein viel stärkeres Augenmerk zuwenden als wir dies bis jetzt
getan haben.

ANMERKUNG für WAIS: Stell Dich bitte bereits jetzt auf diese neue
und, wie ich glaube, äusserst wichtige Tätigkeit ein und lasse Dir
von Sager alles genau erklären.

Beim Round-Table-Gespräch für Botschafter Wunderbaldinger, der nach
Bukarest geht, waren wesentlich weniger und nicht die erste Garnitur
Informatoren anwesend. Wahrscheinlich hat man angenommen, dass ich
nicht dazukommen werde. Bei Bukowski waren wesentlich mehr Vertreter
und höhere Beamte, weil sie angenommen, dass der Kabinettschef
sicherlich auch den Minister mobilisieren wird. Ich beabsichtige deshalb
auch in Hinkunft zu mindestens kurzfristig bei diesen Besprechungen
aufzukreuzen.

ANMERKUNG für WIESINGER: Bitte wenn möglich diese Termine freihalten.



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Gröger und Haffner kommen, um wegen der Papierförderung jetzt end-
lich die Abschlussbesprechungen zu führen. Sie haben mit der Papier-
industrie und der Arbeiterkammer, aber insbesondere mit der ÖPA
ausgemacht, dass jetzt ein "Bis-Brief" an Pöls und Brigl geschickt
werden. Wenn bis 31. Oktober die beiden Firmen nicht genau die
Angaben liefern, welche zur Prüfung des Projektes notwendig
sind, scheiden sie aus den heurigen und nächstjährigen Zuschlagser-
teilungen auf alle Fälle aus. Ich bin mit dieser Vorgangsweise ein-
verstanden, weil irgendwann einmal muss Schluss sein. Andererseits
aber mache ich die Beiden darauf aufmerksam, dass ich überzeugt bin,
dass Pöls früher oder später mit einem entsprechenden Projekt kommen
wird. Brigl, nehme ich an, wird tatsächlich mit Leykam verschmolzen
werden. Da Marhold erklärt hat er könne aus der anderen Wirtschafts-
förderung entsprechende Mittel bereitstellen um alle Projekte aus-
finanzieren zu können, verweise ich darauf, dass sie mit Marhold die
entsprechenden Besprechungen führen müssen.

ANMERKUNG für REIM: Bitte die Chemiearbeiter und Angestelltengewerk-
schaft ebenfalls verständigen.

Luczensky informiert mich über die Schwierigkeiten beim Verkehrsbüro
und der Abstimmung mit den anderen Reisebüros. Luczensky ist Vor-
sitzender des Aufsichtsrates und hat so auch halt seine Sorgen. Wir
müssten über die Ideen und Aktionen der Reisebüros viel besser infor-
miert sein als dies derzeit der Fall ist. Hier könnte vielleicht
Würzl doch, wenn schon nicht mit mir, so mit den Kabinettsverant-
wortlichen uns mehr von dieser Branche erzählen.

Würzl hat sich übrigens bei mir gemeldet, um mir unter vier Augen zu
sagen, dass er sich für die 5 Jahre Zusammenarbeit herzlichst bedanken
will. Ich erklärte ihm gleich rundwegs, dass sei sehr lieb, aber ich
bezweifle gar nicht, dass ich noch weitere Jahre mit ihm zusammenarbeiten
werde. Würzl war sehr überrascht, denn er meint, auch 1970 hätte die
ÖVP einen solchen Optimismus gehabt und dann entsprechend enttäuscht
worden. Würzl teilte mir auch mit, dass er nach Rücksprache mit Ortmann
festgestellt hat, dass vielleicht durch ein dummes Reden von Ortmann
ein falscher Eindruck entstanden sein könnte. Er aber legt für Ortmann
die Hand ins Feuer und ist überzeugt, dass keinerlei Durchstechereien
erfolgt sind.

Die Besprechung mit Neuhold und Elsinger ergaben, dass im Extremfall


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nach Aufhebung der Rabatte auf dem Benzin-und Heizölpreis keinerlei
Preiskorrekturen sonst notwendig sind. Ich glaube nicht an diese.
Möglichkeit da ich überzeugt bin, dass nach den Wahlen nicht nur
konzentrische Angriffe von der Ölindustrie auf Erhöhung, sondern
sicherlich auch Wünsche wegen der Mineralölsteuer kommen werden.
Wenn es das nächste Mal irgendwann wieder zu einer Erhöhung des
Rohölpreises kommt werde ich nur darauf dringen, dass ich diese Unter-
lagen nicht 3 Tage später, sondern am selben Tag noch erhalte. Für
die Rabattaufhebung werde ich, wie ich Elsinger und insbesondere
Neuhold sagte, nächste Woche entsprechende Verhandlungen beginnen.

ANMERKUNG für WIESINGER: Bitte einen Termin mit der Ölindustrie ver-
einbaren.

Die Textilarbeitergewerkschaft, Bundesrat Steinle und Zentralsekretär
Ettl, kommen mit Komm.Rat Schreiber und dem Malier Diallo. Dieser
versicherte mir, dass er die 70 Millionen Schilling in den nächsten
Tagen flüssig machen wird und daher die Gesellschaft gegründet werden
kann und er Merino übernehmen wird. Schreiber hatte mit der steiri-
schen Landesregierung insbesondere mit seinem Parteifreund Landesrat
Peltzmann
die grössten Schwierigkeiten. Schreiber erwartet, dass nachdem er
18 Millionen Schilling für die Hypotheken und 7 Millionen cash be-
zahlt hat, von der steirischen Landesregierung 9,180.000.– Schilling
Bürgschaft gestrichen bekommt und auch von der Kommunalkredit und
ERP 6,970.000 Schilling. Es verbleibt dann noch immer ein ERP-Kredit
von 3,6 Millionen mit 5 % verzinst und für die Gemeinde Feldbach
1,2 Millionen mit 8 % verzinst. Von der Arbeitsmarktförderung erwartet
er ebenfalls eine Unterstützung. Er wird eine Ges.m.b.H. und Co. KG
wo er Geschäftsführer ist schaffen und hat Diallo, der ihm 30 % ange-
boten hat, jetzt erklärt mit 15 % Geschäftsbeteiligung einverstanden
zu sein. Diallo wird in Schwarzafrika die entsprechenden Häute kaufen
und sich auch für den Export sehr interessieren, weil er gute Ver-
bindungen Hat. Die Familie hatte in Nigeria eine Lederfabrik die
aber beschlagnahmt wurde. Er fürchtet dass so etwas auch in Österreich
passieren könnte und ich habe ihn natürlich sofort beruhigt. Hier
besteht wahrlich keine Gefahr, dass wir die Lederfabriken verstaatlichen.
Die Firma wird 300.000 Stück Häute pro Monat verarbeiten. Auch Ziegen-
leder soll ganz gross neu erschlossen werden und die Produktion dann
auch noch auf Futterleder ausgedehnt. Da wir in Österreich keine


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Futterlederfabrik haben, glaubt Schreiber, dass er hier nicht nur
eine Lücke füllt, sondern auch die österreichischen Schuhfabriken
entsprechend beliefern kann. Die Schuhfabrik Robi, wo Schreiber
und Landtagsabgeordneter Ebert beteiligt sind, soll jetzt gut gehen
und 20.000 Stk. bereits in Lohn an eine andere Schuhfabrik vergeben
haben. Steinle sagte auch Schreiber, er wird in Hinkunft in die
Schuhfabrik Weick, wo er mit 8 Millionen Schilling auch beteiligt ist,
noch mehr Geld reinstecken müssen, damit diese in der Steiermark
befindliche Fabrik besser arbeiten kann und wird.

Mit Steinle und Ettl und MR Dinzl besprach ich dann die Textilkon-
zentration. Die Gewerkschaft der Textilarbeiter schaltet sich hier wirk-
lich ganz gross ein und hat glaube auch ganz gute Erfolge. Wie weit
dies allerdings bei den Mitgliedern Anerkennung findet, weiss ich
nicht. Viele Projekte gehen nämlich daneben, viele Projekte bringen
letzten Endes doch Arbeitskraftfreisetzungen, die Mitbestimmung bringt
eben nicht nur Würden, sondern auch sehr grosse Bürden mit sich.

Bei der Verabschiedung des Riverboat-Shuffle vom 3. und 2. Bezirk kam
letzten Endes dann doch auch Bürgermeister Gratz. Das Boot war aus-
verkauft und viele wollten dort noch zusätzliche Karten. Gratz ver-
abschiedete nur das Schiff, da er wegen der Demonstration grosse
Sorgen hatte. Wir hatte erfahren, dass die Kommunisten bereits bei
Abmarsch entsprechende Steine an die Teilnehmer verteilt haben.
Wieso in dieser Demonstration auch die Kommunisten dabei waren, ist
mir nicht ganz klar. Scheinbar haben unsere Leute, die dies organisiert
haben und aufgerufen haben nicht beachtet als sie ein über den Par-
teien befindliches Aktionskomitee mit der katholischen und evange-
lischen Jugend usw. bildeten.

Botschafter Karski hatte mich während des Tages verständigt, dass
heute abends doch die Vertragsunterzeichnung für 250 Millionen Dollar
Stahl und 350 Millionen Dollar Kohle mit der VÖEST-Alpine und den
Vereinigten Edelstahlwerken durchgeführt wird, weil alle offenen
Probleme gelöst werden konnten. Karski meinte dies sei doch notwen-
dig jetzt entsprechend herauszustreichen und vor allem dass auch
das Ministerium anwesend ist. Ich setzte mich mit der VÖEST, Rohner,
in Verbindung, der meinte Karskis würde das Ganze immer stark über-
treiben und seiner Meinung nach, solle dies doch still und leiser
geschehen. In diesem Fall befürchte ich wird die Volksstimme allein


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die grosse Meldung bringen, weshalb ich ihm erklärte, er solle
doch mit Koller reden, ob ich nicht doch anwesend sein sollte.
Koller war nicht nur damit einverstanden, sondern ersuchte mich dann
auch tatsächlich abends dabei zu sein und dort eine Dankesadresse
an Botschafter Karski wegen seines Einsatzes zu richten. Tatsächlich
ist der jetzt abgeschlossene Vertrag zwischen VÖEST-Alpine und
Vereinigten Edelstahlwerken grösser als der POLMOT-Vertrag. Karski
beziffert ihn für beide Teile mit 12 Milliarden Schillingen zum Unter-
schied zum POLMOT der höchstens 10 Milliarden ausmachen wird. Richtig
ist, dass die Edelstahlproduktion durch diese 5 Jahre 500 Millionen,
die zweiten 500 Millionen gehen an die VÖEST für Stahllieferungen
über eine Monatsproduktion ausmacht. In der jetzigen Edelstahl-
situation wirklich trotz der schlechten Preise und der günstigen
Kreditbedingungen für Polen auch noch für österreichische Edelstahl-
werke ein entscheidendes Geschäft. Den Brief an den Aussenhandelsminister
Olszewski habe ich den Botschafter übergeben, womit auch unsere
Dachvereinbarung erledigt ist.

Beim tschechischen Philharmonischen Konzert, wo ich meine Frau ab-
holte, traf ich dann den Botschafter Leitner. Ich verwechselte ihn
in ersten Moment mit S.Chef Langer-Hansel und habe ihn sofort gefragt,
was ihn veranlasst einen Aufruf zu unterschreiben, dass Österreich
nicht marxistisch wird, wie in der Presse von irgend einem Komitee
gedruckt war. Leitner meinte mit Recht, er hätte nichts unterschrieben
er sei zwar gegen ein marxistisches Österreich, aber dann fiel
mir auf, dass ich ihn mit Langer-Hansel verwechselte. Ich entschuldigte
mich entsprechend und hoffe, dass er mir nicht böse darüber ist.
Über die Unterschrift für Langer-Hansel für einen solchen Aufruf
habe ich mich nämlich wirklich geärgert. Leitner bestätigte mir,
dass ich an und für sich sehr tolerant bin und selbstverständlich
anerkenne, dass jedermann seine Meinung äussern kann und soll, auch
dann wenn er mit irgend etwas nicht zufrieden ist. Mir war die ganze
Sache natürlich sehr peinlich. Manchmal habe ich wirklich das Gefühl
dass ich schon überarbeitet bin, weil mir solche Verwechslungen
passieren.

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Tagesprogramm, 2.10.1975


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: (ehem.) poln. Außenhandelsminister


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Wr. Stadtschulratspräs.


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        Tätigkeit: Beamter HM


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          Tätigkeit: Beamter HM


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            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: AK, GD DDSG


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                Tätigkeit: öst. Botschafter EWG


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                  Tätigkeit: MR HM


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: stv. Außenhandelsminister
                      GND ID: 127276920


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 1017902909


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                            Tätigkeit: ZS Textilgewerkschaft


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                              Tätigkeit: GD VÖEST


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                                Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                                  Tätigkeit: Dir., Leiter Generalrepräsentanz Wien VÖEST-Alpine


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                                    Tätigkeit: SPÖ-BR-Abg., NÖ; Obmann Textilarbeitergewerkschaft


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                                      Tätigkeit: Wr. ÖVP-GR-Abg., Obmann Sekt. Handel Wr. HK, Vizepräs. VKI


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                                        Tätigkeit: MR HM
                                        GND ID: 1035518031


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                                          Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                            Tätigkeit: Landesrat Stmk


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                                              GND ID: 136291708


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                                                Tätigkeit: Straßburg


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                                                  Tätigkeit: Beamter Energiesektion HM


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