Montag. 8. September 1975
Beim Jour fixe ging ich natürlich sofort auf die Monster-Diskussion
der ÖVP-Wirtschaftsbund ein. Ich wollte von Mussil das Unterlagen-
material, insbesondere die offiziellen Aussendungen haben. Er erklärte
mir er besitze solche nicht und war glaube ich selbst sehr überrascht,
als ich ihm aus der Kronenzeitung vorlas, dass Busek erklärte, die
Unternehmer sollten härter verhandeln und Keimel, dass Gewinn eine
soziale Forderung ist. Sallinger selbst hält sich in der ganzen
Wahlpropaganda sehr zurück und betont dies immer wieder. Sein Be-
streben ist es deutlich sichtbar so wie Benya sich aus dem Wahlkampf
weitestgehend herauszuhalten. Dies halte ich auch für sehr richtig.
Was immer nämlich letzten Endes herauskommt, sind beide bemüht
die Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft aufrecht zu erhalten. Je
weniger sie sich also exponieren, umso leichter wird es ihnen dann
gelingen.
Mussil wurde wegen der Verweigerung der Zustimmung der Zustimmung für
Strumpfhosenimporten aus Rumänien für die Maschinenerlöse der Firma
Piering hart attackiert, Piering hat nicht für 40 Millionen, sondern
nur für 21 Millionen Strumpfhosenimporte beabsichtigt. Dies würden 8
Millionen Stück pro Jahr, durch 5 Jahre hindurch sein. Demgegenüber
stehen, dass wir ungefähr nur 10 Millionen Stück in unserem Selbst-
beschränkungsabkommen pro Jahr auteilen . Wenn daher Piering diese
Möglichkeit der Importe eröffnet bekommt, bricht das Selbstbeschrän-
kungsabkommen zusammen. Piering behauptet nun, für die Fa. Patria
braucht er zur Ergänzung seines Programmes unbedingt die Strumpf-
hosen aus Rumänien. Es wird auch behauptet, dass in der ZAE ein
diesbezüglicher Beschluss gefasst wurde. In Wirklichkeit lautet aber
der Beschluss eindeutig, Vertrieb der Ware in Rumänien.
ANMERKUNG für REIM: Bitte bei der Kontrolle der Maschinenexportpreise
auch gleichzeitig den Beschluss der ZAE vorlegen lassen.
Mussil meint, dass beim Gewerbestrukturverbesserungsbeirat sehr viele
Kreditansuchen bereits anstehen, die man am 24.9. der vorgesehenen
nächsten Sitzung erledigen könnte. Angeblich wurde, weil ich keine
Zeit habe, diese Sitzung vertagt. Mussil sichert mir zu, dass dort
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unter gar keinen Umständen irgendwelche Parteipolitik gemacht wird,
auch nicht jetzt wo Wahlkampf ist und ersucht, dass diese Sitzung
stattfinden soll.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte eine Septembersitzung vereinbaren, womöglich
wo ich doch Zeit habe.
Das Institut für Gewerbeforschung behauptet Mussil, sagt, dass für
1974 sie noch 350.000 Schilling für die Studie Armut in Österreich
offen hätten. Ich erkläre, dass sie diese Studie noch immer nicht
abgeliefert haben und wir nur dann zahlen, wenn ein entsprechender
Fortschritt zu verzeichnen ist. Genauso verlangt das Gewerbeinstitut
wieder 900.000 Schilling für die Branchendaten aus dem Budget 1975.
ANMERKUNG für REIM: Bitte den genauen Sachverhalt feststellen.
Farnleitner teilt mit, dass sie sich bei Jagoda geeinigt haben
die Auszeichnung mit 1. November und nicht wie beabsichtigt mit
1. Oktober in Kraft treten zu lassen. Für die Unternehmungen wäre es
wirklich schwer, nachdem erst Mitte September die Auszeichnungspflicht
im Bundesgesetz erscheinen würde. Gleichzeitig ersucht Mussil,
wir sollen auf den Länderwunsch, die Fotografen einzubeziehen, Abstand
nehmen. Ich stimme dem selbstverständlich zu.
In der Presse wurde am Titelblatt angekündigt, Freundschaftsgenosse
den schiessen wir ab und auf Seite 3 ein grosser Aufmacher über den
Bauring-Privatdetektiv Worm gegeben. Worm, der ÖAAB-Mitglied ist
und dessen Schwiegervater ein Bundesrat sein soll, behauptet in der
Presse nicht mehr und weniger als durch eine Telefonanrufverwechslung
er erfuhr, dass man sich erkundigte von der Bezirksorganisation
Döbling, ob er Mitglied der Partei ist und dann auch, dass er abge-
schossen wird. Ich liess sofort ein Telefonbuch kommen und bewies
Sallinger und Mussil, wie wenig die Presse recherchiert, bevor sie
irgend eine solche Revolverstory bringt. Die Telefonnummer des
XX . Bezirkes lautet nämlich 33 23 19 und die von Worm 35 12 054.
Eine Verwechslung ist damit vollkommen unmöglich, was jeder Redakteur
sofort hätte feststellen können. Ich habe auch am Abend in der Ver-
sammlung in Döbling, wo ja meistens nur Vertrauenspersonen oder Mit-
glieder waren, nachdem der Obmannstellvertreter von Döbling Böck
selbst darauf zu sprechen kam, weil nämlich ihr Obmann Hofstetter ein
Mitbetroffener des Bauringskandales ist, auch auf diese Kampagne
hingewiesen.
Ich traf auf dem Stiegenaufgang zum Journalistenfrühstück Dibold
von der Arbeiterzeitung. Er fragte mich, ob er nicht über die Öl-
preise und Benzinpreiswünsche der Industrie fragen darf. Daraus
entnehme ich, dass die Journalisten noch immer scheinbar nicht wissen,
dass ich daran sehr interessiert bin, ständig von ihnen gefragt,
ja ich würde fast sagen attackiert zu werden, damit ein bisschen mehr
Leben in unsere Journalistenfrühstücksrunde kommt.
ANMERKUNG für WAIS und KOPPE: Wir müssen die Diskussion ein bisschen
mehr beleben.
Dir. Dr. Bellinger und sein Leiter von Kleider Bauer in Österreich, Kol-
ler, haben neuerdings die Absicht im Zuge der Preissenkungsaktion ihre
Stammartikel, z.B. Herrehhemden und Damenblusen von 139.– Schilling
auf 98.– Schilling zu senken. Ähnlich auch bei allen anderen
Waren. Diese 98-Schilling-Preise haben sie schon 1973 ebenfalls bei
der Preissenkungsaktion gemacht. In der Zwischenzeit haben sie eben
ihre Preise entsprechend erhöht und senken jetzt, allerdings 2 Jahre
später, wieder auf den ursprünglich damals mit uns vereinbarten Preis.
bellinger erklärt mir, dass dies darauf zurückzuführen ist, weil sie
zum Unterschied vom österreichischen Durchschnitt die 2 - 2 1/2 mal
Lagerumschlag im Jahr haben, durchschnittlich fünfmal umschlagen,
bei Lederwaren sogar 12-mal und jetzt auf 9.8 zurückgegangen sind,
und daher für Waren die mehrmals wie 8-mal umschlagen eine zusätzliche
Preissenkung gemacht haben. Ich ermächtige die Firma, sie fragen
nämlich, ob sie auch mein Bild verwenden können, jede Propaganda die
sie mit meinem Namen oder Bildern und Karikaturen machen wollen,
die Genehmigung zu geben. Darüber hinaus und das überrascht die Firma
und sie ist sehr erfreut, erkläre ich mich bereit im Frühjahr in
St. Pölten und im Herbst in Wr. Neustadt ihre neuen Filialen zu eröffnen.
Kleiderbauer hat im August ohne Expansion eine 30 %-ige Umsatzsteigerung
und mit Expansion eine 50 %-ige. Vom Jänner bis August beträgt der
Umsatz um 100 Millionen Schillinge mehr.
ANMERKUNG für WAIS: Unser Branchenreferat müsste langfristiger die
Handelsumsätze genauer verfolgen und mit Einzelinformationen die Zif-
fern vom Wirtschaftsforschungsinstitut ergänzen.
Ich war überrascht als ich das Round-Table-Gespräch mit Botschafter
Bukowski besuchte, wie viele Beamte auch aus anderen Ministerien
und Kammern zusammenkommen, um einen Botschafter zu informieren.
Dies ist wirklich eine ganz grosse Serviceleistung an die Botschafter
die ins Ausland gehen. Meisl hat mit mir aber besprochen, dass wir
auch in Hinkunft von den Botschaftern verlangen werden, wenn sie nach
Österreich einberufen werden, dass sie entsprechende Informationen
auch unserem Haus zur Verfügung stellen.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte mit Meisl besprechen und im Aussenamt
diesbezüglich absichern, dass dies auch tatsächlich geschieht.
Vor der Ministerratsvorbesprechung habe ich Androsch gefragt, ob
eine Möglichkeit besteht, dass man die 31 Lehrlinge die die Bundes-
theaterverwaltung aufnimmt, ohne auf den Dienstpostenplan anzurechnen.
Androsch erklärt sofort, dies sei kaum möglich, weil die Bundestheater-
verwaltung schon jetzt 1 Milliarde Schilling Defizit hat und
scheinbar auch einen Überstand. Ich rede dann noch mit Sinowatz und
erkläre Marsch die Situation, der ja bei mir interveniert hat. Ich
werde mich noch mit Vajda von der Bundestheaterverwaltung, dem ehe-
maligen Betriebsratsobmann, in Verbindung setzen.
ANMERKUNG für WIESINGER: Bitte mit Vajda verbinden.
Die Ministerratsvorbesprechung war so kurz, dass ich selbst davon
überrascht war. Kreisky bemerkte nur, dass nicht nur bei ihm, sondern
scheinbar auch bei den anderen die Versammlungen sehr gut laufen, was
allerdings kein absolutes Zeichen einer schon gewonnenen Wahl ist.
Häuser meinte nach dem Fernsehduell besteht jetzt eine Euphorie
bei unseren Genossen, was sehr schlecht sein kann. Kreisky hat aller-
dings recht wenn er meint es war notwendig, aber dass jetzt unsere
Genossen aus der Lethargie und vor allem der Propagandawalze der
ÖVP, Taus ist der Beste, angekündigt von den Massenmedien, eine
Korrektur erfahren hat. Kreisky fragt, was die jungen sozialistischen
Wirtschafter bei ihrer Pressekonferenz verlangen werden. Androsch
wehrt sich, als Reiter erklärt, dass Tommy Lachs insbesondere die
Preisauszeichnung von Krediten verlangt, dass dies gar nicht möglich
sei. Es gibt die verschiedensten Kreditzinsen für die einzelnen Unter-
nehmungen auf Grund der Bonität und dies kann man nicht veröffentlichen.
Kreisky ist über diese ganze Pressekonferenz nicht sehr glücklich, meint
aber, man solle nicht sofort dagegen Stellung nehmen wie Androsch
scheinbar wenn er gefragt wird, beabsichtigt. Ich schlug Reiter vor,
sie sollen sich mehr mit mir beschäftigen und mein Ressort auffordern
gewisse Arbeiten zusätzlich zu leisten, denn selbst wenn die jungen
Leute übers Ziel schiessen brauche ich deswegen noch lange nicht zu
sagen, dass dies nicht geht, wo man mit Wünschen der jüngeren Leute
konfrontiert wird, bleibt noch immer die Möglichkeit zu sagen
dass man sie prüfen wird.
Kreisky hat scheinbar allerdings nicht mit Graber, der gerade bei ihm
war, aber von anderer Seite erfahren, dass die Schweizer sich sehr
bemühen in der Energieagentur in das Entwicklungsländerkomitee zu
kommen. Kreisky fragt Veselsky, wieso wir uns hier nicht eindeutig
ausgesprochen haben, resp. warum wir uns nicht ebenfalls um einen
solchen Sitz bemüht haben. Veselsky erwidert sie hätten sich rezeptiv
verhalten, da auch eine Berichterstattung für 5 Länder, wenn man
den Sitz erhält, damit verbunden ist. Da bräuchte dann die OECD-Vertre-
tung in Paris eine entsprechende personelle Verstärkung. Kreisky ist
über diese Information sehr ungehalten und meint über die Beamten-
besetzung könne man sich dann noch immer unterhalten, aber es war nicht
sehr zweckmässig den Schweizern hier den Vortritt zu lassen, wenn
gleichzeitig auch die Schweden, ohne mit Österreich Kontakt aufgenommen
zu haben, eine eigene Politik machen. Kreisky hätte es viel lieber ge-
sehen wenn man hier von seitens der OECD-Vertretung in Österreich
aber vor allem auch in Paris konkreter vorgegangen wäre. Vor der
Sitzung hat mich Bielka bereits angerufen und gefragt, ob wir eine
entsprechende Unterstützung ihm geben könnten. Ich musste ihm darauf
aufmerksam machen, dass ich nur mehr ca. 1 Dutzend Dienstreisen
insgesamt habe und daher keine Zusage machen kann, jemanden öfters
nach Paris zu schicken. Bielka wird sich alles überlegen und mit
Kreisky besprechen.
Häuser berichtet, dass 55.000 Arbeitslose heuer im Durchschnitt
sein werden und damit unter die Zahl der ÖVP-Regierungszeit kommt.
Im Juli seien bereits mehr Lehrstellen gemeldet, als Lehrlinge zur
Verfügung stehen. Damit ist das Skandalplakat Nr. 1 eindeutig widerlegt.
Er wird auch für die Pensionisten eine spezielle Information schicken,
womit auch das Skandalplakat Nr. 2, wie ich selbst überzeugt bin, vom
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Tisch gewischt ist.
Ich verweise auf den mündlichen Bericht, der Unterschrift des
Briefwechsels zwischen dem polnischen Maschinenbauminister und
mir, wegen Abschluss von Pol-Mot, Steyr-Daimler-Puch Lastkraftwagen-
produktion in Polen. Kreisky und Androsch sind sehr froh, dass dieser
Vertrag zustande kam. Der Vertragsverhandler Leibenfrost wird
von polnischer Seite mit einem Orden ausgezeichnet. Androsch möchte,
dass man nun auch dem polnischen Vis-a-vis einen diesbezüglichen
österreichischen Orden gibt, Kreisky wird veranlassen, dass die Ordens-
kanzlei ihm einen zur Verfügung stellt. Wir würden die Unterlagen dann
so schnell als möglich nachliefern.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte sofort Ottahal veranlassen die notwendigen
Schritte zu unternehmen.
Die beiden Versammlungen in Döbling waren wie ich erwartete reine
Parteiveranstaltungen. Döbling hat mehrere Sektionen zusammengezogen
und in Häusern, die ich nur sehr schwer fand, weil entweder die
Adresse nicht stimmte, oder in der Anlage der Versammlungsort für einen
nicht Einheimischen kaum zu finden ist, herumirrte. Der Besuch war eben
den Sektionsversammlungen entsprechend angemessen. In der zweiten
meldete sich in der Diskussion dann Herr Widor Alfred und beschwerte
sich über Billigimporte von Textilien aus Rumänien. Er ist Lohnver-
arbeiter. Angeblich hat er einen Brief an mich geschrieben, nach 2
Tagen hat sich bereits Dr. Kütei bei ihm gemeldet und nun geht die ganze
Angelegenheit ans politische Referat. Da es im Handelsministerium kein
politisches Referat gibt, bin ich sehr interessiert zu erfahren, was
hier für eine Auskunft gegeben wurde, resp. was hier vergeht. Er hat
mir den Brief geschrieben als ich in Rumänien war und bis jetzt keine
Antwort bekommen.
ANMERKUNG für WAIS: Was geht hier vor?
Tagesprogramm, 8.9.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)