Mittwoch, der 23. Juli 1975

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Mittwoch, 23. Juli 1975

Beim Journalistenfrühstück wurde zu meiner grössten Überraschung
weniger über den Fremdenverkehr als über den § 3b) für die Kraftfahr-
zeugmechaniker – Delegierung an die Landeshauptleute – diskutiert.
Im Fernsehen wurde dann doch der Fremdenverkehr wesentlich stärker
herausgebracht. Die so positive Entwicklung hat sicherlich alle
überrascht. Die Delegierung an die Landeshauptleute ist von der
Presse zumindestens beim Gespräch sehr neutral aufgenommen worden.
Ich hätte eigentlich erwartet, dass man sich wesentlich mehr dagegen
ausspricht. Wahrscheinlich ist dies aber darauf zurückzuführen,
dass durch die Urlaubszeit in Wirklichkeit nur drei Landeshauptleute
gegen diese Delegierung Stellung genommen haben. Wallnöfer war
dabei wieder am geschicktesten, denn er meinte, dies sei unnötig,
aber er werde in seinem Land sofort die Interessensvertretungen
zu sich bitten, um dieses Problem zu besprechen. Im Antwortschreiben
auf seinen Brief habe ich deshalb als Nachsatz handschriftlich hinzu-
gefügt, dass ich diesen Weg begrüsse, weil er am besten das Problem
lösen kann. Niederl hat nur ganz kurz und lakonisch die Stellung-
nahme der Bundeskammer abgegeben, das heisst, erklärt, er sei
dafür nicht zuständig und des sei gar nicht notwendig. Wenzl
hingegen hat eine längere Ausführung geschickt und im Antwortschrei-
ben haben Jagoda und Kurzel sehr geschickt alle Vorwürfe entkräftet.
Da sich dann nur noch die Bundeskammer in ihrem Brief expressis
verbis gegen die Delegierung ausgesprochen hat, ja überhaupt eine
Regelung ablehnte, die anderen aber sich verschwiegen und damit zu-
gestimmt haben, bin ich glaube ich wirklich berechtigt, diese
Delegierung vorzunehmen. Ich gebe mich allerdings keiner Illusion
hin, dass dies nur auf die Urlaubszeit zurückzuführen ist. Die
entsprechenden Referenten in den Landesregierungen sind entweder
nicht hier oder haben noch nicht Gelegenheit gehabt, mit ihren
Funktionären zu reden, weshalb eben keine Antworten rechtzeitig
gekommen sind. Da man mir im § 3b) – und darüber gibt es für mich
gar keinen Zweifel – nur ein unzulängliches Gesetz gegeben hat,
bin ich sehr froh, dass er erste Fall von mir delegiert werden konnte.
Ich bin gespannt, was die Landeshauptleute machen werden.

Gen.Dir. Bauer von der ÖMV berichtet mir, dass er von dem iranisch-
sowjetischen Uniontausch sowjetisches Gas für 13 Mia., 17 % bekommen


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kann und sie auch nimmt. Dadurch werden wir ab 1. Jänner 1981
1,8 Mia. m³ Gas zur Verfügung haben. Mit den zu diesem Zeitpunkt
zur Verfügung stehenden 2,5 Mia. m³ aus der SU müsste eigentlich
der Bedarf einigermassen gedeckt werden können. Frank hat mir
seine Bedenken geäussert, dass die Gasmengen zu gross werden, die
in den Achtzigerjahren zur Verfügung stehen. Diese Meinung teile
ich noch nicht. Ich halte nach wie vor den Bedarf für hoch,
auch dann, wenn es die Landesgesellschaftenziffern, die von 8 Mia.
sprechen als überstürzt betrachte. Ich glaube auch, dass für das Alge-
rien-Gas noch genug Platz vorhanden ist.

Die ÖMV bietet den Vorarlbergern, Tirolern und Salzburgern Ruhrgas
ab, allerdings kostet dies 2.30 S pro m³, ein gigantisch teures Gas.
Bauer meint, das sei darauf zurückzuführen, weil die Leitungskosten
sehr hoch sind. Hier handelt es sich meiner Meinung nach wirklich
nur um ein Alibi der ÖMV. Damit hat Bauer sein Versprechen wahr gemacht,
er stellt auch diesen Ländern Gas zur Verfügung. Mit Vorarlberg
verhandelt Bauer ausserdem wegen der 200.000 Durchleitungsrechte
für Öl in der Pipeline, wo der Landesrat Mandl eine Top-Anlage
errichten möchte. Diesen Wunsch hat seinerzeit schon sein Vor-
gänger Müller durch Jahre hindurch verfolgt und ist zu keinem befrie-
digenden Ergebnis gekommen. In Lustenau, wo diese Top-Anlage die
250 Mill. S kosten würde, errichtet werden sollte, war der Wider-
stand dagegen so stark, dass er darauf verzichtete. Jetzt verfallen
sie wieder auf diesen Standort, möchten allerdings vor den Wahlen
unter gar keinen Umständen, dass darüber gesprochen wird. Bauer
gibt zu, dass diese Anlage nur unrentabel arbeiten kann. Deshalb
aber wartet er ab, dass ähnlich wie beim Kainach die Auflagen von
den Genehmigungsbehörden so gross sein werden, dass sich dann
automatisch ein Verzicht auch von den Vorarlbergern ergibt. Die
Vorarlberger möchten diese Anlage gemeinsam mit der ÖMV und der
Mabanaft, einer Hamburger Firma, machen. Jede soll ein Drittel
neben der Erdöl- und Erdgasgesellschaft, die in Vorarlberg auch
nach dem Papier existiert, haben. Schlau, wie die Vorarlberger sind,
möchten sie ihr Leitungsrecht in die Gesellschaft einbringen und
damit schon erklären, ihre Sacheinlage geleistet zu haben. Die
anderen beiden Gesellschafter hätten dann die notwendigen Anlagen
resp. Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Ich bin schon sehr ge-
spannt, ob Mandl bei meinem Dornbirner Besuch auf diese Problem zu
sprechen kommen wird.



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Weitere Schwierigkeit ergibt sich in der Steiermark mit
der Landesgesellschaft. Dort möchte Niederl und Altziebler von
der STEWEAG in der steirischen Ferngas mit 51 % sich beteiligen.
Dagegen spricht sich aber insbesondere als grösster Abnehmer und
grösster Gesellschafter der derzeit bestehenden steirischen Fern-
gas die VÖEST, Apfalter ganz entschieden dagegen aus. Apfalter
hat mir telefonisch mitgeteilt, dass sie nicht auf ihre der-
zeitige starke Position verzichten würden. Bauer meint, nach
Rücksprache mit Apfalter, dass sie besonderen Wett darauflegen,
bei der Preisbildung und bei der Bilanzerstellung ihre starke
Position auch in der neuen Gesellschaft zu halten. Dazu wäre ein
Konsortialvertrag das Beste. Apfalter wird auf alle Fälle für
seine Position weiter kämpfen. Andererseits ist es mir nur recht,
wenn endlich in den Landesgesellschaften die entsprechenden starken
Partner verbleiben und nicht die bei der seinerzeitigen Gründung
auch mitgenommenen Dutzenden von Industriellen und sonstigen
Vertretern. Hier hat die öffentliche Hand-Energieversorgung
total versagt. Man hat Gas in jeder Beziehung unterschätzt und
deshalb dieses wichtige Gebiet der Industriellenvereinigung und
sonstigen Einzelinteressen überlasen. Bauer muss dies zugeben, meint
das war nur alles vor seiner Zeit.

Bauer teilt mir auch mit, dass sie mit den Jugoslawen jetzt sehr
konkret verhandeln, um ihnen über unsere TAG, 1.6 Mia. m³ Gas aus
der SU durchleiten zu lassen.

Bauer teilt mir auch mit, dass sie jetzt ein Ansuchen an die OB
gestellt haben, alle restlichen Aufsuchungsgebiete in Österreich
in ihre Konzession zu bekommen. MR Mayer berichtet mir aller-
dings anschliessend, dass dies sehr unzulänglich von ihnen beantragt
wurde. Er wird mit der ÖMV sofort Verhandlungen aufnehmen, um
Verträge abzuschliessen, wie wir sie jetzt mit der ÖMV für
das Grazer Gebiet gemacht haben. Die ÖMV glaubt nämlich allen
Ernstes, dass sie ohne eine entsprechende rechtliche einwandfreie
Konzession zu bekommen, jetzt bereits mit den Vorarbeiten beginnen
sollten. Mayer dagegen meint, das sei lächerlich, er würde ihnen
ein entsprechendes Gebiet zuweisen, dort aber müssten sie dann
tatsächlich ihre Aktivitäten entfalten.



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Mock macht darauf aufmerksam, dass das Berggesetz jetzt mit
1. Oktober in Kraft tritt und er entsprechende Verordnungen und
Erlässe vorbereiten muss. Er fürchtet, dass ansonsten die
Bergbehörden ganz verschiedene Auskünfte geben könnten, Da er
aber immer unsicher ist und nicht genau weiss, ob die Sektionsleitung
ihn in jeder Beziehung deckt, fragt er bei mir an, wie er weiter
vorgehen soll. Ich erkläre ihm sofort dezidiert, dass er unter
allen Umständen die notwendigen Vorarbeiten zu leisten hat, damit
eine zentralistisch einheitliche Auffassung den Bergbehörden
zur Kenntnis kommt, wenn die Sektionsleitung nicht hier ist, dann
muss er in Eigenverantwortung mit meiner Deckung alle entsprechenden
Verordnungen und Erlässe vorbereiten und hinausgehen.

Zu diesem Zweck teilt er mir mit, dass er einen Assistenten von
Prof. Spickernagel für 4 Monate ins Ministerium rufen möchte, damit
dieser die entsprechenden Vorarbeiten leistet, weil die Bergbehörden
jetzt auf Grund des neuen Berggesetzes Übersichtskarten usw.
erstellen müssen. Da weder in den Bergbehörden noch im Ministerium
ein Markscheider, das ist ein Vermessungsbeamter, zur Verfügung
steht, glaubt er, dass die beste Lösung ist, diesen Assistenten
zeitweise zu transferieren. Ich stimme dieser Lösung selbstver-
ständlich sofort zu.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte die notwendigen Detailprobleme mit
Mock besprechen.

Dir. Wainig und Patzelt von Meinl kommen wegen der Situation
bei den Wiener Ölwerken. Sie erklären, sie haben dort 10 Mill. S
Defizit und müssen jetzt auf Kurzarbeit übergehen. Zu diesem Zweck
teile ich ihnen sofort mit, dass eine entsprechende Vereinbarung
mit dem Betriebsrat und vor allem der Gewerkschaft notwendig ist.
Blümel selbst wird von mir am Abend dann noch verständigt und
wird dieses Problem mit diesen Direktoren besprechen. Ich finde
wieder einmal bestätigt, dass auf diesem kapitalintensiven und
so starken Schwankungen unterworfenen Gebiet wahrscheinlich wirk-
lich nur grosse Unternehmungen wie eben z.B. die Unilever und
wahrscheinlich andere Grosskonzerne existieren können.

Die Direktoren beschweren sich auch noch über verbilligte Einfuhren
die sie allerdings selbst machen. Ihre Erklärung dafür ist, dass


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wenn sie nicht so billig in Österreich produzieren können,
schon aus Konkurrenzgründen diese billigen Waren importieren
müssen, um ihre Handelsgeschäfte wenigstens mit diesen Waren
beliefern zu können. Allerdings schwebt ihnen vor, dass
primär die inländische Produktion aufrechterhalten werden soll-
te und deshalb entsprechender Schutz verlangt werden muss. Für Teig-
waren z.B. weisen sie eine Rechnung vor, wo sie für 500-Gramm-Packungen
3.66 S für 1 kg aus Spanien nur bezahlen müssen. Dies deckt bei der
inländischen Produktion nicht einmal die Grießtangente. Aus Jugo-
slawien führen sie Wafferln ein, die 1.43 S kosten, angebliche
Manner-Schnitten-Ersatz, wo ihre Grenzkosten über 33 % sie selbst
höhere Grenzkosten haben. Ich verweise die beiden an Hillebrandt
damit sie eventuell Antimarktstörung- oder Antidumpinganträge
stellen.

Mit Otto Effenberger vom ARBÖ bespreche ich die Möglichkeit, wie
man den ARBÖ gegebenenfalls bei den Kraftfahrzeugmechanikern ein-
schalten könnte. Dr. Heller, sein Jurist, ist daran brennendst inter-
essiert. Wir haben seinerzeit vorgesehen, dass wir für die Preis-
auszeichnung eine Kommission einsetzen, die die Details besprechen
soll. Hier möchte Dr. Heller sehr gerne mitwirken. Da aber die
grosse Gefahr besteht, dass dann auch sofort der ÖAMTC sich meldet,
schlägt Heller vor, er möge über die Konsumenteninformation dele-
giert werden. Dies bezüglich Besprechungen wird Effenberger mit
Koppe führen. Effenberger hat auch einige gute Vorschläge für die
Wahlpropaganda, u.a. möchte er ein Bernhardiner-Preisausschreiben
machen, d.h. seine Bernhardiner würden entsprechende Fragebögen
mitführen und verteilen und dann könne man bei Beantwortung ein
Auto gewinnen. Die Fragen werden erst ausgearbeitet, ich habe
ihm vorgeschlagen, sie sollen weitestgehend neutral sein, sich
z.B. auf die Tätigkeit der Regierung nur beschränken, sodass
niemand dem ARBÖ vorwerfen kann, dass er ausschliesslich Partei-
propaganda macht.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte besprich mit Otto, ob er nicht auch
entsprechende Ideen bezüglich der Nachwahlzeit mit dem Handels-
ministerium gemeinsam durchführen kann.



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Beim Requiem für Schleinzer hatte ich Gelegenheit mit seiner
Frau meine Anteilnahme auszusprechen. Es ist so furchtbar, dass
man kaum Worte findet. Mehr konnte ich ihr wirklich auch nicht
sagen. Bei der Jachym-Ansprache ist mir aufgefallen, dass
er erklärte, das Christenhaus steht ihm offen, weil er ein
praktizierender Katholik war, der allerdings erst nach Napola-
und Kirchenaustritt wieder zur Amtskirche zurückgefunden hat.
Mir ist nicht ganz klar, warum Jachym diese Passage gebracht hat.
Natürlich ist es für die Kirche ein grosser Triumph, den Verlore-
nen wieder zu gewinnen. Vielleicht ist aber auch die Kritik an den
grossen kirchlichen Zeremoniell innerhalb der Amtskirche laut
geworden, dass Jachym dies besonders erwähnen musste. Mir und
wahrscheinlich vielen ist dies aber besonders aufgefallen.

26_0864_01

Tagesprogramm, 23.7.1975

26_0864_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: oö. LH (ÖVP), GD OKA
GND ID: 119017555


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        Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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              Tätigkeit: steir. LH, ÖVP


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                        Tätigkeit: Vorstandsdir. f. Einkauf u. Produktion, Julius Meinl AG


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                          Tätigkeit: GD VÖEST


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                            Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


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                                Tätigkeit: GD STEWEAG


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