Mittwoch, der 25. Juni 1975

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Mittwoch, 25. Juni 1975

Gen.Dir. Gruber von der NEWAG, dem ich vorwerfe, dass er den Kessel
für Theiss II nicht bei Waagner-Biro bestellt hat, beschwert sich
bitter, dass der erste Teil, wie er sich ausdrückt, ganz hundselendig
gemacht wurde. Sie sind jetzt in der Revision und es stellt sich heraus
dass die Halterungen und viele andere Schwierigkeiten durch schlechte
Arbeit zustandegekommen ist. Sie brauchten eine Mittellastanlage
und die kosten nur EFT aus Marbach entsprechend liefern. Mein Wunsch
dass auf alle Fälle die Montagearbeiten der Firma Waagner-Biro blei-
ben, kann Gruber garantieren, da er die deutsche Firma vertraglich ver-
pflichten wird, 50 % und vor allem die Montagebau-Arbeiten nach
Österreich zu verlegen. Bezüglich der Möglichkeit, eventuell zu SGP
zu gehen, meint er, dies sei alles nur theoretisch, denn in Wirk-
lichkeit geben die österreichische Firmen nur Deckungsofferte, wenn
sie sich vorher schon ausgemacht haben, wer den Auftrag bekommen soll.

ANMERKUNG FÜR REIM: Was weiss unser Haus über diese Praktiken.

Min.Rat Pelzl wollte mich unter Druck setzen. Er meint, er müsse unter
allen Umständen die internationalen Kontakte halten, weil ansonsten die
Gefahr besteht, dass er für die Unfallverhütung nicht die notwendigen
Verordnungen erlassen kann. Er meinte, er könne es nicht verantworten,
wenn dann in Fohnsdorf ein Schlagwetter ist mit 50 Toten. Dies sei der
Grund, warum er zur Internationalen Grubensicherheitsversuchsanstalten-
tagung nach Pittsburgh fahren müsse. Dort findet also eine Tagung von
Versuchsanstalten statt, er hat angeblich bei allen bis jetzt teilge-
nommen, wir haben gar keine, aber er erklärt, wenn er dort nicht dabei
ist, kann es zu einem Unglück in Österreich kommen, für das er die Ver-
antwortung ablehnt. So eine plumpe Erpressung habe ich noch niemals
erlebt. Er meinte zwar dann, ich sollte nicht verärgert sein, weil er
anschliessend dann gleich sich in Erinnerung brachte, dass er für den
Posten des Chefs der OB der richtige Mann sei und meinte nur, ich
solle ja nicht verärgert sein. Da ich nicht bereit bin, auf so einem
Niveau zu diskutieren, erklärte ich rundweg, dies sie eine Angelegenheit
des Präsidiums, welches zu entscheiden habe. Bukowski bemühte sich so
wie immer ein Kompromiss zu erzielen, doch glaube ich in diesem Fall,
dass man aktenmässig festhalten soll, die Zusammenhänge zwischen:
keine Auslandsreise Pelzls, Grubenunglück in Österreich.



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ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte Gasser und Schipper schriftlich zur Ent-
scheidung zwingen, ob Grubenunglück-Drohung für Amerika-Reise entschei-
dend ist.

Minister Osman war von der vollautomatischen Ziegelproduktion in Baden
begeistert. Da die Firma auch gleichzeitig jetzt nach Iran eine ähnliche
Anlage und zwar halbautomatisiert liefert, konnten wir Osman zeigen,
dass auch tatsächlich Staaten mit ähnlichen Wirtschaftsverhältnissen eine
solche Anlage schon gekauft haben. Der beste Gag, der mir eingefallen
ist, von der Firma einige Kappen mit der Aufschrift Wienerberger zu
verlangen, die wir dann alle trugen und ganz besonders als liebes Ge-
schenk von den Ägyptern betrachtet wurde.

Osman hat mir dann bei der Fahrt zum Flughafen gesagt, er möchte gerne
eine sehr konkretes Schreiben von mir, wieviel Holz, welche Sorten
Klassifikation und Preis beinhaltet, wir anbieten können. Dasselbe
für 2 Mill. m² Glas.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Vom Holzwirtschaftsrat und Bundeskammer
entsprechende Vorschläge erbitten.

Osman war über die Betreuung so überrascht und begeistert, dass er
zur Gegeneinladung nicht nur mich und meine Frau sondern sogar auch
meine beiden Buben ersuchte nach Ägypten zu kommen, er hätte ein Haus
am Meer und dort könnten sie vier Wochen wohnen, da er Kinder im gleichen
Alter hat.

Konsul Drescher von Bolivien kam mit dem Wirtschaftsminister, der bei
der UNIDO sich wegen bolivianischer Projekte einsetzte. Er teilte mir
mit, dass Bolivien wird in Hinkunft bei der UNIDO einen Mann akkredi-
tieren und zur Verfügung haben, sodass auch die Beziehungen zwischen
seinem Land und Österreich sich verbessern könnten. Drescher wollte,
dass Österreich für eine Furfurol-Anlage sich interessiert. Hier
wird aus Zuckerrohrabfällen Plastik erzeugt. Die VÖEST hat sich vor
längerer Zeit – wie ich einem Schreiben entnehmen kann – von diesem
Projekt distanziert. Drescher hat nun einen grossen Zuckerproduzenten
Gasser im Bolivien dafür gewonnen und möchte, dass sich die VÖEST
ebenfalls wieder an einem solchen Projekt beteiligt. Ich erklärte mich
bereit, mit der VÖEST entsprechende Gespräche zu führen. Interessanterwei-
se hat aber der Wirtschaftsminister gemeint, dies sie auf privater
Basis zu machen, der bolivianische Staat unterstütze Investitionen


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er möchte aber auf keinen Fall jetzt in einen Kontakt mit einer
privaten Firma treten. Drescher war über diese Erklärung sicherlich
sehr verwundert, da er sich von der Anwesenheit des Ministers und
insbesondere meiner Intervention eine gute Geschäftsverbindung mit
entsprechender Provision versprach. Angeblich hat er bei seiner An-
wesenheit in Bolivien mit dem Präsidenten der Bolivianer General Banzer
diesbezügliche Gespräche geführt. Ich verwies nur auf die Bergbau-
schule in Oruro, die Österreich mit Entwicklungshilfe finanziert, wo
angeblich 2 Lehrer nur beschäftigt sind.

LH Steinocher ruft mich an, dass er jetzt die Preise für Fleisch um
5 % ab 1. Juli erhöhen muss. Die Fleischhauer haben ihn fast dazu gezwun-
gen und die Arbeiterkammer hat dies eingesehen und dieser Preiserhöhung
zugestimmt. In Salzburg haben sie ein System der Viehleitpreise
für den Erzeuger. Derzeit beträgt er 30.– S seit November 1974 und
wurde im Jahre 1974 von 29.40 auf 30.– angehoben. 60 % davon ist
Schwein, 30 Rund, 10 % Kalb. Steinocher wollte wissen, wie es bei
den anderen aussieht und was ich dazu sage. Ich habe ihn darauf ver-
wiesen, dass mich Heller vor einigen Tagen angerufen hat und erklärte,
er müsse ebenfalls wahrscheinlich die Fleischpreise erhöhen. Steinocher
wird sich mit Heller ins Einvernehmen setzen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Lass über Singer registrieren, wie die Fleisch-
preise sich für die Erzeuger aber auch für die Verbraucher ändern resp.
sich geändert haben.

Die wirtschaftspolitische Aussprache ergab keinerlei neue Gesichts-
punkte. Das letzte Mal war gewünscht werden, man soll die Unterlagen
für diese Aussprache insbesondere die Ergebnisse der Prognose vom
Wirtschaftsforschungsinstitut vorher den Teilnehmern zuschicken. Dies
geschah worauf prompt die Presse bereits die Ergebnisse veröffent-
licht. Prof. Seidel vom Wirtschaftsforschungsinstitut war darüber sehr
erstaunt, mich wundert es gar nicht. Da die Presse von der Handelskammer
subventioniert wurde, hat sich insbesondere Sallinger, aber ganz besonders
Mussil dann davon distanziert, dass es nicht sie waren, die diesen
Vertrauensbruch begangen haben. Meine alte Theorie, wenn mehrere Leute
etwas vertraulich bekommen, ist der weg in die Presse nicht mehr fest-
zustellen, aber mit Sicherheit anzunehmen, dass dieses Material dort
landet. Mussil meinte wieder sehr geschickt, um die Handelskammer zu
verdächtigen, könnte es ja gerade von jemandem anderen an die Presse
gegeben worden sein. Persönlich überrascht war ich nur, dass Sallinger


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andeutete, es sollen jetzt Gespräche auf Sozial- oder Wirtschafts-
partnerebene geführt werden, um die Lohnrunde im Herbst in vernünftigen
Grenzen zu halten. Benya erklärte zwar, Lohnleitlinien kann es nicht
geben, wies aber darauf hin, dass im Herbst eine geringere Lohnbewe-
gung zu erwarten sei. Ich bin schon sehr gespannt, was dabei heraus-
kommt, da Wahlen vor der Tür stehen, die wirtschaftliche Lage sich wirk-
lich so schnell in Europa nicht verbessern wird, kann ich mir schon
vorstellen, dass wir zwar nicht zu einem big bargain, aber zu Absichts-
erklärungen kommen könne. Da alle Gewerkschaften mehr oder minder
zur Kenntnis nehmen, dass die nächste Lohnrunde nicht so hoch ausfallen
kann, könnte ich mir vorstellen, dass Benya mit dieser Idee im ÖGB
durchkommt, wieweit allerdings dann bei der Durchführung die Gewerk-
schaften sich daran halten werden, wird ganz von den einzelnen Fach-
gewerkschaften und noch viel mehr von der wirtschaftlichen Situation
der Branche abhängen.

Kreisky berichtete über seine Gespräche in Deutschland, dies inter-
essanterweise auch zum Abschluss, sodass ich, nachdem Sallinger und
Mussil schon weggegangen sind, gar keine Diskussion mehr ergab. Die
wirtschaftliche Situation wird dort sehr negativ beurteilt. Deutsch-
land fühlt, dass es alles bezahlen muss. Bundeskanzler Schmidt ist
nach ganz auf Sparen eingestellt und nicht bereit, ernstlich durchzu-
starten. Vielleicht vergisst die deutsche Bevölkerung bis zum nächsten
Oktober, wo Bundestagswahlen sind, die derzeitige wirtschaftliche
Situation. Da ich das nicht glaube, würde ich sagen, ist die näch-
ste Wahl für die SPD schon verloren. Gen.Dir. Seidl von der Lenzinger
schilderte die schwierige Situation auf dem Kunstfasertextilsektor
und Papiersektor. Auch bei Firmenkontakten, die ich hatte, wie z.B.
heute mit der Wienerberger, wird mir gesagt, dass bis September alles
normal läuft. Sowohl die Lenzinger als auch viele andere Fabriken arbeiten
noch mit voller Kapazität, Wienerberger sogar mit 105 %. Dies ergibt sich,
da sie nur bei der Vollast die Preise entsprechend kalkulieren können.
Die Absatzschwierigkeiten werden erst im Oktober/November erwartet,
dann wird man wieder auf Lager produzieren müssen.

Bei der Wirtschaftskonferenz-Vorbesprechung, wo nur die Rednerreihen-
folge besprochen wurde, nütze ich die Gelegenheit, um Kreisky von der
Enttäuschung der Handelskammer wegen der Nichteinladung zu Berichten.
Kreisky meinte, er hätte deshalb die Kammern nicht eingeladen, da
dieser Besuch einen rein politischen Charakter hat. Die Kammern seien


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nur für die Wirtschaftsfragen zuständig, weshalb er auch nach
dem Osten immer wieder alle Kammern einlädt. Nach dem Westen
führt er aber keine Wirtschaftsgespräche und Verhandlungen weshalb
er sich gar nicht einführen will, dass bei politischen Gesprächen
ebenfalls die Kammern mitwirken. Ganz klar erschient mir diese
Stellung ja nicht, denn selbstverständlich hat die Handelskammer
recht, dass auch in der BRD Wirtschaftsfragen zur Sprache kamen.
Andererseits meint Kreisky, hätte er vielleicht gar nicht bei Schmidt
die Zustimmung bekommen, Wirtschaftspartner zum Gespräch
zuzuziehen. Richtig ist, dass auch ich kaum Gelegenheit habe,
mit den westlichen Ländern Wirtschaftsgespräche zu führen. Da
diese ja nicht in irgendwelchen Vereinbarungen oder Verträgen
fixiert sind. Die grosse Kommission in Italien oder in
Frankreich, die der Aussenminister führt, beschäftigt sich ja nicht
nur mit Wirtschaftsfragen, damit sogar zum geringsten Teil sondern
Kultur und sonstige Angelegenheiten. Trotzdem betrachte ich diese
Argumentation als nicht sehr stichhaltig gegenüber der Handelskammer.
Dass die Handelskammer deshalb meint, sie gelte als ostanfällig,
weil sie nur in die Oststaaten mitfährt, halte ich wieder für un-
richtig. Diesen Vorwurf hab übrigens auch ich von der Handelskammer
jahrelang einstecken müssen. Er hat mir aber gar nicht geschadet
und wie jetzt die Ergebnisse des Osthandels zeigen sogar sehr
gute Früchte getragen.

26_0785_07

Tagesprogramm, 25.6.1975


GND ID: 1017902909


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: BK BRD, SPD


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Generalvertreter Fa. Agusta


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Straßburg


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD NEWAG


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Ökonom, ab 1981 Sts.


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: SAKOG


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                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                          GND ID: 119083906


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: LH-Stv. Sbg., SPÖ


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                              Tätigkeit: Beamter HM


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                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                GND ID: 118566512


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                                  Tätigkeit: MR HM, Leiter OB


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                                    Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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