Freitag, 6. Juni 1975
Die Gesellschaft zur Reinhaltung der Luft, Dr. Bergmann, Vorsitzender,
Gehart, Stellvertreter, Umweltschutzreferent der Handelskammer Dr.
Knoll, gleichzeitiger Geschäftsführer der Gesellschaft, haben ein Bud-
get von 2 Millionen Schilling pro Jahr. Die Gesellschaft wurde gegrün-
det, um der Industrie auf der einen Seite bei Erstellung ihrer Umwelt-
schutzaufgaben Hilfe zu leisten und andererseits um die Industrie
sicherlich auch vor ungerechtfertigten Bestimmungen und Angriffen
zu schützen. Bergmann berichtet, daß z.B. in der Bundesrepublik
die Industrie 30 mg Fluor zugestimmt hat, jetzt stellt sich heraus,
daß bei den Keramischen Werken diese Grenze nicht eingehalten werden
kann. Die Emission beträgt 30–60 mg und wird von 67 % überschritten
Eine Verschiebung der Grenzwerte ist jetzt schwer möglich. Das Ge-
sundheitsministerium hatte im Vorjahr der Gesellschaft 1.2 Millionen
gegeben, heuer null. Wir einigen uns, daß Jagoda, der für die
Emissionsschutzverordnung Werte braucht, einen Auftrag der Gesell-
schaft geben wird, in der Größenordnung von maximal 300.000 Schilling
wenn es die budgetäre Lage ermöglicht, was sicherlich der Fall
ist. Die Gesellschaft erwartete 500.000 Schilling.
Die Aussprache über Strumpfhosenimporteselbstbeschränkung war
für mich überraschend. Ich glaube es waren an 80 Personen, der
III Saal voll. Dr. Gleißner, Handelskammer, schlug vor, wir sollten
da die Selbstbeschränkung keine perfekte Lösung war und sich die
Newcomers überhaupt nicht daran hielten, weltweit jetzt eine Markt-
störungsgesetzverordnung erlassen. Es entspann sich eine lange
Diskussion, wobei ich besonders darauf hinwies, daß mein Amtsvor-
gänger seinerzeit eine ähnliche Lösung bei Streichhölzern glaubte
finden zu können und dann innerhalb 8 Tagen die Verordnung wieder
außer Kraft setzen mußte. Sowohl GATT als die EFTA als auch die
EG-Verträge sprechen dagegen. Die Schweiz hat jetzt gegen die
französische Firma Bic im EG gemischten Ausschuß das Dumping zur
Sprache gebracht und ist auch dort abgeblitzt. Zeller von der Firma
Kunert begründet den Antrag, daß man ein Kontingent von 9,6 Mill.
Paar vereinbart hat, für 13 Millionen Anträge vorliegen und 9 Mill.
bereits vidiert sind. 7.2 Mill. seien bereits bis Ende Mai, d.s.
83 % mehr als im Vorjahr importiert worden. Sie stellen sich einen
Richtpreis von 6.75 Schilling frei Grenze vor. Die Beschäftigung
26-0683
ist von 4.000 auf 2.200 zurückgegangen. Strümpfe die die Firma
Kunert um 7.50 Schilling exportiert, werden um 3.80 importiert.
In Großbritannien gibt es die automatische Lizenzierung, in Finn-
land ist ein Mindestpreissystem, dafür ist Finnland allerdings schon
wieder vor die EG zitiert und in Portugal wurden 25 bis 30 % Zoll-
aufschlag vorgesehen. Zeller behauptet, er wüßte und könnte bewei-
sen, daß bis zu 50 % Subventionen von anderen Staaten für die
Strumpfhosenproduktion bezahlt werden. Genau dies müßten wir
wissen, da es sich hier immer nur um Gerede handelt und keine Be-
weise vorgelegt werden. Schnabel, der Fachverbandsvertreter er-
gänzt, daß die Importe 73 9.6 Millionen betrugen bei einer Produktion
von 84.1 Millionen, 74 seien die Importe 18.9 Millionen gestiegen
und die Produktion auf 73.7 Millionen gefallen. Von diesen hätten
allerdings nach 25 Millionen exportiert werden können, diese Tat-
sache allein gibt uns kaum Möglichkeit in Internationalen Gremien
wie z.B. Multifaser-Abkommen die Praktiken anderer Staaten anzu-
greifen. Die Handelskammer schlägt vor, man soll entliberalisieren,
ein freies Abkommen eventuell noch machen oder gegebenfalls gesetz-
liche Möglichkeiten Antidumping, Antimarktstörung anwenden. Ich
verweise darauf, daß auf Grund des Multifaser-Abkommens wir nur
gegen Länder vorgehen können, die die Verursacher sind und nicht
welweit, daß wir im Rahmen des GATT überhaupt große Schwierigkeiten
haben und auch die EFTA-, und EG-Verträge dem entgegenstehen. Die
andere Seite ist sehr verwundert und gibt dies zu, daß ich mich
so in den Details auskenne. Wieder einmal bewahrheitet sich, daß
man nur über das Detailwissen imstande ist gegen die Angriffe oder
Behauptungen der anderen Seite Parole bieten zu können. So sagt
z.B. Huber vom Textilverband und Gleißner ist derselben Meinung,
daß wir nur gegenüber dem Osten die Strumpfhosen vidieren. In
Wirklichkeit machen wir dies derzeit weltweit. Ich schlage deshalb
eine administrative Regelung vor, die Importeure sollen sich
eine weitere Selbstbeschränkung dadurch auferlegen, daß sie eine
freiwillige Aufkaufspflicht akzeptieren. Schon allein der Ausdruck
freiwillige Aufkaufspflicht zeigt, daß es sich da nicht um eine
freiwillige Aktion handelt, sondern daß ich versuchen werde mit
Hilfe der administrativen Möglichkeiten in der Einfuhrvidierung
entsprechend Einfluß zu nehmen. Die offenste Aussprache führt
Kommerzialrat Böhm, Fa. Schöps, der dafür sogar Beifall erntet.
Mit Recht verweist er darauf, daß nur eine zweckmäßige solida-
rische Vorgangsweise dieses Problem mildern kann. Alle administra-
tiven Maßnahmen können hintergangen werden. Mindestpreise durch
26-0684
Refaktie oder andere Importe die man billiger bekommt, maß man
gegen einzelne Länder indem man sofort über andere Länder ausweicht
usw. Ich schlage deshalb vor, man soll ein kleines Komitee
einsetzen, Meisl wird es präsentieren und sofort weitere Schritte
gemeinsam beraten. Von einer gesetzlichen Regelung möchte ich
unter allen Umständen Abstand nehmen. Die Strumpfhosenindustrie
ist auch mit dieser Vorgangsweise einverstanden. Meisl berichtet
mir dann am Abend, sie seien übereingekommen, daß die Selbst-
beschränkungsquoten strenger eingehalten werden und daß Newcomer
nachweisen müssen, daß sie im Inland schon tätig gewesen sind.
Eine Art Aufkaufspflicht für Leute, die jetzt neu am Markt kommen.
ANMERKUNG für WIESINGER: Bitte diesen Teil des Tagesbuches in die
Mappe Strumpfhosen fotokopieren.
Das Donaueuropäische Institut hat die Handelsräte in Wien zu einem
Mittagessen eingeladen und ich referiere dort die wirtschaftspoli-
tische Situation, insbesondere unseren Export. Die Diskussion ist
nur langsam in Gang zu bringen und sehr zähflüssig. Dies liegt aber
daran, weil ein Handelsrat immer aufpaßt, was der andere fragt.
Insbesondere ist klar, daß über diese Fragen und Antworten dann
sofort entsprechende Mitteilungen in die Heimatministerien gege-
ben werden, deshalb kommt es leider dort niemals zu richtigen
Aussprachen. Dies habe ich schon das letzte Mal festgestellt, weiß
aber keinen Weg wie man dies abstellen könnte.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Wie kann man dieses scheinbare Mißtrauen
der Handelsräte und Botschaften untereinander beseitigen.
Botschafter Karski teilt mir mit, daß Minister Lejczak mich
und meine Frau eine Woche einladen wollen. Ich erkläre sofort,
dies ist unmöglich, weil ich sowieso nach Polen fahre. Wir einigen
uns, wenn die Tschechen damit einverstanden sind, die Gespräche
in Prag ein paar Tage vorzuverlegen und dadurch in Polen ein paar
Tagen länger bleiben zu können. Karski hat auch ein Protokoll der
Aussprache Kirchschläger - Gierek, wonach mehrere größere Projekte
gestartet werden sollen. Zu diesem Zweck kommt Vizeminister
Strzelecki vom Außenhandelsministerium und Kopeć vom Maschinen-
bauministerium. Ich werde mich mit ihnen treffen. Ein großes
Projekt ist die Papier- und Zellulosefabrik in Litschin , 9 Milliarden
26-0685
Schilling. Die Finnen liegen sehr gut im Rennen, doch könnte auch
Österreich daran beteiligt werden.
ANMERKUNG für REIM : Die VÖEST soll uns Unterlagen schicken.
2.) In Kostschin entsteht eine 150.000 Zellulosefabrik,
3.) eine Altpapieranlage die zuerst Altpapier von den Farben extrahiert
und nachher verarbeitet.
ANMERKUNG für REIM: Bitte klären, ob in Österreich das bekannt und
wer eventuell solche Anlagen erzeugt.
4.) Will die polnische Seite Glas- und Porzellanfabriken errichten
und zwar für technisches und Haushaltsporzellan. Die Polen wollen
auch große Mengen von Wohnungsausrüstungen wie Armaturen, Türen,
Schlösser, Badewannen usw. kaufen.
ANMERKUNG für REIM: Der polnische Handelsrat Kowalski bittet um
Fabriken und Firmen die dies erzeugen resp. liefern können. Bitte
mit Fälbl Entsprechendes veranlassen.
Konkret soll man mit Voith jetzt angeblich eine Papiermaschine für
120.000 Tonnen und mit Steyr LKW Kooperation besprechen. Von der
VÖEST Alpine wollen sie Walzerzeugnisse auf Kredit in größerer
Menge, 200 bis 300.000 Jahrestonnen beziehen.
ANMERKUNG für WIESINGER: Diese Aufzeichnungen für Strzelecki-Besuch
kopieren.
Die Verhandlungen mit Hochberger, Meinl, Krauss, Jacobs und Trautmann,
Geschäftsführer vom Kaffee- und Teeverband sowie Handelsverband,
Frau Gramer, Fachverband, und Vavra, Bundeskammer, und Steidl sind
ergebnislos. Ich hatte fest angenommen, daß es gelingen wird eine
zeitweise Senkung der Kaffeepreise durch Rückgang der Rohstoff-
preise zu erreichen. Trotz Unterbrechungen lehnen die Vertreter
aber ab. Sie behaupten im Mai 1974 seien es um 11 bis 14.8 %-ige
Preissteigerungen zu verzeichnen gewesen. Im August hätte der
ÖGB einer Preiserhöhung von 4 % zugestimmt, die Arbeiterkammer
aber wegen der bevorstehenden Arbeiterkammerwahlen abgelehnt.
Erst am 1.10. hätte man darüber reden können und mit 1.1.75 sei
26-0686
der Preis mit 3.5 % nachgezogen worden. Die Arbeitszeitverkürzung
und die 13 %-ige Lohnerhöhung sei dadurch fast nicht einmal berück-
sichtigt. Die Nahrungs- und Genußmittel hätten sich seit 1966 auf
150 Index bewegt, der Kaffee auf 110. 3 Kilogramm sei der Pro-
Kopfverbrauch und Jahr, daher selbst eine Preissenkung um paar
Schilling unwirksam. Genau diese Argumentation lasse ich aber
nie gelten, Selbst der Gewerkschaftsbund, Schmidt, hat erwartet, daß
es leicht möglich sein würde, eine temporäre Preissenkung zu er-
reichen. Ein solches Angebot hat nämlich der Kaffeehändlerverband
in der Paritätischen Kommission selbst gemacht. Der Gewerkschaftsbund
und die Arbeiterkammer haben es aus mir unerklärlichen Gründen
abgelehnt, weil sie eine längerfristige Preissenkung wünschen.
Jetzt haben wir gar nichts. Wieder einmal hat sich bewährt, dass
es viel besser ist, Teilerfolge sofort zu akzeptieren, als scheinbar
größere Erfolge zu erwarten oder zu erkämpfen, weil es dann passie-
ren kann, daß man gar nichts hat. Ich habe den Vertreter mit aller
Deutlichkeit gesagt, daß ich über diese Vorgangsweise sehr enttäuscht
bin.
Dir. Erbacher, Verbundgesellschaft, berichtet mir, daß Baumgartner
jetzt seine Funktion als Geschäftsführer der GKS, d.h. des
zweiten Kernkraftwerkes zurücklegen will. Der eine Geschäftsführer
Handl, von der OKA kommend, führt in Wirklichkeit schon die ganze
Zeit die Geschäfte. Erbacher schlägt deshalb vor, man soll Wald-
brunner von der Kernkraftwerkplanungsgesellschaft zur GKS schicken.
Ich bin damit sehr einverstanden. Erbacher meint nur, es wäre un-
zweckmäßig ihn jetzt schon als Geschäftsführer zu bestätigen,
weil dadurch sofort die Gesellschaft einen 40.000 Schilling
Gesellschaftervertrag abschließen müßte. Dies soll erst nach
den Wahlen geschehen, wenn klar ist wie das zweite Kernkraftwerk
aussieht und wann es gebaut wird. Ich bin auch mit dieser Vorgangs-
weise einverstanden. Ich mache Erbacher nur darauf aufmerksam, daß
die Reorganisation der Ennskraftwerke anders vorgenommen werden muß,
als jetzt beabsichtigt. Man hat allen Ernstes dort vorgeschlagen
anstelle der drei Hauptabteilungen auf vier Abteilungen aufzustocken.
Statt 400 Beschäftigte sollen in Hinkunft nur 300 mehr sein und
der Kopf wird nur vergrößert. Erbacher sieht dies ein, hat nur
diesen Reorganisationsvorschlag schon zugestimmt und wünscht daher
von mir ein Schreiben, wo ich sie auffordere eine zweckmäßigere und
sparsamere Reorganisation durchzuführen.
ANMERKUNG für WAIS: Burian wird mit Erbacher einen solchen Brief
verfassen.
Erbacher berichtet auch, daß man sich mit der STEWEAG mit einem
12-jährigen Koordinationsabkommen geeinigt hat. Das Ölkraftwerk
wird nur nach Ausnützung der Kohlekraftwerke eingesetzt und von der
Verbund zweckmäßig gelenkt. Das Anbot der OKA in Timmelkamm sich
zu beteiligen, lehnt die Verbund ab. Bezüglich der Besetzung des
Direktors in den Tauernkraftwerken wo sich auch der Verbund-
Abteilungsleiter Perl und Dipl.Ing. Koci interessiert, erkläre ich
Erbacher werde ich nicht vor den Wahlen auch nur diskutieren.
Da dieses Problem erst nächstes Jahr fällig ist, haben wir noch
genug Zeit. Ich erwarte übrigens von der Verbund und allen Elektri-
zitätsfachleuten, die damit zu tun haben, daß sie mir den besten
Mann vorschlagen. Ganz unabhängig ob dieser ein politisch starker
Mann ist, oder nicht. Für mich kann nur der beste Fachmann für
diesen wichtigen Posten in Frage kommen. Erbacher sagt, daß dann
nur, nachdem Fazokas von der ehemaligen Tauernkraftwerke ablehnt,
Gmeinhart von der ÖDK in Frage kommt.
Tagesprogramm, 6.6.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)