Freitag, 9. Mai 1975
Die polnischen Journalisten die zum Staatsbesuch von Kirchschläger
nach Warschau, vorerst nach Wien gekommen waren, erkundigten sich
nur über die allgemeine wirtschaftspolitische Situation und die
handelspolitischen Beziehungen. Einer von ihnen war bereits öfters
in Österreich und hat insbesondere bei Wirtschaftsverhandlungen in
Warschau ebenfalls als Reporter mit mir Gespräche geführt. Ihr
hauptsächliches Interesse galt den Kooperationsverträgen. Insbe-
sondere wollten sie wissen, welche Vorteile Österreich aus Koopera-
tionsverträgen hat. Ich erklärte zwar, dass ich dies als die
höchste Stufe des Warenaustausches betrachte, über die Kompensation,
das Clearing, die Liberalisierung jetzt zur Kooperation als den
letzten Entwicklungsstand der Aussenhandelsbeziehungen, ich immer
mehr das Gefühl habe, dass die Oststaaten die Kooperation doch
hauptsächlich dazu verwenden, um Investitionsgüter von uns zu
beziehen und dann mit den daraus erzeugten Produkten diese In-
vestitionsgüter zu bezahlen. Wenn man so will, ist dies auch nicht
mehr als wieder eine verfeinerte Form der Kompensation. Scheinbar gilt noch
immer die alte Erfahrung, dass zwei verschiedene Wirtschaftssysteme
unmöglich einen wirklichen integrierten Handel führen können. In
den westlichen Staaten kommt dies dann meistens, da dort tatsächlich
liberale Handelsmethoden herrschen, zumindestens bis jetzt, wahr-
scheinlich müsste in den Oststaaten als weiterer Schritt der Koope-
ration eine kapitalmässige Verflechtung entstehen, um Firmen daran
zu interessieren, sich mehr mit den Staatshandelsländern
zu verbinden. Eine Erkenntnis habe ich aber im Laufe der Zeit
auch gewonnen, dass nämlich wie erwartet bei einer wirtschaft-
lichen Rezession in den Weststaaten der Osten mit seiner verhältnis-
mässig krisenfesten Wirtschaftsplanung dann umso mehr in der Aussen-
handelslieferung einspringt. Die weitere Folge ist aber dann, wie
der Osten arbeitet er auf der langfristigen Kreditbasis und
wünscht immer mehr und mehr Investitionsgüter. Aussenhandelspolitik
müsste neu durchdacht werden, wenn wir nicht ein neues System resp.
einen Ausweg aus den ungeheuer anwachsenden Zahlungsbilanzdefiziten
der Oststaaten finden. Ausgleichsmöglichkeit sich aufzubauen,
sondern auch die Oststaaten untereinander bilateral abrechnen,
müssen einzelne Staaten wie z.B. Bulgarien, teilweise auch Rumänien
auf alle Fälle auf lange Sicht als Exportland für uns wieder aus-
fallen. Insbesondere die Steigerung der Energiekosten und Energie-
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preise in der letzten Zeit sind für sie zahlungsbilanzmässig günstig
gewesen.
ANMERKUNG für WANKE: Bitte prüfe in der Grundsatzgruppe mit Meisl
wie wir hier in Hinkunft besser vorgehen sollen.
Die Staatswappenverleihung an fünf Firmen die bis zur grossen
offiziellen Sitzung und Verleihung das nächste Mal nicht warten woll-
ten, haben wir in meinem Ministerzimmer durchgeführt. Dadurch
gibt es eine verhältnismässig persönliche Atmosphäre, andererseits
aber sind fünf Firmen wieder zu viel, um sie nachher zum Kaffee
einladen zu können,. Während im grossen Marmorsaal das Ende klar
und deutlich durch die Bundeshymne abgezeichnet ist, kann man bei
einer solchen zu grossen privaten Zimmerverleihung wie ich sagen
möchte, das Ende nur sehr unpersönlich gestalten.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Wenn irgendwie möglich, die Firmen im gros-
sen Saal zur allgemeinen Feier vorsehen, eventuell öfters im Jahr.
Die Auszeichnung von Langer-Hansel mit dem Sektionschef-Titel
hat ihn sicherlich sehr gefreut und war ein Teil der Wiedergut-
machung. Langer-Hansel hat sicherlich immer geglaubt und gehofft,
dass die Fremdenverkehrsbedeutung so ist, dass er früher oder später
Sektionschef werden kann. Dieselbe Hoffnung macht sich sicherlich
auch Würzl. Seine Leute sind zur Sektionschef-Titel Verleihung
deshalb erschienen und Langer-Hansel hat dort erklärt, nachdem wir
uns am Anfang sehr schwer getan haben, dann aber uns sehr bald
gefunden haben. Langer-Hansel hat vollkommen recht, ich habe seine
Art sehr schwer am Anfang ertragen. Er war nicht nur aktiv, was
an und für sich von mir immer befürwortet und goutiert wird, sondern
er hat auch eine Art der Berichterstattung gehabt, die ich nicht ver-
trage. Ich halte nicht sehr viel davon wenn jemand wie Langer-Hansel
dies öfters getan hat, erklärt, da muss man nur energisch durch-
greifen, die habe ich zusammengehaut usw. wobei er in Wirklichkeit
damit nichts anderes als Porzellan zerschlagen hat. Man kann nur
gerade in einer Kompetenz wie der Fremdenverkehr, wo man mit den
Ländern gut auskommen muss, nicht glauben, dass man mit so einer
Art tatsächlich Erfolge erzielen kann. Das wirklich positive bei
ihm ist aber, dass er die jungen Leute herangezogen hat und wirk-
lich mitgespielt hat damit Zolles und Kübler jetzt die Österreichi-
sche Fremdenverkehrswerbung führen. Die beiden machen es, insbesondere
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Zolles, wesentlich besser als er. Ausserdem ist die Ära Langer-
Hansel in der Fremdenverkehrspolitik glaube ich endgültig vorbei.
In der Arbeiterkammer teilt mir Zöllner mit, dass die ÖMV mit
ihm vereinbart hat die Verhandlungen über die Ölpreissenkung sofort
aufzunehmen. Jetzt sei der Vorstand nach Tokio gefahren und er ist
deshalb so verärgert, dass er eine Aussendung machen will, dass
das Handelsministerium, obwohl er bereits im März einen diesbezügli-
chen Antrag gestellt hat, noch immer nicht über die Forderung der
Ölpreissenkung Vorverhandlungen eingeleitet hat. Zum Glück er-
scheint Erich Schmidt vom Gewerkschaftsbund und redet ihm diese
Schnapsidee aus. Schmidt möchte mit der ÖMV zu einer Vereinbarung
kommen um auf Sozialpartnerebene einen Erfolg zu erzielen. Mir ist
dieser Weg auch lieber, weil ich nämlich durch das Energiesicherungs-
gesetz auf alle Fälle die ÖMV und Internationalen verpflichten
werde, entsprechende Kalkulationsposten für die Lagerung bereitzu-
stellen. Wenn ich jetzt von ihnen offiziell eine Senkung verlange,
werden sie diesen Wunsch nachkommen, dann aber selbstverständlich
sofort eine Erhöhung des Ölpreises in Form eines Zuschlages zur
Mineralölsteuer oder eine eigene Abgabe verlangen. Dadurch wird
eine weitere Kalkulationspost geschaffen, die dann in der Höhe nach
feststeht und so wie die Mineralölsteuer ständig auf den Konsumenten
weiter verrechnet wird. Ich werde daher kein offizielles Vorprüfungs-
verfahren, dafür aber mit der ÖMV eine fraktionelle Besprechung
zwischen Arbeiterkammer, ÖMV-Vertreter, Gewerkschaftsbund bei mir
anfangs der Woche durchführen.
Heindl ist erschüttert, dass die Hotel-Treuhand jetzt organisa-
torisch geändert wird, ohne dass das Handelsministerium etwas
davon offiziell erfuhr. Die Hotel-Treuhand gehört überwiegend der
Creditanstalt und Seeböck hat es sich angeblich so gerichtet, dass
sein Vertreter in der Bundeshandelskammer jetzt als zweiter Ge-
schäftsführer dort bestellt wird. Millwisch hat einen Konsulenten-
vertrag mit 10.000 Schilling im Monat. Die Eigentumsverhältnisse
bei der Hotel-Treuhand sind eindeutige überwiegende Mehrheit CA
aber auch eine gewisse Beteiligung des Verkehrsbüro. Würzl wird
nun in den Aufsichtsrat berufen, in beiden Fällen wurden wir aber
nicht gefragt, resp. habe ich das wirklich hintenherum erst erfahren.
Heindl meint nun, wir sollten eine ganz gross angelegte Kampagne
starten, um dies zu verhindern. Ich fürchte aber dass wir kaum noch
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Chancen haben, weil die diesbezüglichen Beschlüsse nicht nur in
der CA, sondern wahrscheinlich auch im Finanzministerium schon ge-
fallen sind. Da die Vermögensverwaltung immer und in jedem Fall
beim Finanzministerium liegt, kommen die sachlich zuständigen
Minister fast nie zu Entscheidungen, resp. erfahren meistens
erst hintenherum. Wenn wir aber an dieser ganzen Konstruktion
nichts mehr ändern können, halte ich es für unzweckmässig einen
Kampf dagegen zu führen. Wir würden in diesem Fall nur die zu-
künftige Geschäftsleitung verärgern, würden dann dort wahrscheinlich
auf entsprechenden Widerstand stossen, wenn wir einige Fälle durch-
bringen wollen.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte erkundige Dich, wie weit hier tatsächlich
noch Möglichkeiten der Einflussnahme bestünden.
Direktor Mayerhofer , der gestern abends, wie ich erfahren hatte,
bei Senatsrat Skopalik eingeladen war, teilt mir wunschgemäss
mit, dass Skopalik ein gewisses Interesse hätte, sich bei der Aus-
schreibung unsere Industrie-Sektionschef-Postens für das nächste
Jahr zu beteiligen. Skopalik hat sich um die Magistratsdirektion be-
werben, ist dort aber wie viele andere abgeblitzt. Auch Jagoda
sollte sich daran beteiligen, hat aber zweckmässigerweise abgelehnt.
Für mich war von allem Anfang klar, dass hier nur Bandion eine
Chance hat, nachdem der Bürgermeister ihn ja zu diesem Zweck in
die Gemeindeverwaltung hinübergenommen hat. Skopalik erwartet
nun, dass er zumindestens Stellvertreter von Bandion wird. In
diesem Fall hätte er kein Interesse mehr an der Ausschreibung
um den Sektionschefposten der Industriesektion teilzunehmen.
Da ich überzeugt bin, dass diese Entscheidung in den nächsten
Wochen fallen wird, ich vor dem 4. Oktober aber gar nichts unter-
nehme, werde ich weiter zuwarten. Skopalik gilt allgemein aner-
kannt als ein äusserst dynamischer und in der Planung und Menschen-
führung guter Mann. Er hat als Koordinator bei der Gemeinde nicht
das richtige Betätigungsfeld. Wenn er tatsächlich jetzt als Magistrats-
direktor-Stellvertreter nicht bestellt wird, besteht begründete
Hoffnung, dass wir ihm bei der Ausschreibung in die Industriesektion
bekommen könnten.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte den letzten möglichen Termin einer
Ausschreibung auf Grund der Gesetzeslage feststellen.
Tagesprogramm, 9.5.1975