Sonntag, der 20. April 1975

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Sonntag, 20. April 1975

Betriebsversammlung der WIBEBA war eine reine Fraktionsversammlung.
Der Saal war bummvoll, es wurde wie bei den Bauarbeitern üblich Essen
und Getränke nachher ausgegeben, sodass es verhältnismässig unruhig ist
Der Vorsitzende erklärte zum Referat des Betriebsratsobmannes, da
sich während des Referates niemand gemeldet hatte, weshalb auch
keine Diskussion stattfindet. Auch nach meinem Referat habe ich
trotz Aufforderung keine Diskussion gehabt. Hier ist schon ein ge-
waltiger Unterschied zwischen der Konsumgenossenschaft und der
Wibeba-Betriebsversammlung. Eigentlich müsste man erst eine Diskussion
dort organisieren und die sind daran gar nicht interessiert, weder
die Betriebsangehörigen noch der Betriebsrat. Schade, denn wie
soll man die Stimmung der Leute heben.

Bei der Eröffnung der Damenmodewoche hat weder Komm.Rat Elias, der
sonst immer ein Klagelied anstimmt noch Präs. Mitterer, der hart
kritisiert, diesmal ihre Tour geritten. Elias bedankte sich ganz im
Gegenteil bei mir, dass wir für die Hemden eine Lösung gefunden haben
und hat nur angekündigt, dass es bei Damenblusen eine ähnliche Situation
gibt, Auch hier müssten wir entsprechende Sicherungsmassnahmen tref-
fen. Mitterer wieder strich hervor, dass wir bei der Exportpolitik
keine Stop-Go-Politik machen können und dürfen, sondern dass wir dem
Export unser grosses Augenmerk zuwenden müssen. Früher war die Damen-
modewoche-Eröffnung immer einen Tag später als bereits die Aus-
stellung gelaufen ist, Dadurch konnte ich immer vom ersten Tag die
Orders resp. den Geschäftsgang in Erfahrung bringen. Diesmal wurde
die Damenmodewoche auf 3 Tage verkürzt, weshalb auch die
offizielle Eröffnung am selben Tag stattfand, wie die Ausstellung.
Ich habe daher keine Möglichkeit gehabt, irgendwelche Geschäfts-
abschlüsse oder Stimmung zu erfahren.

ANMERKUNG FÜR REIM: Min.Rat Wagner soll Umfragen am Ende der Aus-
stellung starten und berichten.

Die Gespräche im BKA mit Präs. Jalloud, zu denen ich später kam,
aber wie mir Lütgendorf versicherte, nichts versäumt hatte, waren
sehr allgemein gehalten. Kreisky hat nur vor meiner Anwesenheit schon
angedeutet, es wäre zweckmässig, wenn sich Arbeitsgruppen bilden,


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damit konkrete Geschäfte besprochen werden können. In eher ellenlangen
Erwiderung von Jalloud wurde dann die Sitzung geteilt. Kreisky und
er gingen die aussenpolitische Probleme besprechen, ich sollte die
Wirtschaftsgruppen präsidieren. Interessanterweise waren auch zu dem
Gespräch die Firmenvertreter geladen, weshalb der Saal fast überging.
Zum Glück hatten wir einige Aufzeichnungen über konkrete Geschäfte
und vor allem auch Material über Exporte von Zuchtrindern und sonstige
Firmenwünsche. Ich habe deshalb vier Listen überreicht, wodurch
garantiert war, dass man über diese konkrete Geschäfte könne und
müsse. Für mich war sofort die Folge, dass wir die ganze Zeit brauchten,
um die Arbeitsgruppen einzusetzen und letzten Endes dann die Termine
festzulegen. Koller von der VÖEST wollte unbedingt, dass natürlich zum
Besuch am Montag womöglich die ganze Delegation fährt. Für mich war
es aber klar, dass Kreisky mit dem Hinweis, Arbeitsgruppe zu bilden,
die Delegation endgültig gespalten hatte. Auf Kollers Wunsch habe
ich deshalb die Eisen- und Stahlgruppe nicht am Montag Vormittag, sondern
erst am Nachmittag nach Rückkehr von Linz einen Termin vereinbart.
Vormittag sollte nur die Arbeitsgruppe über allgemeine Handelsfragen
Holz und insbesondere Viehexport im Handelsministerium tagen. Bei der
ÖMV sollte Basser, der bis jetzt im Ministerium war und jetzt Präsident
bei einer Ölgesellschaft ist, über Ölkooperationen verhandeln.

Nachmittags wurde in Baden bei der Heereskraftfahrschule alle Fahrzeuge
vom Motorrad bis zu den Panzern vorgestellt. Da es sich um die Er-
zeugnisse des Steyr-Daimler-Puch handelt, wollte sie entsprechende
Prospekte in Englisch haben. Ich ersuchte die Firma, ob dies möglich
ist, bin aber nicht ganz sicher, ob es tatsächlich gelingt. Besonders
die gepanzerten Fahrzeuge imponierten, dem Major Jalloud, er dürfte
also einmal bei einer solchen Truppe gewesen sein.

Bei der Fahrt nach Linz habe ich von unserem Übersetzer, der während
des Gespräches Kreisky-Jalloud übersetzt hatte, Details erfahren,
die er Kreisky mehr angedeutet hat und meinte, ich würde sie noch
schriftlich bekommen. Es soll eine Entwicklungshilfe für dritte Länder
geschaffen werden, Anfangskapital 1 Mia. öS, wovon 100 Mill. S nur
Österreich geben müsste. Eine Gemischte Kommission und Kreisky und
Jalloud sollte darüber immer entscheiden. Wenn dies Kreisky gelingt,
ist er wirklich ein Künstler. Dass wir einen Entwicklungshilfefonds
von 1 Mia. S verfügen können und nur 10 % dazugeben, gigantisch!



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Zweitens ein gemeinsames Finanzierungsinstitut sollte errichtet
werden und Neubauten und Erweiterung von Projekten in Österreich
und Libyen finanzieren Drittens ein langfristiger Ölvertrag soll abge-
schlossen werden, wobei ein Teil der Öllieferung als Kredit in
Österreich verbleiben sollte. Premier hat mir dann interpretiert,
dass es sich allerdings um eine Grössenordnung von 5–7 Mill. t Öl
handeln sollte. Wir beabsichtigen dagegen nur 400.000 t heuer zu im-
portieren. Was wir mit dieser grossen Menge machen, ist mir ein
Rätsel. Viertens soll ein Abkommen und eine Gemischte Kommission
für kulturelle Angelegenheit gegründet werden. Fünftes wäre eine
Bestellung von militärischen Kraftfahrzeugen, die wir gesehen haben,
durchzuführen.

Auf der Fahrt habe ich dann einige Details vom Ministerpräsidenten
erfahren und diese waren sehr interessant. Jalloud stellt sich vor,
dass alle Bezahlungen in Öl erfolgen. Ich habe ihm auch von der Idee
Rumäniens und von der VÖEST, eine gemeinsame Raffinerie in Libyen
zu errichten, berichtet. Er war sofort dafür, meint allerdings, es
müsste diese Raffinerie nicht nur gebaut werden und betrieben, sondern
es müssten auch die Produkte alle verkauft werden. In Libyen könnte
höchstens die Rohstoffe für Düngemittelerzeugung verbleiben. Wenn dieses
System funktioniert, müsste sich auch Österreich und Rumänien mit
ca. 30–40 % an der Raffinerie finanziell beteiligen. Dieselben
Ansuchen wurden an Frankreich, Italien, Spanien und an die Sowjet-
union weitergegeben. Libyen hat eine Raffinerie für den Eigenbedarf
und eine zweite soll jetzt von Agip, Italien, gebaut werden. Was
den Ministerpräsidenten am meisten interessiert, wäre ein Eisenkombinat.
Koller hat mir ausdrücklich mitgeteilt, dass dieses kupferhaltige
Erz nicht zu verhütten ist. Auch die Franzosen, Amerikaner usw.,
die sich bis jetzt mit diesem Projekt beschäftigten, hatten kapituliert.
Jalloud bildet sich aber ein, unbedingt einen Hochofenbetrieb zu er-
richten. Ich habe deshalb beim Empfang am Abend ganz vorsichtig die
Problematik angedeutet, ohne irgendwie endgültig nein zu sagen.
Kreisky selbst nämlich hat mir schon eine Bemerkung gemacht, dass
alles möglich sein müsste, da er sowieso der Chef der Verstaatlichten
ist, soll er schauen, wie er die VÖEST dazu bringt. Die VÖEST ist nur
bereit, eine feasibility study auszuarbeiten.

Da das Protokoll 1 1/2 Stunden Aufenthalt in Linz vor dem Abendessen
eingeplant hatte, hatte ich Gelegenheit, mit LH Wenzl, Possart,
Neuhauser über Landesprobleme zu diskutieren. Insbesondere erklärten


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sie sofort, welche Wünsche Oberösterreich an das Handelsministerium
hätte. Bald kamen wir auf die zukünftige Atomenergiediskussion. Wenzl
meinte, er hätte sie schon hinter sich und es bleibt uns eben keinem
erspart. Wenzl war aber sehr erfreut, von mir zu hören, dass in der
Aufsichtsratssitzung von Donau nicht von mir über die Verbund dik-
tiert wurde, sondern dass die Geschäftsordnung zwischen den Vorstands-
mitgliedern besprochen werden soll und nur wenn es zu keiner Einigung
kommt, ein Arbeitsausschuss des Aufsichtsrates einen diesbezüglichen
Vorschlag erarbeiten sollte. Genau dies war nämlich auch der Vor-
schlag von LH Maurer und Wenzl meinte, er sei sehr erfreut, dass
wir so vorgegangen sind. Ich habe den Eindruck, dass man dort über-
rascht ist, dass ich nicht ganz brutal die entsprechenden Diktate
vornehme, sondern doch immer wieder versuche, zu einvernehmlichen
Lösungen zu kommen. Dies erscheint mir auch deshalb sehr wichtig,
weil ich so vielleicht doch eine härtere Attacke der ÖVP insbesondere
des sogenannten Energiesprechers Dr. König erwarte. Ich sage
deshalb "sogenannten Energiesprecher", weil für mich immer wieder
Präs. Weiss der Mann ist, mit dem ich lieber verhandle und der
auch zumindestens, das konnte ich eindeutig feststellen, das Ver-
trauen von Maurer und von Wenzl besitzt.

Am meisten erschüttert war Koller und Matthes von der VÖEST, als sie
zum Abendessen kamen und feststellen mussten, dass weder der Handels-
minister noch der Staatssekretär bis vor drei Monaten noch im Wirt-
schaftsministerium gewesen ist, anwesend war. Ich erklärte ihnen,
dass erst in letzter Minute Jalloud, wie er mir gegenüber sagte,
befohlen habe, dass die in Wien bleiben müssen, um die Verträge und
insbesondere die konkreten Geschäfte vorzubereiten. Ich erfuhr dann
auch, dass er gestern Abend angeblich bis 3 Uhr früh mit seinen Dele-
gationsmitgliedern über die Geschäfte und Möglichkeiten geredet hat.
Jalloud möchte natürlich unter allen Umständen, wenn er von Österreich
wegfährt, konkrete Ergebnisse mitbringen. Das einzige, was tatsächlich
vorbereitet ist, ist der Kooperationsvertrag, resp. Handelsvertrag.
Hier kann Kreisky und Jalloud ihn unterzeichnen, obwohl an und für
sich die Kompetenz eindeutig beim Handelsministerium und daher bei mir
liegen würden. Zumindestens österreichischerseits ist dies klar.
Trotzdem habe ich volles Verständnis, wenn jetzt auf höchster Ebene
zumindestens dieser Vertrag unterzeichnet wird. Wie aber konkrete Ge-
schäfte in dieser kurzen Zeit abgeschlossen werden konnten, ja sogar
konkreter vorbereitet werden könnten, ist mir ein Rätsel. Hier werde


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ich mich selbst überraschen lassen. Der Aussenhandelsstellen-
leiter, der bei der ganzen Fahrt und überall dabei war, was ich
sehr begrüsste, hat mir gesagt, dass in Tripolis eine irrsinnige
hart Konkurrenz ist. Die Libyer sind nicht bereit, irgendwelche
finanzielle Zusagen zu machen oder gar wirkliche Geschäfte ab-
zuschliessen, die sie irgendwo anders billiger und günstiger kriegen
können. Natürlich interessiert sich Jalloud für alles mögliche.
Natürlich haben ihn die Panzerfahrzeuge ganz gut gefallen und er mein-
te nur, es müssten stärkere Panzer gemacht werden. Wenn es aber
dann zur konkreten Diskussion über die Preise kommen wird, bin
ich überzeugt, wird es ungeheuer schwierig sein, wirklich ein kon-
kretes Geschäft zustandezubringen. Der Paradefall wird für mich
der Punkt über die Entwicklungshilfe. Wenn es sich hier nicht um
eine deklaratorische Erklärung handelt, sondern tatsächlich eine
Milliarde aufgeteilt 9:1 zur Verfügung gestellt wird, dann
würde ich meine Meinung korrigieren müssen. Was ich allerdings
erwarte, ich dass Jalloud und die Libyer Absatzsorgen mit dem Öl
erwarten und deshalb zu verhältnismässig guten Preisen sie lang-
fristig verkaufen wollen, dann dafür bereit sind, eventuell Ent-
wicklungshilfe zu finanzieren oder wie für österr. Projekte langfri-
stige Kredite verhältnismässig billig verzinst zur Verfügung
zu stellen. Ich glaube halt nur, das Problem wird eben sein, wie man
die gigantischen Ölmengen, die sich scheinbar Jalloud vorstellt,
dass wir übernehmen sollten, verkraften können. Auf alle Fälle
hat mir der Übersetzer, zum Glück ist es ein Mann von uns, d.h.
ein Österreicher nachher angedeutet, dass meine Information,
nur 400.000 t Öl werden heuer gekauft, ihn sehr erschüttert hat.
Bei so geringen Mengen würde das ganze System, wie Jalloud es
sich vorgestellt hat, nicht zum Tragen kommen.

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Tagesprogramm, 20.4.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Min.präs. Libyen


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: VÖEST


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Vors. Fachverb. Bekleidungsind.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


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                Tätigkeit: oö. LR (SPÖ), Präs. Welser Messe


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                  Tätigkeit: ehem. ÖVP-Verkehrsminister, Präs. Verbund


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                    Tätigkeit: MR HM [1971 zuständig für das Messwesen; gemeinsam mit Pellech genannt; evtl. Falschidentifikation]


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                      Tätigkeit: oö. LH (ÖVP), GD OKA
                      GND ID: 119017555


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                        Tätigkeit: GD VÖEST


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                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                            Tätigkeit: Beamter HM


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