Samstag, der 22. März 1975

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Samstag, den 22. März 1975

Prominenz lebt gefährlich. Lanc als ASKÖ Wien Präsident hat
angeblich zugesagt den Osterhasen einen karitativen Rennen
teilzunehmen. Auch ich wurde schon einigemale aufgefordert,
doch fällt es immer in die Osterurlaubswoche. Lanc ist diesmal
deshalb auch nicht dabei, obwohl er angeblich zugesagt hat.
Mich interessierte dieses Traben, ich wollte einmal auch so
etwas mitmachen. Immer wenn man keine Ahnung von irgendetwas hat
stellt man sich dies ganz anders vor. Ich war davon überzeugt,
daß man uns selbstverständlich gutmütige Pferde gibt, die in
Wirklichkeit genau wissen was sie wollen, ganz egal wer da immer
im Wagerl drinnen sitzt. Ich sollte eines besseren belehrt werden.
Frau Horn, die ich mit dem Staatswappen auszeichnete und deren
Mann einen eigenen Stall in der Krieau hatte, versuchte mir schon
die ganze Zeit einzureden, ich müßte einigemale trainieren gehen.
Am Samstag war es dann so weit, daß ich endlich für eine Trainings-
stunde Zeit hatte. Am Anfang fuhr ich mit dem Trainer in einem
Wagerl, das Ganze schien verdammt leicht. Wenn man die Zügel
anzieht, dann bleibt das Pferd stehen oder wird langsamer. Beim
fünften Pferd Lord Hannover ging vorerst alles ganz gut. Es trabte
so schön über die Runden und einmal rief ich den Trainer resp.
der Frau Horn und den Herrn Peschl, die alle dort ganz inter-
essiert zuschauten, zu, ob ich schneller fahren sollte. Der
übereinstimmende Ruf war jawohl. Kaum hatte ich aber das Pferd
ein etwas locker gelassen, begann es zu galoppieren. Das Pferd
bemerkte nämlich vollkommen, daß ich es nicht dirigieren konnte
und drehte Irrsinnsrunden über die Rennbahn. Ich konnte noch
so fest ziehen, es war unmöglich, es blieb nicht stehen oder
wurde auch nur langsamer. Da der einzige Halt die Zügel sind,
hatte ich das Gefühl ich hänge seit einer halben Stunde auf
einem Reck und unter mir ein tiefer Abgrund. Ich überrundete
natürlich alle anderen, die trainierten und rief denen zu und
bei der nächsten Runde stellte sich dann endlich der Trainer mit
dem Stallburschen auf die Bahn und hielten das Pferd auf. Die
Frau Horn sagte, sie hätte Todesängste ausgestanden. Ich zwar
keine Todesängste, aber mulmig war mir auch. Von Hannover sagten
mir dann andere Trainer, mit denen ich nachher in den Verband
fuhr, sei ein sehr starkes Pferd, eigenwillig und mit Quasimodo
mit dem ich am nächsten Tag fahren werde, gar nicht zu vergleichen.



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Quasimodo stand noch in Baden, sozusagen auf der Pensionär-
liste, wenn der am Samstag mit mir trainierte würde am Sonntag
nicht mehr können. Lord Hannover dagegen wird am Sonntag sein
Rennen vor mir fahren. Da werde ich ihn mir ansehen. Wenn ich
eingangs bemerkt habe, daß Prominenz gefährlich lebt, meine ich
dies so, daß man selbstverständlich überall mitmacht, was ich
nebenbei bemerkt gerne tue, dort immer furchtbar betreut wird,
daß nichts passiert, daß aber dann immer wieder Fehler unterlaufen.
Der Trainer hat mir zwar die elegante Zügelhaltung beigebracht,
mit drei Finger, den galoppierenden Lord Hannover habe ich nicht
einmal mit beiden Händen zurückhalten können. Als Prominenter
kann man alles probieren; Eisenbahnfahren, Kopilot bei Privat-
maschinen, Wildwasserpaddeln, Traben usw. alles macht man ruck, zuck
und man lernt nicht die Kniffe wie man aus kritischen Situationen
sich am besten befreit. Dann kommt es genau wie in der Politik
auf das beherrschen der kritischen Situationen an.

Tätigkeit: Pferdefleischhauerin


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