Donnerstag, 6. März 1975
Gen.Dir. Neubauer, der ehemalige Zentralsparkassendirektor, ist
der aktivste Mann der von ihm gegründeten Kommunalkredit AG
neben Grenz, Schramke und Schaumayer. Wie diese kleine Kredit AG
vier Vorstandsmitglieder verträgt, ist mir nicht ganz klar. Die
Kommunalkredit hat nun ein Ärztezentrum in Bad Gastein, welches
von einer deutschen Gesellschaft begonnen wurde und finanziell
ausgetrocknet ist, weil die Nationalbank Transfers von Deutschland
nach Österreich für diese Zwecke nicht genehmigt, übernehmen.
Dieses Hotel soll 260 Betten haben und braucht jetzt zur Ausfinan-
zierung 30 Mill. ERP-Kredit und dann auch noch entsprechende Zuschüs-
se von der Hausaktion. In den Hotel soll eine besondere ärztliche
Betreuung möglich sein, weil man beabsichtigt, dort alle Unter-
suchungseinrichtungen zu schaffen. Der gesamte Komplex soll angeb-
lich 200 Mill. S kosten. Ich erklärte Neubauer rundweg, dass
30 Mill. ERP-Kredit nicht in Frage kommt, weil wir insge-
samt nur 150 Mill. zur Verfügung haben und dies sicherlich nicht
nur für dieses einzige Projekt in Bruck bei Bad Gastein gegeben
wird. Neubauer war sicherlich sehr enttäuscht, aber ich kann mir
auch gar nicht vorstellen, dass die Kommission einen solchen Beschluss
fassen würde. Ich habe ihm nur versprochen, dass Würzl sich mit ihm
ins Einvernehmen setzen wird.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte lass Dir von Würzl den Fall berichten.
Gen.Dir. Weiser, Bunzl & Biach, Giglinger und Reim besprachen den
Ausbau der Recycling-Organisation. Die österr. Produktionsförderungs-
gesellschaft, die sich hauptsächlich mit der Wiedergewinnung von
Altpapier beschäftigt und wo die Fa. Spiess und Bunzl & Biach
die grössten Anteilnehmer sind, soll jetzt durch eine Industriege-
sellschaft, die neu gegründet wird, und wo Leykam, Bunzl & Biach,
Mayr-Melnhof und Hamburger, der FPÖ-ler Prinzhorn beteiligt sein
sollen, ergänzt werden. Bis jetzt gibt es zwischen den Händlern
und der Industrie grosse Spannungen und Weiser hofft, dass dies
durch neue Gesellschaft verbessert wird. Für die österr. Produktions-
förderungsgesellschaft möchte er den Vorstand erweitern, derzeit
Bunzl & Biach – Weiser, Papiertreuhand – Mairhuber, und bei Mayr-
Melnhof ist jemand nur kooptiert, um auch hier eine breitere Basis
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zu schaffen. Darüber sollte ein Kuratorium gesetzt werden aus
dem Gesundheitsministerium, den Landeshauptleuten, der Handels-
kammer – Sallinger, und des ÖGB – Benya. Ich sollte Vorsitzender
des Kuratoriums werden. Da es sich hier um keine kommerzielle Ge-
sellschaft sondern wirklich um eine im Interesse der Rohstoffver-
sorgung notwendige handelt, habe ich dieses Angebot akzeptiert.
Da sich Giglinger mit diesen Fragen sehr intensiv beschäftigt,
aber auch einen sehr guten Ruf auf diesem Gebiet hat und sehr
initiativ ist, habe ich vorgeschlagen, dass man entsprechende Mög-
lichkeiten sucht, um Giglinger auch in die Gesellschaften einzu-
schalten. Weiser wird dies noch mit Gröger und Giglinger sowie
Reim im Einzelnen besprechen.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte das Projekt unbedingt weitertreiben
und so schnell wie möglich zu einem Abschluss zu bringen.
Weiser erzählte dann, dass die Bunzl/Biach-Leute sich nach England
zurückgezogen haben und ihn beauftragten, wie ich ihn rundwegs frag-
te, die Firma zu verkaufen. Sie stellen sich vor, 400 Mill. S dafür
zu bekommen. Teschl hatte irgendetwas davon gehört, ging in die
Öffentlichkeit und Weiser ist darüber sehr unglücklich, weil na-
türlich solche Verkaufsverhandlungen nur strengst vertraulich ge-
führt werden können. Am liebsten wäre Weiser, wenn er mit Heinzel,
Laakirchen, einig werden könnte. Taus ist mit 10 % an Laakirchen
beteiligt und die Girozentrale könnte gegebenenfalls ein potenter
Käufer sein. Genau dasselbe gilt aber auch für die CA. Leykam will
jetzt mit Bunzl & Biach ein Sulfitzellstoffabkommen im Zuge der Zell-
stoffausbau- und Umweltschutzfinanzierung treffen. Durch die Ver-
kaufsgerüchte sind die 2.800 Beschäftigen sehr beunruhigt.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte feststellen, was Haffner von diesen ganzen
Transaktionen weiss. Dies ist ein guter Testfall, um zu kontrollie-
ren, wieweit unsere Branchenreferate über solche wichtige Informati-
onen verfügen.
Bei den Wirtschaftspublizisten waren ein halbes Dutzend aktive
und wenigstens einigermassen potente Schreiber anwesend. Das letzte
Mal waren es mindestens dreimal so viele. Ich führe dies aber doch
primär darauf zurück, dass ich mit meinen Montagsgesprächen mir
jede zusätzliche Informations- oder Pressegesprächsbasis zerstören.
Wenn man jeden Montag Gelegenheit hat, mit mir über alle Probleme
zu reden, dann hat man keinen Grund zu einer zusätzlichen Veran-
staltung zu kommen. Andererseits wäre es natürlich sehr gut, wenn
es gelänge, z.B. Prof. Knapp zu meinen Montagsgesprächen zu brin-
gen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI, HEINDL UND KOPPE: Wir müssten versuchen,
dass wir die Qualität unserer Montagrunde heben.
Bei diesen Wirtschaftsgesprächen ist es üblich, dass man alles
als vertraulich behandelt und reine Backgroundinformationen gibt,
ich habe aber bereits bei meinen früheren Aussagen dort dezidiert
erklärt, dass alles zur Veröffentlichung frei ist und nur wenn
ich wirkliche vertrauliche Informationen gebe, die ich besonders
betone, dann möchte ich, dass es nicht unbedingt wortwörtlich
von mir zitiert in der Zeitung steht. Auch dies sage ich nur des-
halb und Journalisten wünschen dies eben, um dem Ganzen einen ge-
wissen Anstrich von strengst vertraulichen Informationen auch
zu geben. Das Ganze kommt mir so lächerlich vor, da mir voll-
kommen klar ist, dass sowieso in Österreich alles bekannt ist, bekannt
wird, hier bin ich überzeugt verwendet man diese Taktik nur, um
gewisse Möglichkeiten mit der Presse zu spielen sich offen zu hal-
ten. Wenn man einen Journalisten wahrscheinlich unter strengst
vertraulich etwas mitteilt, dann fühlt er sich irgendwie gebauch-
pinselt. Wenn das noch unter vier Augen und allein gesagt wird,
dann fühlt er sich überhaupt als der Machatschek. Da ich eine
solche Taktik nie verfolgt habe, auch in Hinkunft nicht beabsichti-
ge es nicht zu tun, werde ich weitestgehend immer in Kreisen,
wo mehrere Journalisten eben von mir eingeladen sind oder zu-
sammenkommen, freizügig sprechen. Die Diskussion war ganz interes-
sant, wobei insbesondere Bogner von der Presse und ein zweiter
Redakteur, dessen Namen ich nicht kannte, von mir wissen wollten,
was ich dazu beitrage, um die Unternehmer moralisch und geistig
aufzurüsten. Sie bemerkten und dies ist sicherlich richtig, dass
der Elan der Unternehmer in der letzten Zeit nachgelassen hat.
Die Ursache sehen sie darin, dass die Unternehmer konzentrisch
von den Interessenvertretern der Konsumenten aber auch von den
Gewerkschaften aber auch ganz besonders von der SPÖ angegriffen
werden.
Im Vorstand der Lebensmittelarbeitergewerkschaft kam auch diesmal
Dr. Kienzl als Obmann der Kontrollkommission des ÖGB. Er hatte sich
vorgenommen, als er das letzte Mal beim Kongress gewählt wurde,
er würde alle Gewerkschaften besuchen und nun stellte er fest, dass
er knapp vor dem nächsten Gewerkschaftskongress im September gar
nicht die Gewerkschaften auch nur ein einziges Mal besucht hatte.
Nach meinem Wirtschaftsreferat und insbesondere den Aktivitäten
unserer Organisation oder Probleme, die uns besonders betreffen, hat
er dann das Wort genommen, um über die Organisationsdichte des
ÖGB referieren. Nach seinen Berechnungen ist diese von 62 % auf 59 %
zurückgegangen. Er glaubt nun, es sollte durch eine Werbeanstren-
gung aller Gewerkschaften dieses Manko ausgeglichen werden. In der
Diskussion wurde ihm auseinandergesetzt, welche Schwierigkeiten es
in unserer Organisation gibt. Die Grossbetriebe sind gut organisiert
meistens zu 100 % aber die vielen Mittel- und Kleinbetriebe sind
überhaupt nicht zu erfassen. Insbesondere aber hat Blümel darauf
verwiesen, wie die Schwierigkeiten mit der Abgrenzung zwischen Ar-
beitergewerkschaft und Angestelltengewerkschaft ist. Das Industrie-
gruppenprinzip ist ja nur am Papier seinerzeit beschlossen wurde ,
eine Hauptursache ist, dass auch oft Gewerkschaften sich um Mit-
glieder bemühen, die sie bekommen möchten und dadurch dann die Mit-
glieder überhaupt verlorengehen. Ich erklärte, da jetzt ein grosser
Streit zwischen der Privatangestelltengewerkschaft und der Metall-
arbeiter wegen der Angestelltenfunktionen aller Arbeiter bei Eumig
ausgebrochen ist, wird dieses Problem zumindestens jetzt einmal
diskutiert. Eine Lösung persönlich sehe ich gar nicht weil letzten
Endes das Industriegruppenprinzip bei uns in Österreich nur dazu
führen würde sowie in der BRD dann wahrscheinlich eine eigene
Angestelltenorganisation Fuss fassen könnte. Angestellte überhaupt
der Gewerkschaft verloren gehen. Welche konkrete Lösung am Gewerk-
schaftstag getroffen wird, weiss niemand, ich glaube, wir werden
nur wieder einen papierenen Beschluss darüber fassen. Blümel hat
sich auch darüber beschwert, dass die Aktivitäten der einzelnen Ge-
werkschaften durch doch mehr oder minder fühlbaren Einfluss des
Gewerkschaftsbundes, wie z.B. in der Lohnpolitik, dass dies über
die Paritätische Kommission geleitet werden muss, oder in der Mit-
sprache bei Entscheidungen des Gewerkschaftsbunds, wo doch die
grösseren Gewerkschaften ausschlaggebend sind bis zu einem gewissen
Grad hemmen. Hier teile ich die Meinung von Blümel nur teilweise.
Da Kienzl in seinem Schlusswort unbedingt darauf beharrte,
wir sollten uns doch auch anstrengen, um mehr Mitglieder bis zum
September zu werben, habe ich ihm erklärt, dass wir ohne weiteres
2.000 Mitglieder zusätzlich werden neue Anmerkungen liefern können.
Dies wird aber gar keine besondere Leistung oder gar ein Erfolg
sein, denn wir stellen jährlich fest, dass wir bis zu 5.000 Mitglieder
und mehr werben, das heisst bei unserer Organisation beitreten, aber
eine viel grössere Anzahl dann ausscheidet. Dies gilt erstens durch
Absterben der Mitglieder und zweitens aber dass dann wenn sie den
Beruf wechseln eben für uns sofort verloren sind. Da die Lebens-
mittelarbeiter verhältnismässig noch immer nicht sehr gut be-
zahlt werden, versuchen natürlich die Arbeitskräfte in unserer Branche
sich eine bessere Verdienstmöglichkeit zu suchen.
Sallinger und Mussil haben mich aussertourlich zu einer Besprechung
eingeladen und ich war darüber sehr überrascht, weil ich angenommen
habe, es wird es besonderes wichtiges Problem zu besprechen sein.
In Wirklichkeit wollte nur Mussil mir neuerdings mitteilen, was
Sallinger bei letzten Jour fixe schon getan hat, dass sie jetzt
nicht mehr zur Erhebung über die Ladenschlussfrage stehen. Sie werden
dieses Problem in ihrem Vorstand noch einmal besprechen. Ich selbst
erklärte sofort, seinerzeit hat die Handelskammer mir versichert,
ich soll unverzüglich die Erhebung einleiten, sie selbst werden –
so wie das Handelsminister – bis 700.000 S bezahlen, auch dann wenn
die Arbeiterkammer nicht mittut. Jetzt hätte ich mit der Arbeiter-
kammer Gespräche geführt und diese sei bereit, wieder einen finan-
ziellen Aufwand zu leisten, wenn auch nicht 700.000 S. Mussil und auch
Sallinger war dies sehr peinlich und sie schlugen vor, man soll jetzt
von der Erhebung Abstand nehmen. Nachdem auch Koren durch Zufall dazu-
kam, habe ich auch ihm dezidiert erklärt, dass die Vereinbarung zwischen
Sallinger/Mussil und mir von Anfang gelautet hat, dass in dieser
Legislaturperiode das Ladenschlussproblem nicht angegriffen werden
soll. Ich werde deshalb keinen Antrag im Parlament bringen, auch dann
wenn jetzt einzelne Händlergruppen dies von mir verlangen. Dies war
unsere seinerzeitigen Vereinbarung und dabei bleibt es. Ob eine Er-
hebung jetzt durchgeführt wird oder nicht, ist für mich primär gar
nicht wichtig – ich muss nur Zeit gewinnen, bis die Legislaturperiode
im Juli zu Ende ist. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch die Herren
der Handelskammer aber auch Koren, der ja zum Wirtschaftsbund jetzt
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delegiert ist und als Wirtschaftsbündler gilt, darauf aufmerksam ge-
macht, dass Schleinzer jetzt einen besonderen Schutz für die älteren
Arbeiter und Angestellten wünscht und daher Häuser dies sofort durch-
führen wird. Mussil hat sich nämlich beschwert, dass jetzt wieder
eine sozialpolitische Welle anlaufen soll. Sallinger und Mussil,
aber auch Koren haben von dem Schleinzer-Vorschlag gar nichts ge-
wusst, ihm dies allerdings sofort zugetraut und waren darüber inner-
lich sehr erschüttert. Ich hatte es wirklich leicht, darauf hinzu-
weisen, dass das Linksüberholen einer sozialistischen Regierung
wirklich unmöglich ist. Ich verwies auch ganz besonders darauf,
dass ich in der letzten Regierungsvorbesprechung wegen dieses
Verhaltens von Schleinzer den Vorwurf einstecken musste, mein sozial-
partnerschaftliches Verhalten nützt hier scheinbar gar nichts.
Während Häuser eine vernünftige Sozialpolitik in den fünf Jahren ge-
macht hat, wird eben jetzt von der Opposition ganz einfach lizitiert.
Dazu kommen dann noch unqualifizierte Angriffe und das Ganze muss
mehr oder minder ich verteidigen. Was die Zuwendungen der Wirt-
schaft zur Presse bedeutet, so ist es so, dass die Handelskammer
einen Agitationsfonds oder Pressefonds hat und dort 18 % dem
Freien Wirtschaftsverband gibt und die 82 % zumindestens einen Teil
davon über einen Verein an die Presse. Auch die Wiener Handelskammer
und die NÖ sind daran beteiligt. Einen absoluten Betrag konnte
ich nicht erfahren, weil auf meine Frage dies seien 10 Mill., dies
als zu hoch bezeichnet wurde, aber nicht eine genaue Ziffern genannt
wurde.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht kannst Du als Beamter über die Rech-
nungsabschlüsse und die Kontrolle die durchgeführt werden müsste,
vom Handelsministerium eine Ziffer erfahren.
Der Vortrag und die Diskussion bei Unidata war insbesondere für die
deutschen Gäste, die den Wiener Schmäh ja nicht kennen, glaube ich
sehr interessant. Wie man mir selbst nachher versicherte, war es
einmal weil ich doch auch die Wirtschaftsprobleme analysierte aber
immer mit persönlichen Bemerkungen, Gags und Erfahrungen auflockerte.
Insbesondere in der Diskussion, wo Vogler von der Zuckerfabrik
Tulln in Erscheinung trat, war dies eine richtiggehende Doppel-
conference allerdings zu meinen Gunsten.
Tagesprogramm, 6.3.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)