Samstag, der 11. Jänner 1975

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Samstag, 11. Jänner 1975

Dr. Auracher berichtet mir über die Kartellvereinbarungen der
Zucker- und der Brauindustrie. Nur diese beiden bedeutenden Gruppen
sind noch offen. Insgesamt waren 110 Kartelle, die umgestellt wurden,
wovon fast 30, die nach dem alten Kartellgesetz als Kartell gemeldet
waren, darauf verzichtet haben. Von den 80 verbliebenen wurde von
AK-Seite im paritätischen Ausschuss die Bodenkartelle und die
Preiskartelle nicht mehr akzeptiert. Bezüglich der Kartelle, wo Abga-
ben zu leisten waren, wurde eine Auflockerung vorgenommen, indem
man mindestens 5–10 % ermässigte. Bezüglich des Zuckerkartells
glaubt Auracher, dass es nicht möglich sein wird, im paritätischen
Ausschuss zu einer Lösung zu kommen. Die Zuckerindustrie, sagt er,
war nicht nur bezüglich einer sachliche Modifikation sehr intransi-
gent sondern hat auch eine sehr schnoddrige Art der Verhandlungs-
führung. Wenn es im paritätischen Ausschuss zu keiner Einigung kommt,
wird der Senat damit befasst. In der ersten Instanz ist es seiner
Meinung nach ganz sicher, dass auch dort die Wünsche der Zucker-
industrie abgelehnt werden, Nur in der zweiten Instanz besteht die
Möglichkeit, da Min.Rat Hoffmann vom Handelsministerium nach seiner
Meinung nach für die Zuckerindustrie votieren wird, der Ausgang
unsicher ist. Auracher teilte mir auch mit, dass Hofmann durch
einen Artikel in einer Fachzeitung, als er mit seiner Meinung nicht
durchgekommen ist, erklärt hat, der Senat hätte parteiisch entschieden
einen Riesenstunk bei den ganzen Kartellrichtern ausgelöst hat. Man
wollte sogar ein Disziplinarverfahren einleiten. Ich bin sehr er-
staunt, dass man auf diese Möglichkeit, Hofmann in die Schranken
zu weisen, verzichtet hat. Ich erinnere mich noch, dass Wanke seiner-
zeit mir diesbezüglich eine kurze Andeutung machte. Ich hatte eigent-
lich angenommen, dass dies nicht im Sand verlaufen wird. Auracher
meint, er könnte und würde prüfen, ob nicht doch noch eine solche
Möglichkeit bestände. Da Hofmann als unabhängiger Oberrichter fun-
giert, kann ihm niemand eine Weisung geben und er könnte theoretisch
alles machen, was er für richtig hält. Auch dann, wenn das Handels-
ministerium oder gar der Minister eine vollkommen andere Meinung hat.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte kläre den Sachverhalt.



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Auracher wollte mir dann auch noch auseinandersetzten, warum die
INPADOC sich bei Entwicklungshilfeprojekten einschalten muss,
damit sie nämlich entsprechend bekannt wird und gegen Durheim
eine bessere Konkurrenzsituation hat. Da er aber selbst zugibt,
kein Geld zu besitzen, hängt es ausschliesslich davon ab,
ob der Finanzminister weitere Mittel zur Verfügung stellt. Ich
selbst habe Auracher dezidiert erklärt, dass ich mich in weitere
Diskussionen und Probleme der Inpadoc nicht mehr einschalte. Das
Finanzministerium hat die Gesellschafter bestellt, die Geschäfts-
führung ergänzt und hat immer wieder erklärt, dass dies
ausschliesslich seine Kompetenz ist. Er soll sich deshalb mit
dem Finanzminister über diese Probleme auseinandersetzen. Ich bin
froh, dass ich damit nicht mehr zu tun habe.

Angyan, den ich nachmittags im Konzert getroffen habe, habe ich
neuerdings wegen der Zuckersituation angesprochen. Er meint noch
immer, dass es möglich ist, mit 10–20.000 t Importzucker den
Anschluss an die neue Ernte zu finden. Er glaubt, dass jetzt die
Zuckermengen, die sei es von den Rübenbauern, sei es von den Deputa-
ten der Arbeiter, sei es aber auch von den normalen 80 %-igen Zu-
teilungen nicht an die Konsumenten kommen, dann über Umwege zu
Verarbeitungsbetriebe gelangen. Diese bekommen daher ihren notwendigen
Zucker, müssen ihn nur teurer bezahlen. Diese Möglichkeit möchte ich
nicht ganz ausschliessen. Trotzdem glaube ich aber, dass ich solange
an einer Kontingentierung festhalten muss, bis wir näher der
neuen Ernte gekommen sind. Ich fürchte noch immer, dass wir in
Wirklichkeit irgendwann einmal im September/Oktober ein Zucker-
loch haben könnten, das dann tatsächlich grössere Ausmasse annehmen
könnte. Angyan ist nach wie vor davon überzeugt, dass es ihm
gelingen würde, wenn der Zuckerpreis auf 10.– S erhöht wird, sofort
alle Versorgungsschwierigkeiten zu beseitigen. Mauthner ist jetzt nach
Ungarn unterwegs, um zu klären, ob – wenn die Ungarn wieder einen
Zucker liefern – das so ungüntige Verhältnis 2:1 aufrechterhalten
werden muss. Er hofft, dass es gelingen möge, 1:1,5 zu erreichen.
Auch in diesem Fall aber erklärte ich ihm, dass kaum mit einer
Zustimmung der Arbeiterkammer für Zuckerexporte im Jahre 1975/76 zu
rechnen ist. Die Arbeiterkammer und dies ist an und für sich eine
richtige Einstellung, meint, wir kommen dabei immer nur tiefer in
Schwierigkeiten mit der Zuckerversorgung im Inland. In Wirklichkeit
aber stellt sich für mich die Frage, dass solange der Weltmarkt-


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preis wesentlich höher liegt, wir wahrscheinlich bei noch so rigo-
roser Exporteinschränkung doch immer wieder Durchstechereien haben
werden. Wir können eben nicht die umliegenden Ländern mit österr.
Zucker versorgen.

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SL-Besprechung, 11.2.1975


Tätigkeit: Vorstandsdir. Verb. d. öst. Zuckerindustrie; evtl. Falschschreibung


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    Tätigkeit: SChef HM
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      Tätigkeit: MR HM? Falschschreibung?


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          Tätigkeit: erst AK, dann GF INPADOC


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