Montag, 16. Dezember 1974
Die Verlängerung der Wirtschaftsgesetze ging ohne besondere Schwierig-
keiten sowohl im Klub als auch dann im Finanz- u. Budgetausschuß glatt
über die Bühne. Mussil verlangte nur bei gewissen Paragraphen Einzelab-
stimmung und war dann natürlich dagegen, insbesondere wollte er in dem
Ausschußbericht aufgenommen haben, daß unter Paragraph 3b betriebs-
wirtschaftliche Notwendigkeit auch der Gewinn und die Investitionen zu
verstehen sind, dagegen sprach ich mich sehr entschieden aus. Daß ich
nicht bei der Überprüfung nach § 3b, die ich durchzuführen hatte, einen
gewissen Gewinn und selbstverständlich Investitionen berücksichtigen
werde, sondern daß eine erläuternde Bemerkung darüber bedeuten würde,
daß wir dann auch evtl. andere Kostenbestandteile aufnehmen müßten.
Ganz besonders fürchtete ich aber, daß wir dann früher oder später in
Definitionsnotwendigkeiten von all den Kosten kommen werden, wie sei-
nerzeit die LFE die Leitsätze, die die nationalsozialistische Verwaltung
herausgegeben hatte, bekommen könnten. Dies waren dicke Bände und der
Horror von allen Verwaltungsbeamten, ganz zu schweigen von den Unter-
nehmungen, die überprüft wurden. Mussil selbst hat vorgeschlagen, er
würde beim Parlament über diese Frage beim Debattenvortrag sprechen
und ich sollte dann dagegen nicht Stellung nehmen, d.h. auf alle Fälle
schweigen. Ich habe ihm selbstverständlich eine solche Zusage nicht ge-
macht, da ich mich von vornherein keinesfalls binden will, ohne zu
wissen, was er konkret und im Einzelnen sagt. Ich erfuhr dann im Laufe
des Tages, daß überhaupt nur Koren als ÖVP-Redner dazu sprechen wird,
da ansonsten gleich alle vier Bünde das Wort ergreifen müßten. Die VP
möchte aber Schluß machen und nachdem dieser Tagesordnungspunkt erst
nach der Budgetdebatte behandelt wird, soll es womöglich von jeder
Partei nur einen Redner geben. Das ist auch mir recht.
Ich verteilte den Briefentwurf, den ich an die vier Interessensvertre-
tungen schicken werde, wonach ich mich verpflichte, bevor ich die Dele-
gation des § 3b Leistungen, die jetzt auch in dem Ausschußbericht fest-
gestellt sind, auch die Handelsspannen und die FV-Leistungen umfassen,
an die Mitglieder des Ausschusses. Danach werde ich den Präsidenten der
Interessensvertretungen Gelegenheit geben, bevor ich die Delegation end-
gültig ausspreche, dazu Stellung zu nehmen. Im Prinzip bin ich aber ent-
schlossen, bei der ersten besten sich bietenden Gelegenheit die Landes-
hauptleute zu delegieren und damit auch die Verantwortung für die Preis-
entwicklung in ihren Bundesländern ihnen zu überantworten. Ich werde
aber Anfang des Jahres sofort eine Besprechung mit den soz. Vertretern
der Länder, sogen. Preiskomitee, die ganze Frage durchbesprechen
Anmerkung für WAIS: Bitte Sitzung noch vor meiner Abreise nach
Ägypten einladen.
Das Journalistenfrühstück war wieder phantastisch besucht,
obwohl ich nicht ganz überzeugt bin, daß alle, die kommen, auch
tatsächlich notwendig wären. Es gibt sicherlich einige Redak-
teure, die kaum etwas schreiben und die halt kommen, damit
sie auch dabei sind. Trotzdem glaube ich, ist es eine gewisse
Stimulierung für die anderen auch zu kommen, weil sie nie
genau wissen, ob sie nicht doch irgend etwas versäumen. Da
es die letzte Veranstaltung in diesem Jahre war, hätte ich
eigentlich erwartet, daß wir irgendwelche besondere Aufmerksam-
keit den Journalisten geben. Puffler hat aber überhaupt nichts
vorbereitet und mir auch keinen Vorschlag unterbreitet.
Ich selbst bin deshalb über diese Tatsache ganz einfach hin-
weggegangen. Vielleicht wäre es auch wirklich nicht zweckmäßig,
den Journalisten, die zufällig gerade anwesend sind, ein
Präsent zu überreichen.
ANMERKUNG für KOPPE: Bitte kläre sofort, ob man so etwas von
mir erwartet, was könnte Puffler in meinem Namen noch unter-
nehmen?
Ich habe den Journalisten angekündigt, obwohl wir das nächste
Pressegespräch erst Mitte Jänner haben werden, daß sie während
dieser Zeit trotzdem mit Material versorgt werden. Ich stelle
mir vor, daß wir während der ruhigen Ferienzeit auf alle Fälle
wieder entsprechende Informationen der Presse geben sollen.
Dies kann auch in meinem Namen geschehen, weil ich ja telefonisch
jederzeit erreichbar bin. Ich habe nämlich festgestellt, daß
wenn die Pressestelle irgendwelche Aussendungen des Handels-
ministeriums offiziell macht, überhaupt niemand diese Aus-
sendungen bringt. Es ist heute unerlässlich scheinbar, daß
der Minister mit seinem eigenen Namen, ja womöglich mit
eigenen Worten eine entsprechende Erklärung zu einem Problem
abgibt. Nur in diesem Fall ist die Presse bereit, es zu überneh-
men.
ANMERKUNG für KOPPE und BUKOWSKI: Hier müssen wir entsprechende
Vorkehrungen treffen, daß Puffler
tatsächlich wie in den ver-
gangenen Jahren die Presse ständig mit Material versorgt.
Mit Engelmayer und Herold als Personalvertretung und Bukowski
und Wanke besprach ich die neue Geschäftseinteilung.
Die Personalvertretung stützt sich auf meine Zusage, daß
ich doch bereit bin, an Stelle der 6 Abteilungen, die eingespart
werden müssen, nur 5 Abteilungen einzusparen. Bukowski erinnert
sich sogar daran, ohne daß er dies natürlich vor Engelmayer gesagt
hätte, daß ich bereit gewesen wäre, Lejolle auf alle Fälle
sofort eine Abteilung, weil es der Wunsch der Personalvertretung
ist, zu übergeben. Meiner Meinung nach ist es aber unzweckmäßig,
die seinerzeitige Dinzl-Abteilung, Lejolle als die Abteilung
der Sekt. IV Industrie, auch nur vorübergehend zu besetzen.
Diese Abteilung hat nur Geld- und Kreditwesen und Umsatz-Fragen
der Industriepolitik und der Statistik als Aufgabenbereich.
Dies gehört meiner Meinung nach eindeutig mit der Abteilung 2,
die sich mit der spezifischen Industriefinanzierung und der
Koordination beschäftigt, zusammengelegt. Diese Abteilung wird
auf alle Fälle von Grumbeck, der wesentlich tüchtiger, wie
man mir sagt, ist, als Lejolle, nur rangjünger besetzt. Ich habe
dies Bukowski, nachdem die Personalvertretung von der Bestellung
Lejolles nicht Abstand nehmen will, vorgeschlagen, er soll ver-
suchen ihnen, wenn überhaupt, so maximal eine Abteilung in der
Sektion IV Industrie zu geben, wo allerdings eine seinen Fähig-
keiten entsprechende nur betriebswirtschaftliche Abteilung mög-
lich wäre, dort könnte er sich gegebenenfalls auch mit seinen Fi-
nanzamtskenntnissen einigermaßen bewähren. Über die anderen Forde-
rungen der Personalvertretung sind wir einig, die Gruppe
Kinscher kann erst errichtet werden, bis die Gruppe Buchta
aufgelöst wird, die Abteilung Steiger bekommt Tschach, wie ...
jetzt entschieden, die Abteilung 7 wird aufgelöst, die bis jetzt
ja ausschließlich dazu diente, aus Verlegenheit weitergeführt
zu werden. Die Konsumentenabteilung von Singer wird aufgelöst.
Singer selbst hat sich bei mir bitter beschwert, daß er bis
jetzt keine Möglichkeit gehabt hat, in der Abteilung Konsumenten-
politik so zu arbeiten, wie er es sich vorgestellt hat. Er hat
ganz große Schwierigkeiten mit dem Sekretär des Konsumentenpoliti-
schen Beirates Welser gehabt und daher ist diese Abteilung,
wie er selbst sagte, niemals aktiv geworden. Es wird die
Abteilung Thun-Hohenstein aufgelöst u. eine Abteilung von Prodin-
ger. Dieser wird die Abteilung von Würzl übernehmen. Die Dinzl-Ab-
teilung wird ebenfalls aufgelöst und die Agenden der I und der II
im neuen Geschäftseinteilungsbereich zusammengelegt, dafür wird ge-
gebenenfalls eben die betriebswirtschaftliche Abteilung für Lejolle
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errichtet. Zuletzt wird auch die Buchta-Abteilung aufgelöst,
die aber in einen anderen Vertretungskörper der Personal-
vertretung gehört. Weiters habe ich von der Personalver-
tretung jetzt eine einheitliche Stellungnahme zum Problem,
ob die Ursprungsbezeichnung zum Präsidium oder ins Patentamt
gehört, verlangt. Engelmayer erklärt, es wird hier wahr-
scheinlich zu keiner einvernehmlichen Auffassung innerhalb
der Personalvertretung kommen. Bevor ich darüber endgültig
entscheide, werde ich dann SChef Schipper als Präsidialisten
und gleichzeitig Vorgesetzter von Hauffe und Präsident Leberl
vom Patentamt noch fragen und versuchen eine einvernehmliche
Lösung herbeizuführen. Ich glaube, daß wir mit einer solchen
mit der Personalvertretung wahrscheinlich einvernehmlichen
Lösung unserer Geschäftseinteilung sehr zufrieden sein können.
Bukowski ist es tatsächlich geglückt, in Zusammenarbeit mit
Wanke die Reduzierung der Abteilungen durchzusetzen. Wir haben
dadurch immerhin wenigstens 5 Abteilungen erspart. Wie ich
höre, und man sagt mir, daß bei den anderen Ministerien genau
der gegenteilige Effekt mit der neuen Geschäftseinteilung
erzielt wurde. Dort werden eine ganze Anzahl von Gruppen
und neuen Abteilungen geschaffen. Dies kann allerdings auch
darauf zurückzuführen sein, daß wir vielleicht in der Ver-
gangenheit, um Personal entsprechend einsetzen zu können,
gewisse Aktionen mit neuen Gruppen und neuen Abteilungen
vornehmen mußten, die wir jetzt im Zuge der Geschäftsein-
teilung wieder einsparen können. Dieser Effekt war von mir
zwar nicht beabsichtigt, aber sicherlich ist er jetzt zu
unseren Gunsten, weil wir im Zuge der Geschäftseinteilung ent-
sprechend reduzieren und nicht wie die anderen vergrössern.
In der Sitzung der Industriesektion Gröger mit Haffner und Gehart
zeigt sich, daß der Wasserwirtschaftsfonds, MR Hofmeier, nicht
einmal bereit ist, die 24 Millionen Schilling, die wir erwartet
haben, für 1975 zur Verfügung zu stellen. Er erklärt, er hätte
nach Rücksprache mit dem Bautenminister 20 Millionen Schilling
als maximalen Betrag. Insgesamt werden dadurch für den
Wasserwirtschaftsfonds aber bereits Verpflichtungen für
über 1 Milliarde Schilling entstehen. Der Wasserwirtschafts-
fonds wird deshalb in seiner Sitzung am 19. Dezember nur be-
schließen, daß für die Papierindustrie Umweltschutzbereinigung
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ein oder maximal 2 Projekte in Frage kommen, genau dies
will aber die Bankengruppe, nämlich die CA und die Länderbank
nicht, sie hätten am liebsten, wenn wir mindestens 4 Projekte
finanzieren könnten. Nur unter diesen Umständen sind die beiden
imstande, eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Ich ersuchte
deshalb den Vertretern der Länderbank und der CA klarzumachen,
daß sie sich jetzt untereinander noch einmal besprechen sollen
und wir dann im kleineren Kreis noch einmal zusammen kommen
müssen. Natürlich werde ich eine Prioritätenliste setzen
müssen, doch kann ich mir sehr gut vorstellen, daß die Länder-
bank nicht unbedingt jetzt als einziges und womöglich als alleini-
ges Projekt nur die Leykamer erledigt haben möchte, darauf wird
es aber in der Praxis hinauslaufen, da sich nicht zuletzt jetzt
Niederl auch besonders nur für das Leykamer-Projekt als erstes
entschieden hat; ein diesbezügliches Schreiben ist mir knapp
vor der Sitzung zugegangen. NR Teschl von der Gewerkschaft hat
sich bis jetzt überhaupt nicht dezidiert für ein einziges Projekt
ausgesprochen, obwohl ich weiß, daß auch er alles daransetzt,
damit Leykam diesen Zuschlag bekommt. Ich sehe die einzige
Möglichkeit darin, daß ich jetzt in Einzelgesprächen kläre, wie
letzten Endes das Handelsministerium entscheiden soll.
Anmerkung für GEHART: Bitte entsprechende Vorbesprechungen führen
und mir berichten, damit ich dann die Endgespräche führen kann.
Bei der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky darauf hinge-
wiesen, daß jetzt die Ombudsmannfrage zu einem endgültigen Schluß
bringen möchte. Die ÖVP war ursprünglich nur bereit einem mono-
graphischen System ähnlich dem Präsidium des Nationalrates oder
noch besser des Rechnungshofes zuzustimmen. In diesem Fall wäre
der Volksanwalt fast so unabhängig gewesen wie der derzeitige
Rechnungshofpräsident. Daß eine solche Lösung nicht nur undemo-
kratisch, sondern auch gefährlich ist, haben jetzt selbst die er-
kannt, die seinerzeit für Kandutsch als Rechnungshofpräsident ein-
getreten sind. Damals hat man der FPÖ ein gewisses Zugeständnis
machen wollen und jetzt stellt sich heraus, daß Kandutsch sich
als der unabhängige Rechnungshofpräsident nicht mehr fühlt,
sondern auch entsprechende Politik betreibt. Bekannt ist, daß
Kandutsch ein Opernnarr ist, er versteht angeblich etwas davon
und deshalb alle Ausgaben und Vorteile, die dort vorkommen,
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automatisch bereit ist, zu akzeptieren. In anderen Fällen
aber beginnt er bei seiner Prüfung ganz entscheidend Politik
zu machen. Ich bin bis jetzt mit Kandutsch verhältnismässig
gut ausgekommen, richtig ist aber, dass er, und die bemerken
die Minister, die mit ihm grössere Wickel haben, ganz einfach auf
dem Stand, er sei unfehlbar und seine Aufgabe sei nicht, irgend
etwas zu erklären, sondern nur dann auch wenn die Sachverhalte ganz
anders liegen, im Parlament Bericht zu erstatten. Ich werde auf alle
Fälle die Aussagen vom Rechnungshof bezüglich unserer Obersten
Bergbehörde dringend brauchen, um Reorganisation der Energiesektion
und Obersten Bergbehörde einzuleiten.
Die Diskussion mit Koren, Kienzl, Dr. Fantl vom Bauforschungsinstitut
und Prof. Musil im Fernsehen unter Leitung von Dr. Nussbaum über
Energiesparen konnte erst dann beginnen, als das Parlament unterbrochen
hatte. Ich war nämlich nicht bereit, obwohl mich Klubobmann Robert
Weisz dazu ermächtigte und Koren selbst darauf drängte, den Sitzungs-
saal auch nur eine Minute früher zu verlassen, als dies der Prä-
sident verlautbart hatte. Natürlich hätte ich können beim letzten
Redner, es war dies der Sozialist Thalhammer, weggehen und
ein anderer Minister auf die Regierungsbank sich setzen, aber ich
stehe auf dem Standpunkt, dass ich Nussbaum genau erklärt habe, dass
ich an diesem Tag kaum Zeit haben werde. Trotzdem hat er darauf
bestanden, dass wir nach der Haussitzung diese Aufzeichnung vornehmen
sollen. Die Parlamentsdebatte war erst spät um 7 Uhr für Handel
gestartet und wurde um 9 Uhr unterbrochen. Die Hauptredner, ins-
besondere Sallinger, haben dann das erste Mal die zu geringe Budgetier
angegriffen. Hier werde ich natürlich entsprechend und mit Leich-
tigkeit antworten können, denn immerhin hat die ÖVP-Regierung in 4 Jah-
ren das Budget des Handelsministers niemals über 320 Mill. hinausge-
bracht. Es waren 1966 310 Mill. und es hat sich bis auf 320 Mill.
erhöht. Ich habe immerhin innerhalb von 5 Budgets es auf das Dreifache
gebracht, nämlich auf über 910 Mill. S. Mein wirklich schwacher
Punkt ist der Ansatz für die wirtschaftliche Landesverteidigung oder
über die Krisenpolitik, die Hanreich aufzeigt. Hier haben wir in der
Vergangenheit infolge budgetärer Knappheit nichts machen können und
wahrscheinlich wird das auch in der Zukunft nur sehr unzulänglich
der Fall sein. Gut hat der Hauptredner der Sozialisten Mühlbacher
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sein Programm für das nächste Jahr, wo Handelskammerwahlen sind,
vorgetragen. Ich glaube, dass das wirklich eine gute Basis für
ihre Propaganda ist. Ich werde auf alle Fälle den Freien Wirtschafts-
verband in jeder Beziehung unterstützen.
Tagesprogramm, 16.12.1974