Dienstag den 22. Oktober 1974
Gen.Dir. Reisinger berichtet mir, daß die Verhandlungen innerhalb
des Konsortiums der Deutschen unbedingt eine Änderung der Konditionen
bei der Algeriengas-Finanzierung und des Vertrages wünschen. Die VAR
wäre bereit, den Vertrag zu unterschreiben, Süddeutschland aber und
Bayern möchten noch eine Rückstellung. In der Schweiz ist dieselbe
Meinung. Die Algerier wünschen aber am 28. Oktober zu paraphieren.
Die Algerier dürften jetzt bereits auf der neuen Linie liegen,
da sie die Exportfirma Sibotra, welche die Verflüssigungsanlage bauen
soll, jetzt schon aufgefordert haben, statt der 15.6 Milliarden
Kubikmeter eine Anlage für 6 Milliarden, die eben für die belgische
und französische Quote ausreichen würde, zu entwickeln. Reisinger
glaubt noch immer, daß es möglich ist, vielleicht doch eine Finanzierung
zustande zu bringen, ich erkläre, wenn dies nicht der Fall sein sollte,
und damit die 15.6 Milliarden scheitern, dann trotzdem nicht die Frage
das Algeriengases endgültig ad acta gelegt wird. Ich erklärte ihm,
das Interesse an Algeriengas österreichischerseits wird bleiben, auch
wenn wir dann vielleicht einmal einen direkten Gaskauf ohne Vorfinan-
zierung über Anlagen durchführen werden.
Der Gemeinderatsklub hat den Antrag des E-Werkes von Erhöhung der
Grundgebühr von öS 2.- auf öS 5.-, einen sogenannten Meßpreis,
der für Ablesen und Abrechnen auch den anderen Landesgesellschaften
gegeben wurde, und von Wien nicht erhoben wird, mit öS 7.- zugestimmt.
Dadurch reduziert sich die Erhöhung des Grundtarifes von öS 2.-
öS 14.-, von öS 2.- auf öS 12.-. Trotzdem wird eine beträchtliche
Belastung der Konsumenten eintreten. Die Forderung Änderung der
Tarifraumgröße und die Erklärung der Küche als Tarifraum un die
Erhöhung der Grundgebühr von Nachtstrom auf das Zweifache, wird zwar
auch gefordert, doch ist sich Reisinger vollkommen klar, daß ich
einer solchen Änderung nicht zustimmen werde. Für 105.000 Haushalte,
die derzeit eine Haushaltssondervereinbarung HSV mit 1.200 KW-Stunden
Mindestabnahme und dadurch die KW-Stunde statt 0.78 öS auf 0.56 öS
reduziert wird der Tarif mit 2 Etappen um je 11 Groschen, eine
sofort, die zweite ab 1.1.1976, unter sofortiger Aufhebung der Mindest-
abnahme eine weitere Erhöhung aufgezwungen. Hier wird es eine große
Aufregung gehen, doch ist im Zuge des Energiesparens eine Mindest-
abnahme wirklich etwas Unrichtiges. Das E-Werk wird jetzt diese
Vorschläge mit Experten und insbesondere der Arbeiterkammer beraten
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und hofft damit gleich durchzukommen, weil es sich nach Ansicht
von Reisinger nur um eine Anpassung an andere bestehende Tarife schon
handelt.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte Burian und Zöllner verständigen.
Zum Glück gab es ein einziges Problem die dringliche Anfrage der ÖVP
nach der Budgetrede des Finanzministers. Kreisky wurde über die Ge-
schäftsordnung falsch informiert und meinte, am besten ist es, die
dringliche Anfrage zu vertagen, indem man erklärte, der Finanzminister
hätte keine Möglichkeit gehabt, in so kurzer Zeit die 18 Punkte, die
um 9.15 Uhr, wie ich von Fischer erfuhr, erst übergeben wurden,
gewissenhaftest zu beantworten. Rösch und Probst entdeckten, daß die
Debatte unter allen Umständen abgeführt werden muß, sodaß ein
Nichtbeantworten vom Finanzminister nur einen ungeheuren Wirbel wahr-
scheinlich ausgelöst hätte. Da aber dem Finanzminister Gelegenheit
zur besseren Beantwortung zu geben, wurde beschlossen die Sitzung auf
2 Stunden nach der Budgetrede des Finanzministers zu unterbrechen.
Wenn man die ÖVP hätte strafen wollen, so wäre es notwendig gewesen,
die Sitzung auf 5 Stunden zu unterbrechen, dann wären selbst die
Zeitungen nicht imstande gewesen, eine eventuelle Debatte, d.h. die
Vorwegnahme einer Budget- resp. Rechnungsabschlußdiskussion zu bringen.
Hier ergibt sich aber die Schwierigkeit, daß auch die eigenen Genossen
wahrscheinlich nicht verstanden hätten, wenn dadurch die Sitzung des
Nationalrates bis spät in die Nachtstunden hinein gedauert hätte,
da ja noch eine zweite Sitzung ebenfalls abzuführen war. Pressant
hat dann die ÖVP nur eine kurze Begründung der dringlichen Anfrage
und Koren als einziger Redner ganz kurz dazu Stellung genommen.
Der Sinn dieses Manövers war mir auch nicht ganz klar.
Die zweite Sitzung des Nationalrates wurde mit einer Diskussion
über den Integrationsbericht, ausser natürlich den Fragestunden einge-
leitet. Aber selbst der Abg. Stix von den Freiheitlichen wollte
nur eine sachliche Auskunft, während Lanner und Gorton von der ÖVP
natürlich attackierten. Der Hauptangriff war allerdings, daß ich mich
zu wenig um die Weiterentwicklung des Vertrages kümmere und viel zu
wenig nach Brüssel fahre und dort, ich weiß nicht was, verhandeln
soll. Natürlich ergab sich dabei die Gelegenheit, selbst von der
Regierungsbank herunter die ÖVP entsprechend anzugreifen. Während
sie bei Häuser und Androsch, von Kreisky ganz zu schweigen, sofort immer
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dies als Polemik bezeichnen und scharf protestieren, teilweise sogar
randalieren, nehmen sie eine solche Handlungsweise von mir doch
immer noch zur Kenntnis. Wenn sich das Klima allerdings weiter ver-
schärfen, um nicht zu sagen verschlechtern wird, fürchte ich, werde
ich auch bald in ein größeres Schußfeld der ÖVP gelangen. Trotzdem
glaube ich, ist es notwendig entsprechend zu reagieren. Allerdings
handelt es sich um doch so deutlich sichtbare Nebenkriegsschauplätze,
daß die Bevölkerung kaum davon Notiz nehmen wird. Für die Massen-
medien ist es sicherlich auch vollkommen uninteressant.
In der Fragestunde wurde ich vom königlichen Ordner, d.h. dem
Abg. König, der gleichzeitig Ordner ist und als Sprecher der ÖVP
in vielen Fragen u.a. auch in der Energiefrage, in Naß- oder Elektro-
rasur Kreiskys ebenfalls angegriffen. Gleichzeitig hat aber König
zu erkennen gegeben, daß er auf dem Energiesektor eine entsprechende
Zusammenarbeit wünscht. Da Stix im Saal war, habe ich darauf hingewie-
sen, daß die Vorschläge der ÖVP nach den Vorschlägen von den Freiheit-
lichen, aber vor allem auch unserer prinzipiellen Erklärung, den so-
genannten Energierichtlinien mit dem Energieplan der jetzt ausgearbei-
tet wird, eine gemeinsame Basis gefunden werden kann. Das Naßrasur-
beispiel habe ich als Ohrenzeuge entsprechend richtiggestellt und auf-
geklärt. Kreisky, der irgendwo rückwärts im Saal gesessen ist, ich
habe ihn gar nicht bemerkt, hat sich nachher sogar bei mir bedankt.
Ich fragte allerdings wirklich ganz naiv, wofür? Abg. Stix kam und
bedankte sich ebenfalls, daß ich ihm erwähnte, was mich auch wieder
sehr verwunderte. Die Freiheitlichen haben tatsächlich nach unseren
Richtlinien als erstes ein Papier über Energie vorgelegt, das aller-
dings aber auch keine neuen Gesichtspunkte brachte. Stix glaubt darin,
und bestätigte mir neuerdings, daß insbesondere die Sonnenenergie
für Raumheizung entsprechend Verwendung finden könnte. Er war sehr
erfreut zu erfahren, daß jetzt in Symposien der Wissenschaftler über
Energiefragen dieses Problem besonders behandelt wird. Ich versprach
den Abg. Stix, da er je zu keiner Kammer so gute Beziehungen hat, daß er
von dort ein Material bekommt, den Energieplan, wenn wir in ihm Beirat
zur Diskussion stellen, ebenfalls zur Verfügung zu stellen.
ANMERKUNG für WAIS: Wenn der Energieplan von uns im Beirat diskutiert
wird, glauch ich, daß es zweckmässig wäre, ein Exemplar an die Klubs
mit einem Begleitbrief, daß es sich um eine Diskussionsgrundlage han-
delt, von mir zu schicken.
Komm.Rat Petermichl und der Sekr. vom Weingremium baten um meine
Unterstützung für weitere Weinimporte. Die heurige Ernte wird
nur 1.3 bis 1.4 Millionen hl sein. Im Vorjahr waren es 2.6 Millionen.
Im Vorjahr wurden dazu noch 440.000 hl importiert. Heuer hat das
Landwirtschaftsministerium bis jetzt nur 86.000 Kontingent der EG
gegeben, wovon nur 50% infolge der hohen Preise ausgenützt werden
konnten. Das sind also ungefähr 43.000 hl. Da die Drittländer
dieselbe Quote wie die EG bekommt, haben die 86.000 auch erhalten und
tatsächlich auch eingeführt. Insgesamt ergibt sich daraus 128.000
als sogenanntes Grundkontingent. Erstes Zusatzkontingent von 20
und ein zweites Zusatzkontingent von 30% brachten ungefähr in Summe
67.000 hl. Jetzt wünscht das Landwirtschaftsministerium eine Neu-
regelung, indem sie den Exporteur der 3 Liter exportiert jetzt
2 Liter Import und für 5 Liter Inlandsauftrag 1 Liter Import Wein
zugestehen. Dadurch wird ein Kontingent von 45.000 hl importiert
werden können. Wenn dieser Import getätigt ist, wird die Importmenge
für jede Firma verdoppelt, sodaß weitere 45.000 Liter kommen können.
Insgesamt ergeben sich daher 285.000 hl. Eine vollkommen unzulängliche
Menge. Für inländische Weine, sogenannte Altweine werden jetzt 10.- öS
pro Liter bei den Bauern bezahlt. Die Traube allein kostet dadurch
auch schon 7.- bis 9.- öS pro kg. Die Landwirtschaft möchte nun eine
Mindestpreisregelung, obwohl sich die Importweine auf 8.- öS stellen.
4.- öS ist der Preis den der Importeur bezahlen muss, und 3.30 – 3.50
öS der Zoll, dazu mindestens von Ungarn allein herauf schon 50
Groschen für den Transport von weiteren Staaten wie Jugoslawien
oder Bulgarien, Griechenland ergibt das einen höheren Transportanteil,
erstellt sich also der Mindestpreis sowieso auf 8.- öS pro Liter.
Ich versprach die Weinimporteure bei ihren Bestrebungen, größere
Mengen zu bekommen, bei Weihs und insbesondere bei anderen Agrariern
zu unterstützen.
Der spanische Botschafter wollte bei seiner Vorsprache ein Zuge-
ständnis, daß wir auch Spanien wieder die Präferenz-Zollregelung
von 30 auf 50% erhöhen, wie wir in der Vergangenheit Spanien auch
die 30% gegeben haben. Die Erhöhung wurde deshalb von uns Spanien
bis jetzt nicht gegeben, weil wir geglaubt haben, es wird zu Verhandlungen über
eine eventuelle EFTA-Regelung Spanien kommen. Botschafter Lopez
erklärt, daß dies derzeit nicht möglich ist, weil noch immer mit der
EG keine einvernehmliche Lösung gefunden wurde. Willenpart hat mich
vorher schon informiert, daß wir gegebenfalls bereit seien in bilatera-
len Besprechungen für die interessanten spanischen Importprodukte
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eine entsprechende Zollreduzierung von 30 auf 50 % zu
akzeptieren, wenn gleichzeitige Gegenzugeständnisse von
Spanien erfolgen. Steiger wies allerdings mit Recht darauf
hin, daß bei Spanien infolge der Meistbegünstigung und der-
zeitigen Verhandlungen mit anderen Staaten in Schwierigkeiten
geraten wird. Auch vom EFTA-Standpunkt ist dieses Problem
nicht so einfach zu lösen.
Anmerkung für WANKE: Bitte die sachliche Möglichkeit überprüfen.
Botschafter Grabert von der BRD wollte von mir eine Auskunft über
die Marktordnungsänderung. Da ich zu diesem Zeitpunkt gerade die
Integrationsdebatte hatte, mußte er sich eine Zeit lang auch
diese anhören. Er war darüber nicht böse, sondern ganz im Gegen-
teil, war sehr glücklich, daß er diese für ihn sehr interessante
Debatte mitverfolgen konnte. Ich versprach Grabert, daß wir,
wenn die endgültige Formulierung feststeht, ein Exemplar in-
offiziell geben werden. Ich verwies auch darauf, daß ich mit
Wirtschaftsminister Friderichs so einen guten Kontakt habe, daß
er mir auch die Energievorschläge gegeben hat, so daß auch wir
ihm nach Fertigstellung unseren Energieplan zur Verfügung stellen
werden.
Anmerkung für BUKOWSKI: Sollen wir dieses Kanal nach Deutschland
besser nützen oder direkt gleich die ent-
sprechenden Referenten in der Bundes-
republik damit versorgen.
Schuster von der Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter, Dir.
Jeschko von der Firma Felix wollten eine endgültige Entscheidung
wegen der Kontingente, die am 1. Jänner 75 nur ohne Genehmigung
im Vidierungsverfahren automatisch eingeführt werden. Ich erklärte
Jeschko rundwegs, daß ich unmöglich eine Kontingentziffer von
nur 2 % der Produktion wie z.B. für Bohnen, Erbsen festlegen kann.
Die Kontingentsumme von 8.000 Tonnen, wie Jeschko meinte, sei be-
achtlich im Verhältnis zu seiner Firmenproduktion als größte Firma
erzeugt er nur 20.000 Tonnen. Trotzdem verwies ich darauf, und
er hat es auch eingesehen, daß ich ein so geringes Kontingent von
2 % nicht erlassen kann. Ich verlangte deshalb von Jeschko, daß
er sich mit seinem Kollegen, d.h.in anderen Betrieben zusammen-
setzt und mir, wenn auch nur inoffiziell, wissen läßt, wieweit ein
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solches Kontingent erhöht werden kann. Gleichzeitig sagte ich
ihm, werde ich mit der Arbeiterkammer verhandeln, wieweit diese
bereit ist, von ihren Vorstellungen wesentlich höhere Kontingente
herabzugeben, letzten Endes muß ich selbstverständlich entscheiden,
und auch die Verantwortung dann tragen. Jeschko war aber sehr er-
freut, daß ich doch bereit war, auf einer Basis, die für sie noch
akzeptabel ist, eine Lösung anzustreben, da dies bisher meine
Taktik gewesen ist, bin ich überzeugt, werde ich diese schwierige
letzte Phase vor der Liberalisierung der Staatshandelsländer ein-
vernehmlich überwinden können. Wenn ich mir jetzt die 4 1/2 Jahre
Verhandlungen auf diesem Gebiet in Erinnerung rufe, so waren wir,
als wir 1970 mit der Idee der Liberalisierung beginnend, dann
über die Schutzklauselverhandlungen bis jetzt zur Kontingentver-
einbarung insofern erfolgreich, als es wider Erwarten gelungen ist,
tatsächlich bis jetzt immer einvernehmliche Regelungen mit den
Kammer zu erzielen. Ich hatte mir dies auf der einen Seite leichter
vorgestellt, auf der anderen Seite aber bin ich doch überrascht,
daß es gelungen ist, so vernünftige Lösungen dann doch noch zu
erreichen.
Dir. Büttner von der Unilever bedankte sich bei mir, daß ich
ihnen 5 Stunden mein Ministerzimmer zur Verfügung gestellt habe
und darüber hinaus die Schwierigkeiten bei den Verhandlungsstop
zwischen Unilever und den Kammer zu überwinden. Büttner hat nun
ein Problem, eine Forderung der Arbeiterkammer u. Gewerkschaft,
daß die Handelsspannen für Margarine nicht perzentuell weiter
verrechnet werden darf. Die erhöhten Rohstoffkosten bedingen eine
wesentliche Erhöhung des Fabrikabgabepreises, und so wie bei Öl
sollte jetzt versucht werden, auch die Handelsspannen nicht per-
zentuelle darauf zu berechnen, sondern einen gewissen Abstrich
durchzuführen. Büttner wird jetzt mit der Handelskammer reden,
ob das Gremium freiwillig bereit ist, eine solche Beschränkung
wie bei Öl in Kauf zu nehmen, sollte dies nicht der Fall sein,
so wird er sich an mich wenden. Ich selbst gab ihm den Tip, er
möge dort erklären, daß wenn ich zu einer Preisregelung gezwungen
bin, auf gar keinen Fall die 20 %-ige perzentuelle Handelsspanne
anerkennen werde. Ich hoffe, daß es tatsächlich gelingen wird,
so wie wir den Fabrikabgabepreis wahrscheinlich auf freiwilliger
Basis im Rahmen der Paritätischen Kommission werden lösen können,
auch die Frage der Handelsspannen einer einvernehmlichen Lösung
zugeführt werden kann, nicht zuletzt ergibt sich ja schon aus
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einer entsprechenden Reduzierung des Groschenbetrages, es müssen
ja runde Preise für 1/4 kg Paket herauskommen, eine gewisse Mög-
lichkeit, den Handel zu veranlassen, daß einer Sturm perzentuellen
Handelsspannenregelung abzugehen.
Tagesprogramm, 22.10.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)