Samstag, der 12. Oktober 1974

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Samstag, 12. Oktober 1974

Die Marktdiskussion um 8 Uhr in Wels hat sich ganz komisch
entwickelt. Ich war wesentlich früher dort als wir angenommen
haben und ich hatte deshalb Gelegenheit, mich zuerst ein bißchen
in der Markt halle und bei den Standln umzusehen. Die Markthalle
wurde von der Gerngroß AG errichtet, weil die Gemeinde gleichzeitig
ihr dafür einen Grund für ihr Einkaufszentrum zur Verfügung stellte.
In der Markthalle gibt es ständige Standler, aber auch tägliche, die
nur zum Markt kommen resp. als Marktfieranten bäuerliche Produkte
verkaufen. Die Diskussion lief sehr zäh an. Die Welser sind dies
entweder nicht gewohnt oder haben wirklich noch einen großen Respekt
von den Ministern. Auf alle Fälle ist es nur sehr schwer gelungen,
sie überhaupt zu fragen und veranlassen. Papacek meinte anschliessend,
daß ist ein ganz großer Unterschied gegenüber dem AEZ-Diskussionen,
wo es oft sehr heiß hergeht.

Die Aussprache nach zwei Stunden Marktdiskussion mit den Handels-
kammer- und Arbeitervertretern war auch ein nur sehr bescheidener
Erfolg. Die Handelsvertreter waren keine Funktionäre sondern Ange-
stellte von WIFI resp. der Handelskammer, insges. glaube ich vier,
die acht Arbeitnehmervertreter waren teils von der Gewerkschaft
resp. von der Arbeiterkammer geladene Betriebsräte. Kammeramts-
direktor Lettner, der gleichzeitig die Konsumenteninformation in
Oberösterreich führt, entschuldigte sich bei mir, weil ein Begräb-
nis eines Vizebürgermeisters die wichtigsten Funktionäre am Er-
scheinen hinderte. Mich störte dies weniger, da ich primär
interessiert gewesen wäre, mit Handelskammerfunktionären zu dis-
kutieren. Trotzdem glaube ich, kann ich die Aussprache irgendwann
einmal verwenden, daß ich bei Marktdiskussionen nicht nur partei-
politische Aktionen gestartet habe, sondern auch überparteilich mich
jederzeit zur Verfügung stellte.

Wirklich ergiebig war nur die Diskussion im Klub der Welser
Redakteure. Ich weiß nicht, was sie letzten Endes von dieser
ganzen Welser Aktion schreiben werden, sicher ist eines, daß ich
damit wieder bewiesen habe, jederzeit für Redakteure zur Verfügung
zu stehen und mich auch um lokale Redakteure zu kümmern. Hier hat
Koppe vollkommen recht, daß dies auf lange Sicht gesehen, Früchte
trägt.



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Die Besuche im Musikvereinssaal bringen mich ständig in Kontakt
mit den Zuckerindustriellen. Dr. Anglan von der Leipnik-Lunden-
burger, jetzt Marchfelder Zuckerfabrik, teilte mir freudig mit,
daß jetzt nichts mehr passieren kann, was ich allerdings schon
längst wußte. Er meinte, es wäre sehr gut gewesen, daß sie die
Pressekonferenz abgehalten haben, weil nur dadurch verhindert
werden konnte, daß die Palme von der Presse einen größeren
Artikel, Überschrift "Zuckermangel oder gar kein Zucker mehr in
Österreich", gestartet hätte. Ich teile zwar nicht die Meinung, daß
es zweckmäßig war, wenn Palme einen Ort oder zwei in Tirol ent-
deckte, wo es keinen Zucker gegeben hat, deshalb eine Pressekonferenz
einzuberufen, besser wäre es gewesen, in diese Orte ein paar hundert
Kilo Zucker zu schicken, doch ist diesmal wirklich alles wesentlich
besser verlaufen als ich befürchtete. Anglan ersucht mich noch,
man müßte für die neue Kampagne und dann ganz besonders für die
Zeit bis zur nächstjährigen Kampagne entsprechende Maßnahmen
setzen, damit nicht wieder über den Grenzverkehr und Industrie der
gesamte für den Inlandsverbrauch und den Konsumenten notwendige
Zucker über die Grenze geht. Er war sehr beruhigt zu hören, daß
ich bereits die Anordnung, daß die 1.000 Schilling Freibetrag für
Zuckerexporte aufgehoben wird. Er meinte auch, wir müßten auch
noch wegen der inländischen Süßwarenindustrie resp. Wein- u. Bienen-
zucker d.h. für die größeren Abnehmer noch entsprechende Überlegungen
anstellen. Ich erklärte mich dazu jederzeit bereit.

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Tagesprogramm, 12.10.1974


Tätigkeit: Sekr. AK OÖ


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    Tätigkeit: Vorstandsdir. Verb. d. öst. Zuckerindustrie; evtl. Falschschreibung


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      Tätigkeit: Gewerkschafter?


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        Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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          Tätigkeit: Wirtschaftsjournalistin Die Presse, Profil


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