Donnerstag, 10. Oktober 1974
In der ÖGB-Bundesfraktion gab es die übliche Berichterstattung
und vor allem Diskussion. Prechtl hat vom Standpunkt der Eisen-
bahner die Bauarbeiter ein wenig attackiert, weil die gegen die
Abzweigung der Mineralölsteuer, d.h. die Rückvergütung an die
Bahn, auf ihrem Kongreß polemisiert haben. Lachs ergänzte die
Ausführungen Benyas insbes. im Hinblick auf die letzte Prognose-
besprechung im Wirtschaftsforschungsinstitut. Dort wurde, ohne
daß es dann in der offiziellen Aussendung seinen Niederschlag
fand, die pessimistischere Variante von Prof. Seidel ebenfalls
diskutiert. Die Wirtschaftsforscher, aber auch alle Interessens-
vertretungen können in der September-Prognose niemals die nächst-
jährigen Entwicklungstendenzen auch nur einigermaßen genau fest-
stellen, da gerade in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien
d.h. die zwei wichtigen Handelspartnern die Wirtschaftslage eher als
noch pessimistischer beurteilt wird, als es offizielle zugegeben
wird, nimmt man auch an, daß eine Rückwirkung auf Österreich nicht
auszuschließen ist. Da ich in diesen verhältnismäßig großen, aller-
dings nur von Genossen beschickten Kreis nicht die Absicht habe,
meine optimistische Variante immer wieder zu predigen, schon allein
um gegen die pessimistische Auffassung gegenzusteuern, habe ich
mich nicht zu Wort gemeldet, weil ja auch ich nicht ganz sicher bin,
ob es in der Bundesrepublik tatsächlich zu einem frühzeitigen
Umschwung der Rezessionsansätze, wie wir sie jetzt schon fest-
stellen können, kommen wird. Italien wird überhaupt ein Problem,
da dort die politische Schwierigkeit zur wirtschaftlichen noch dazu
kommt. Trotzdem hoffe ich, daß es uns gelingen wird, im nächsten
Jahr ebenfalls entsprechend gegenzusteuern, um die Rezession, die
sicherlich in diesen Sparten zu erwarten ist, in Österreich weitest-
gehend abzuschwächen. Auf sozialpolitischem Gebiet kündigte
Häuser als wichtigste Maßnahme, zumind. für mich, vom wirtschafts-
politischem Standpunkt an, daß er das Arbeitsgesetz novellieren
wird und die max. Arbeitszeit von 10 Stunden auf 9 Stunden herab-
setzen wird, dadurch soll verhindert werden, daß bei Einführung
der 40 Stundenwoche die 4 Tagewoche eingeführt wird, bleibt es
nämlich bei max. 10 besteht die Gefahr, daß die Arbeiter in den
Betrieb stark genug sind, die Unternehmer zu zwingen, daß sie
täglich 10 Stunden können und damit in 4 Tagen die 40-Stunden-Woche
abgedient haben. Die 4-Tage-Woche ist aber vom Standpunkt der Arbeits-
medizin entschieden abzulehnen. Für mich ist nur die wirtschaftliche
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Seite von Bedeutung und wenn es nicht zu einer 4-Tage-Woche
kommt, dann ist auch nicht anzunehmen, daß wir eine 5-Tage-Woche im
Handel, d.h. die Samstagsperre einführen können und werden. Der
Druck, der bei einer 4-Tage-Woche sonst von seitens des Handels
ausgelöst würde, wäre fast nicht zu widerstehen. Ich glaube über-
haupt, solange die Schulen an 6 Tagen der Woche unterrichten, wir
ebenfalls die Samstagsperre nicht durchsetzen können, was ich
übrigens auch gar nicht will. Wo immer ich intern gefragt werde,
wie ich nun dieses Problem, das jetzt von seiten des Handels sowie
der Arbeiter, Angestellten als auch der Unternehmer gedrängt werde,
zu lösen gedenke, erkläre ich immer, daß ich jetzt 4 1/2 Jahre
dieses heiße Eisen im Kühlschrank aufbewahrt habe und daher natürlich
auch nicht bereit bin, das letzte Jahr dieses heiße Eisen anzu-
fassen.
In der ÖGB-Bundesfraktion kam es dann zu einem erwartenden Zusammen-
stoß zwischen den christlichen Gewerkschaftern und den Sozialisten.
In der Resolution war vorgesehen, daß alle erklären, an dem
überparteilichen Gewerkschaftsbund wird nicht gerüttelt. Altenburger
hielt ein überlanges Referat und verteidigte dort sehr geschickt
die Stellung der christlichen Gewerkschafter, er meinte, daß die
von sozialistischen Gewerkschaften dominierten Fachgewerkschaften,
aber letzten Endes auch der Gewerkschaftsbund, wenn dort auch abge-
schwächt, immer wieder bei Wahlen harte Attacken gegen den ÖAAB
führen und wie bei der Bundespräsidentenwahl ausschließlich den
soz. Kanditaten hervorhebten. Da er dann während des Endes zu
immer mehr sehr sich in Rage redete und sogar von einer Manipulation
bei den Betriebsratswahlen-Ergebnissen sprach, hat natürlich sofort
Sekanina die Gelegenheit genützt, um durch Zwischenrufe ihn hart zu
attackieren und zu erklären, er müsse jetzt sagen, wo manipuliert
wird, bei den Metallarbeitern würde dies Konsequenzen haben, wenn
nicht der christliche Vorstandsvertreter und Präsidialmitglied
bei den Metallarbeitern, Mayer, sich gegen diese Verleumdung aussprach,
usw. Ebenso war Millendorfer von den Bauarbeitern und NR Babanitz
sowie ihr Vizeobmann Rauter sehr aufgebracht. Benya hatte große
Mühe, sich als Dämpfer einzuschalten. Da ich nicht bis zum Schluß
infolge des Vortrages in der Z bleiben konnte, weiß ich nicht
genau wie die Diskussion letzten Endes endete. Ich bin allerdings
überzeugt, daß zum Schluß außer den Kommunisten alle anderen der
Resolution doch vielleicht mit kleinen Abänderungen zugestimmt
haben.
Bei der Eröffnung der OVOMALTINE-Produktionsstätte von der Firma
Wander nützte ich die Gelegenheit, um den anwesenden Generaldir.
von der Schweiz in meiner Rede aufzufordern, noch andere Produkte
in der Produktion von der Wander-Palette nach Österreich zu ver-
legen. Da ich mein Hauptaugenmerk während der Ansprache auf dieses
Problem legte, hatte ich alle Varianten und Vorteile immer wieder
herausgestrichen, die Wander in Österreich finden könnte. Wie mir
der österreichische Direktor nachher versicherte, war er sehr
glücklich, daß ich diese Attacke sehr freundschaftlich, aber so
dezidiert für eine weitere Produktionsstätte in Österreich ritt,
weil er dadurch eine wertvolle Unterstützung hat. Ich hatte vorher
wirklich kein Wort mit dem österreichischen Dir. gesprochen, aber
es ist selbstverständlich, daß ich bei modernen und größeren
Konzernen bei Eröffnungen immer wieder versuche, die Direktoren
aus dem Ausland für österreichische weitere Investitionen zu ge-
winnen, ob ich damit erfolgreich bin, kann ich nicht prüfen.
Bei der Betriebsversammlung der Bedienerinnen der Z setzte ich
mich mit der Preisentwicklung auf, wie ich glaube, verhältnismäßig
hohen Niveau, aber doch für die Zuhörerinnen verständlich auseinander.
Da es sich hier um überparteiliche Betriebsversammlung handelt,
konnte ich nur indirekt auf das politische Problem eingehen. Ich
glaube aber, daß es trotzdem die Zuhörer verstanden haben. Da die
Arbeiterinnen, d.h. die Bedienerinnen eigentlich jetzt eine Lohn-
bewegung gerade starten, der Gewerkschaftssekr. der Privatange-
stellten war sogar anwesend, gab es nur einen einzigen Aufschrei,
als ich bei der Erklärung des Lebenshaltungskostenindexes für
September feststellte, daß die Bedienerinnen gegenüber dem Vorjahr
um 20 % teurer wurden. Die Arbeiterinnen bei der Z dürften also
keine 20 %-ige Steigerung ihrer Löhne erhalten haben. Ansonsten
ergab sich wider Erwarten, wie mir der Betriebsratsobmann versicherte,
anschließend eine kleine Diskussion. Ich habe also nicht zu sehr
die Aufmerksamkeit oder gar die Kentnisse der Zuhörer überfordert.
Bei der Sekretärsbesprechung in der Gewerkschaft versuchte ich
unseren Kollegen auseinanderzusetzen, daß wir in der Vorgangsweise
bezüglich Änderung unserer Löhne und des Rahmenkollektivvertrages
Prioritäten setzen müssen. Wir haben noch immer die so sensiblen
Gruppen wie Bäcker und Müller offen und müssen die noch im Laufe
des Jahres über die Runden zu bringen, erst dann können wir mit
Verhandlungen über den Rahmenkollektivvertrag beginnen. Die
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Fleischer, die erst im April zu der nächsten Lohnrunde kommen,
drängen nun darauf, zwischendurch den Rahmenkollektivvertrag
zu verhandeln, insbesondere die Fettarbeiter sind es, die nach-
dem sie bereits vor etlichen Monaten ihren Lohn geregelt haben,
jetzt wieder auf der Rahmenkollektivvertragseite einen gewissen
Erfolg erreichen möchten. Ich erklärte unseren Sekretären mit
einer bestimmten Härte, daß es unmöglich ist, sofort dem Druck
überall nachzugeben. Gerade die Fettarbeiter, Unilever hat als
die Firma, da sie die Preise nicht ohne weiters erhöhen konnte
und die Margarineproduktion einstellte, bei mir interveniert, um
alles daran zu setzen, damit wieder die Produktion aufgenommen
wird , d.h. die Preiserhöhung genehmigt wird, damit die Arbeiter
als Entfall der Prämie usw. einen finanziellen Schaden erleiden.
Der jetzt laufenden Auseinandersetzung zwischen Gewerkschaftsbund
und Arbeiterkammer über eine weitere Erhöhung des Margarinepreises
hat mir Dir. Büttner wieder versichert, daß ihm Zentralbetriebsrats-
obmann Bayer von Atzgersdorf vorgeworfen hat, er sollte eben mit
den Preisen höher hinaufgehen, damit ihm endlich das versprochene
Schwimmbad usw. bauen kann.
Bei der Glenn-Miller-Story von Philips im Kursalon, die ich zuerst
gar nicht beabsichtigte zu besuchen, wo mich meine Frau aber dann
doch hinschleppte, hatte ich Gelegenheit, mit dem Gen.Dir. von
Philips und den anderen Direktoren das Japanproblem zu besprechen,
die sind der Meinung, es ist für sie ohne weiters möglich, den
Artikel XXXV vom GATT aufzugeben. Sie meinen nur, es gibt seriöse
japanische Firmen, die sich wahrscheinlich an Selbstbeschränkungs-
maßnahmen halten und unseriöse, die meistens als gewisse Schleuderer
in Erscheinung treten und kleine unbedeutende Firmen sind, diese
können aber den Markt nicht nur empfindlich stören, sondern auch
tatsächlich durcheinanderbringen. Trotzdem ist Philips überzeugt,
daß ich, wenn sie dann entsprechende Unterstützung über die Vi-
dierungslösung, die ich ihnen auch erörterte, anbiete, daß sie mit
diesen Maßnahmen auskommen können. Philips hat als Prinzip, sich
nicht hinter Artikeln der Antifreihandelsmethoden zu verschanzen,
in der Vergangenheit immer wieder bewiesen und möchte diese Politik
auch in Hinkunft beibehalten. Diese Aussprache war deshalb so wert-
voll, weil ich dadurch gegen die Handelskammer das gute Arguments
habe, daß selbst Philips, welches über Kassettenrecorder und Tonband-
geräte am stärksten konkurrenziert wird, bereit ist, den Artikel XXXV
aufzugeben. Ich habe dann auch mit Dir. Lanner vom Bauernbund
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wegen der Düngepreise verhandelt. Lanner hat mir ja versichert,
er wird mir am Montag Bescheid geben, wie er sich zur ganzen
Düngepreisfrage stellt. Dieses Telefonat hat er unterlassen und
ich habe ihn deshalb natürlich sofort gestellt. Lanner selbst
war überzeugt, dass es jetzt zu einem Kompromiss kommt und meinte,
die geänderte Haltung der Bauernvertreter in der Paritätischen Kom-
mission hätte mir ja zeigen müssen, dass hier innerhalb der Bauern-
bundorganisation eine andere Auffassung jetzt vorherrscht. In der
Düngerpreisfrage hatte ich im Laufe des Tages Gen.Dir. Buchner
aufgefordert, er soll – nachdem ich ihn über die Paritätische
Kommission im einzelnen informierte, unbedingt darauf drängen,
dass die Aussprache mit den Bauernvertretern nur in meiner An-
wesenheit durchgeführt werden soll. Ich könnte ihm dabei
entsprechende Schützenhilfe leisten. Ich bin neugierig, ob
Buchner sich tatsächlich durchsetzen wird. Lanner selbst meinte,
es werde jetzt zu einer Kompromisslösung kommen, die alle akzep-
tieren können. Bei dieser Gelegenheit teilte ich Lanner mit, dass
ich mit Sallinger und Mussil vereinbart habe, dass in Hinkunft der
Obmann des Integrationsausschusses, NR Teschl und sein Stv. NR
Lanner zu allen Empfängen resp. offiziellen Essen mit Ausl.
Ministern eingeladen werden.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte dies sofort bei MR Ottahal deponieren
und kontrollieren, dass des auch tatsächlich geschieht.
Mit Heinz Kienzl hatte ich eine längere Aussprache, währendem im
Saal die Kapelle Glenn Miller und die Quadrophon-Anlage mit 80
Dezibel die Ohren vieler anwesender Politiker strapazierte. Kienzl
setzte mir auseinander, dass es unmöglich sei, vom Standpunkt
der OeNB die Anforderungen, die in der nächsten Zeit an die OeNB
herangetragen werden, zu erfüllen. Er hat jetzt schon grosse Schwie-
rigkeiten, den zugesagten 2,7 Mia umfassenden Polen-Kredit, die
zusätzliche Gasmenge Russland und vor allem einmal jetzt die
Finanzwünsche des Bundes zu erfüllen. Seiner Meinung nach ist
es ganz unmöglich, dass für Austro-Ferngas -Algerienprojekt die
notwendigen Milliarden in der nächsten Zeit aufgebracht werden
können. Mein Hinweis, dass ja bereits feste Verträge vorliegen,
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da die Austria-Ferngas, nachdem die Staatshaftung gegeben wurde
und die Banken erklärten, jetzt könnten sie finanzieren, den
Vertrag unterschrieben hat, hat Kienzl sehr konsterniert. Kienzl
glaubte allen Ernstes noch, es wäre möglich, aus dem Vertrag als
Österreicher allein auszusteigen und das Konsortium dann zu ver-
anlassen, die notwendigen Gasimporte aus Algerien selbst durchzu-
führen. Vielleicht spekuliert er auch damit, dass dann in den
80-er-Jahren Österreich eventuell zusätzliche Gasmengen aus Algerien
normal kaufen könnte. Die Situation muss zumindestens vom Gesichtspunkt
Kienzls äusserst kritisch sein, denn er glaubt allen Ernstes,
dass wir im nächsten Jahr Steuererhöhungen durchführen müssen, weil
er ausserstande ist, über die OeNB das Budgetdefizit von 17 Mia mit-
zufinanzieren. Nach seiner Auffassung ist die OeNB nur imstande,
maximal 3 – 4 Mia S aufzubringen. Das Defizit aber beträgt bekannt-
licherweise 17. Einmal mehr bin ich froh, dass ich nicht in der
Haut der Finanzministers stecke. Mein Sprichwort: Ich danke
Gott an jedem Morgen, dass ich mich nicht muss um die Finanzen
sorgen, hat sich hier wieder einmal bewahrheitet.
Ich traf auch den Redakteur der Kronenzeitung, der von Wailand
abgelöst eine Zeit lang in der Wirtschaftsredaktion nichts schreiben
konnte, jetzt aber doch wieder stärker Fuss gefasst hat – Diebold –
ich erzählte ihm von der fast würde ich sagen "Kronen-Zeitung-Story".
Vor drei Tagen hat mich Red. Gnam angerufen, um mit mir die Energie-
sparmassnahmen zu besprechen. Einleitend sagte er, er hätte einen
Grossaufmacher wegen des kalten Winters, der jetzt bereits einge-
brochen ist und diese Gelegenheit möchte er nützen, um von mir die
Sparmassnahmen, die die Regierung beabsichtigt, zu erfahren. Ich
war sehr skeptisch und vorsichtig, da man bei der Kronen-Zeitung
ja nie weiss, was dann wirklich herauskommt und wies nur darauf
hin, dass ich bereits im Vorjahr die notwendigen Massnahmen einge
leitet hatte, die auch in entsprechenden Erlässen des Bautenmini-
sters den Niederschlag fanden. Ganz besonders verwies ich darauf,
dass seinerzeit Moser die Bundesgebäudeverwaltung angewiesen
hatte, man solle die Zimmertemperatur in den öffentlichen Gebäuden
auf 20 Grad beschränken. Tatsächlich konnte ich aber feststellen,
dass auch bei uns im Ministerium die Fenster aufgerissen werden
mussten. In der Kronen-Zeitung erschien dann der Satz: Staribacher
empfiehlt, die Fenster nicht alle Stunden aufzureissen. Diebold
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meinte, dass dieser Redakteur, der diesen Artikel schrieb, die
wirtschaftlichen Zusammenhänge nicht versteht. Er drückte sich
sogar noch wesentlich härter aus. Dies war aber gar nicht mein Problem,
denn er hat mich nur falsch zitiert und aus dem Zusammenhang ge-
rissen, ich selbst habe nämlich niemals gesagt, was da mehr oder
minder der Kronen-Zeitung stand ist zumindestens herauszulesen
war, dass man die Fenster nicht aufmachen sollte. Was mich aber ärgerte,
ja fast ein wenig empörte war, dass Hübl dann am nächsten Tag, näm-
lich heute, in einer Glosse gegen mich loszog, dass es ein Skandal
ist, dass jetzt neben Kreisky, der die entsprechenden Empfehlungen
wie nass rasieren und duschen usw. gab, jetzt dann Staribacher ver-
bieten möchte, dass die Fenster geöffnet werden, damit der Mief
endlich hinauskommt. Die Lehrer in der Schule werden sich nicht mehr
getrauen, die Klassenzimmer zu lüften usw. Nichts regt mich eigentlich
mehr auf, bin ich draufgekommen, als wenn man mir etwas in die
Schuhe schieben will. Ich halte nämlich von den Sparappellen, die
Kreisky jetzt so gross herausbringen will, an und für sich nichts.
Dass ich aber jetzt dann sozusagen als Vater von Sparappellen hinge-
stellt werde, die meiner Meinung nach erstens nicht zu kontrollieren
sind, siehe wesentlich höhere Raumheizung als erlassmässig festgelegt,
sei es, dass sich jemand natürlich, wenn er sich baden will, auch wirk-
lich badet und nicht duscht, sei es, dass natürlich die Fenster auf-
gemacht werden müssen, weil die Lüftung gerade für mich ein wesentlich
wichtigerer Bestandteil meins Komforts ist, neben einem warmen Zimmer,
ärgert mich also. Diebold hatte dafür keine Erklärung als die, die
wir ja schon wissen, dass nämlich in der Kronen-Zeitung jeder schreiben
kann wie er will und die Linie nicht abgestimmt wird. Er meinte noch
spasseshalber, ich könnte froh sein, dass momentan der ORF in der
Diskussion bei der Kronen-Zeitung gross herausgestrichen wird, sonst
hätte sich auch Staberl garantiert noch auf diesen Ausspruch geworfen.
Wenn man hier die Verhältnisse in der Kronen-Zeitung nicht berück-
sichtigt, dann könnte man eine schöne Taktik drinnen vermuten.
Zuerst interviewt ein Redakteur jemanden, legt ihm dann Aussprüche
in den Mund, die dieser nicht gesagt hat, bei Mahr, aber auch bei
Gnam muss man ja sehr vorsichtig sein, weil sie immer gerne nur
das schreiben, was sie sich vorher zusammengezimmert haben und dann
nichts anderes wollen als eine ähnliche Aussage des betreffenden Inter-
viewten, anschliessend daran nimmt am nächsten Tag wieder ein Kronen-
zeitungsredakteur diesen Ausspruch, den man gar nicht getan hat, zum
Anlass, um gegen eine Politik oder gegen eine Person zu Felde zu ziehen.
Diese Art der Journalismus und des Zeitungsmachens kann man meiner
Meinung nach leider nicht mit Aufklärung bekämpfen, weil man eben
gar nicht die Möglichkeit hat, gegen diese Boulevard-Presse in
grösserem Rahmen mit fairen Mitteln vorzugehen, d.h. eine solche
Politik aufzuzeigen. Wer den Fehler macht und dann noch mit Berich-
tigungen vorgeht, wird überhaupt als pressefeindlich und reaktionär
dargestellt und verliert damit die letzte Möglichkeit, sich in der
sachlichen Frage noch auseinandersetzen zu können.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI UND HEINDL: Vielleicht kann man durch Auf-
klärung und freundschaftlichste Information ohne Intervention ein
wenig diese Methode ändern.
Tagesprogramm, 10.10.1974