Mittwoch, 5. Juni 1974
Univ.-Prof. Dr. Luza, ein tschechischer Emigrant in Amerika
jetzt an einem Werk über den österreichischen Widerstand
schreibend wollte von mir Detailinformationen der illegalen
Tätigkeit. Zum Glück fiel mir ein, daß mir Landtagsabgeord.
Frieda Nödl vor Jahrzehnten Gestapoabschriften gegeben hatte.
Ich brauchte daher nicht womöglich stundenlange Erklärungen
geben sondern habe ihm diese Gestapoabschriften lesen lassen.
Dort berichtete ein gewißer Edi, eine Vertrauensperson der
Gestapo, die in unsere Reihen eingeschleust war über die illegale
Tätigkeit. Beim flüchtigen Überlesen war auch ich selbst ver-
wundert, was damals alles der Gestapo bekannt war. Noch mehr
wundere ich mich eigentlich, daß ich mich nicht früher im
Detail über diese Frage interessiert habe, dies ist für mich der
beste Beweis, wie wenig ich eigentlich vergangenheitsorientiert
lebe, zumindestens allerdings in meiner Jugend. Jetzt muß ich
allerdings ehrlich gestehen, ändert sich dies; ein typisches
Zeichen, daß man altert.
Gen.Dir. Russbach von der Mobil bedankt sich, daß ich den
internationalen Chef von ihm, Vizepräs. Schmidt, empfangen habe
der bekanntlich eine Goodwill-Tour durch Europa macht und bringt
mir den Jahresbericht seiner Muttergesellschaft. Er ist am
meisten erschüttert, daß es in Amerika drüben einen so harten und
unfairen Kampf gegen die internationalen Gesellschaften gibt.
Senator Johnson , der Präsidentschaftskandidat werden will be-
hauptet, er kämpft mit einer Demagogie wie sie selbst in Europa
unvorstellbar ist. Die multinationalen Konzerne haben überhaupt
keine Möglichkeit sich dagegen zu wehren, ausser, daß sie
Sendezeiten kaufen um einigermassen die Angriffe, die im Fern-
sehen immer wieder gegen sie vorgetragen werden ein wenig zu
parieren. Der Kampf ist für sie hoffnungslos. Bei dieser Gelegen-
heit streiche ich heraus, daß für uns alle Unternehmer gleich-
mässig als Kapitalisten behandelt werden und wir nicht den Fehler
machen schlimme internationale Konzerne und brave österreichische
Kapitalisten zu unterscheiden. Dies erinnert doch auch an die
Methode der Nazis, die bekanntlicherweise das schaffende Kapital,
das waren die Arier und das raffende Kapital, das waren die Juden
unterschieden haben. Die Funktion des Kapitals bleibt sich in
jedem Fall gleich und da wir in einem kapitalistischen System leben,
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daß nebenbei bemerkt natürlich durch die Arbeiterbewegung
wesentlich reformiert wurde das aber jetzt vor allem auch
von der Arbeiterbewegung bejaht wird, hängt es primär davon
ab welche Funktion das Kapital oder der Kapitalist erfüllt
ob er seine Funktion erfüllt und wie sozial er eingestellt
ist. Ob nationales oder internationales ist für mich persönlich
vollkommen unwichtig, ganz im Gegenteil, ich habe in der Gewerk-
schaftsbewegung immer wieder gepredigt, unsere primäre Funktion
ist, zu verhindern, daß nationale oder vielleicht sogar inter-
nationale Kapitalisten Methoden nach Österreich bringen die die
Arbeiterbewegung schädigen oder was besonders die Absicht ist,
die Arbeiterbewegung desorganisieren, umso leichter dann ihre
Politik allein durchführen zu können.
Der Ganske jun. Inhaber der Verlagsgruppe der "Für Sie", "Petra",
"Meran" usw. herausgibt wurde von der österreichischen Fremden-
verkehrswerbung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und gleich-
zeitig übergab ich ihm auch einen Porzellan-Rosenkavalier. Die
Verlagsgruppe und insbesondere seine Chefredakteure wurden ein-
geladen, da sie in ihren Zeitschriften immer wieder Österreichs
Urlaubsorte und Gegenden sehr positiv beschreiben. Ich versuchte
ohne daß ich sie natürlich beeinflussen wollte, wie ich ausdrück-
lich erwähnte, die österreichischen Vorzüge und unser Werbungs-
system zu erörtern und auf ihre besondere Anfrage dann auf unsere
unterentwickelten Gebiete für den Fremdenverkehr Mühlviertel,
Waldviertel, Burgenland hinzuweisen. Interessant war für mich,
nur, daß Zolles auch Osttirol dann erwähnte, obwohl ich annahm,
daß dort absolut befriedigende Fremdenverkehrssituation besteht.
Anmerkung für BUKOWSKI: Würzl sollte einmal eine Regional-Analyse
in Stichworten und vor allem in Ziffern
liefern.
Minister Ossipow der derzeit zu Gasverhandlungen nach Wien ge-
kommen ist, beschwerte sich bitter, daß die 120.000 Tonnen Rohr-
bleche nicht bekommen können. Die VÖEST produziert nach seiner
Auffassung 1 Mill. Tonnen Bleche, 600.000 Feinbleche und
450.000 Tonnen Rohrbleche, davon müssten sie die 120.000 Tonnen
jetzt pro Jahr dringend haben, dann sind sie bereit 500 Mill. cbm
Gas mehr zu liefern, gegebenenfalls könnte sogar eine Option bis
auf 1 Milliarde vereinbart werden. Die VÖEST hat jetzt beim
Besuch Kreiskys die Feinblechmenge von 150.000 auf 250.000,
200.000 fix, 50.000 Option abgeschlossen also eine wesentliche
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Erhöhung der Feinblechmenge die sie eben zur Verfügung hat,
Grobblech kann sie nicht liefern. Ich versuchte deshalb auch
andere Produkte wie Kabel und vor allem Symalenrohre die mit
25.000 Tonnen im Jahr beginnen könnten und bis zu 150.000 Tonnen
gesteigert werden könnten, den Sowjets einzureden. Da es sich
hier aber um Niederdruckrohre handelt, war das Interesse nicht
allzu groß.
Anmerkung für BUKOWSKI: Wir sollten an die Firma Symalen einen
Brief schreiben wo wir diese Aussprache ihnen mitteilen.
Eine neuerliche Rücksprache mit Matthes ob sie nicht doch mehr
Bleche liefern könnten, ergab, daß das für sie unmöglich ist
ohne daß sie die österreichische Auslieferung wesentlich reduzieren
und die Beschäftigungslage der weiterverarbeitenden Industrie
und selbst ihre Konzernbetriebe gefährden. Wie wir unter diesen
Umständen die erwartenden Mehrgasmengen bekommen werden ist mir
derzeit noch ein Rätsel. Ossipow hat klar und deutlich gedroht,
sie werden das Gas dorthin liefern wo sie die Bleche für ihre
Rohrleitungen bekommen.
Die Aussprache und das Mittagessen mit dem indischen Petroleum- u.
Chemie-Wirtschaftsminister war ganz sinnlos. Erstens einmal hat
er für mich ein so unverständliches Englisch gesprochen, daß ich
kaum mitgekommen bin und zweitens wollte er in Wirklichkeit nichts
anderes als bei der Europatour Österreich besuchen.
Anmerkung für BUKOWSKI: Erkundige dich einmal so beiläufig was ein
solcher Aufenthalt von einem Minister für die Firmen, das Mittages-
sen hat, glaube ich auch die Handelskammer bezahlt, auch dieses ko-
stet, damit ich eine Kostbenefitrechnung anstellen kann.
Carlo Gruber, den ich vor etlichen Monaten das Staatswappen-
führungsauszeichnung überreicht habe, steht glaube ich, ziemlich
vor dem Zusammenbruch. Er beschäftigt 50 Arbeiterinnen, hat von
der Stadtgemeinde Graz angeblich 6 Millionen Schilling für
Investitionen nicht bekommen und möchte nun auf Grund des Arbeits-
marktförderungsgesetz seine Finanzierung sicherlich nicht für
Investitionen sondern als Betriebsmittelkredit verwenden.
Landtagsabgeordneter Gross, der gleichzeitig auch Exekutiv-
sekretär des Gewerkschaftsbundes ist, hätte ihm gesagt, es
sei alles in bester Ordnung, angeblich hat er auf Drängen
der steir. Kollegen jetzt einen Betriebsrat und auch eine
gewerkschaftliche Organisation, während der Vertreter der
Arbeiterkammer Frank im Arbeitsmarktförderungsausschuß
das Projekt entschieden abgelehnt hat. Ich habe mit SChef
Lenert gesprochen und er erklärte mir dezidiert, daß das
Sozialministerium sich in diesem Fall auf alle Fälle nach
dem Ausschuß richtet und keinesfalls es so ist, daß die
steir. soziale Verwaltung ihm eine entsprechende Zusage ge-
macht hätte. Ich habe Gruber nicht im unklaren gelassen, daß
ich nicht bereit bin, weitere Interventionen vorzunehmen,
wenn die steir. Gewerkschafter an dem Betrieb ein großes
Interesse haben müssen sie sich schon mehr einsetzen.
Die öst. Agrar-Industrie Gmünd hat mit der holl. königl.
Scholten-Honiggesellschaft, eine riesige Stärkefabrik , einen
Partnerschaftsvertrag abgeschlossen. Die Informationen die
man mir gegeben hat, waren sehr umfangreich, optisch konnte ich
sie sehr gut verwenden, indem ich den Holländern ihren eigenen
Tätigkeitsbericht zeigte, aber inhaltlich war die Information
für mich vollkommen wertlos, weil sie viel zu lang war und die
wirklich entscheidenden Punkte des Partnerschaftsvertrages gar
nicht erwähnten.
Anmerkung fürs BÜRO: Das nächste Mal eine halbe Seite Stichworte
über den Vertragsinhalt.
Die sozialistische Fraktionskonferenz für Kirchschläger in der
Hofburg war sehr gut besucht, der Saal war bummvoll, die Leute
standen in den Gängen, die Seitenräume, die mit Fernsehapparaten
ausgestattet waren, waren ebenfalls voll. Warum man allerdings
die Übertragung auch auf den Heldenplatz mit Lautsprechern vor-
nahm, ist mir ein Rätsel, dies kann doch nur bedeuten, daß man,
so würde ich es zumindest als Kritiker sofort sagen, erwartet
hat, daß auch noch Massen am Heldenplatz sein werden, um die Über-
tragung mitzuhören, dort war natürlich kein Einziger ausser die
Chauffeure der Dienstwagen.
Die Aussprache mit den Vorstandsmitgliedern der Verbund-
gesellschaft hat mir klar und deutlich gezeigt, daß wir
mit der Reorganisation politisch auf große Schwierigkeiten
stossen werden. Sowohl Arthold als auch insbesondere Zach,
die beiden ÖVP-Vorstandsdirektoren sprechen sich zwar nicht
gegen die Überführung der Ennskraftwerke in die Donau aus,
sie möchten allerdings lieber das die Ennskraftwerke gleich
dem Verbundkonzern unterstellt wird aber sie wehren deutlich
sichtbar, daß Baumgartner als vierter Vorstands-Direktor in
die DoKW kommt. Ehrbacher hat ein gutes Argument, nämlich daß nur
so eine Überführung zweckmässig und zielführend sein kann, weil
die Ennskraftwerke nurmehr eine Betriebsgesellschaft werden wo
ein nebenberuflicher Direktor der OK die 50 % Anteil besitzt
und eben ein nebenberuflicher DoKW zumind. bis zu den nächsten
3 Jahren bis er in Pension geht eben Baumgartner bestellt werden
soll. Ich habe in der vergangenen Zeit immer nur von den organi-
satorischen Notwendigkeiten gesprochen und insbesondere, daß es
auch zu Kosteneinsparungen kommen muß. Die Argumentation von
Zach insbesondere war, daß dadurch aber nur Kosten entstehen
werden. Ich verlangte deshalb vom Vorstand unmittelbar einen
entsprechenden Vorschlag. Ich ließ keinen Zweifel darüber, daß
ich bereits bei der Strompreisregulierung die Gesellschafter aber
auch die Verbundgesellschaft auf eine Reorganisation aufmerksam
gemacht habe und daß ich deshalb jetzt erwarte, daß spätestens
im ersten Halbjahr diese auch durchgeführt wird. Genauso erwartete
ich einen entsprechenden Vorschlag über die Aufsichtsratszusammen-
setzung der Gesellschaften und nicht nur den Antrag die Aufsichts-
ratgebühren zu erhöhen. Einig waren wir, daß der Wunsch der Kelag
auf Erhöhung ihres Kapitalanteils an der öst. Draukraftwerke von
dem Verbundsvorstand abgelehnt wird und auch mich nicht auf die
Zusagen Hintermayers, der seinerzeit der Kelag versprochen hat
er wird sich einsetzen, damit sie einen Kapitalanteil von der
Verbund kaufen können, gebunden fühle. Ebenso waren wir einig,
daß wir jetzt abwarten was das Vorarlberger Land von den E-Werken
für Forderungen erhebt um sie dann mit einem Schiedsgericht zu
klären. Erst dann soll mit den deutschen über die Wünsche der
Ill-Werke verhandelt werden. Der Verbund wird am 27. in Kloten
die RWE-Vertreter (Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke)
treffen und insbesondere den Gen.Dir. Meisenburg ersuchen zu
überzeugen, daß wenn es zu keiner Einigung kommt, die vollkommen
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unmöglich ist, es nicht ein unfreundlicher Akt ist
wenn man auch dort ein Schiedsgericht einsetzt. Von den
Schwäbischen Elektrizitätswerken hat Gen.Dir. Schnell sich
zu einer solchen Vorgangsweise bereits einverstanden erklärt.
Über die Finanzierung der Verbundgesellschaft wünschen die
Direktoren, daß zwar nicht eine Arvusierung, die das Finanz-
ministerium ablehnt, aber immerhin eine Konversion Platz greifen
sollte. Für Anleihen von 0 bis 4 Jahren Restlaufzeit soll nichts
passieren von 4 bis 10 Jahren soll man sie auf 12 Jahre verlängern
und dadurch 8 1/4 % bezahlen und von 12 bis 15 Jahren soll man
keine Verlängerung durchführen aber doch dann die Bonifizierung
auf 8 % erhöhen. Dadurch entsteht dem Verbundkonzern eine Be-
lastung von 120 Millionen Schilling. Die neuen Anleihen sollen
mit 8 1/2 % verzinst werden. Ich erklärte mich einverstanden,
nachdem mir mitgeteilt wurde, das das Finanzministerium diese
Finanzgestion, ebenfalls gutheißt. Betreffend der weiteren Zu-
sammenkunft erklärte ich mich bereit, gegebenenfalls einen Jour-fixe
einmal im Monat, sie haben sofort abgeschwächt, einmal im Viertel-
jahr genüge, abzuhalten und ansonsten jederzeit zu ihrer Verfügung
zu stehen. Darüber hinaus erklärte ich, daß SChef Frank mein
vollstes Vertrauen hat und sie alle Details mit ihm besprechen
können. Auf alle Fälle wünsche ich nicht übergangen zu werden
und vor allem nicht dann immer vor vollendete Tatsachen gestellt
zu werden wie bei der Aufsichtsratgebührenerhöhung.
Mussil, der sich sofort zum Sprecher machte, erschien mit einer
ganzen Gruppe von Funktionären und Beamten aber auch mit Präs.
Lehner, Landesrat Bierbaum, Ing. Altmann von der Präsidentenkonferenz
sowie Bäcker, Bundesinnungsmeister Steffel, Brotindustrievertreter
Ing. Heinrich, Mühlenindustrieverterter Dr. Külir mit Sekretär
Rabon, Dr. Smolka vom Verband d. Nahrungsmittelindustrie, Dr. Kolb
vom Landesproduktenhandel und Dr. Rief, um das Problem des Brot-
Gebäck sowie Getreidepreises zu besprechen. Ich erklärte, daß die
Regierung zugesagt hat mit der neuen Ernte den Getreidepreis fest-
zulegen. Lehner und Bierbaum setzte ich auseinander, daß sie zwei
Möglichkeiten haben, entweder wir machen eine vernünftige Verein-
barung und wir kommen zu einer Einigung oder sie erklären vorweg,
daß sie mit der Bundesregierung sowie bei der Milch einen endgültigen
Abschluß möchten. Sie sollen sich dies überlegen denn ich werde
ihrem Wunsch gemäß, ich habe nicht gesagt, daß Minkowitsch dies
ausdrücklich von mir verlangte, bis nach den Wahlen mit der Fest-
setzung des Getreidepreises zu warten.
Die Mühlenindustrie wollte dann vor allem einmal von mir eine Erklä-
rung, wie sie dann den Getreidepreis, den sie höher bezahlen müssen,
weiter verrechnen können. Sie selbst hätten am liebsten, wenn der Finanz-
minister bis Jänner/Feber eine Stützung übernimmt, denn dann könnten sie
ihre Lohnverträge erneuert eine endgültige Mehlpreiskalkulation vorlegen,
Dieselbe Meinung vertraten übrigens die Bäcker, insbesondere auch der
Innungsmeister Steffel. Ich erklärte rundweg, dass ein solches Vorgehen
vollkommen unmöglich ist, da der Finanzminister die dafür notwendigen
Mitteln niemals aufbringen wird. Im Vorjahr haben wir durch vier
Monate hindurch den Getreidepreis gestützt und dafür 19 Mill. S ver-
braucht, die der GAF aus Überschüssen heranziehen konnte und sie dadurch
nicht dem Finanzminister abführen musste. Heuer hat die Mühlenindustrie
und die Handelskammer errechnet würden bei 10 Groschen Getreidepreis-
erhöhung 6,5 Mill. S pro Monat notwendig sein und da die Landwirtschaft
mindestens mit 30 Groschen rechnet, wären dies pro Monat so viel als
im Vorjahr in vier Monaten. Einen solchen Betrag halte ich für ganz
unmöglich, sodass frühesten für die Bäcker und die Müller, spätestens
für die Bundesregierung mit 1. Oktober der neue Brotpreis und Mehlpreis
festgesetzt werden müsste. In diesem Fall haben aber die Löhne erst eine
10-monatige Laufzeit und die Industrie und das Gewerbe wollen unter gar
keinen Umständen einen Vertrag abschliessen, der eben sich schön langsam
auf die Wirtschaftsjahrregelung erstrecken müsste. Das Problem liegt
nämlich wirklich darin, dass der Getreidepreis immer im Juli festgesetzt
wird und dass die Löhne niemals unter einem Jahr abgeschlossen werden
sollen. Steffel meinte dann beim Hinausgehen, der Finanzminister wird halt
dann bis 1. November die Preise abstützen, dann könnte man die Löhne,
die mit 1. Dezember wirksam werden vereinbaren und in den Preis einkal-
kulieren. Momentan macht mir dies eigentlich noch gar keine Sorgen,
denn vorerst ist es notwendig, dass wir uns überhaupt über den Getreide-
preis einigen, was sehr schwer sein wird. Meine Idee, gegebenenfalls den
Weizenpreis freizugeben, weil hier keine Einigung so leicht zu
erzielen ist und überhaupt dann das Problem der Kalkulationen vollkommen
wegfällt, ist sofort auf den Widerstand von Bierbaum auch auch den an-
deren Teilnehmern gestossen. Man sieht, dass die Bewirtschafter sehr
wohl in dieser Mentalität so eingefangen sind, dass in Wirklichkeit aus
der Preisregelung gar nicht mehr herauswollen. Dadurch hat sich das
Blatt sehr gewendet, denn bisher war es so, dass man immer der Arbeiter-
kammer und dem ÖGB vorgeworfen hat und ganz besonders natürlich der SPÖ
sie wollen immer alles preisregeln, sie wollen alles immer bewirtschaften.
Dies ist für die Verhandlungen ein gutes Argument, aber auch nicht
mehr, denn in Wirklichkeit getraut sich auf der ÖGB und die AK
diesen Schritt nicht zu machen, ganz zu schweigen wahrscheinlich von
der Regierung. Das Risiko wäre in diesem Fall sehr gering und wir
würden uns viel Streit in der Preisbehörde ersparen. Leider aber
traut sich wahrscheinlich niemand über dieses Problem.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte organisiere beim Mittagessen eine interne
Aussprache mit ÖGB – Schmidt oder Lachs, und
AK – Blaha und Zöllner.
Tagesprogramm, 5.6.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)