Mittwoch, der 22. Mai 1974

21-0628

Mittwoch, 22. Mai 1974

Die dritte Sitzung des Energiebeirates war ein bisschen gehalt-
voller als die ersten zwei. Das Wirtschaftsforschungsinstitut
hat seine Prognosen vorgelegt, interessanterweise gab es darüber
fast keine Diskussion. Hätte ich nicht aus Versehen MR Exner
das Wort gegeben, wäre dazu überhaupt keine Bemerkung gefallen.
Interessant war, daß auch Ing. Musil gar nicht anwesend war.
SChef Frank steht zwar auf dem Standpunkt, daß die Unterlagen
und die Methode so optimal ist, daß wir kaum eine bessere finden
können. Er glaubt, daß wir auch international damit reüssieren
können. Der Energiebeirat entwickelt sich nurmehr zu einem
Beschlußgremium. Nicht daß ich dies bedauern würde, ganz im
Gegenteil, doch hätte ich mir schon erwartet, daß tatsächlich
dort aktiver gearbeitet wird. Nur Wagensonner Tiwag-Vertreter
hat dort verlangt, man möge ihm die Unterlagen geben bevor
man hier dann über die Detailberichte und dann wahrscheinlich
in letzter Instanz auch über den Energieplan beschliesst.
Interessant war dann nur, daß nicht einmal die drei Arbeitskreise
die wir das letzte Mal eingesetzt haben, arbeiten können weil
nicht einmal noch die Nominierung der Interessensvertretungen
erfolgte. Die Handelskammer hat große Schwierigkeiten, scheinbar
hat Mussil die Absicht, daß nicht die einzelnen Fachverbände
geschweige denn, die einzelnen Firmen ihre Delegierten in
Arbeitsgruppen schicken, sonder möchte daß dies nur Beamte
seines Hauses werden, die dann die entsprechende Koordination
mit den einzelnen Firmen und Fachverbänden durchführen sollten.
Mich stört dieses Problem gar nicht, denn solange das Verschulden
doch größtenteils bei der Handelskammer liegt, daß nichts weiter
geht, kann ich umsoweniger von der Opposition im Parlament
attackiert werden.

Anschliessend an die Sitzung hat MR Exner und Sekretär Glück
von der Metallarbeitergewerkschaft mit mir wegen der Besetzung
des Aufsichtsrates in der Verbund gesprochen. An Stelle des
SChef Czech der auf alle Fälle ausscheidet, dies habe ich bereits
Präsidenten Weiss von der Verbund und gleichzeitig ÖVP Vertreter
mitgeteilt, den Nationalrat Dr. König entsenden. Da es sich hier
um ein Behördenmandat handelt auf daß die ÖVP scheinbar mit
Gewalt Anspruch erheben möchte, nachdem der letzte eben ein
Schwarzer war wird es hier schwere Auseinandersetzungen geben.



21-0629

Ich erklärte den beiden, daß ich nicht beabsichtige König
dorthin zu senden , andererseits aber auch ihre Idee, gegebenenfalls
Czech zu lassen, nicht akzeptiere. Ich habe die Details mit den
beiden nicht besprochen doch glaube ich, daß wir hier schrittweise
vorgehen müssen. Jetzt muss das Problem Enns-Donau in Ordnung ge-
bracht werden, dann wäre die Verbundfrage zu klären. Ich fürchte
allerdings, daß selbstverständlich die ÖVP versuchen wird, wenn
ich mit dem Präsidenten Weiss verhandeln werde, daß ganze als
eine Paketlösung zu betrachten.

Anmerkung für GEHART u. FRANK: Bitte alle Vorbereitungen zu treffen,
damit wir nach den NÖ Wahlen innerhalb der Fallfrist noch entscheiden
können.

Die internationalen Konzerne machen jetzt Goodwilltours in der
ganzen Welt. Der Vizepräsident der Mobil-Oil Schmidt ist mit
Generaldirektor Russbach und anderen Herren gekommen um mir zu
sagen, daß ihrer Meinung nach die Internationalen noch eine große
Aufgabe haben. Mobil wird in den nächsten Jahren 700 Millionen
Dollar investieren um neue Energiequellen zu schließen. Für mich
interessant war nur, daß sie tatsächlich in ganz große Kohle-
vorräte sich jetzt eingekauft haben um doch aus der Kohle, Gas- u.
Benzin zu gewinnen. Wie mir Russbach mitteilt, waren sie auch im
Vortag beim Bundeskanzler, vielleicht war dies ein großer Fehler
von ihrem Standpunkt. Reiter hat mich nämlich verständigt, daß
am Freitag eine Sitzung mit den internationalen Ölgesellschaften
stattfinden soll. Androsch hat dann gemeint, es wäre hier die
Möglichkeit, daß der Ölpreis jetzt entsprechend herabgesetzt wird
um als erste Reaktion auf die vielen Aufwertungen auf den günstigen
Wechselkurs in Form von verbilligten Heizöl in der Öffentlichkeit
Erfolge der Regierungspolitik zu dokumentieren. Ich bin neugierig,
was bei dieser ganzen Besprechung herauskommt, vorerst habe ich
mich geärgert, daß wieder hier ohne daß man sich einen Plan zurecht
gelegt hat, ganz einfach rumfuhrwerkt.

Enzmann von der Simmering-Graz-Pauker möchte, daß ich den
Ölminister von Nigeria einlade. Die ÖMV und die SGP hofft, daß sie
dort dann einen Raffineriebau von 4-5 Millionen beteiligt werden
könnte. Ursprünglich war geplant, daß bei einer OPEC-Sitzung wir
mit dem Ölminister Kontakt aufnehmen, er ist aber das letzte Mal
nicht gekommen. Ich habe Enzmann gesagt, daß ich , wenn sie
unbedingt darauf bestehen, bereit bin, den Minister natürlich
auf ihre Kosten einzuladen.



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Ergebnis erwarte ich mir allerdings kein besonderes.

Die SGP möchte auch daß wir unbedingt jetzt wegen Nordkorea
weitere Schritte unternehmen, mein Hinweis, daß andere Firmen
wieder dafür sind, daß wir gar nichts tun, um die Südkoreaner
wo z.B. die Voest grössere Geschäfte macht, nicht allzusehr
zu verärgern, hat Enzmann Verständnis entgegengebracht. Ich
sagte ihm. daß die nordkoreanische Anerkennung sowieso jetzt
schrittweise erfolgen wird.

Präsident Minkowitsch wollte mit mir unter vier Augen reden
um mir mitzuteilen, er erwartet daß der Getreidepreis nicht
vor den NÖ Wahlen, d.h. dem 8. Juni, festgesetzt wird. Da ich
selbst, wenn ich dies wollte, gar nicht imstande wäre das
gesamte Problem in so kurzer Zeit zu lösen, konnte ich ihm
ohne weiters erklären, daß ich kaum annehme, daß es tatsächlich
früher zu einem endgültigen Abschluß kommt. Er denkt natürlich
nur an den Getreidepreis, ich muß aber daran denken, daß ja
auch die Verbraucherpreise zu den festgesetzten Terminen dann
gleichzeitig fixiert werden müssen. Ich erläuterte ihm, daß,
wenn eine Getreidepreiserhöhung kommt, es sich nur um Erhöhung
des Pril und besonders Qualitätsweizen kommen müsste, und keines
falls um die Erhöhung des Weizens der in den Futtersektor geht.
Minkowitsch lehnt eine Zweiteilung des Weizenpreises, d.h. Futter-
und Brotgetreide ab. Ebenso erwartet er, daß gleichzeitig der
Roggenpreis erhöht wird. Er befürchtet keine Überproduktion und
meint im Vorjahr sei nur ein exzeptionell günstiges Jahr gewesen,
das sich nie mehr wiederholt. Diese Meinung teile ich keineswegs.
Minkowitsch war sehr einverstanden, daß wir jetzt auf zwei
Methoden nach dem Verrechnungsschema und aber auch nach den
Ergebnissen der Buchführungsgesellschaft uns Unterlagen ver-
schaffen. Er sieht darin insoferne einen Erfolg, als er befürchtet
hat, daß wir wieder ausschließlich nur nach den Buchführungser-
gebnissen vorgehen werden, da aber die Ergebnisse der Landesbuch-
führungsgesellschaft zumindestens nach den ersten Unterlagen als
vollkommen unzulänglich gelten müssten, sehe ich keinen Grund eine
zweite Methode eben auch wieder zur Berechnung heranzuziehen.



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Da ich die Kooperationsverhandlungen zwischen Bulgarien und
Österreich in meinem Ministerium nicht einmal begrüssen konnte,
hatte ich vor dem Abschluß und der Unterzeichnung einen Sprung
im Pallavicini die Delegation begrüßt. Nach der Unterzeichnung
bin ich sofort weggegangen, obwohl man dort sehr gerne gesehen
hätte, wenn ich beim Abendessen geblieben wäre. Ich wollte aber
unter gar keinen Umständen auf so tiefen Niveau in Erscheinung
treten, womöglich an einem Essen teilnehmen das von der Handels-
kammer glaube ich, gegeben wurde weil ich damit ein zu großes
Interesse dieser ganzen bulgarisch-österreichischen ständigen
und auch mit anderen Oststaaten ständigen Kommissionen eine
viel zu große Bedeutung beimessen würde. Ausserdem waren dort
mindestens eh 40 Leute. Am meisten überraschte mich, daß der
bulgarische Handelsrat mir erklärte, die nächste gemischte
Kommission würde in Sofia sein und er hätte hinunter telegrafiert,
daß dafür der September-Oktober in Frage käme.

Anmerkung für BUKOWSKI: Wie sieht dieser Zeitplan dort aus ?
und mit wem hat er gesprochen ?

21_0627_05

Tagesprogramm, 22.5.1974




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    Tätigkeit: Finanzminister
    GND ID: 118503049


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Präs. Bauernbund
      GND ID: 118894366


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Kabinettschef Kreisky [ident mit Reiter, C; 3.11.1971 Fredi Reiter genannt]]


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Straßburg


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Energiebeirat


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                Tätigkeit: Dir. TIWAG


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                  Tätigkeit: Mobil Oil


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                    Tätigkeit: Dir. Simmering Graz Pauker


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                      Tätigkeit: Chef Energiesektion


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: SC Energiesektion HM bis 1973


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Vizepräs. Verbund, Metallarbeitergewerkschaft


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: ehem. ÖVP-Verkehrsminister, Präs. Verbund


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