Samstag, der 27. April 1974

20-0510

Samstag, 27.April 1974

Bei der Messeeröffnung und insbesondere dann beim Durchgang hat
ich Gelegenheit die Nominierung der Präsidentschaftskandidaten
mit Spitzenfunktionären der ÖVP zu besprechen. Die Steirer sind
nicht gefragt worden ob tatsächlich in Kapfenberg es zweckmässig
ist den Withalm als Niederösterreicher zu starten, insbesondere
schneidet sich aber die Veranstaltung mit einer schon vor Wochen
festgelegten des Landeshauptmannes nämlich der Landeshauptmann
bereist die Steiermark und Peltzmann, Wekard, aber auch Niederl
sind über die Vorgangsweise der ÖVP Zentrale sehr verärgert.
Steinbauer der Propagandist hat scheinbar nicht überdacht und
vor allem nicht rückgefragt ob es wirklich zweckmässig ist
zu diesem Zeitpunkt und diesem Ort als Start für die Präsident-
schaftskandidatur Withalms zu nehmen. Mit dem Wiener Schmäh
gekleideten und teilweise sogar sehr provokanten Äusserungen
habe ich den ÖVP-Spitzengremien entlockt, daß sie Withalm kaum
eine Chance geben. Die steirische ÖVP hätte auch vor Wochen schon
versucht eine überparteiliches Komitee zu schaffen welches dann
Kirchschläger hätte vorschlagen sollen. Jetzt verstehe ich auch
die Äusserung, der seinerzeitigen Waldheim-Komitees welches
meinte, sie würde Kirchschläger auch unterstützen. Wenn man
so erlebt wie innerhalb einer anderen Partei größte Differenzen
und unausgesprochene und unausgeglichene Aktion gestartet werden,
dann ist man erst zu richtig wieder mit der eigenen Partei mit ver-
hältnismässig strafen Führung und der doch verhältnismässig
wesentlich besseren Koordination zufrieden. Wenn die Präsidenten-
wahl so ausgeht wie wir es alle erwarten und selbst wie man in der
ÖVP annimmt, wird es innerhalb der Volkspartei wieder ganz schöne
personelle Diskussionen und Probleme geben. Ich glaube nicht nur
die Steirer sondenn auch andere westlichen Bundesländer werden dann
Kohlmaier nie vergessen dass er diese ungeschickte Politik wie,
sie es bezeichnen, angefangen hat.
Die Pressekonferenz bei der Grazer Frühjahrsmesse ist für mich
wirklich ein willkommener Anlass nicht immer nur mit Wiener
Journalisten zureden. Aber auch in Graz stellt sich heraus,
daß in Wirklichkeit nur die Südost-Tagespost jüngere Redakteure
schickt, die noch angriffslustig sind und die vor allem sich bei
einem solchen Pressegespräch entsprechend hervortun.



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Ich habe die zwei jungen Redakteure die fast die gesamte
Pressekonferenz bestritten haben nachher gefragt,
von welcher Zeitung sie kommen und erfuhr, dass sie eben
von der Südost-Tagespost sind. Ich konnte mir nicht ver-
kneifen, ihnen den Dank auszusprechen, weil sie als junge
aktive und angriffslustige Redakteure in Erscheinung ge-
treten sind. Die Besprechung mit Hausfrauen und Hausmännern
über Wirtschafts- und Preisfragen im Parteihaus war in Wirk-
lichkeit eine Veranstaltung des Bildungsreferates. Für mich
interessant in der Diskussion war dass tatsächlich die
steirischen Genossen es als eine Provokation empfinden,
dass die ÖVP mit Kandidaturaufstellung nach Kapfenberg
ins Werkhotel geht. Die Genossin Landtagsabgeord. Bischof
aus Kapfenberg berichtet, daß sie immer wieder und auch
andere Funktionäre auf der Strassen angesprochen wurden,
daß man sich doch dies nicht gefallen lassen dürfe. In
einer ausserordentlichen Stadtleitungssitzung hat man zwar
dann beschlossen ruhig sich zu verhalten doch wird Kapfen-
berg mit Kirchschläger Plakaten und insbesondere die Zufahrt
zum Werkshotel so bepflastert dass dies für die ÖVP peinlich
sein muss. Die Diskussion über mein Referat erstreckte sich
dann interessanterweise hauptsächlich natürlich über das
Handelsspannenproblem. Da auch Freie Wirtschaftsverbändler
anwesend waren ein ehemaliger Fleischer, Funktionär unserer
Gewerkschaft Kern der jetzt Landtagsabgeordneter ist und
selbständiger Fleischhauer der Sekretär des Freien Wirtschafts-
verbandes Müller und vor allem auch der Obmann des Freien
Wirtschaftsverbandes Stross haben natürlich versucht, dort
darzulegen, dass insbesondere nur die kleinen unter den
zukünftigen Maßnahmen leiden werden. In Wirklichkeit trifft
natürlich auch in der Steiermark einzelne Kettenläden wie sie
sie bezeichnen, dass heißt wir würden sagen, Diskonter, die
kleineren und am liebsten hätten sie daher eine Lösung wo
diesen verboten wird, Schleuderpreise zu verlangen. Die
Hausfrauen aber, es beteiligten sich 14 Diskussionsrednerinnen
und -redner waren hier ganz anderer Meinung. Bei solchen Veran-
staltungen kann ich mir vorstellen, wie es in der ÖVP schwierig
ist, die entsprechenden Bünde, die dort viel stärker sind,
auf eine einheitliche Linie zu bringen. Bei uns dominiert doch
noch bei Weitem die Interessensvertretung der Arbeitnehmer


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und der Konsumenten und deshalb haben die Freien Wirtschafts-
verbändler aber auch der Arbeitsbauernbund einen sehr schwierigen
Stand. Mit so globalen Erklärungen die ich übrigens gar nicht
abgegeben habe aber die mir jetzt einfällt, nämlich das Otto
Bauer
gesagt hat die beste Politik auch für den Gewerbetreibenden
ist eine sozialistische Politik, weil sieden Arbeitern ein besseres
Los bringt und damit Kaufkraft schafft ist glaube ich, nur sehr
bedingt anwendbar. Im konkreten Fall aber wie man sich gegen
Handelsspannen die natürlich für kleinere Gewerbetreibenden
und Händler hoch sein müssten um seine Kosten zu decken zu
wehren, geht es natürlich auch nur mit Unterstützung von Gross-
kaufläden Diskonter usw. eine Unterstützung meine ich hier ist gar
nicht notwendig dass ihnen besondere steuerliche Vorsprung gibt
sondern man braucht sie nur nicht benachteiligen, wie das seiner-
zeit bei der sogenannten Neidsteuer eine höhere Umsatzsteuer
für über 20 Millionen Schilling Umsatz gewesen ist. Die dort
anwesenden Genossen konnte man natürlich leicht auf eine einheit-
liche Linie bringen. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, daß
dies dem Freien Wirtschaftsverband oder auch dem Arbeiterbauernbund
in der Propaganda draussen und vor allem in der Mitgliederwerbung
kaum gelingt.

20_0509_01

Tagesprogramm, 27.4.1974

20_0509_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Landesrat Stmk


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