Donnerstag, der 18. April 1974

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Donnerstag, 18. April 1974

Die WIG ist optisch eine ungeheure beeindruckende Ausstellung.
Dies war bereits 1964 im Donaupark der Fall und ist auch jetzt
wieder am Laaerberg festzustellen. Das Stadtgartenbauamt, insbesond
Ing. Auer, der Leiter, der gleichzetiig auch die Kuranstalt am
Laaerberg jetzt betreibt, nützt die Gelegenhiet immer wieder,
um bei dieser Ausstellung erfahrungsgemäss die Bevölkerung zu
begeistern. Überhaupt ist das Stagartenbauamt ausser jeder Kritik,
weil sie in Wirklichkeit nur gute Sachen, d.h. Sträucher, Bäume,
Blumen, gegebenenfalls in Betonschalen in die Stadt bringt und
damit die Bevölkerung begeistert. Wirklich kritische Überlegungen
snd daher nur anzustellen,wie und ob solch ein Aufwand rentabel
ist. Da bei dieser Gelegenheit sowohl WIG 64 wo eine Mülldeponie
saniert wurde oder jetzt wo der Laaerberg in seinem schlechtesten
Teil städtebaulich saniert wurde, in Wirklichkeit die Gemeinde
damit Millionenbeträge ausgeben kann, war zu erwarten und ich
habe es fast geahnt, dass sich einige Architekten oder Kritiker
finden werden. Das Ganze wäre aber wahrscheinlich ein Streit
unter Fachleuten gewesen, hätte sich nicht das Fernsehen jetzt beso
sonders eingeschaltet. Ich habe die Sendung nicht gesehen, aber
Gratz und auch Rösch waren so empört, dass Gratz am Abend bei
der Eröffnung des Empfanges für tausende Gäste im Rathaus erklärte,
er weiss nicht, was er dazu sagen soll. Von einem anderen Bundes-
land drei Minuten Perchtenlauf von der WIG-Eröffnung eine halbe
MinUte und dann die Kritik der Architektengruppe ebenfalls wieder
glaube och 3 Minuten. Das Fernsehen wird behaupten, es hat nur
objektiv berichtet, durch reinen Zfall ist Ironimus, dessen
richtiger Name Peichl lautet, bei den Kritikern dabei und ist
gleichzeitig auch der Erbauer der sehr umstrittenen Studios des
ORF. Hätte der ORF sich nicht dieser Sache so angenommen, wäre
es ein Streit unter Fachleuten gewesen, kaum von jemandem beachtet.
Jetzt bin ich überzeugt, wird eine Welle der Diskussion beginnen,
ob man tatsächlich so viel Geld ausgeben soll, darf und kann.
Ich hüte mich normalerweise sehr, bei Berichterstattungen sowohl
in Zeitungen als auch im Hörfunk und Fernsehen unbedingt eine
zielbewusste Aktion gegen die Regierung oder die Stadtverwaltung
zu sehen. Noch glaube ich immer dass doch eine objektive Bericht-
erstattung angestrebt wird. Was mir aber tatsächlich auffällt,


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ist, dass immer mehr nur negative Seiten des öffentlichen Lebens
zur Darstellung kommt. Ähnlich wie die Zeitungen, die nur Reisser
als Überschrift brauchen können und solche sind halt meistens nega-
tiver Natur, beginnt jetzt das Fernsehen und der Rundfunk um die Konkur-
renz mit diesen Massenmedien besser führen zu können, wie sie zu-
mindstesn glauben, ebenfalls die negativen Seiten nach dm englischen
Motto : bad news are good news, als Headline zu benützen. WEnn ich
mit Zilk oder Kreuzer über diese Problem diskutieren würde, immerhin
zwei Genossen und ich mache nicht den Fehler, wie Kreisky, sie schon
abzuschreiben, sondern bin überzeugt, dass sie sich nach wie vor
unserer Idee verhaftet fühlen, werden sie mir sagen, dass dies
wahrscheinlich sogar auf die Unabhängigkeit der Redakteure und
der einzelnen Leiter zurückgeht. Durch das Redakteurstatut
fühlen jetzt manche Berichterstatter und Beobachter sich verpflichtet.
nicht mehr sihc zu überlegen, welche Folge eine solche Aussendung hat,
sondern ausschliesslich davon auszugehen, dass sie es so empfinden
und deshalb diese Berichterstattung richtig ist. Wenn jemand als
positiver optimistischer Berichterstatter auftritt, so hat er kaum
Chancen, es sei denn, er ist ein äusserst kluger und intelligenter
Mensch, der gleichzeitig auch neue Ideen bringt, bekanntzuwerden.
Um wieviel leichter ist es da, einen Reporter, der pessimistisch
negativ Sensationen sucht, diese ausschlachtet und damit bald einen
Namen in der Branche bekommt. Ob dieser dann dem Ganzen schadet oder
nicth, ist ja in der ersten Phase von ihm gesehen, vollkommen un-
interessant, er wird einmal berühmt. Ähnlich ist es ja mit
den kritisierenden Architekten. Als Rainer noch Leiter der Stadt-
planung war, ht er sicher viele Ideen geboren, sich aber gegen die
Bürokratie genauso wenig aber gegen die Stadträte, d.h. die politi-
schen Funktionäre durchsetzen können und ist daher verbittert ge-
schieden. Jetzt attackiert er die Projekte der Stadtverwaltung.
Ich bin überzeugt, sicherlich fachlich oft begründet, wenn nun die
Massenmedien ihn unterstützten, wird man in kürzester ZEit von
Wien auch selbst über das Gartenbauamt nur mehr Negatives berichten.
Während sich jetzt jeder an dem Grün, nicht nur an der WIG sondern
in Wien, welches in dieser Frage an der Spitze in der Welt steht,
freut, wird er dann mit einem Nachgeschmack oder sogar mit einer
negativen Einstellung indirekt sich nicht mehr daran freuen, sondern
ärgern.



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ANMERKUNG FÜR WIESINGER: BItte mich mit Auer verbinden.

Der neue jug. Botschafter, Wlachow, den ich bereits in Belgrad,
wo er noch nicht bestellt war, aber ich erfuhr, dass er bereits
nach Österreich kommen wird, kennenlernte, wollte eine erste
Aussprache. Da Wlachow in seiner Jugend in Österreich in der
Mittelschule beim VSM aktiv mitgearbeitet hatte, kennt er viele
Genossen aus dieser ZEit. Wir betrachtne ihn wirklich als einen
Freund der soz. Regierung und wissen, dass er sich bemühen wird,
alle Schwierigkeiten, die zwischen Jugoslawien und Österreich
bestehen, nicht zuletzt auch dieser unglückliche zweisprachige
Ortstafelstreit niht hochzuspielen, sondern sicherlich versuchen
wird, zu dämpfen, wenn nicht sogar zu utnerdrücken. Wlachow
fragte nun, ob es zweckmässig ist, die Gemischte jug.-österr.
Kommission zusammentreten zu lassen. Die wirtschaftlichen Entwick-
lungen sind auch nach seiner Auffassung befriedigend, doch möchte er
insbesondere über die Energieprobleme, daß die Gemischte Kommission
eine Sitzung abhält. ICh habe sofort zugesagt, in dieem Fall
sogar als Vertreter des Aussenministers, dass wir jeden Wunsch der
jug. Seite hier akzeptieren. Es sollte vielleicht wirklichdurch
das zusammentreten der österr.-jug. Gemischten Kommission dokumen-
tiert werden, dass die Beziehungen zwischen unseren Staaten auf
diesem GEbiet vollkommen normal sind und sich gut entwickeln. Bei
dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass der Botschafter jetzt mit
48 ökonomischen Vertretern, das sind Jugoslawen, die von ihren
Aussenhandelsorganisationen ständig in Österreich sind, Kontakt hat.
Walchow meinte, dass allerdings die nicht sehr effizient in ERschei-
nung treten, da immer wieder er feststellen kann, die Möglichkeiten
eines österr. Importes von jug. Waren von ihnen nicht entsprechend
genützt werden. Was micn am meisten überraschte war, dass der
Botschafter mitteilte, dass nun fast seine ganze Botschaftsgarnitur
ausgetauscht wird. Der Handelsrat Reiberger ist bereits 4 Jahre hier
und Wlachow sagte, auch in Jugoslawien stellt man sich immer an,
um ja auf einen Auslandsposten zu kommen. Die Frage, ob ich Snuderl
einladen soll, wurde von ihm dahingehend beantwortet, dass jetzt
Snuderl wieder in die slowenische Republik zurückkehrt. Auch dort
herrscht das Rotationsprinzip und es werden jetzt andere Leute von
Slowenien, d.h. von allen Republiken nach Belgrad in die Zentral-
regierung entsendet. Der Föderalismus ist in Jugoslawien viel


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stärker als bei uns in Österreich und bedingt, dass selbst
Kleinigkeiten von allen 6 Republiken zusammen beschlossen
werden müssen. Unter anderem glaubt er sogar, dass auch die
Reise Snuderls nach Wien, die nicht zustandekam, darauf zu-
rückzuführen ist, dass der komplizierte Apparat nicht so schnell
spielte. Da ja nicht wie bei uns die Finanzhoheit beim Bund liegt
sondern bei den einzelnen Republiken, diese dann ihren Beitrag
an die Zentralstelle leistet, werden sie bei allen finanziellen
Fragen gefragt und müssen einstimmig zustimmen, bevor es zu
einem diesbezüglichen Beschluss kommen kann. Dies soll so
weit gehen, dass auch Reisen von Ministern ins Ausland darunter
fallen. Ich kann mir dies zwar nicht vorstellen, aber könnte
mir sehr gut erklären, dass zwar automatisch eine solche Reise
von einem Minister genehmigt wird, wenn wirklich nur die finan-
ziellen Fragen eine Rolle spielen, wohl aber ein Bürokratisch lang-
wieriges Verfahren notwendig ist. Auf alle Fälle werden wir bis
Ende Mai von Botschafter erfahren, wer nun in Hinkunft in
Jugoslawien für Österreich zuständig ist, d.h. wen wir eigent-
lich zur Messe einladen sollten.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte diesbezüglichen Kontakt mit
Wlachow halten.

Von grossem Interesse dürfte von jug. Seite die Errichtung oder
Verstärkung des Karawanken-Tunnels und einer besseren Bahn-
verbindung auf dieser Strecke sein. Ich habe seinerzeit sofort
nach meiner Rückkehr mit Frühbauer gesprochen, dermir freimütigst
sagte, es besteht österreichischerseits nicht die ABsicht,
dieses Millionenprojekt in Angriff zu nehmen. Andererseits
aber will man den Jugoslawen nicht ein klares Nein entgegen
setzen, sodass man dilatorisch diese Frage immer behandelt.
ICh habe deshalb auch ausweichend auf diese Frage erklärt,
dass ich meiner Verpflichtung, den zuständigen Minister zu
informieren, sofort nachgekommen bin, ejtzt aber dafür Lanc zu-
ständig ist und ich bitte, diese Frage mit dem Verkehrsminister
zu besprechen. Ähnlich war es bei den Strassenbaubesprechungen.
Dort hat auch angeblich Österreich längere Zeit nicht die entsprec
chenden Stellungnahmen abgegeben, wobei Moser allerdings erklärt,
dass hier wirklich technische Schwierigkeiten zu lösen waren
und jetzt angeblich eine diesbzeügliche besser Gesprächsbasis


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gefunden wurde. Bezüglich Strassen hat auch Wlachow nichts gesgt.
Nicht als Demarge wollte er doch die Bemerkung von ihm wissen,
dass die Jugoslawen bei der Wiener Messe sehr zersplittert nur
in ERscheinung treten konnten. Ich habe diesen Nachteil ereits
bei meinem Messerundgang dem Direktor Draxler mitgeteilt und
von ihm erfahren, dass auch die Messe-Leitung nicht sehr glücklich
ist, dass die ausländischen Aussteller so zersplittert unterge-
bracht werden müssen. Dies liegt aber nach Meinung von Draxler
an der späten Anmeldung der ausländischen insbesondere der halb-
offiziellen oder offiziellen Aussenhandels- oder Fremdenverkehrs-
stellen. Ich habe deshalb nich in Anwesenheit von Wlachow ver-
sucht mit der Messe Kontakt aufzunehmen, damit hier eine bessere
Lösung nicht nur für Jugoslawien sondern für womöglich alle aus-
ländischen Aussteller gefunden wird.

Die grosse Arbeitskonferenz der SPÖ, wo auf Grund des letzten Par-
teitages jetzt über die einzelnen Probleme – Parteibetrieb, Partei-
jugend, Parteifrauen usw. – in Arbeitsgruppen diskutiert werden
soll, war in meinen Augen eine grosse PLeite. Hier wurden auf
ganz Österreich die von den Organisationen nominierten und ich
glabue auch teilweise welche, die sich selbst gemeldet haben, nach
Wien berufen und Kreisky hat dann nur über die Arbeitsweise dieser
Gruppen referiert. Die Quintessenz war, es sollen sich nicht
Leute in zwei Arbeitskreise melden, dann kommen sie nicht dazu,
wirklich Arbeit zu leisten, die Arbeitskreise sollen nicht nur
allein in Wien sondern womöglich auch in den Bundesländern tagen.
Und ihre Arbeit kann nicht unbefristet sein, sie müssen im Laufe
von einem halben bis maximal einem 3/4 Jahr zu einem Ergebnis
kommen. Sicherlich aht Kreisky wieder dur ch einige Bonmots
und durch Vergleich geglänzt, es ist ein Vergnügen, ihm zuzu-
hören, aber befriedigt hat diese Konferenz wirklich niemanden..
Was vor allem der grosse Fehler war, man hatte wieder einmal
die Diskussion nicht organisiert und deshalb meldete sich nur
eine Genossin aus St. Pölten, die meinte, es seien in dem Aus-
schuss, der sich mit den Frauenproblemen beschäftigt, deshalb
fast nur Frauen, insgesamt sind nur 3 Männer, weil eben nur Frauen
von Frauenorganisationen nominiert wurden. Ein zweiter Diskussions-
redner Mayer, ich glaube auch Salzburg, fragte überhaupt nur an,
was dieses Referat von Kreisky bedeuten sollte. Da Kreisky ge-
spürt hat, dass dieses ganze Problem so unbefriedigend auch von
seiner Sicht aus angegangen und durchgeführt wurde, hat er


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etwas gemacht, was ich nie erwartet hätte. Er hat zwar mit intel-
ligenten Worten anders als dies vielelciht manche Referenten in
der Partei machen den Genossen niedergesetzt. Ich kann mir seine
Situation schon vorstellen und erklären. Gut ist diese MEthode
nie. Kreisky ist unter furchtbarem Druck, Kreisky lässt sich
auch kaum von jemandem Reden vorbereiten. Kreisky ist im Prinzip
immer dafür über alles selbst zu referieren und es selbst zu machen
und daher muss auch bei Kreisky etwas manchmal danebengehen. DAnn
hat er sich nicht mehr so in der Hand, wie er das gerne sicherlich
nachher bereund machen sollte und schon ist es passiert. Ich bin
überzegut, dass nicht nur Rupperl Gmoser, der hinter mir sass
undsage, na da hat sich der Chef wieder phantastisch darauf vor-
bereitet, diesen Eindruck hatte, sondern leider auch die ganze
Konferenz. An seiner Stelle hätte ich die Leiter der Arbeits-
gruppe ein Kurzreferat von maximal 10 Minuten halten
lassen, damit diese dann nicht nur auf einer breiteren Basis
eine Diskussionsgrundlage geliefert hätten, sondern auch gleich-
zeititg mehr in ERscheinung getreten sind als nachher wo Kreisky
meinte, es sollten halte die Arbeitsgruppen sich in jeder Ecke des
Saales zumindestens den nächsten Termin ausmachen und wie sie ihre
weitere Vorgangsweise durchführen wollen.

Beim Abendessen der BASF war ich glücklich, dass ich bei dieser
Gelgenheit gleich die Auszeichnung für den ausscheidenden Direktor
der österr. Niederlassung überreichen konnte. In Wirklichkeit ist
das eines der typischen Abendessen gewesen, welches Firmen veran-
stalten. Der Vorstand der BASF ist ja nach Österreich gekommen,
um hier die Jahresversammlung der Organchemie, ihrer Vertretung,
durchzuführen. Dies sind wahrscheinlich auch in einem ökonomischen
oder besser gesagt Wirtschaftsbetrieb die üblichen unnötigen Dienst-
reisen, die man aber, da es nach Wien geht, gerne absolviert.
Bei dieser Gelegenheit aht sich auch Prof. Trimm, der derzeitige
Vorstandsdirektor vom BASF in Ludwigshafen verabschiedet. Er er-
klärte, dass bei ihnen en Grundsatz herrscht, wer 65 Jahre alt ist,
muss in Pension gehen.Begründung ist, wie er mir sagte, die tech-
nische Entwicklung auf dem Chemiesektion, die so rasant ist, dass
selbst jemand, der sich ständig mit dem Problem beschäftigt, nciht
mehr imstande ist, die jungen nachwachsenden Wissenschaftler zu
verstehen. Vor allem auch dann wenn er sich selbst so weiterbildet
kann er wie er sich ausdrückt nicht mehr in den Koordinaten dieser
Leute denken. Da man viel über den österreichischen Charme und


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und die österr. Methode bei den vorhergehenden drie Rednern
immer wieder darauf hinwies, nützte ich dann meine Ansprache.
um in launiger WEise die österr. Verhältnisse doch den deutschen
gegenüberzustellen. Bei uns gibt es auch Beschlüsse über Alters-
beschränkungen, aber dann werden diese eben wieder, wenn es nicht
richtig war oder sie nicht passen, entsprechend revidiert. Überhaupt
glaube ich, dass tatsächlich die österr. Methode, die österr.
Lebensart bei den Deutschen sehr viel Anklang hat,denn was sie
immer wieder sagen ist, sie hoffen, dass doch ihre Vertreter
von dieser österr. Mentalität etwas annehmne sollten. Trimm
meinte mir gegenüber auch, dass die Behauptung Gen.Dir. Rueger
von Semperit, der neben uns sass und der fürchtet, dass die Chemie
jetzt auf Jahre hinasu durch due Ölsituation geschädigt sein wird,
dass mengenmässig dieses Problem in kürzester Zeit überwunden
ist. Das Einzige, was bleibt, wird die preisliche Erhöhung sein.
Mein Hinweis, dass auch hier in absehbarer Zeit ein wesentlicher
Rückschlag kommen wird, wurde zwar von Gen.Dir. Bauer als zu opti-
mistisch bezeichnet, er glaubt z.B. heute noch nicht, dass der
Heizöl-schwer-Preis in kürzester Zeit auf 1.000 S je Tonne
unten sein wird, der allerdings dann im Winter wieder steigen
wird, und leugnet ganz entschieden, dass das Öl jetzt um 10 $ barrel
gibt. Da die ÖMV, wie ich ja weiss, wesentlich teurer eingekauft hat
kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er solche Hiobsbotschaften
nicht nur nicht gerne hört, sondern auch nicht zur Kenntnis nehmen
will. Ich bin fest davon überzeugt und Dr. Trimm bestätigt mir dies,
dass diese irrsinnig hohen Ölpreise in den vergangenen Monaten nur
dazu eführt haben, dass keine chemische Industrie, keine pharmazeuti-
sche, keine Mineralwirtschaft mehr bereit ist, sich allein auf die
Araber zu verlassen. Es werden jetzt nicht nur Wissenschaftler sonder
die ganzen Betriebe mobilisiert, sich umzustellen und das wird ein
furchtbarer Rückschlag für die arabischen Staaten werden. Ich bin
überzeugt, dass die Chemiker und Wissenschaftler jetzt nicht den
Kopf sich zerbrechen, wie sie auch Öl ihre Produkte besser und
neue Produkte erzeugen, sondern dass sie eben jetzt sehr darauf sind,
neue Rohstoffe zu finden, die auf anderer Basis ihnen ein gutes
Geschäft ermöglichen. Was Trimm alledings befürchtet und hier
stimme ich mit ihm überein, dass durch die weltweite Inflation
die Rechenhaftigkeit und damit die Scheinumsätze, die ins Gigantische
steigen, dazu führen, dass man inWirklichkeit Substanzverlust erlei-
det.



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Mein Hinweis, dass doch die Betriebe auf alle Fälle, wenn sie
auch rechenhaft in gigantischen Ziffern in Hinkunft operieren,
Substanz ja erhalten, weil sie doch neue Investitionen tätigen,
entgegnete er mit dem Hinweis, dass aber aus diesen gigantischen
Umsatzaufblähungen die Kostenverteuerungen noch stärker werden, als
eigentlich ein Betrieb verkraften kann. Er versteht vollkommen, dass
wenn diese Bilanzen von den Arbeitern gelesen werden, diese natürlich
dann entsprechend höhere Lohnforderungen stellen, obwohl der Betrieb
dies auf lange Sicht gar nicht verkraften kann. Hier glaube ich, irrt
Trimm, denn in einer Inflation so wie in einer Konjunktur kommen die
Unselbständigen immer zu kurz. Die Frage Ruegers, was die Politiker
gegen diese weltweite Entwicklung unternehmen, unternehmen können
oder was ihre Absicht ist, konnte ich nur so kontern, dass ich sage,
man bemüht sich, abermman soll fragen, was die Wissenschaftler dazu
beitragen. Hier meinte Rueger, dass die Ökomomen vollkommen versagt
hätten. In diesem Punkt musste ich ihm leider zustimmen. Eine gute
Einführung bei den Deutschen ist scheinbar, dass man nach der Vor-
speise schon die Reden hält. DAdurch konnte ich mich von dem sonst
sicherlich sehr üppigen Mahl zeitgerecht verabschieden. Dass bei
dieser Einladung die gesamt Chemieprominenz Österreichs anwesend war,
Gen.Dir. Geist, ÖIAG, Gen.Dir. Buchner Chemie Linz, Gen.Dir. Bauer ÖMV,
Gen.Dir. Seidl, Lenzing, Gen.Dir. Rueger, Semperit, die Banken,
Staatssekretär Taus, Girozentrale, Ockermüller, Länderbank.
Korolando, Volksbanken, Treichl hat sich ausdrücklich entschuldigen
lassen, sei nur so nebenbei bemerkt. In meiner Jugend, d.h. meiner
linken Phase im Leben hätte ich gesagt, heir sit das vereinigte
Kapital von der Chemie, die Pläne schmieden, wie sie weiterhin ihr
Imperium aufbauen und ausbauen. Jetzt muss ich kritisch analytisch
sagen, dass dies sicherlich Nebenerscheinungen von solchen Abend-
essen sind, in Wirklichkeit aber unzweckmässige zeitverschwendende
Zusammenkünfte, wo man plaudert, sich persönlich näherkommt, aber
wahrscheinlich doch keine konkreten Abschlüsse tätigt, und vor allem
einmal keine wirkliche Strategie entwickelt. Auch hier müsste men
zeitökonomisch Reformen einführen, aber selbst die sonst so gründ-
lichen und so zielstrebigen Deutschen haben hier scheinbar noch
an den traditionellen Formen festgehalten.

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Tagesprogramm, 18.4.1974

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TB Wanke, 18.4.1974


Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


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        Tätigkeit: Dir. Wr. Messe


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          Tätigkeit: GD ÖMV


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            Tätigkeit: Bankier


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                    Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 125462697


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                        Tätigkeit: GD Fa. Semperit


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 118756265


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Chemie Linz


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                              Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                                Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                                GND ID: 12053536X


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                                  Tätigkeit: Architekt


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                                    Tätigkeit: Bautenminister


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                                      Tätigkeit: Stadtgartendirektor Wien


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                                          Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


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                                              Tätigkeit: Straßburg


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