Mittwoch, der 3. April 1974

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Mittwoch, 3. April 1974

In der Vollversammlung der Arbeiterkammer Salzburg meinte
sowhl Präs. Brunauer als auch Kammeramtsdirektor Floretta, dass
es keine grössere Diskussion geben wird. Er meinte, er wird
sich höchstens Schmied, der ÖAAB-Sekretär zu Worte melden. Sie
selbst haben einen Genossen aus der Fraktion bestimmt, der eben-
falls einen Debattenbeitrag geben sollte. Ich erklärte ihnen aber
gleich, ich werde auf alle Fälle so provozierend referieren, dass
sehr wohl eine Debatte daraus etnstehen müsste. Die Stimmung
unserer Genossen ist sehr gedrückt und deshalb wollte ich ihnen
auch hier, obwohl ich nach wie vor sehr sachlich berichtete,
ein bisschen Mut zusprechen, ohen natürlich auf die Wahlen oder
gar eine politische Propaganda einzugehen. Interessant war, dass
mir Landesrat Leitner, der bei der Kammervollsammlung als Zu-
hörer teilnahm, sehr interessant, wie sich dieser FPÖ-Mann überall
herumtreibt, in der Pause sagte, dass die Wahl deshalb verloren-
ging, weil sie in ihrer Konzeption von SEite der Sozialisten falsch
angelegt war. Durch den Führungsanspruch der Sozialisten, d.h.
durch die Forderung, dass Steinocher Landeshauptmann werden soll,
obwohl alle wissen wussten, dass dies nicht drinnen ist, wurde
ein Grossteil der Wähler abgeschreckt. Bei den Meinungsumfragen und
er meinte, unsere hätten genau dasselbe vor Monaten schon ergeben
müssen, zeigte sich schon, dass Lechner unmöglich zu schlagen war.
Aus diesemGrund wäre es viel zweckmässiger gewesen, die Wahlpropa-
ganda auf eine starke Kontrolle auszulegen. In diesem Fall hätten
vielleicht viele Wähler nicht Lechner und die ÖVP gewählt.
Durch die Propaganda aber aufgeschreckt meinten sie, es bestände
tatsächlich eine GEfahr, dass Lechner nicht mehr Landeshauptmann
wird und damit haben sie auf der einen Seite die Sozialisten auf der
anderen SEite aber viele FPÖ-ler nicht gewählt. Stockinger be-
hauptet noch zusätzlich, dass das Preisproblem von uns in der
letzten Phase des Wahlkampfes in die Diskussion geworfen wurde.
Er meinte, vorher hätte man sich ausschliesslich mit Salzburger Prob-
lemen auseinandergesetzt und dies wäre in der Wahlpropaganda
besser angekommen und häte wahrscheinlich zu besseren Resultaten
führen können. Ich sage deshalb könne, weil ich bin fest davon
überzeugt, dass die Wahlpropaganda nur eine ganz geringe Möglcih-
keit mehr hat, die Wähler mit ihrem Entschluss zu beeinflussen.



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Viel entscheidender in meinen Augen ist eben die Politik u
vor allem einmal die Leute, die diese Politik repräsentieren. Ich
bin fest davon überzeugt, dass Leitner nur kraft seiner Per-
sönlichkeit und seines Fleisses in Salzburg verhältnismässig so
gut abgeschnitten hat. Wie immer die Wahlpropaganda angelegt
worden wäre, er hätte, wenn nicht er an der Spitze der FPÖ
stünde, selbst bei der besten Propaganda kaum das Stimmener-
gebnis erzielen können. Noch viel mehr gilt dies für Lechner
als Landeshauptmann, so wie Sinowatz meiner Meinung nach auch
recht hat, dass sich eine zweite Partei im Landtag und im Land
nie profilieren kann, wenn es aber zu einer Änderung kommen soll
und kommt nur eine Wahlniederlage durch ungeschicktes Verhalten
der ersten Partei und vor allem womöglich durch persönlichen
Streit und einem Mangel an der Führung der stärksten Partei eine
solche Wendung herbeiführen. Selbst der älteste und vielleicht
auch der schwächste Landeshauptmann hat noch Chancen, wenn er ge-
sund ist, als unbestritten gilt udn vor allem wenn ihn die eigenen
Funktionäre enthusiastisch unterstützten und keinerlei Personal-
diskussion abführen, die Chance eine Landtagswahl zu gewinnen.

Die Diskussion in der Arbeiterkammer entwickeltesich genau, wie
ich erwartet habe, die ÖAAB-ler griffen auf der ganzen Linie an
und haben fast alle ihre Delegierten zu Wort gemeldet und nicht
nur der ÖAAB-Sekretär Schmied. Dass unsere Genossen schwiegen,
habe ich voll,verstanden. Was mich aber dann nachher persönlich
geärgert hat, war, dass ich viel zu objektiv auch in der Diskussion
und in der Anfragebeantwortung und in den Angriffen abwehrend
gewesen bin. Ich habe nicht zuletzt, weil die Salzburger Zeitungen
und auch der Rundfunk anwesend war, mich sehr zurückgehalten.
Da unseree Genossen mich nicht nur sehr unterstützen, sondern
sicherlich auch mit meinenAusführungen zufrieden waren, glaube
auch ich mit dem Ergebnis dieser Vollversammlung zufrieden sein.
Hätte ich aber wirklich nach HErzenslust diskutiert, wäre mir
bei reiflicher Überlegung jetzt sicherlich wohler. Andererseits
darf man nicht vergessen, dass das Amt des Handelsministers
doch wahrsheinlich verlangt, eine geiwsse Objektivität auch
bei solchen extremen Arbeitnehmerversammlungen zu bewahren gegen-
über der Unternehmerschaft, gegenüber den Bauern und natürlich auch
gegenüber den Leuten wie z.B. Handelskammer, mit denen man weiter
verhandeln muss.



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Die Überreichung des Staatswappenführungsdekretes an die Firma
D. Voithofer war ungeheuer feierlich. Weniger im Hotel Mirabell
wo ein fulminantes Essen gegeben wurde, sondern dass auch dann
im Betrieb noch eine richtiggehende Feier war, Voithofer hat
dme Arbeiterbetriebsrat einen grösseren Betrag dafür gegeben
und für seine Beschäftigten eine Prämie ausgeschüttet. Voithofer
gilt als tüchtiger Bauunternehmer, der von der Fertigteilproduktion
bis zur Ausführung von Bauten also vertikal organisiert, alles
macht. Er kam von der Baubehörde der Gemeinde, wurde dnan sogar
soz. Gemeinderat und hat sich nur zeitgerecht selbstständig ge-
macht und sein Werk entsprechend aufgebaut. Seine Frau erzählte
mir alledirgs, dass er erst von ein paar Jahren das erste Mal nahe
seinem Herzinfarkt überhaupt auf Urlaub gegangen sind. Es ist ein-
mal auch in der Privatwirtschaft so, dass der Tüchtige sich sicher-
lich durchsetzen kann, nur muss er dann ebenfalls ganz schwer
arbeiten.

Zum Glück hatte ihc die richtige Nase und bin nach Liesing-Inzers-
dorf zu eienr Publikumsdiskussion gefahren. Gemeinderat Haberl
hat gemeint, schlag mich nicht, ich habe doch auf die Plakate
gesetzt, ohne mit Dir zu sprechen. Er behauptet aber steif und
fest, dass er dies mit dem Büro ausgemacht hat. Auf alle Fälle
wäre es eine grosse Enttäuschung der Liesinger gewesen, wenn
ich nicht erschienen wäre.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte in Hinkunft bie Parteiveranstaltungen
bevor wir – auch wenn die anderen schuld
sind – absagen, mich vorher fragen.

Ich bin in Liesing gut angeschrieben und mit meiner Art, dort zu
referieren, kann ich sagen, es bestätigen mir dies die führenden
Genossen immer wieder, sehr beliebt. Trotzdem hatte ich diesmal
Mühe und das waren ja wahrscheinlich 99,9 % dort in der bummvollen
Halle des Volksheimes der berechtigten Kritik standzuhalten.
Immer wieder haben die Genossen erklärt, dass wir viel zu weich
mit der ÖVP vorgehen. Nach jeder Niederlage und auch die Wiener
empfinden die Salzburger als eine Niederlage, die sie erlitten
haben, sind natürlich unsere Funktionäre sehr enttäuscht auf der
einen SEite, auf der anderen aber umso radikaler. Ganz besonders
kritisiert man, dass die Berichterstattung des ORF in immer


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stärkerem Masse die ÖVP bevorzugt. Sie erwarten jetzt, dass
die ORF-Reform nicht nur schnell geht, sondern dass hier
grundlegen-d Abhilfe geschaffen wird. Dies wird eine der gröss-
ten Enttäuschung fürchteich, bei unseren Funktionären werden.
Das miese Kompromiss, welches hier wahrscheinlich heraus-
komemn wird,kann und wird unsere Leute nicht befriedigen,
den anderen die Möglichekit zu geben zu sagen, wir haben jetzt
den Rundfunk ruiniert. ich seiner objektiven Berichterstattung
obwohl sich wahrscheinlich kaum etwas ändern wird. Kreisky hat
hier meiner Meinung nach durch seine Lange Diskussion über die
Rundfunkreform durch seine ewig neuen Ideen nur eines erreicht,
dass nämlich in Wirklichkeit bei unseren Genossen grosse Hoff-
nungen erweckt wurden,die andere Seite duch ihre geschickte
Verhandlungstaktik und die wirkliche Reform so lange hinausgezögert
hat, dass wir jetzt knapp vor den Wahlen 1975 kaum im letzten Jahr
wirklich eine Reform in grösseren Stil werden durchziehen können.
Hier hat Benya ein besseres GEfühl gehabt, der 1971 schon meinte,
jetzt haben wir die Mehrheit jetzt schnell etwas machen.
Schieder, der mit mir diskutierte, hat einen phantastischen Ein-
druck gemacht. Ich muss sagen, ich habe ihn wirklich unter-
schätzt, wer dürfte jetzt durhc Fleiss und die Arbeit sich
ein Wissen für sein Ressort erwerben, das es ihm ermöglicht,
sofort über alle Probleme des Umweltschutzes entsprechende Ant-
wort zu geben. Dies ging so weit, dass er sogar die einzelnen
Firmen und Grünwaldpark und sonstige Wünsche auf Anfragen, die
gar nicht die Firma oder den spzeifischen Punkt nannten er-
raten hat und gleich darauf replizierte. Ohne in eine Demagogie
verfallen zu wollen, muss ich auf Grund dieser ERfahrung
sowhl in der Arbeiterkammer Salzburg auch mit der Diskussion in
Inzersdorf zugeben, dass wir auf dem Preisrechtssektor etwas
machen müssen. Es darf nur nicht wieder eine solche Lösung werden
die durch monatelange Diskussion in der Bevölkerung einen ganz
anderen Eindruck erweckt als wir dann letzten Endes im Ge-
setzesantrag beantragen werden. Hier glaube ich sollten wir einen
Gesetzentwurf zur Debatte stellen, der allumfassende Vollmacht
dem Handelsminister als Preisbehörde gibt. Wenn die Landeshaupt-
leute dann erklären, was ich erwarte, sie können sowieso
nichts machen, das ist Aufgabe des Bundes, dannsollte ich
diesen Gesetzentwurf in seiner ganzen Härte ohne mit der


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Handelskammer einen Akkord zu suchen, weil dies kaum möglich
sein wird, ins Parlament bringen. Der grösste Fehler von
Marsch aber auch von Kreisky war, dass sie jetzt von einem
Preisstop zu reden begonnen haben. Wir haben – und dies mit gutem
Grund – durch Jahre hindurch immer gesagt, dass ein solcher Preis-
stop nicht zielführend ist. Ich war dabei ja äusserst vorsichtig
und habe immer nur davon geredet, dass mna Preisstop auch als
letzten Ausweg nur vielleicht temporär in gewissen GEbieten
überlegen sollte. Ähnlich wie ich für die Lösung der Ölkrise
war, ohne die Bewirtschaftung zu wollen und sie anzukündigen
sondern sie als letzte Initiative nur am Rande erwähnt haben,
habe ich und dies werde ich auch in Hinkunft tun, mich bei einem
Preistop genauso verhalten. Da ihc fest überzeugt bin, dass
unsere Genossen und die Bevölkerung, wenn es zu einem Preisstop
käme und die Preise dann trotzdem steigen, nicht nur bitter ent-
täuscht wären sondern das letzte Renommee der Regierung dahin-
wäre. Ich glaube nämlich nicht, dass man allen ERnstes damit
rechnen kann, dass die ÖVP jedwede Gesetzesänderung oder ein
neues Preisgesetz im Parlament rigoros ablehnen wird. Um aber
den zeitlichen Ablauf zu beschleunigen, vor allem keine Dis-
kussion im vorparlamentarischen Raum auszulösen, habe ich
Benya und Robert Weisz vorgeschlagen, amn sollte an einen
Initiativantrag der Sozialisten denken. Da Robert Weisz einen
diesbezüglichen Gesetzentwurf von mir wünscht, werde ich einen
solchen mit unseren Genossen unverzüglich in Angrff nehmen.
Dies ist allein auch schon deshalb notwendig, weil Schleinzer
seine ARgumentation jetzt danach aufbaut, dass er erklärt,
Kreisky und Marsch hätten doch keinerlei konkrete Vorstellungen
was wirklich geschehen sollte. GEgenüber Sallinger und Mussil
werde ich erklären , damit hat er, nämlich Schleinzer einen
Kampfton und eine Kampfart angeschlagen, die eine Zusammen-
arbeit auf diesem GEbiet mit der Handelskammer, die monatelange
dauern würde, ausschliesst.

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Tagesprogramm, 3.4.1974

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TB Wanke, 2.4.1974

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Information Verwaltungsorganisationskurs


Tätigkeit: Unterrichtsminister


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    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
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          Tätigkeit: LT-Abg. Sbg., SPÖ; Sparkasse Salzburg


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