Dienstag, 22. Jänner 1974
In der Ministerratsvorbesprechung erklärt Kreisky, dass für den
Bericht an den Nationalrat nur 3 Gesichtspunkte, die Stabilität,
die Energiesituation und die Vollbeschäftigung herausarbeiten wird.
Im Sommer wird er dann einen neuen Bericht, den er bereits ankündigt
"Versprochen-gehalten" nach vier Jahren Regierungstätigkeit dem
Nationalrat vorlegen und damit umfassender berichten als jetzt
möglich ist. Die Energiesituation wird er dazu benüzten, um
der ÖVP ihre Fehler und ihr Versagen in der Vergangenheit vorzu-
werfen. Dies gilt insbesondere, dass er gegen jeden Widerstand
darauf beharrte, dass die Sowjetunion beim Staatsvertragsabschluss
auch die Ölfelder zurückgeben müsste. Nach dem ursprünglich Entwurf
hätten sie 30 Jahre nach Abschluss des Staatsvertrages resp. 25
Jahre nach Fündigwerden jeder zukünftigen Sonde das Recht gehabt,
die Ölfelder gemeinsam mit Österreich auszubeuten. Selbst Schärf
und Helmer hätten in einer gewissen Phase schon nachgeben wollen.
Kreisky meinte dann, es müsste jetzt dann auch einmal etwas geklärt
werden. Frühbauer hätte bei seinem Ausscheiden ihm noch einen
Brief geschrieben, wo er sich bedankt hat und insbesondere die
gute Zusammenarbeit in der Regierung hervorhob. Es könne natürlich
Meinungsverschiedenheiten geben, dis sei gut und die seien auch
entsprechend fair in der Regierung auszutragen. Im Interesse der
Partei sei es aber notwendig, dass nicht womöglich dann kleine
Giftmischer wie die Redakteure hier meinte er-besonders Nowotny
herangezogen werden, um dann womölgich als Richter zu entscheiden.
Hier könne er nicht genug warnen, wem sagt er dies, und erwähnte
dabei meinen Namen. Ich meldete mich natürlich soofrt zu Wort
und erklärte, dass ich erstens Nowotny nicht bestellt habe, da
ich normalerweise und üblicherweise Gespräche mit Journalisten
nur in meinem Pressefrühstück, d.h. in Öffentlichkeit mit allen
anderen immer verhandle. Dass zweitens Nowotny sehr gut informiert
war und die Gegensätze in der Frage zur Lösung der Ölkrise unbe-
dingt herausarbieten wollte. Ich habe sogar, um ihm keinerlei
Anhaltspunkte zu geben, die wirkliche Differenz innerhalb der
Regierung, wo ich nämlcih zeitgerecht Massnahmen setzen wollte,
auch dann wenn sie nur optisch gewesen wären, mitgeteilt. Drittens
bemerkte ich, dass wenn in einer Kompetenz ein Problem zu behandeln
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ist und eine Linie festgelegt ist, ich erwarte, dass man mit
mir spricht, bevor man diese Linie ändert. Kreisky erwiderte,
dass die Entwicklung mir ja recht gegeben hat, dass aber niemals
eine Linie geändert wurde und erklärte, warum ich ursprünglich als
Landwirtschaftsminister vorgesehen war. Seiner Überlegung nach
hätte ich auf Grund meiner Tätigkeit in den Fonds und als auch
sonst mit den Landwirtschaftsproblemen sehr stark Beschäftigter
dieses Ressort übernehmen sollen. Scheinbar hat ihn eine Bemerkung
im Bericht des Nowotny doch meine wirklichen Freunde Benya und Wald-
brunner verhinderten, dass ich eben Landwirtschaftsminister wurde
und zum Handelsminister vorgeschlagen wurde, ihn am härtesten ge-
troffen. Was die Bewirtschaftungsfrage betrifft, so sei von der
Regierung eben alles nur vorzubereiten gewesen und ganz besonders
hätte er die Samstag-Besprechung in seiner Wohnung mit der ÖMV er-
geben, dass die alles notwendig sei. Ich konnte mich nicht
zurückhalten ohne in einem Zwischenruf zu sagen, dass er von fal-
schen VOraussetzungen ausgegangen ist, sich von mir nichts sagen
liess und wie ich glaube, von der ÖMV abgelogen wurde. Er selbst
meinte übrigens, dass er immer gegen die Bewirtschaftung gewesen
ist, was sicherlich in einer gewissen Phase stimmte, wogegen ich
mich nur zur Wehr setzte und in Hinkunft auch mich zur Wehr
setzen muss , ist dass in meine Kompetenz ohne mit mir zu reden,
hineinregiert wird.
Heindl, mit dem ich üer diese Frage sprach, meint, das ihn weniger
das Verhalten Kreisky empörte als der Versuch Androsch's in dieser
Frage die Bewirtschaftung mit Gewalt durchzusetzen. Hier sei ihm be-
sonders aufgefallen als Androsch bei einer Vorstandssitzung im
ARBÖ, wo er an meiner Stelle eingeladen war, und der ARBÖ selbst woll-
te auch die Bewirtschaftung, dort dezidiert erklärte, man muss
eben regieren als Vorwurf scheinbar gegen das Handelsministerium,
das hier zögerte. Kirchschläger fragte mich, wieso diese ganze
Sache so tief gehen konnte und ich erklärte ihm, dass es bei mir
wohl sehr tief gegangen ist und wie weit Kreisky jetzt betroffen
ist, kann ihc nicht feststellen. Nach seinen Äusserungen nachher
legt er grössten Wert darauf, alles als bereinigt zu betrachten.
Liebenswert war wirklich Rösch, der sich schon seit Wochen bemüht,
mit zu bestätigen, dass er in jeder Beziehung mich unterstützen
würde und immer wieder fragt, ob ich auf ihn auch bös bin.
Dazu hätte ich gar keinen Grund, wie ich ja überhaupt glaube
weder einem selbst noch natürlich die Regierung auch nur ein
STück weiterbringt. Ich selbt war, wenn ich so sagen darf, immer
ein sonniges Gemüt, mit niemandem bös, weil ich glaube, die
menschlichen Schwächen zu kennen und daher eigentlich immer alles
entschuldigte. Fehler, die halt geschehen, ich niemals bei anderen
sondern höchstens bei mir suchte und noch suche, sodass mir dies
sicherlich allzu leicht als Schwäche vielleicht sogar als Feigheit
um einen Streit zu vermeiden, auslegen kann. Wichtig ist eines
und das muss ich heute, nachdem ich ja durch die Entwicklung
recht bekomme, mir selbst eingestehen, dass ich eine Phase gehabt
habe, wo ich eigentlich nicht wusste, was zu tun sei, resp. meine
Meinung nicht in eine vollkommen klare Haltung im ministeriellen
Jargon "Weisung" zum Ausdruck brachte. Dies bedeutet dass sofort
die Massenmedien erkennen, heir ist eine gewisse Schwäche, diese
nützen auch,dann wenn sie einem wohlgesinnt sind und dann beginnt
eben der unheilvolle Lauf. Ich glaube und bin fest überzeugt, dass
die Informationen, die ich damals insbesondere von der ÖMV bekommen
habe unzulänglich waren, in vielen Fällen sie mich sicherlich
auch angelogen haben und dadurch auch die Glaubwürdigkeit meienr
Aussagen sehr gelitten hat. Viele gute Freunde haben mir damals
immer wieder gesagt, wie Du uns das erklärst, kann es ja stimmen,
aber der Anschein spricht gegen Dich.
Lanc berichtete, dass die Einführung der Sommerzeit 1974 vom
Stnadpunkt der Bundesbahnen unmöglich ist. Kalz hat zwar mir gegen-
über seine Behauptung, dass es zwar schwer aber ohne weiteres
möglich ist, auch auf einer Information, die von dem Sachbear-
beiter ihm vorgelegt wurde, dahingehend bestätigt, dass er diese
Information handschriftlich so veränderte, dass aus dem unmöglich
ein "mit Schwierigkeiten verbundenes Möglich" wurde. Lanc hat
dann auch noch mit Sekt.Chef Jiresch über die Aussprache, die ich
mit Kalz bei den Spitzbuben hatte, wo Jiresch anwesend war und
meine Behauptung bestätigte, weitere Gespräche geführt, ich erfuhr
aus diesem Gespräch, dass Kalz sogar als ich schon weggegangen bin
am Tisch noch immer gegenüber Jiresch auch betonte, dass seine
Behauptung in der Öffentlichkeit die Einführung der Sommerzeit
sie möglich, tatsächlich von ihm auch zu diesem Zeitpunkt noch
vertreten wurde.
Über das 100 km-Tempo-Limit entspann sich eine reichliche Diskussion
da Broda die Aufhebung für die Autobahn wollte und Kreisky meinte,
dass die Chauffeure unter einem riesigen Stress auf der Autobahn
leiden. Lanc vertritt den richtigen Standpunkt, dass er vorerst
abwarten muss, was die Arbeit des Kuratoriums für Verkehrssicherheit
bringt und dann im April über diese Frage diskutieren wird, be-
vor er eine endgültige Entscheidung trifft. Da die Derzeitige
Verordnung ja bis 1. Mai befristet ist, muss er auf alle Fälle
eine nue, auch wenn sie nur für Bundesstrassen gelten soll, erlassen.
werden. Veselsky verichtete, dass er im Einvernehmen mit dem Finanz-
minister jetzt die Freigabe der ERP-Mittel in der Regierung bean-
tragen wird.
Bei der Ministerratssitzung machte Kreisky aufmerksam, dass
wenn für die Herbstsession noch Gesetzesentwürfe ins Parlament
kommen sollne, sie spätestens am 5. 2. dort eingelangt sein müssen,
weil dies die letzte Zuweisungssitzung sein würde. Androsch be-
richtete über die Tagung in Rom und ergänzte, dass insbesondere
natrülich die Ölfrage die Kreditfascilitäten für dieses Problem
zur Diskussion standen. Die Industrieländer müsstne 50 Mia $
mehr aufwenden und ganz besonders für die Entwicklungsländer
seien die 10 – 12 Mia $ , die sie für die höheren Ölpreise
bezahlen müsstne, unerschwinglich. Z.B. für Indien sei
dies eine Katastrophe. DIeser BEtrag für die Entwicklungsländer
entspricht annöhernd der derzeitigen gesamten Entwicklungshilfe.
Über den französischen Richtungswechsel sei er auch sehr erstaunt
gewesen, denn in Rom hätte Giscard d'Estaing und Schmidt noch ver-
einbart, dass die Deutschen einen Stand-by-Kredit den Franzosen
geben würden, damit diese festwürde ich sagen zentraleuropäi-
schen Währungsblock bleiben. Die Franzosen, die sich ganz besonders
gegen das Floaten bis jetzt ausgesprochen haben, haben aber dann
letzten Endes im Ministerrat schenbar entgegen der Empfehlung von
Giscard d'Estaing beschlossen, so wie Italien und England zum
Floaten überzuwechseln.
In der Fraktion des Handelsausschusses, aber auch selbst beim
Handelsausschuss wurden die zwei Gesetzentwürfe ohne besondere
Probleme genehmigt. Es waren auch vollkommen uninteressante Mate-
rien, die Meistbegünstigung für Bulgarien und ein internationales
Strassenübereinkommen.
In der Früh hat mich der ehemalige AK-Kollege und derzeitiges Vor-
standsmitglied der NEWAG Jolly Riedl besucht und mich durch Zufall
aufmerksam gemacht, dass um 9 Uhr die Strompreissitzung mit allen
EVUs und Kammern abgehalten wird. Ich konnte mir nicht verkneifen, dort
zu erscheinen, um einleitend insbesondere zu appellieren, dass mna
doch versuchen sollte, einen Akkord zu erreichen. Burian und die
Herren der Verkehrssektion waren dies sicherlich nicht gewohnt,
denn sie erschienen erst um 1/4 10 Uhr, Singer dagegen war selbst-
vertändlich anwesend und führte dann auch den Vorsitz in der Verhand-
lung. Nach dem Handelsausschuss kam ich nach vierstündiger Debatte
gerade zurecht als man von Seiten der EVUs sehr ungehalten war, dass
eigentlich nur die Landwirtschaft sich zumindestens mit den 8 Groschen
einverstanden erklrät hat, während die Handelskammer, Industriellen-
vereinigung aber auch die AK bis jetzt überhaupt nichts ssagten. Ncoh
immer versuchten dann einzelne Redner der Elektrizitätswerke zumindestne
10 Groschen zu bekommen,obwohl ich ihnen andeutete, dass dies wahr-
scheinlich nicht möglich sein würde. Die Hauptschwierigkeit sehe ich
momentan darin, dass die Präsidenten zwar im Prinzip zwar zuge-
stimmt haben, dass wir auf dieser Linie operieren sollen aberschein-
bar nicht bereit sind, ihren Kommissionsmitgiedern diese Empfehlung
weiterzugeben, resp. sie bestätigen zu lassen. Ich muss deshalb utner
allen Umständen insbesondere Sallinger und Mussil auf dieses Kon-
zept noch festlegen. Igler habe ich im Bristol getroffen, habe ihm
von dieser Sitzung erzählt und darauf hingewiesen, dass eine klare
Entscheidung nontwendig ist. Igler erklärte mir neuerdngs, er steht
zu den 8 Groschen auch für die Industrie.
Das von Geist gegebenen Mittagsessen für Abs, an dem auch Kreisky
Androsch, Grünwald und ein Direktor von Steyr-Daimler-Buch und
scheinbar ein Begleiter von Abs teilnehmen, war für mich insoferne
interessant, weil Abs als Berater des Iran meinte, es bestünde die
Möglichkeit, dass wir tatsächlich mit ihnen zu einem Arrangement
über eine Raffinerie kommen könnten. Kreisky bekräftigte neuerdings,
dass diese Raffinerie nur in Österreich gebaut werden kann und Abs
meinte, wenn dies als Modellfall für die Perser interessant wird,
könnte er sich vorstellen, dass auch der Schah letzten Endes zustimmt.
Mich itneresierte primär, wieso die deutsche Konzeption noch
nicht abgeschlossen ist und Abs erklärte mir, weil sie in Deutschland
mit einer Perfektion und in einer GRösse operierten, die einen solchen
Abschluss erschweren. Die Deutschen möchten einen 25 Mio Raffinerie
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hinstellen und die Frage ist, wie die von dort erzeugten halbferti-
gen Produkte nach Deutschland transportiert und dann in deutschen
Raffinerien neurdings auf Endprodukte verarbeitet weitergegeben wer-
den solle, d.h. zu welchen Preisen es möglich ist, noch eine rentable
Produktion in Persien und in Deutschland dann zu ermöglichen.
Das Projekt sei noch nicht gescheitert, aber je länger mandarüber
spricht, umo unwahrscheinlicher werde die Verwirklichung. Es ist also
nicht, wie ich angenommen habe, an den Kreditbedingungen gescheitert,
die Deutschen müssen sie voll bezahlen und sind scheinbar dazu acuh
bereit, sondern an der Unmööglichkeit, kostenmässig über die Runden
zu kommen. Abs erklärte aber dezidiert, dass er Bonn im Iran
nicht vertritt und daher auch keinerlei Einfluss auf deutsche Ge-
schäfte in Iran nimmt, weil er eben als Berater des Schah nicht in
doppelter Funktion tätig werden will. Er ist aber gerne bereit,
für Österreich ein Wort einzulegen. Interessant ist nur, dass
mir Igler, den ich wie gesagt durch ZUfall traft, dann nachher
sagte, er hofft, dass wir, wenn wir nach Iran fahren mit einem Öl-
konzept nur auftreten. Ich versicherte ihm, dass dies sicher nicht
der Fall sein wird, weil wir vorher noch eine entsprechende Aussprache
im kleinsten Kreis der Kommissionsmitglieder mit der ÖMV haben
werden.
Im Parlamentsklub hat Kreisky über seinen Bericht udn dann ganz be-
sonders über die Zeitungskonzentration Kronen-Zeitung und Kurier
gesprochen, die bekanntlicherweise mit 35 % verschränkt werden.
sollen. Er meinte, dass besonders in nächster ZEit die Pressefreiheit
wir-d diskutiert werden und viele Herausgeber in Wirklihckeit
nur das Geschäft sehen. Die Regierung und ganz besonders ihn möchte
man jetzt in einem Kampf reinzeiehn, dessen Ziel er noch nicht
klar und deutlich sieht, denn in den Ländern dominiert ja meistens
auch eine Landeszeitung dund dieser Zustand ist gerade der sogenannten
unabhängigen Presse recht. Nur in dem Kampf gegen den zu erwartenden
Giganten SOLL DIE Regierung womöglich allein auftreten und die
Zeitungen selbst würden dabei nur ihhr Geschäft machen wollen.
Androsch berichtete, so wie in der Regierungsvorbesprechung und
ergä nzte nur, dass nicht die Absicht besteht, von der OeNB und gar nc
nicht vor ihm, das jetzige System aufzugeben. Österreich wird
deshalb zu den zentraleuropäischen Währungen den womöglich festen
Kurs beibehalten. Da der Franc nur mit 5 % Anteil darin fungiert,
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spielt das keine entscheidende Rolle. Die österr. Wirtschaft
hat durch die Aufwertung des Dollar von 16 auf 21 S mit einem
20 %-igen Anteil viel mehr profitiert als sie jetzt eventuell
durch die Franc-Abwertung mit dem 5 %-igen Anteil verlieren
könnte. Androsch sprach sich auch ganz entschieden gegen den
big bargain aus, weil darin nichts anderes als eine neuerliche
Steuersenkung von ihm erwartet wird. Das Stabilisierungsabkommen
läuft und er wird jetzt mit den Landesfinanzreferenten über die
Durchführung dieses Abkommens aber über eventeulle Massnahmen
Besprechungen führen. In der Diskussion beschwerte sich Pölz
dass die Ausfinanzierung der Kommunalbauten nicht möglich ist
udn dass insbesondere bei den Wohnbauten die Mehrwertsteuerbe-
lastung etzt auf die Mieter überwälzt werden muss von den Ge-
nossenschaften und teilweise schon überwälzt wurde, war zu
grosser Unruhe geführt hat. Teschl hat besonders auf die Nachfolge-
wirkung der Ölpreiserhöhung hingewiesen und Tull und Pansi be-
schwerten sich insbesondere über die zu erwartende Verteuerung
des Nachtstromtarifes und Pansi ganz besonders über die Ölpreis-
erhöhung für Heizöl extra leicht. Da ich zitiert wurde setzte
ich dem Klub die Preispolitik auseuinander und habe das GEfühl,
dass ich sie doch überzeugen konnte. Ich werde natürlich be
strebt sein, den Heizölpreis extra leicht nicht allzusehr anzu-
heben, kann aber noch nichtskonkretes sagen, weil diesbezügliche
Vorschläge noch nicht bei mir eingelangt sind. Bauer, denich
dann beim Empfang getroffen habe, hat mich ersucht, dass wir
am Donnerstag im kleinsten Kreis zusammenkommen sollen. Die
Anhebung des Nachtstromtarifes nicht an den Tagstromtarif sondern
um denselben Groschenbetrag haben glaube ich alle eingesehen.
Tull beschwerte sich auch, dsss man von 1.- S für die Ge-
sundheitssteuer sprach und dann sich herausstellt, dass nur 55
Groschen übrigblieben. Tull möchte überhaupt mehr, dass der
Klub mit eigener Pressebetreuung stärker in ERscheiung trifft,
was Kreisky dann in seinem Schlusswort als verständlich und
unterstützungswürdig erwähnte. Dass der Finanzminister die
Steueranteile sich von dem 1.- S Zigarettenpreiserhöhung
dringend braucht, hatner in seinem Schlusswort bemerkt, aber
ganz besonders auch Robert Weisz darauf hingewiesne, dass
er meinte, der Schilling mache 0,2 % aus und bedeutet, dass
der Finanzminister durch die Index-Bindung der öffentlichen
Gehälter dafür 100 Mill. S im Jahr aufbringen muss. Die Über-
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legung, die Heizölverteuerung für die Mindestrentner abzugelten,
bedeutet auch, dass jede Rentenerhöhung um 10 S und diese würde
nicht annähernd ausreichen immerhim dem Finanzminister 56 Mill. S
kostet.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Diese Index-Belastungen hat früher in der Arbei-
terkammer Krämer immer bei Auftauchen des Problems errechnet. Bitte
veranlasse, dass dies bei unsim Haus wahrscheinlich durch Dipl.Kfm.
Marsch geschieht und mit Krämer sofort immer an-gestimmt wird. Ich
brauche dringenst immer diese konkreten Belastungen.
IN der Sektionsleitersitzung wurdeich ähnlich bei den anschliessenden
Stadtgesprächen natürlich immer wieder über Energiesituation gefragt.
und man erwartet von mir , dass ich restlose Auskunft über Probleme
gebe, die ich beim besten Willen oft nicht geben kann. Ich glaube,
dass die in Wirklichkeit der Grund des Missbehagens nicth nur über
die Situation, die die Bevölkerung trifft, sondern auch über die schein-
bar unbefriedigenden Antworten, die ich nur geben kann, Zum Glück hat
mir die ÖMV seinerzeit gesag,t sie bräuchteunbedingt 200.000 t Benzin-
reserve, sodass ihc auf Grund dieser Notwendigkeit der Bevölkerung die
Pickerl-Aktion erklären kann. Dringend erscheint mir aber, alle
Vorkehrungen zu treffen, dass man tatsächlich, wenn dieses Lager
erreicht ist, sofort die Aktion unterbricht. Da die ÖMV es aber
mehr oder minder in der Hand hat, durch zusätzliche Importe dieses
Lager tatsächlich frher zu schaffen als vielleicht aus ihrer Produktion
möglich sit, glaube ich,dass hier eine neue Gefahrenquelle besteht.
Die internationalen Gesellschaften haben keine Möglichkeit Bevorratung
anzulegen, ihre Lager sind als Manipulationslager meistens belegt,
so verbleibt eigentlich nur die ÖMV.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Wir müssen uns unbedingt absichernund vielleicht
kannst Du das über andere Kanäle klären, welche Intentionen die ÖMV
hier wirklich hat. Vielleicht kann Elsinger dies herausfinden.
Die Stadtgespräche, ob die Zukunft Zukunft hat, waren natürlcih
sofortin einer anderen Richtung gelaufen als Zilk dies beabsichtigt.
Die meisten, um nicht zu sagen, die meisten Diskussionsredner inter-
essierten sihc natürlich für die unmitelbare Pickerlaktion und die
sogenannten Energiekrise und viel weniger über die grossen Perspek-
tiven ob die österr. Wirtschaft und die Bevölkerung überhaupt eine
Zukunft hat. Da aber auch zwischen den Politikern und Interessens-
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vertretungen in dieser Frag-e keine Differenz bestand, ja sogar
Hanussen, ein Wahrsager, der vom ORF eingeladen wurde, auch er-
klärte, dass Österreich eine gute Zukunft hat, so gab es in Wirklichkeit
gar kein Kontra sondern nur Pro. Der ORF hat aber vorher sogar noch
eine Studie von IFES machen lassen, aus der doch hervorging, dass der
Grossteil der österreichischen Bevölkerung beruhigt in die Zukunft
sieht aber mit einem gewissenGEfühl, es müsste etwas gesehen und so
kann es nicht weitergehen, sein UNbehagen zumAusdruck bringt. Ich glabue
ja überhaupt, dass die österr. Bevölkerung nicht zuletzt durch die
Massenmedien beeinflusst, zuest die Energiekrise überhaupt nicht
zur Kenntnis nahm, dann am Rande gestreift davon betroffen wurde und
jetzt sofortin die gegenteilige Meinung verfällt, wer weiss, was da
noch alles geschehen muss und geschehen wird.. Einen MIttelweg
zu finden, mag aber wirklich schwer sein.
Tagesprogramm, 22.1.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 102. Ministerratssitzung, 22.1.1974
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