Samstag, 19. Jänner 1974
Vizeminister Manschulo hat mit den Amerikanern in Wien Bespre-
chungen über die Gemischte Kommission, die in nächster ZEit in
Moskau stattfinden wird. Interessant war, dass die Amerikaner nicht
nach Moskau und die Russen niet nach Washington fahren wollten.
Scheibnar sollen die Vorbereitungen doch intensiver sein als
dies z.B. zwischen Österreich und der Sowjetunion zutrifft.
Andererseits war es interssant, dass man fadür Österreich – Wien –
gewählt hat. Da ich diese Gegelnheit nützen wollte, wir haben
durch einen reinen Zufall den Aufenthalt Manschulos erfahren,
lud ich ihn zu einem Essen oder sonstigen Treff ein. Da ab
mittags die offiziellen Besprechungen mit den Amerikanern wahr-
scheinlich mit eine -Dinner eingeleitet wurden, kam nur eine
Besprechung in meinem Ministerium zustande. Bie dieser Gelegenheit
erfuhr ich, dass Manschulo uach eine Besprechung mit dem Bundes-
kanzler gehabt hat.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Versuche bie Reiter zu klären, wer die Aus-
sprache wollte und was zur Debatte stand.
Gen.Dir. Bauer, der hier nicht als ÖMV-Mann sondern als Vorsitzen-
der der Gemischten Unterausschuss-Gruppe Gas und ÖL anwesend war,
hat mich in einer Vorbesprechung ersucht, ich sollte unter
gar keinen Umständen auf die Ölfrage stärker eingehen, weil er
dadurch befürchtet, dass der Ölpreis, der von der SU jetzt neuer-
dings erhöht wird, vorzietig in die Diskussion geworfen wird.
Der österr. Ölpreis ist auf den irakischen Preis gebunden und
liegt derzeit etwas über 7 Dollar und wird sich wahrscheinlich
verdoppeln. DIese Gefahr besteht. wenn die Sowjets auf dem Wort-
lauf des Vertrages beharren und die echte Bindung an den irakischen
Preis tatsächlich durchdrücken. Seit 1. Jänner 1974 gelten die
neuen Preise, owbohl über die Höhe noch neiamdn verhandelt hat
und auch noch nicht endgültig fixiert wurde. Dies ist überhaupt das
neue Phänomen auf dme Ölmarkt, da-s mna bereits jetzt die einzelnen
Mengen kauft, raffiniert und die Produkte verkauft, ohne den end-
gültigen Einstandspreis zu wissen. Bei Gas selbst, das überhaupt
nicht zur Debatte stand in der Vorbesprechung, weiss ich, dass
die ÖMV den doppelten Betrag von der seinerzeitigen 1,5 Mia Gas-
menge für die zusaätzlich 500 plus 200 Mill. bezahlen muss.
Die Energieverteuerung wird in den nächsten Monaten uns ganz hart
treffen.
An der Aussprache mit Manschulo nahm neben dem sowj. Handelsrat
auch noch der Botschaftssekretär, der sihc mit Wirtschaftsfragen
beschäftigt teil. UNsererseits war Fälbl und Bukowski anwesend.
Bukowski hat, obwohl er jetzt längere Zeit nicht mehr russisch
gesprochen hat, ein phantastisches Sprachtalent und -kenntnisse
und deshalb auch als Dolmetscher fungiert. Einleitend habe
ich dem Minister herzlichst gedankt für die zusätzlichen Gas-
lieferungen und insbesndere auch für das Verständnis für die
Öllieferungen und diesen Dank hat sich auch Bauer angeschlossen.
Bei dieser Gelegenhiet habe ich auch die sowj. Seite zur Eröffnung
der Transaustria Gaslinie TAG nach Wien eingeladen. Bauer hat
mich darum ersucht und Manschulo hat auch akzeptiert. Ich ver-
sprach aber noch, dass diese Einladung noch schriftlich ausge-
srpochen wird.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bei der Gemischten Kommission im März
in Moskau werde ich diese Einladung
widerholen, bitte stelle bis dorthin
fest, an wen die ÖMV denkt. AH-Ministerium
Gas-Ministerium und wer sonst noch in
Frage kommt.
Bauer legte Wert darauf, dass er nach Abhandlung dieses Problem die
Sitzung verlassen könne und ich habe dafür eigentlich vollstes Ver-
ständnis gehabt. IN weiterer Folge hbe ich insbesondere auf die
Durchführung des Zehn-Jahresvertrages und der Wünsche von Kossygin
und Kreisky bei seinem letzten Wien-Besuch gesprochen Das seiner-
zeitige Elaborat, welches wird mit der sowj. Seite ausgehandelt
hatten, steht derzeit meist noch am Papier-. Die VÖEST hat ein
Aide memoire damals vorgelegt, kommt aber selbst mit Peletierungs-
anlage an der finnisch-sowj. Grenze nicht weiter. Manschulo
wies darauf hin, dass er diese Gegend mit irgendjemanden sogar
mit Hubschrauber besichtigt hat, weil dort noch Sümpfe sind und
die Entscheidung daher noch überhaupt nicht gefallen ist. Manschulo
wies auch darauf hin, dsss man seinerzeit vereinbart hat, dass
Österreich Gussteile nach der SU liefern könnten. Nun stellt
sich heraus, dass die SU z.B. für landwirtschaftliche Maschinen
zehntausende Stück von diesen Gussteilen benötigt. Dies könne aber
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von der österr. Industrie nicht geliefert werden. Die SU anderer-
seits muss so grosse Serien verlangen, weil nur dadurch eine
rentable Preisbildung möglich ist. Derzeit finden zwischen sowj.
Aussenhandelsfirmen und österr. Autoersatzteillieferanten Bespre-
chungen über einen etnsprechenden Export in die SU statt. Ich
verwies darauf, dass in dm letzten Jahr insbesondere bis zum
Monat November das Aussenhandelsdefizit gegenüber der SU bei
300 Mill. S beträgt. Unsere Importe sind ziemlich gleich geblieben
während die Exporte deutlich sichtbar zurückgegangen sind. Ich
urgierte auch die Anschlussaufträge für die weiteren 4 Wolga-Schif-
fe, auf die die Korneuburger Werft rechnet. Bisher war die sowj.
Seite mit unseren Flusschiffen aus Korneuburg sehr zufrieden.
Manschulo bestätigte dies und meinte, eine endgültige Entscheidung
sie noch nciht getroffen, dies werde aber jetzt gerade ver-
handelt. Manschulo selbst ahtte einen einzigen Wunsch, nämlich
er hört, dass die sowj. Autos durch die Diskriminierung bei
den Zöllen jetzt in Österreich schwer absetzbar seien. Da die
deutschen Autos und auch die anderne im RAhmen der EFTA und
der EWG heute zollbegünstigt gegenüber der sowj. Seite werden
könnte die GEfahr bestehen, dass die sowj. Autos sich von Öster-
reich ganz zurückziehen müssen. Wir haben seinerzeit zugesichert,
dass eine allzu grosse Diskriminierung durch die EWG nicht
entstehen wird. Zu diesem Zweckm hätte ich bereits bei der
letzten Gemischten Kommission erwartet, dass die sowj. Seite
mich in dieser Frage ansprechen wird und wir hatten ein System
ausgearbeitet. ICh habe Manschulo deshalb zugesichert, dass
im Rahmen des Handelsministeriums derzeit an einer Lösung
gearbeitet wird, wonach die sowj. Autos dann ebenfalls
zollbegünstigt eingeführt werden könnten. Da wir die Japaner bei
dieser Gelegenheit nichtm zollbegünstigt nach Europa kommen lassen
wollen, besteht die Absicht, einen gewissen Bodenabstand der Autos
für eine Zollbemessung zugrndezulegen. Da die sowj. Autos einen
sehr hohen Bodenabstand – minidestens 17 cm haben, wird jetzt im
Handelsministerium mit dem Finanzministerium konkret über eine
Zollermässigung für Autos mit einem höheren Bodenabstand als
17 cm verhandelt. Fälbl wird mit dem FM unverzüglich die
konkreten Verhandlungen aufnehmen. Durch eine solche Regelung
können wir weltweit diese Zollermässigung geben, sind damit
GATT-konform und setzen uns doch nicht der Konkurrenz bei japani-
schen Autos aus.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte die entsprechenden Vorarbeiten so weit
vortreiben, dass sie bei der Gemischten sowj.
österr. Kommission in Moskau endgültig vor-
liegen.