Montag, 14. Jänner 1974
Beim Jour fixe beschwerte sich Sallinger und Mussil über die
Belangsendung wo sie und Schleinzer als Preistreiber hingestellt
Wurden. Da ich im Prinzip immer ablehne über Belangsendungen zu
diskutieren, habe ich auch auf diese Vorwürfe überhaupt nicht
reagiert. Mussil meint, ich werde jetzt auch in eine ähnliche
Situation kommen, wo ich als Preisminister entsprechende Ent-
scheide zu treffen habe und gleichzeitig als Gewerkschafts-
obmann oder in meiner sonstigen Funktion in der Arbeiterschaft
als Konsumentenvertreter auftrete. Mussil vergisst nur eines,
dass ich mir dieses Zwiespaltes vollkommen bewusst bin und
deshalb äusserst vorsichtig bei allen meinen Entscheidungen
und insbesondere bei dem Weg, wie es zu dieser Entscheidung
kommt, vorgehen werde. Ein typisches Beispiel ist der Elek-
trizitätspreis. Mussil meinte, sie hätten 120 Punkte Änderungs-
wünsche, wie ich sie von den Ländervertretern ihrer Kammern
bekommen hätten. Der später zugezogene Dr. Rief hat sich ins-
besondere aber nur auf die stromintensiven Betriebe der Industrie
und deren Wünsche konzentriert. Eine Aufstellung des Energie-
konsumentenverbandes, die wir gar nicht gesehen haben, ich habe
mich deshalb sofort bei Frank darüber beschwert, zeigt eindeu-
tig, dass insbesondere die Gewerbetarife, die geringste Belastung
erfahren, Wenn ein 8-Groschen-Satz zur Anwendung kommt. Kritisch
wird es in Wirklichkeit nur für die Nachtstromtarife. Für die
Stromintensiven möchte die Handelskammer 3 Groschen maximal
akzeptieren. Mussil verlangt ausserdem, dass vorher der Zucker-
preis geregelt werden soll, hat allerdings dann Rief den Auftrag
nur gegeben, er soll eine Andeutung machen, dass der Zucker-
preis so lange schon unbefriedigt verhandelt wird, während der
Strompreis verhänltnismässig schnell erledigt wird. Mussil
verlangt die Abhaltung eines Vorprüfungsverfahrens, welches ich
ihm erklärte wird bereits jetzt seit Oktober des vorigen Jahres
durchgeführt. Die Arbeiterkammer verlangt die Investitionsver-
wendung der Erlöse und die Landwirtschaftskammer hat ein Dutzend
Ausnahmen, von denen einige erfüllt werden. Sallinger und Mussil
besonders beschwerten sich, dass jetzt doch die Regelung der
Bauern mit dem gefärbten Diesel Nicht zuletzt deshalb weil
Androsch jetzt über diesen Weg gewisse Budgetmittel bei den
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Bauern 380 Mill, aber auch bei der Bundesbahn 100 Mill. S
ersparen will. Mussil attackierte mich, weil ich seinerzeit
mich gegen diese Lösung ausgesprochen habe. Ich erwiderte aber,
dass dies eine Forderung des Verhandlungskomitees der ÖVP vor et-
lichen Jahren gewesen ist und eben jetzt die ÖVP neuerdings
auf die Erfüllung dieser Bauernbundforderung drängt. Mussil
erklärte, dass seinerzeit, als das politische Komitee mit der
Regierung verhandelte, ein Wirtschaftsbunddelegierter nicht
anwesend war. Ich erinnere mich aber, oder glaube mich zu er-
innern, dass sehr wohl ein Wirtschaftsbundvertreter ebenfalls
bei der seinerzeitigen Forderung der ÖVP nach Verwendung des
gefärbten Diesels für die Bauern bei dem Komitee war.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte versuch aus den seinerzeitigen
Aufzeichnungen – vielleicht weiss Reiter
vom BKA was – die Zusammensetzung der
Delegation festzustellen.
Mussil verwies darauf, dass im Juni eine irakische Delegation
in Österreich war und jetzt der Handelsdelegierte vorschlägt,
es soll eine Exportunternehmer-Delegation unter Führung eines
Handelsminister-Vertreters nach Irak fahren.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Die Sektion I soll klären, von wem diese
Idee ausgeht und wer daran interessiert
ist.
Mussil hat Gleissner zugezogen, um die Probleme von Rhodesien
zu klären, da die Handelskammer eine Regelung auf Grund des
AH-Gesetzes ablehnt. Mussil meint, ich sollteihnen noch einmal
schriftlich androhen, wenn weitere Lieferungen nach Rhodesien
erfolgen, würde ich diesen Schritt setzen. Ich habe dezidiert
erklärt, dass der Herr Aussenminister eine befriedigende Re-
gelung benötigt und Mussil hat deshalb vorgeschlagen, die
Handelskammer wird mit Kirchschläger sich in Verbindung setzen.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Ich habe Kirchschläger davon informiert,
der aber auf einer handfesteren Rege-
lung besteht und mit der Handelskammer
darüber verhandeln wird.
Die Israeli hätten eine derartige Dumpingpolitik auf Strumpf-
und Strumpfwaren gemacht, dass die Fa. Ergee und Patria in
Heidenreichstein im Wahlbezirk Mussils aber auch Amazone in Wien
dadurch schwer zu Schaden kommen. Die Handelskammer langt ein
Antidumping-Verfahren, welches ja bereits bei uns bereits uner-
sucht wird.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte in der Grundsatzgruppe über die Probleme
eingehend zu diskutieren und so hoffe ich
auch die anderen Interessensvertretungen
von Massnahmen zu überzeugen.
Sallinger wird jetzt nach der China-Ausstellung nach Pjöngjang
Nordkorea, reisen und hätte Kirchschläger davon informiert. Ich
selbst sowie Kirchschläger sind von dieser Idee begeistert, weil
wir früher oder später Nordkorea auf alle Fälle anerkennen wol-
len. Sallinger intervenierte auch für Sussen resp. Sobotka
zwei Berliner, die ausgezeichnet werden sollen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte klre, ob diesbezügliche Anträge vor-
liegen.
Beim Journalistenfrühstück wurde ausschliesslich über die
Energiesituation diskutiert. Degischer hat dort den autofreien
Tag insbesondere die Strafbestimmungen udn die Exekution des
Gesetzes verteidigt, obwohl er mir nachher versicherte, er hätte
dabei ein ungutes GEfühl. Ich konnte ihm resp. Schwarz
aber auch Schleifer den Vorwurf nicht ersparen, dass der seiner-
zeitige Gesetzentwurf, d.h. der Initiativantrag mit den Referenten
des Hauses abgesprochen wurde. Damals hat keiner auf die Unzu-
länglichkeiten der Strafbestimmungen hingewiesen. Ich versichertte
aber Degischer trotzdem, dass ich die Fehler, die entstandne sind,
auf alle Fä-le decke.
Beim Mittagessen ht mir Zöllner und Blaha versichert, dass sie
bereit wären, einer Anhebung des Futtergetreidepreises um
20 Groschen nicht zuletzt auch wegen der Ersparung der Stützungen
zuzustimmen, wenn Weihs eine Erklärung abginbt, dass eer keine
Exporte von Futtergetreide vornimmt und ausserdem keine Über-
hangsvergütung bezahlt. Ich habe vor der Regierungsbesprechung
mit Weihs darüber gesprochen und von ihm verlangt, dass er mir
dies unverzüflich in einem Brief mitteilt. Weihs hat dem
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zugestimmt, weil er meitn, von Experten könnte überhaupt
keine Rede sien und Überhangsvergütungen hat er auf Futterge-
treide nie bezahlt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte urgiere das Schreiben, falls es nicht
Dienstag eintrifft.
Bei der Besprechung mit den Mineralölgesellschaften wurde mir
erklärt, dass auch der Feber gelaufen ist. Interessant war der
Hinweis, dass Total die Hälfte ihrer Heizöl-schwer-Mengen,
die sie im Dezember aus italienischen Processing abdisponieren
musste, verfallen ist, weil die österr. Firmen, die zuerst
einen Bedarf gemeldet haben, dann nicht bereit waren, das um
1.200 S verhältnismässig sehr billige Heizöl, franco Triest
zu kaufen. Die Ansparung von Benzin für den Sommerbedarf
läuft wie Kreutler sich ausdrückte, zufriedenstellend. Mit
den ziffernmässigen Informationen für Oktober, November, Dezember
die ich der Pressekonferenz in relativen Zahlen mitgeteilt habe,
waren sie einverstanden.
Bei der Ministerratsvorbesprechung, wo Kreisky zu spät kam,
hat er darauf hingewiesen, dass in Wilhelmsburg die Giesserei
mit 550 Beschäftigen in Ausgleich ist. Die Länderbank hat
20 Mill. Kredite gegeben und würde noch weiter helfen, wenn
die nö. Landeshaftung von der ersten Stelle weggenommen wird.
Aufträge seien für 3 1/2 Monate vorhanden, ein Ausgleich aber
abgemeldet, da der Besitzer Schmid ausserstande ist, den Be-
trieb zu führen. Androsch war über den Zustnd des Betriebes
bestens informiert. Sein Büro dürfte also wesentlich besser
funktionieren als unsere Abteilung oder gar unser Early Warning
System.
ANMERKUNG FÜR WANKE: NIcht, dass ich unbedingt Wert darauflege,
aber es ist schon beschämend, wie sehr das
Finanzministerium sehr wohl und das Handels-
ministerium scheinbar gar nicht informiert
ist.
Die umfassende Landesverteidigung wird Dr. Bayer machen und
Kreisky urgierte, dass er Zimmer in der Verteidigungsakademie
bekommt. Kirchschläger hat mir vor der Sitzung die Verteidigungs-
doktin vertraulich uner Verschluss gegeben, da er jetzt über
dieses Papier mit der ÖVP und FPÖ verhandeln wird. INteressant
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ist nur, dass nur ich mit der Wirtschaftlichen Landesverteidi-
gung den TExt, dn er auch wortwörtlich fast übernommen hat,
abgesprochen und letzten Endes die Zustimmung bekommen habe.
Alle anderen Punkte mü-sen erst jetzt vom Aussenminister mit
der ÖVP und der FPÖ verhandelt werden.
Kreisky kam auch auf die Interventionen der Kriminalbeamten
zu sprechen, die im Nachtdienst nicht nach Hause fahren können
und trotzdem vim Magistrat keine Sondergenehmigung bekommen
haben. Er meinte, hier existiert ein alter Gegensatz zwischen
Magistrat Wien und dem Innenministerium. Kreisky meinte, er
hätte sich für mich sehr eingesetzt, ich erwiderte kaltschnätzig
dass die keinesfalls der Fall ist, weil ich die Entwicklung
vorausgesehenhabe und für die Durchführung des Gesetzes nicht
zuständig bin, sondern eben die Landesregierungen. Er meinte,
es müsste doch letzten Endes ins Handelsministerium kommen,
was ich abr sofort aufklärte, dass die erste Instanz die BH
in Wien das Mag. Bezirksamt und in zweiter Instanz die Landes-
regierung ist, dann ist Schluss. Die Feuerwehrorganisationen
haben neuerdings für ihre Mitglieder der Freiwilligen Feuer-
wehr, die zur Brandbekämpfung zum Rüsthaus fahren müssen,
bei Kreisky interveniert. Ich kann sichelich ja nicht mehr die
Verordnung ändern doch glaube ich, dass es wirklich zweckmässig
wäre, wenndie Länder eine generelle Regelung heir treffen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Vielleicht lässt sich hier noch irgendeine
vernünftige Vereinbarung mit den Ländern
absprechen.
Die im Krupp Forstbesitz Beschäftigten in Werfen sind mit dem
Verkauf an die Bundesforste nicht glücklich. Bis jetzt haben sie
Benefizien wie z.B. Werksautobus gratis gehabt und verlieren
diese Benefizien nun. Kreisky ersucht Weihs, er möge sich
dies genau ansehen, da er Auswirkungen auf die Salzburger Land-
tagswahlen befürchtet.
Der ORF verlangt 350 Mill. S für die Übertragung der Olympischen
Spiele 1964 hat er 77,7 Mill verlang,t 17 Mill. für die
Betriebskosten in Zwei-Jahres-Subventionen 1963 und 1964 bekommen.
Die 33 Mill. Investitionen, die er anlegen mu-ste, wurde nur
eine Bundeshaftung ausgesprochen. Im Prinzip meinte Androsch
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hat also der ORF einmal eine solche Unterstützung bekommen und
es bleibt auch nichts anders übrig, als sie ihm auch für die
neue Olympiade in Innsbruck zu geben. ALlerdings müsste das
Olympische Komitee , die es von IOC dafür bekommt, auch dafür
verwenden.
Österreich hat auf Chile 205 in der österreichischen und in einiger
Ostbotschaften, deren Vertretung wir übernommen haben, Asylsuchen-
den bis jetzt die Einreisegenehmigung gewährt. In der Botschaft
befinden sihc noch 16 Personen, für die die Chilenen noch die
salvo conducto geben müssen. Solange die chilenische Regierung
dies nicht tut, werden wir den neuen chilenischen Botschafter,
einem General, nicht das Agreement erteilen. Genauso hat es
Belgien auch getan.
Nach der Ministerratssitzung habe ich mit Broda als ARBÖ-Präsident
aber ganz besonders auch dann dem Verkehrsminister Lanc gebeten,
dass wir uns über die weitere Vorgangsweise mit der Geschwin-
digkeitsbeschränkung einigen. Ich erklärte Lanc dezidiert,
dass ich um rechtlich die Verordnung, die ich voriges Jahr im
Oktober erliess, zu halten, nach wie vor auf dem stndpunkt ste-
hen muss, dass die Hundertkilometerbeschränkung ausschelisslich
aus Sicherheitsgründen erfolgte. Eine Aufhebung dieser Beschränkung
kann dahern ur mehr durch Lanc erfolgen. Lanc war sehr verärgert
und hat sehr ruhig, aber dezidiert erklärt, wenn Hobl irgendwelche
Erklärung abginbt auf Erhöhung der Geschwindigkeitsbeschränkung
auf 120 kMh auf der Autobahn, dann muss er damit rechnen, dass
auch Lanc ohne vorhergehende Absprache mit dem ARBÖ eine
entsprechende Politik machen wird. Broda entschuldigte dies
insofern, als er nach einer Rücksprache mit den Bundeskanzler
erfuhr, dass dieser eine unbegrenzte Geschwindigkeit auf der
Autobahn wieder zulassen möchte. Lanc erklärte dezidiert, er
wird die in siene Kompetenz fallende Geschwindigkeitsbeschränkung
– wenn überhaupt – nur dann ändern, bis das Gutachten des Kurato-
riums für Verkehrssicherheit vorliegt. Broda ist über diese sehr
starre Haltung von Lanc nicht sehr begeistert. Wie mir die ARBÖ-
Funktionäre ja schon einige Male versichert haben, waren sie
mit meiner beweglichen Amtsführung und meiner Konzilianz sehr
einverstanden und fürchten, dass dies bei Lanc nicht der Fall
sein wird. Vielleicht ist es aber ganz gut, wenn Hobl und
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auch einige andere Funktionäre beim ARBÖ erkennen, dass eben
auch eine härtere Gangart gegen sie eingeschlagen werden kann,
ja vielleicht sogar muss.
Kirchschläger hat mir ein Telegramm unseres Botschafters aus
Athen gezeigt,wo dieser anfragt, ob jetzt bereits mit Griechenland
über ein Zolldiskriminierungsabkommen verhandelt werden sollte.
Die Griechen haben vorerst immer erklärt, dass sie erst das
Erweiterungsabkommen mit den EG abwarten wollen.Die neue Re-
gierung dürfte jetzt in dieser Beziehung eine neue Taktik an-
wenden. Kirchschläger hat mit Recht allerdings mir gegenüber
darauf verwiesen, dass es unmöglich ist, dass österr. Bundesre-
gierung als erstes mit den neuen griechischen Regime zu verhandeln
beginnt. Auch dieser aussenpolitischen GEsichtspunkt sehe ich
mich daher ausserstande, dem Wunsch der Handelskammer Rechnung
zu tragen, dass wir jetzt mit Verhandlungen beginnen sollen.
Kirchschläger wird dies dezidiert auch der Handelskammer, wenn
sie wegen Rhodesien vorspricht, sagen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte die notwendigen VOrarbeiten für eine
eventuelle Aufnahme späterer Verhandlungen
jetzt schon zu beginnen, damit die Bundes-
kammer vielleicht ein wenig beruhigt ist.
An Verhandlungen ist derzeit noch nicht
zu denken.
Direktor Holzbach von Waldheim Eberle hat mich angerufen um mit-
zuteilen, dass nachdem seine Druckerei und die Staatsdruckerei
die Fahrpläne machen für das Jahr 1974, ausserstande sind die
Sommerzeit einzuführen. Ich erklärte, Holzbach, der mich nur warnen
wollte, damit ich nicht in eine Fale gehe, dass eine deisbezüg
liche Erklärung, dass die heuer noch möglich ist, der General-
direktor der Bundesbahn Kalz in einem Interview festgestellt hat.
ICh habe am Abend bei den Spitzbuben auch Kalz getorffen, ihn
auf dieses Interview angesprochen und er hat mir bestätigt, dass
sehr wohl eine Einführung der Sommerzeit möglich ist, wenn es
auch gewisse Schwierigkeiten bei der Bahn gibt. Eine Intervention
von Luczensky, der jetzt als Konsulent auch nch in der AK
das Verkehrsreferat betreut und der erklärte, die AK wird
die Sommerzeiteinführung auf alle Fälle ablehnen, zumindestens
für 1974 findet nicht die Zustimmung von Zöllner. Wenn übrigens
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der Generaldirektor der Bundesbahn der Meinung ist, dass
die heuer noch geht, brauchen wir nicht päpstlicher zu sein
als die Bahn selbst.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte die Verhandlungen über Sommer-
zeiteinführung beginnen, aber keine konkreten Termine nennen,
damit wenn sich dann tatsächlich herausstellt, dass die Bahn
dies nicht ismtande ist zu leisten, wir nicht in der Öffent-
lichkeit als Handelsministerium als Falschinformanten hinge-
stellt werden. Wenn die Bahn es nicht imstande ist, dann muss
die Bahn die Öffentlichkeit darüber aufklären.
In der Vertrauenspersonenkonferenz von Hernals habe ich nur übe
aktuelle Probleme gesprochen und ganz besonders natürlich
über die Versorgungs- und Preislage. Interessant war, dass
sich nur mühsam zwei Diskussionsredner stellten, bei der
erste sich nur über die angeblich auf dem Weltmeer schwim-
menden Ölschiffe und der zweite über die Fernheizwerke
und Müllverbrennungsanlagen interessierte. Meine Ausführungen
über die Preissituation und über aktuelle Themen waren ent-
weder so instruktiv und klar, dass sich wirklich niemand
dazu meldne wollte oder die Leute stehen auf dem Standpunkt,
es hilft ja sowieso nichts, warum sollen wir uns hier noch
in der Diskussion anstrengen. Ich hoffe das erstere, dies
behaupten auch viele Kollegen.
Bei den Spitzbuben habe ich Leherb und Profohs getroffen
die sich bitter beklagten, dass noch immernicht ihr Wunsch
bezüglich der Präsentation der Leherb-Plakate ins besonders
in Frankreich richtig erfolgt. Sie beschweren sich immer
wieder über die Vermittler-Firma Gould & Kargl, Pfaffenberger
der Vertreter, hätte für die Belange Leherbs überhaupt
kein Verständnis. Ich habe Heindl sofort zu diesem Gespräch
zugezogen, weil wir in der letzten Direktoriumssitzung von
Langer-Hansel den Bericht erhielten, dass Leherb jetzt mit
allem einverstanden ist uNd ein 8-Bogen-Plakat beim Champs
Élysées affichiert wird, das nicht wie Pfaffenberger will, di
Insel sondern das Popo-Plakat von Profohs zeigt. Antel
teilte mir mit, dsss Sinowatz ein eneues Filmförderungs-
gesetz ausarbeiten liess, das Jungbluth, wie er mir ver-
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sichert, morgen von ihm mir geschickt wird.
Ich habe in meinem Leben glaube ich ein einziges Mal die Spitz-
buben bei der 1.000 Aufführung gehört. Damals haben sie wahr-
scheinlich die besten Lieder, Sketchs und Songs ihrer bisherigen
Tätigkeit zusammengezogen. Damals war tatsächlich die Aufführung
für mich sehr interessant, sehr lustig und auch wirklich sehens-
wert. Von den neuen Spitzbuben haben ich bis jetzt den denkbar
schlechtesten Eindruck. Zotige Witze und Lieder, ich bilde mir
ein, ich bin ncht sehr emfpindlich, abr die haben mir wirklich
in den seltensten Fällen gefallen, wenig politische Satire, fast
kein Angriff auf die Regierung, sodass ich nachdem ich meine Be-
sprechung mit einigen dort Anwesenden geführt hatte, nach der
Pause selhr bald weggegangen bin. Nicht, dass ihc prüde
bin, aber viele der vorgetragenen Witze zeigten wenig Geist und
viel weniger GEfühl, wie man mit Sex oder Erotik sehr wohl gute
Unterhaltung liefern kann. Ausserdem erwarte ich, aber vielleicht
ist das eine Voreingenommenheit, von jedem Conferencier, Stücke-
schreiber und Kabarettisten, dass er und selbst wenn es mit
billigen Argumenten ist, die Regierung doch mehr attackiert as
die Spitzbuben dies glegentlich jetzt tun. Fast würde ich überbeti-
teln: Kreiskys ergebene Spitzbuben. Wenn ein Kabarett so verfällt,
ist die in meinen Augen ein trauriges Zeichen.
Tagesprogramm, 14.1.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)