Donnerstag, der 29. November 1973

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Donnerstag, 29. November 1973

Philipp Schoeller und sein Gen.Direktor von der Vereinigten
Nahrungsmittelindustrie Dr. Pokorny ersuchen mich, ich soll
bei Gratz intervenieren, damit endlich ihre Grundstückstransaktion
genehmigt wird. Das Ankerbrotareal mit 130.000 m2 sollte
gegen 83.000 m2 im Süden Wiens abgetauscht werden. Der ehe-
malige Stadtrat Hintschig hat ihnen versprochen, dass sie
zuerst im April und dann endgültig im Mai mit der Transaktion
rechnen können.Von diesen 83.000 m2 sind 11.000 m2 Grünfläche
mit Sportplatz und einer alten Villa inbegriffen, für die
sie ebenfalls 630 S pro m2 zahlen müssen. Von dritter Seite
habe ich erfahren, dass die Gemeinde Wien deshalb einen so hohen
m2-Preis verlangen muss, weil durch die Grundstücktransaktionen
sich ein solcher exorbitant hoher Preis ergibt. Dadurch müsste
auch für die Ankerbrotgründe ein noch höherer m2-Preis ver-
langt werden. Die Firma hat fest damit gerchnet, dass sie diese
Transaktionen um einen gewissen Millionenbetrag als Ausgleich
zusätzlich erhält, den sie dringend für Investitionen erhält.
braucht. Bei der Preisgestaltung kommt sie in immer
schlechtere finanzielle Situation. und schliesst 1973 mit einem
Millionendefizit. In der neuen Fabrik sollte Schicht gear-
beitet werden, weshalb sie auch beim Sozialminister darauf
drängt, dass das Bäckerei-Arbeiter-Gesetz entweder so stark
novelliert wird, dass man es insbesondere was den frühen Beginn
der Arbeiter betrifft kaum noch braucht, deshalb eigentlich
am besten verschwindet. Die Bäckerarbeitergruppe in meiner
Gewerkschaft hat sich nach jahrelanger Diskussion endlich
auch auf diese Linie eingestellt. Ursprünglich als ihc vor
12 Jahren in die Gewerkschaft kam und diese Idee geäussert habe,
wurde sie natürlich auf das schärfste bekämpft. Der 4-Uhr-Beginn
war ein umunstössliches Sakrileg. Ich selbst habe immer erklärt
es gibt keine andere Möglichkeit, wenn die Industrie überhaupt
gegenüber dem Bäckergewerbe überleben will, dass sie so wie vie-
le andere Betriebe ebenfalls auf Schichtarbeit übergeht. Da-
durch bekommt der Bäckereiarbeiter eine bessere Arbeitssituation
als er sie derzeit hat. Mit dem scheinbar günstigen 4-Uhr-Beginn
muss er täglich zeitig früh aufstehen, in den Gewerbebetrieben
ist die Kontrolle mangelhaft, wird in den seltensten Fällen
auch eingehalten. Eine sauber Lösung als Schichtbetrieb verlangt


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von den Arbeitern nicht ein ununterbrochene Frühaufstehen
gibt ihm einen besseren Verdienst, führt vor allem dazu,
dass nicht zuletzt unsere gewerblichen hundertprozentig
organisierten Bäckereibetriebe der Industrie überhaupt über-
legen können. Die Innung möchtedas Bäckereiarbeitergesetz auf
alle Fälle erhalten, nur den 4-Uhr-Beginn auf 3 Uhr vorver-
legen. Die Industrie erklärt mit der 40-Groschen-Mehlpreiser-
höhung einverstanden zu sein . Schoeller betreibt nämlich auch
eine Mühle, will aber anstelle der 10 Groschen Semmelpreiser-
höhung die beantragten 20 und vor allem einen höheren Brot-
preis als den von Weihs vorgesehenen mit 50 Groschen. Ich
erkläre, dass dafür kaum eine Chance besteht, aber ich mich
auf alle Fälle verwenden werde, nachdem ich vorher schon zum
mit Zöllner gesprochen habe, bei der Arbeiterkammer mich
dafür einzusetzen, dass dafür einzusetzen, dass dafür alle
anderne Produkte kalkuliert werden können. Dies gilt
insbesondere Brösel, Weissbrot und Weisswaren.

Im Institut diskutiere ich mit Lachs, Schmidt, Zöllner
über die weitere Vorgangsweise auf diesem Sektor. Die zwei
sind fest überzeugt, dass maximal 50 Groschen Brotpreiserhöhung
akzeptiert werden könnten. Wie mir Weihs dann allerdings streng
vertraulich mitteilt, hätte er mit Hofstetter bereits gespro-
chen und darauf hingewiesen, dsss vielleicht 50 Groschen
nicht ausreichen. Hofstetter sei angeblich auch bereit, auf
60 Groschen zu gehen. Lachs versucht mir unter vier Augen
zu erklären, dass Benya über die ganze Entwicklung auf dem
Nahrungsmittelsektor insbesondere aber auf dem Brotsektor
sehr wütend sei. Die Bäckergewerkschaft hätte mit 15 %
zu hoch abgeschlossen, da sie 13 Monate jetzt keine Lohn-
bewegung hatten, wären 1 % pro Monat, d.h. 13 % das Maximum
was ausreichend gewesen wäre. Ich versuche Lachs zu erklären,
dass in der Hochkonjunktur, in der wir uns in den letzten
Jahren befunden haben, die Lebensmittelarbeiter trotz der
verhältnismässig hohen Abschlüsse auf dem Kollektivvertrags-
sektor, der in den meisten Fällen auch der Ist-Lohn ist
nicht so gut abgeshcnitten haben als es den Anschein hat.
Die meisten anderen Berufsgruppen haben durch diese Konjunk-
tur wesentlich höhere Ist-Löhne, ich gebe zu, durch Überzah-
lungen, die bei einer Konjunkturdämpfung grösstenteils verloren
gehen oder zumindestens nicht weiter erhöht werden. Lachs


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meint, dass nicht zuletzt durch dieses Verhalten der Lebens-
mittelarbeitergewerkschaft, was natürlich den Widerstand aller
anderen auslöst ? WIE ER SICH AUSDRÜCKT? DIE Chance, dass
ich einmal Benya-Nachfolger werde – wie er sich ausdrückt –
sehr leidet. Ihc versuche Lachs zu erklären, da-s ich
unter gar keinen Umständen Ausnahmen setzen könnte und wollte
nur um irgendwo mich Liebkind zu machen, die ggen unsere
bisherige Taktik der Lebensmittelarbeiter, die ich dort
eingeführt habe und die letzten Endes doch erfolgreich waren,
verstossen würde.

Mit Frau Minister Leodolter, Sekt. Leiter Pindur, Petuely, Schwarz
und Wais gehen wir noch einmal die Lebensmittelkennzeich-
nungsverordnung durch. Bei der letzten Aussprache, wo wir gegla
glaubt ahben, dass es nun endgültig Schluss ist, wurde
bezüglich der Datumskennzeichnung vereinbart, zumindestens
hatte ich dies so angenommen, dass ausser der Tiefkühlware,
wo die Firmen die Aufbrauchsdaten angeben müssen, bei allen
anderen Wahlmöglichkeit des Unternehmens, entweder Abfüll-
oder Aufbrauchsdatum gegeben ist. Nun hat Pindur meiner
Meinung nach sachlich zurecht für Halbwaren wie z.B. Fisch-
marinaden, verlangt, dass man unbedingt das Aufbruchs-
datum draufschreiben muss. Da der Konsument mit dem Erzeugungs-
datumstempel nichts anfangen kann, da er nicht weiss, wielange
die Ware normal hält. Leodolter besteht auf das Aufbrauchs-
datum. Schwarz war über diese Entwicklung nicht sehr glücklic
da er mit Recht sagt, die Industrie nimmt an, dass nach der
letzten Besprechung ein Schlusstrich endlich gezogen wurde.
Ich ersuche ihn, er soll doch neuerdingsmit der Industrie
dieses offene Problem besprechen, da ich grössten Wert
darauf lege, dass die Verordnung noch heuer herauskommt
und deshalb auch im Einvernehmen mit dem Gesundheitsministerium
um erstellt werden muss. Nach dem 1. Jänner ist es zumindestens
nach Ansicht Schwarz's unsere alleinige Kompetenz. Ich möchte
aber unter gar keinen Umständen gegen Leodolter entscheiden,
weil sie damit ungeheure Schwierigkeiten in ihrem eigenen
Haus und mit Petuely im besonderen bekommen würde.



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Schwarz teilt mir mit, dass über die Preiskompetenz mit
dem Landwirtschaftsministerium er einig gewesen ist.
Die Beamten hätten dort auf ihr Mitwirkungsrecht verzich-
tet. Minister Weihs hätte nun diese Vereinbarung umge-
stossen und verlangt die Mitsprache. Weihs versichert mir,
dass er so wie der Finanzminister und Schwarz gibt zu,
dass dies sogar zurecht besteht, die Mitkompetenz bei Markt-
ordnungswaren, das ist Getreide, Milch und Vieh, wie bei
Zucker und Eiern und Geflügel, woe er ein eigenes Gesetz
hat, umbedingt braucht. Ich rsuche Jagoda, da Schwarz bereits
weg war, diesen Standpunkt des Landwirtschaftsministers
in der Vereinbarung mit uns zu akzeptieren und im Mini-
sterratsantrag festzuhalten.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte Schwarz der Standpunkt Weihs
der diesen auch teilt, zur Kenntnis
bringen.

Benya hat seinerzeit bei mir interveniert, dass wir unter
allen Umständen Dr. Singer als Gruppenleiter installieren
sollten. Nachdem es gelungen ist, selbst Min.Rat Kurzl
davon zu überzeugen, teile ich Benya mit, dass es möglich
ist, diesen seinen Wunsch zu erfüllen. Ich erkläre ihm,
dass ich deshalb forh bin, dass diese Lösung möglich
war, weil letzten Endes Singer dann mit dem ÖGB umso leich
ter verhandeln und zu Ergebnissen kommen wird, da dieser
nun deutlich dokumentiert, dass er das Vertrauen des ÖGB
hat. IN den nächsten Jahren wird auf dem Preissektor eine
enge Kooperation zwischen Gewerkschaftsbund und Ministerium
notwendig sein. Im Preisregelungsgesetz ist zwar nur die
AK als öffentlich-rechtliche Körperschaft eingeschaltet,
dovh ist de facto der ÖGB und hier ganz besonders Benya
der entscheidende Mann, der jede einzelne Preiserhöhung
mehr oder minder genehmigen muss. In den vergangenen 3 1/2
Jahren hat Rösch jede einzelne wichtige Preisentscheidung
vorher mit Benya besprochen. Auch ich werde natürlich an
dieser Taktik festhalten. DArüber hinaus muss es mir ja
auch gelingen, im Rahmen der Paritätischen Kommission
durch geschicktes taktisches Verhalten Singers in Preis-
fragen einen stärkeren Einfluss zu bekommen, um nicht


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zuletzt den Vorwurf Benyas, dass sich die Regierung immer
mehr auf die Sozialpartner ausredet, den Sozialpartner-
kompetenzen und Entscheidungen überträgt, weitestgehend
versuchen muss, zu entkräften. Richtig ist, dass man eigent-
lich von der amtlichen Preisregelung die starr und unbeweg-
lich ist, so schnell wie möglich wegkommen müsste. Bis be-
dingt nach der jetzigen Spielregel, dass die Paritätische
Kommission dann diese Produkte bearbieten muss. Wenn daher ei-
ne weitere Auflockerung erfolgt und erfolgen soll, muss ich
Benya davon vorerst davon überzeugen. Dies wird hie vielen
Produkten äusserst schwierig sein, da sie wieder mehr oder
minder in den Bereich der Lebens- und Genussmittel fallen
und damit in den Bereich der Gewerkschaft der Lebensmittel-
arbeiter. Hier wird Benya sofort wierder vermuten, dass
ich aus gewerkschaftstaktischen Gürnden suchen, mich der
Verantwortung als Preisminister zu entledigen. Niemand wird
mir glauben, am allerwenigsten Benya, dass ich mich bis
jetzt bei den Lohnverhandlungen niemals auch deshalb offiziell
eingeschaltet habe, damit nicht ein verdacht entsteht,ich
hätte mir bei den Löhnen geholfen, indem ich preisliche
Zusicherungen gemacht habe. Es aht mir z.B. in der
Angelegenheit Brotpreis und sonstige Preisbildung auf dem
Getreide- und Mahlproduktensektor vorgeschlagen, ich sollte
der Industrie sagen, sie soll so schnell wie möglich jetzt
die Verbraucherpreiserhöhung verlangen und durchsetzen,
damit der Lohnvertrag noch so zum Abschluss kommt, dass
die Weihnachtsremuneration noch von den erhöhten Löhnen
bezahlt werden muss. Ich habe dies-und Zöllner hat
dafür vollstes Verständnis gehabt, entschieden abgelehnt,
da ich darin eine Koppelungsaktion gesehen habe, die ich
auch nicht als Arbeiterkammerdirektor jemals getan habe.
Ich trennte bis jetzt und denke auch in Zukunft dabei zu
bleiben, meine Funktion als sei es wie seinerzeit Kammeramts-
direktor oder Minister und des Gewerkschaftsobmannes der
Lebensmittelarbeiter. Die Tragik liegt nur darin, dass mir
dies niemand glaubt.



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Die Parlamentsverhandlungen üer die Gewerbeordnung hatten zu
einem Ergebnis geführt, das mich selbst sehr überraschte.
Da es mir doch in den dreieinhalb Jahren gelungen ist, die
Gewerbeordnung so zu gestalten, dass ich annehmen konnte, dass
sie einstimmig im Parlament angenommen wird, erwartete ich keine
harte Diskussion. Dass aber letzten Endes Mussil, Sallinger und
ganz besonders Staudinger eine solche Lobhymne auf die Arbeits-
weise und letzten Endes auch auf die Taktik, die ich eingelegt
hatte, anstimmen würden, überraschte mich doch sehr. Staudinger
asl Obmann des Handelsausschusses aber auch des Unterausschusses
hatte vor einigen Tagen mich gefragt, ob ich die Würdigung aller
Beamten und Experten, wie dies seinerzeit auch Piffl-Percevic
bei den Unterrichtsgesetzen getan hat, machen würde. Da mir
diese Art der [Leerstelle im Original, Anm.] gar nicht liegt, erklärte ich Stau-
dinger
, dass dies keinesfalls der Fall sein würde sondern ich
ganz allgemein zwar allen danken würde, aber dies in einem
auch sonst von mir üblichen Art und WEise. Staudinger ersuchte
mcih, ob er deshalb diese Funktion übernehmen dürfte und könne.
Ich hatte dem selbstverständlich sofort zugestimmt, da ich
auf dem Standpunkt stehe, jeder Abgeordnete soll das sagen, wofür
er sich berufen fühlt und in der Art sagen, wie er dies eben kann
und will. Dass aber dann nach meinem Schlusswort ich auch nichts
anderes tat als hinzuweisen, dass letzten Endes es ein Kompromiss
war, das zustandekam, einige Redner hatten darauf hingewiesen,
ein Beifall bei allen Fraktionen des Hauses festzustellen war,
überraschte mich sehr. Vizekanzler Häuser meinte dann spasses-
halber, so etwas hat er noch nie erlebt. Ich bemerkte, hoffent-
lich kriege ich jetzt nicht eine Disziplinaruntersuchung vom
Gewerkschaftsbund. Was mich aber wirklich überrascht hat,
war, dass die ÖVP Sekt.Chef Jagoda heute als den Fachmann ur
den Sektionsleiter nicht nur akzeptiert hat sondern darüber
hinaus feststellte, dass er der beste ist, wenn ich bedenke,
wie bei Beginn seiner Arbeit er umstritten war, dann beweist sich
wieder einmal, wie Tüchtigkeit und Kenntnis selbst den Gegner
stark beeindrucken. Für mich ist es eine Bestätigung, dass
personalpolitische Entscheidungen, die bekanntlich zumindestens
in meinen Augen die allerwichtigsten sind, die man treffen kann,
alles andere ist fast nebensächlich, so fallen müssen, dass
eben ein Fachmann, und zwar immer der beste Mann an die Stelle
kommt, wo er frei arbeiten muss und letzten Endes aber sich dann


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auch gegen den politischen Gegner durchsetzen muss. Diese Politik
haben wir bis jetzt gemacht, sie war sehr erfolgreich und wir
müssen sie auch in Zukunft fortsetzen. Wehe uns, wir treffen eine
falsche Personalentscheidung, die gerade bei der Starrheit des
Beamtenschemas und vor allem einmal des Beamtenschutzes kaum
zu revidieren ist, dann holt uns sichelich der Teufel.

Die Beschlussfassung über die Gewerbeordnung ging – da
vorher eine zweieinhalbtägige Debatte über die grosse Strafrechts-
reform die Aufmerksamkeit nicht nur des Hauses sondern noch viel
mehr der Presse, des Rundfunks und Fernsehens in Anspruch genommen
hatte, eigentlich propagandistisch bis jetzt unter. Ich hörte
wie die ÖVP-Wirtschaftsbundabgeordneten insbesondere Graf, der
Obmann und Sprecher des Wirtschaftsbundes im Parlament, selbst
sehr empört waren, dass bei dem Debattenbeitrag von Mussil nicht
einmal die eigenen Leute alle im Saal waren. Withalm selbst
machte mir gegenüber die Bemerkung, schauen sie sich die Presse-
logen an, die vollkommen leer gewesen sind. Ich glaube, dass dies
nicht zuletztn darauf zurückzuführen ist, weil es eben so wie
immer vom Handelsausschuss um ein einstimmiges Gesetz sich handelt
dass keine starke parlamentarische schwere Diskussionen der Frak-
tionen erwarten liess. Für eine grösser e Möglichkeit haben wir
jetzt systematisch bis zum Inkrafttreten der Gewerbeordnung Mitte
des nächsten Jahres .propagandistisch diese Reform zu verkaufen.

ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte alle Vorbereitungen treffen und einen
Plan erstellen, wie wir jetzt ausser der
wöchentlichen Pressekonferenz, wo Jagoda STück
für Stück der Ausarbeitung der Durchführungs-
verordnung präsentieren wird, weitere Mass-
nahmen treffen können.

Kreisky hat von seinen schwedischen Freunden eine Mitteilung
über die Einschränkung auf dem Energiesektor bekommen. Er lässt
mich deshalb rufen, um mir dies mitzuteilen. Er ist bass erstaunt,
dass ich die Details bereit alle weiss, mache ihn darauf aufmerksam
dass ich sehr unglücklich bin, bei der nächsten Regierungsbe-
sprechung mit der Gewerkschaft und dem Parteipräsidium mich
nicht durchsetzen konnte, dass auch hier entsprechende Sparmass-
nahmen , auch wen-n sie nur optisch sind, eingeleitet werden.
Kreisky möchte uner allen Umständen verhindern, dass wir den Krisen-


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notstand auf Grund des Lastverteilergesetzes beschliessen, wie wir
dies auch im Vorjahr getan haben, wie es aber Lanc entschieden
ablehnt. Da die Wasserführung besser ist, die E-Werke mit Kohle
und Öl gut versorgt sind, meint Lanc komme eine Ausrufung des
Notstandes nicht in Frage. Diese Meinung hat ja auch bekanntlicher-
weise Gratz veranlasst ganz entschieden gegen meinen Vorschlag
zu opponieren, Beleuchtung und insbesondere die Reklame vorzei-
tig abzuschalten. Kreisky meint sogar, ich sollte mir überlegen,
dass wir ein anderes Gesetz beschliessen. Da ich dies für
zweckmässig erachte, dafür auch gar nicht zuständig bin, halte
ich halt noch die paar Wochen aus, bis ich auch für die E-Wirtschaft
die Kompetenz habe, dann wäre der beste Ausweg, wenn wir bei
einer günstigen Gelegenheit den dauernden Notstand proklamieren.

ANMERKUNG FÜR GEHART: BItte überleg und erkundige Dich ob es
eine solche Möglichkeit gibt.

Kreisky wird Sonntag mit Brandt und Palme zusammentreffen und
ich mache ihn darauf aufmekrsam, dass diese beiden Regierungs-
chefs wahrscheinlich auf ihn drängen werden, dass auch Österreich
Massnahmen setzt, damit Einsparungen in den anderen beiden Staaten
nicht so krass gegenüber der österr. Haltung absticht. Dabei,
wie ich Kreisky sagte, istdie Vorratslage in Schweden wesentlich
besser als bei uns, nur werden die Lager dort nicht angegriffen.
Kreisky meint, er wird sich keinem Druck gegenübersehen, da er
einen solchen auch nicht akzeptieren wird. Kreisky hatte ja
seinerzeit als Brandt vor einigen Tagen seine Krisenansprache
hielt, diese mit Blut- und Tränenrede Churchills verglichen
und meinte, dass dies vollkommen falsch war. Ich bin auch nicht für
die Dramatisierung der jetzigen Situation, bin aber fest überzeugt
dass wir uns auf die DAuer schon aus rein optischen Gründen nicht
werden uns erlauben können, fast keine Massnahmen zu setzen. Ich
bin auch überzeugt, dass die österreichische Bevölkerung nicht
nur solche Massnahmen anerkennen würde, sondern erwartet DIe
Argumentation von Gratz, dass es für die Österreicher ein
gutes GEfühl sein muss, dass sie seit 1900 das erste Mal besser
leben als die Schweizer, geht meiner Meinung nach total da-
neben. Wenn in der Schweiz Strom gespart wird, die Reklame vielleicht
frühzeitig erlischt, so interessiert das den normalen Bürger
überhaupt nicht. Im Gegenteil, die Österreicher werden sagen,


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besser die sparen bei der Reklame als später müsste dann bei mir,
sei es beim Koch- oder Heizstrom gespart werden. Der Vorwurf
den man uns machen wird und mich wird er am meisten treffen, wird
sein, dass wir ncht zeitgerecht Massnahmen gesetzt haben. Wenn
einmal es tatsächlich zu einer echten Versorgungsschwierigkeit
und Knappheit kommt, da ich diese nicht ausschliessen kann, hätte
ich, wenn es nach mir gegangen wäre und wenn es nur optische
Massnahmen gewesen wären, diese gesetzt. Beim höchsten politischen
Gremium das wir aber haben und das ist das Präsidium des Gewerk-
schaftsbundes und der Partei mit der Regierungsfraktion bin ich
aber mit dieser Ansicht allein dagestanden, niemand hat mich
unterstützt, viele waren dagegen. GEgen den Wind kann man nicht
Klavierspielen.

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Tagesprogramm, 29.11.1973




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    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


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          Tätigkeit: SChef HM
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              Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Präs. HK Bgld.


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                    Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                        Tätigkeit: Gesundheitsministerin


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                          Tätigkeit: AK


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                            Tätigkeit: Vorst.-Vors. Ankerbrot, Präs. Handelsverband


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                                GND ID: 118634100


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                                    Tätigkeit: Obmann Sekt. Ind. BHK


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                                        Tätigkeit: Sekt.R HM


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                                          Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                            GND ID: 1017902909


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                                              Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                              GND ID: 136895662


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                                                Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.; Bgm. Schwanenstadt, OÖ


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                                                  Tätigkeit: Beamter HM


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                                                    Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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                                                      Tätigkeit: GD Wr. Messe, Wr. SPÖ-GR-Abg., Stadtrat


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                                                        Tätigkeit: MR HM


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                                                          Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                                          GND ID: 130620351


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                                                            Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                                              Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                                                  GND ID: 118566512


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