Sonntag, 18. und Montag, 19. November 1973
Die Besprechungen mit Biro gestalten sich problemlos. Kuswitsch
unser Handelsdelegierter, liegt zum Unterschied von Zemsch, größten
Wert darauf, daß ich Biro nicht allzu sehr wegen der mangelnden
Kooperation Vorwürfe mache. Zembsch hat mir eine Information ge-
schickt, wonach Steyr-Daimler erschüttert ist, daß aus einem Koopera-
tionsvertrag mit Ikarus das einzige Ergebnis ist, daß jetzt ein
Traktor gebaut wird, der auf Grund der techn. Unterlagen von
Steyr-Daimler-Puch erzeugt wird. Kuzmich selbst bezweifelt dies
und ich bin überzeugt, daß er besser informiert ist wie Zembsch.
Ich bin eigentlich erschüttert, daß so wenig kooperiert wird und
obwohl unsere Herren eine Woche früher tagelang in Ungarn gesessen sind
Anmerkung für WANKE
Bitte veranlasse gegebenfalls über Meisl, daß eine bessere Kooperation
auch mit den Handelsdelegierten erfolgt. Scheinbar funktioniert
jetzt di4 Kooperation zwischen I und III einigermaßen im Hause, aber
noch gar nicht mit den Aussenhandelsdelegierten.
Bei der Aussprache mit Biro erwähne ich sofort unser Problem mit
der Beförderungssteuer. Lanc hat mir vor seiner Abreise bei einem
Empfang vom Bundespräsidenten noch mitgeteilt, da er mit den
ungar. Verkehrsminister ebenfalls über dieses Problem gesprochen
hat. Ich hoffe, daß meine Intervention bei Biro mit dazubeigeträgt,
daß man an der ungar. Regierung über dieses Problem spricht und der
Finanzminister dann bereit ist, dann tatsächlich einen besseren
Vorschlag zu machen. Das österreichische Angebot lautet 8.000 Frei-
fahrten und für jede darüber hinaus 8 Forint pro t-km. Das ungar. 6.500
Freifahrten oder o-Kontingent opder 20 Forint pro t km. Wenn man
bedenkt, daß derzeit 14.000 Fahrten gaemacht werden, die Handels-
kammer meint sogar 18.000 bei 165 Dauerausweisen müßte es gelingen,
den österr. Standpunkt stärker durchzusetzen. Biro verspricht dies
mit dem Finanzminister zu besprechen.
Ein zweites Problem ist nach Kuzmich, daß unsere Tochterunternehmung
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Schoeller-Bleckmann, Böhler, Neusiedler-Papier, aus ihren Zweig-
stellen oder Niederlassungen keine Transfer vornehmen können. Da
die Verzinsung in den Banken mit 0 erfolgt, stellt dies für die
österr. Unternehmen ein schlechtes g Geschäft dar. In Österreich
ist dagegen jeder Transfer möglich, so hat die Bienenkönigin, an
der auch die Ungarn beteiligt sind, erst kurz 200.000,-- S Gewinn
transferiert. Ich lerwähne aber noch Tungsram, daß auch als ungar.
Unternehmen gilt, obwohl es derzeit in Schweizer Händen ist, aber
in Ungarn die Mehrheit haben, wo jederzeit jede Transaktion möglich
ist. Auch dieses Problem betrifft den Finanzminister und Biro wird
dies mit ihm besprechen und dann den Botschafter oder den Handels-
delegierten Mitteilung geben, wie wir in dieser Frage weiter verfahren
sollen. Ich habe ausdrücklich die beiden vorgeschlagen, daß sie jetzt
weitere Besprechungen führten sollten, weil dies in die Kompetenz
des Finanzministers fält und daher auch von ihm vorges4hen werden
muß, wie er dieses Problem in Angriff nimmt.
Zuletzt habe ich darauf hingewiesen, daß mit l. l. 1976 die Liberali-
sierung Ungarns in Österreich einsetzt und wir damit rechnen, daß wir
an den Konsumgüterkontingent von 30 Mio Dollar stärker beteiligt werden
Derzeit haben wir theoretisch ein ungar. Kontingent von 80 Mio S
ca. 2,5 Mio. Dollar. Das Kontingent wird aber nach Auffassung unsers
Handelsdelegierten nicht ausgenützt. Auch Hillebrandt, der ja in
dem Falle immer weniger informiert ist wie unser Handelsdelegierter
weiß keine Detailziffern, meint b aber nur, daß wirklich ein
gaewisser Spielraum gegeben ist. Biro erwidert, daß er bereit ist,
Österreich an diesem Konsumgüterkontingent voll beteiligen zu lassen
und daß dieses Kontingent 74 auf 35 und 75 vielleicht sogar auf 40
Mio Dollar aufgestockt wird. Seiner Meinung nach macht der Import
erst 14 % des Binnenhandels aus, er möchte mindestens 30 % erreichen.
Der Grund, wie er sich ausdrückt liegt darin, daß die ungar. Industrie
eine härtere Konkurrenz hat und sich mehr anstrengen muß, um ihre
schlechteren oder qualitätsmäßig nicht so einwandfreien Produkte in
Ungarn zu verbessern, da sie sonst vom Markt ausgedrängt wird. Ich
gebe mir keiner Illsussion hin, daß dies ein Lippenbekenntnis ist
denn wenn die ungar. Industrie schlechtere Qualitäten erzeugt, wird
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zwar im Innenhandelsministerium sehr schimpfen, aber sicherlich
nicht an das Aussenhandelsministerium auffordern, so viele Waren
zu liefern, daß tatsächlich dann die Ungarn fewisse Produktion auf
dem Markt geschlagen wird.
Biro beginnt selbst über die Pipelinefrage über Jugoslawien oder
über Italien zu reden und meint nach seiner Auffassung, wären beide
Möglichkeiten zu verwirklichen. Das Problem kommt dann auch beim
Vizeministerpräsident Ruscha aus dessen Initiative zur Sprache.
Da wir dort in einem sehr kleinen Kreis sind erkläre ich, daß eine
Leitung über Triest und Italien – Österreich wesentlich teurer zu
stehen kommt, als wie die kürzere über Fuome Jugoslawien, Ungarn.
Man erklärt mir zwar, daß es keine politischen Gründe sind, aber
die Unabhängigkeit von einer Leitung zu gering ist und deshalb
meh ere Leitungen gelegt werden sollen. Husar hat auch mit Min.Präs.
Fock darüber gesprochen und der sagte mir unter vier Augen, er hätte
größtes Interesse daran gelegt, seine entsprechende Ölversorgung
für Ungarn sicherzustellen. Weiteres Problem ist der Rhein-Main-Donau-
kanal wo Fock und Kreisky seinerzeit bereits das große Interesse ge-
zeigt haben uu d Ungarn rechnet fest mit der Fertigstellung und damit
auch im Anschluß Ungarn sowie Österreich an den Atlantik.
Auf Wunsch von GenDir Bauer und dessen Vermittlung habe ich noch
der Aussprache den Vizeministerpräsidenten noch Gelegenheit dem
Aussenhandelsministerium mit den GenDir. der Mineralinpex Hossei
und vorallem den wichtigsten Mann wie mir nachher Handelsrat Kosmit
sagte, Besservoitai. Chef des Mineralölkonzerns.d, h. er ist der
Stellvertreter, der sich mit Rohöl beschäftigt. Der Chef dürfte
sich mit Gas beschäftigen. Dieser erklärt mir sofort die Konzeption
der ungar. Ölindustrie. Sie wollen nicht auf einem Bein stehen und
werden deshalbauf alle Fälle mehrere Pipelines bauen. Die erste srov.
haben sie derzeit von der Bruschba 1, die zur Raffinerie in der
Nähe von Budapest liegt, 5 Mio. t Kapazität hat und von der Bruschba 1
derzeit 2 Mio kriegt. Diese Leitung kommt nördl. vom Donauknie von der
CSSR. Die Russen haben jetzt mit den Ungarn eine 2. 10 Mio t Leitung
direkt von der UdSSR südl. von Mukadsewo gebaut, die 10 Mio t bringt.
Allerdings ein ein paar Jahren diese Menge liefern wird. Da sie die
Raffinerie an der Donau aber auch für 7 und in der weiteren Folge
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10 Mio ausbauen, da sie die Raffiniere Söni auf 2 auf 4 Mio ausbauen
da sie außerdem in den Theißbogen eine Raffiniere mit 3 Mio ausgelegt
haben, die später von 6 – 8 Mio vergrößert wird, werden sie insges.
22 Mio t Rohöl brauchen. Max. 2 Mio t werden sie aus dem Inland
fördern können, bei Gas sins sie besser daran, da werden sie bis auf
6 Milliarden m3 kommen, müssen sie 20 Mio importieren, 10 Mio
aus der UdSSR, und 10 Mio von der Adria. Diese 10 Mio von der Adria
können entweder 5 Mio über Rijeka, Jugoslawien und 5 Mio über Triest-
Österreich-Ungarn klmmen. Als ich Prof. Woita mitteilte, daß die
Raffinerie immerhin über Österreich und Italien 3,3 Milliarden
jetzt kostet, mit der Gleitung wird es noch teurer kommen, war er
überdieses gar nicht so erschrekct sondern meinte, die teuerste
Brennstoff sei der, den man nicht hat und die letzte Tonne Rohöl
die man nicht hat müsse man kalkulieren. Interessant war, auch noch,
daß GenDir Russei folgenden Vorschlag gemacht hat. Er hätte mit
Snam GenDir Berror gesprochen, daß ev. Österreich aus der Tal mit
seinen 10 Mio ausssteigt, dafür von den Süddeutschen-Raffinieren
entschädigt wird und dann mit Ungarn gemeinsam eine 20 Mio t
Leitung baut. An dieser Leitung würde sich ev. die CSSR beteiligen.
Aus diesen Äußerungen habe ich entnommen, daß man in Ungarn schein-
bar auch mit Jugoslawen schon geredet hat und dort alles daran setzt
um auf lange Sicht gesehen eine sichere Versorgung zu haben, die nicht
ausschließlich von der UdSSR abhängig ist. Dies ist natürlich mit
keinem einzigen Wort gesagt worden, aber aus der ganzen Konzeption
glaube ich kannmman dies entnehmen.
Tagesprogramm, 18.11.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)