Samstag, der 17. November 1973

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Samstag. 17. November 1973

Mit den internat. Gesellschaften und der ÖMV habe ich die neue
Sitaution auch mit Lieferung aus der BRD besprochen. In der
BRD gibt es kein processing, weshalb es, wenn es zu einer Aussen-
sperre kommt, mit allen 18.500 t Vergaserkraftstoff und 48.000 t
Heizöl schwer und 1.000 t Flüssiggasausfall rechnen müssen. Die
Sitaution ist aber deshalb noch immer nicht trostlos, denn
die ÖMV hat größere Mengen von Rohöl gekauft. Aus Irak 900.000 t
über den Mittelmeerhafen Baniyas, 450.000 t aus dem Golf. Dies war
die Grundlage für den Vertrag 1973. Darüber hinaus hoffen sie. daß
sie 1974 im ersten Quartal + 250.000 t dazukaufen kann. Im ganzen
Jahr rechnet sie mit 800.000 t Mehrlieferung. Aus dieser Situation
ergibt sich, daß wir in Hinkunft aus Irak 2,250.000 t Rohöl beziehen
könnten. Aus Libyen haben wir 1,6 Mio t. d.h. 400.000 t im
Quartal, aber auch hier rechnet Kreutler, daß um 50.000 pro
Quartal mehr kauft. Insgesamt würden dann 1,800.000 t zur Verfügung
stehen. Bis zum 31. März ab 1. Dezember ergibt die Situation hohe
Anlieferung aus dem Inland 840.000 t. davon 120.000 t von der RAK.
Die AWP kann max. 2,780.000 t transportieren, daß sind 23.000 t pro
Tag, eine 96 %ige Kapazitätsausnützung von 7,5 Mio t maximale Durch-
satzmöglichkeit. Dies entspricht auch der vorläufigen Betriebsge-
nehmigung. Die Verarbeitung der Kapazität der Schwechater Raffinerie
beträgt 29.000 t, doch wird jetzt mit größter Ausnsützung gefahren.
d.h. 30.000 t als Maximalleistung. In dem Zeitraum bis 4 31. März
würde das Vergaserkraftstoff von 660.000 t bei normalen Verbrauch +
einer 7+igen Zuwachsrate ergeben. Insgesamt stehen aber nur 550.000
zur Verfügung. Durch Herabsetzung der Oktanzahl auf 96, die Klopf-
festigkeit wird durch Erhöhung des Bleigehaltes von 0,4 auf 0,8 Gramm
pro Liter hergestellt und der Geschwindigkeitsbeschränkung 100 sowie
einer ev. Sonntags-Fahrverbot könnte ein Teil dieses Mankos ausgeglichen
werden. Das Sonntags-Fahrverbot ist am meisten umstritten, auch von
den internat. Gesellschaften selbst. Unter Hinweis, daß sie ev. die
Tankstellen am Sonntag schließen, hat auch keinen Erfolg, da sie
dann befürchten, beim wiederaufmachen entsprechend höhere resp. Tank-
stellengebühren zu müssen. Der Dieselkraftstoff hat einen Bedarf von
350.000 und Ofenheizöl einen Bedarf von 630.000, insgesamt also
980.000 t Mitteldestillate müßte sich durch Streckung eine Deckung
ergeben. Dabei werden der Importrest von 20.000 der sichernoch


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kommt und ein Lagerabbau von 60.000 einbezogen. Am schlimmsten
sieht die Situation bei Heizöl schwer aus. Hier steht ein Bedarf
von 1,335.000. Selbst wenn die Bitumenproduktion eingestellt wird
und der Schwefel auf bis 4 % erhöht werden kann, kann eine Leistung
von 950.000 t ÖMV-Raffinerieausstoß gegenüber Lagerabbau von 100.000 t
ergibt noch immer eine Fehlmenge von fast 200.000 t. Die ÖMV möchte
gerne, daß die Reserven bei den Elektritzitätswerken herangezogen
werden. Wien hat derzeit 260.000 und könnte 30 – 40.000 t abgeben.
Die Steweag hat 100.000 und hätte man auch dort eine Möglichkeit
zumindestens 8.000 t abzugeben. Bei der VOEST liegen 80.000, man
weiß nicht wieviel sie davon in die Stahlproduktion und wieviel sie
davon in ihr E-Werk einsetzt. Insgesamt nimmt die ÖMV an, daß 50.000
t dort herangezogen werden können. Eine große Möglichkeit ergibt
sich, daß heute aus Kostengründen der Koks der in den Stahlwerken
eingesetzt wird, mit Öl bespritzt wird. Hier seien unverzüglich Ver-
handlungen aufzunehmen, um diese Heizölersparnis zz nützen.

Anmerkung für WANKE
Bitte das Branchenreferat mir einen genauen Bericht, wieweit dies
tatsächlich geschieht, machen.

Die Demarge in Rom hat ergeben, daß SChef Peretti vom Aussenhandels-
ministerium erklärt hat, daß die Processingware frei ist, aber Mittwoch
wird die Regierung ev. Beschlüsse faßen, daß auch Processingware nicht
mehr ausgeführt werden darf. Eine solche Vorgangsweise ist meiner
Meinung nach unmöglich, da es sich hier um eindeutig österreichisches
Eigentum handelt, das ausschließlich in Lohn verarbeitet wird. Der
Botschafter Löwenthal war bei GenSekr. Geier und hat ihm die Situation
geschildert,vorgetragen und das Aide-mémoire glaube ich dort gelassen.

Botschafter Gredler habe ich gesprochen, der uns mitgeteilt hat,
daß die Deutschen jetzt zwar Maßnahmen angekündigt haben, aber wahr-
scheinlich erst in der nächsten Zeit konkrete Taten setzen werden. Für
die Ausfuhr nach Österreich sei noch kein Verbot erlassen werden.

Der irak. Ölminister Hammadi, der zur OPEC-Sitzung nach Wien kommt,
hat größtes Interesse daran, ameinen Vertrag über die wirtschaftl.-


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techn. Zusammenarbeit abzuschließen. Über die Botschaft in Beirut
ist es gelujgen, einen Vertragstext weitestgehend zu koordinieren.
Offen blieb nur der Punkt, daß die Iraker verlangen, daß der Export
von Öl verboten werden soll. Botschafter Marquet und das Aussenamt
verlangt aber, daß eine solche Regelung nur möglich ist, im Rahmen
der österreichischen Gesetze. Die Besprechungen im Ministerium ergaben,
letzten Endes ein Einvernehmen, d.h. es wird im Rahmen der österr.
Gesetze ein Satz eingefügt. Hammadi, den ich vom Flugplatz abgeholt
habe, hat bereits zu erkennen gegeben, daß er an einen Abschluß und
damit auch an ein Nachgeben seiner Seite denkt. GenDir Bauer hat vor-
gaeschlagen, wir sollten eine Arbeitsgruppe über Öl, über Rohölerzeugung
Raffinerie, usw. bilden. Hammadi hat mir aber wissen lassen, daß er
auch Wert darauf legt, daß außer Öl noch die anderen Industriegruppen
in Arbeitsgruppen untersucht werden, damit gegebenenfalls auch auf
diesem Gebiet Kooperationen, usw. gebildet werden können. Dagegen ist
unsererseits nichts einzuwenden, doch glaube ich, daß primär auf
dem Ölgebiet ein erster Erfolg zu verzeichnen wäre. Dies ist auch
der Grund, warum iwir dann letzten Endes dann doch dabei verblieben,
daß die ÖMV gebeten hat, sofort Experten aus Irak nach Wien zu
schicken, damit die Besprechungen beginnen können.

Ing. Zauner, der Mann der die Projekte der Pipelines und auch sonst.
techn. Fragen bei der ÖMV behandelt, war in Irak. Er sieht große
Möglichkeiten den Irakern weitestgehend zu helfen. Durch Unterstützung
von entsprechenen Projekten wie Sondenberatung, Sekundärgewinnung,
Gaslicht, usw. können die Ölfelder besser ausgebeutet werden. Darüber
hat in Bagdad er festgestellt, gibt es nur eine größere Reparaturwerk-
stätte für die Ausrüstung der Ölfelder die veraltet ist und auf den
letzten Stand gebracht werden soll. Er könnte sich auch vorstellen,
daß eine Schweizer Schule errichtet wird und einige Arbeitsgruppe, die
eine kleine Pipeline, wie die Iraker beabsichtigen, bauen könnte. Da
die ÖMV nicht genügend Techniker hat, möchte sie nur kurzfristig, 1 –
3 Monate ihre Fachleute runterschicken. Dies ist genau der Wunsch
der Iraker. Sowjets haben ihnen angeboten, auf längere Zeit ihre
Techniker zur Verfügung zu stellen, was aber von Irak nicht gewünscht
wird. Darüber hinaus hat Zauner festgestellt, daß auch die österr.
Firmen wie z. B. Schoeller-Bleckmann eine Essigfabrik Investitionswert
40 Mio S anbietet. Die Preise dürften aber irrsinnig hoch gefordert


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werden sein oder in der Konkurrenz in Irak sehr tief liegen, denn
das Ergebnis war, daß sie sofort um 1/3 ihre Forderungen reduzieren
mußten.

Die ÖMV beabsichtigt außer dem Vertrag 73, wo sie 900.000 t über
Mittelmeer Baniyas und 450.000 t über Golf, insgesamt 1,350.000
beziehen will, im Jahre 74 noch um 250.000 im 1. Quartal und u
insgesamt 800.000 im Jahre 74 zu vergrößern. Dadurch würden allein
aus dem Irak 2,250.000 t Rohöl importiert werden. In Libyen möchte
die ÖMV nach Meinung Kreutlers 1,8 Mio t importieren.
Für Saudi Arabien ist 1 Mio geplant. Mit den anderen Lieferungen
kommt daher die ÖMV auf über 5 Mio t Rohöl. Ich habe Bauer und Kreutler
doch gewarnt ob sie diese große Menge auch tatsächlich verkraften kö-nen
Kreutler und die ÖMV möchte aber die internationalen Gesellschaften
ausdrängen und kauft deshalb Rohöl wo immer sie bekommen. Die
Kapazität von Schwechat reicht aber gar nicht mehr dazu aus, um
die gesamte Menge aufzuarbeiten, weshalb sie daran denken, processing
in Deutschland und Italien bei freien Raffineriekapazitäten zu machen.
Bauer hat dieses Projekt auf dem internat. Gesellschaften während
meiner Anwesenheit noch vorgetragen und die waren eigentlich dami
einverstanden. Die internat. Gesellschaften, die sich so viel g zu gute
halten auf Grund ihrer Beziehungen immer Öl zu haben, haben in den
letzten Monaten so an Ansehen verloren, daß sie heute sogar akzeptieren,
daß die ÖMV für sie Rohöl kauft, verarbeitet und ihnen dann Produkte
zur Verfügung stellt.

Die Raffinerie Schwechat arbeitet derzeit auf einen prov. Genehmigungs-
bescheid mit 29.000 t Tageskapazität. Tatsächlich werden jetzt aber
bereits 30.000 und teilweise etwas mehr erzeugt. Ich habe die ÖMV
ausdrücklich darauf aufmersam gemacht, daß die Kompetenz 1974 ans
Verkehrsministerium geht und wenn sie jetzt noch einen endgültigen
Genehmigungsbescheid wollen, sie sich beeilen müssen.

Anmerkung für HEINDL
Bitte im Haus die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten treffen,
damit der endgültige Bescheid der ÖMV unverzüglich, wenn die
Unterlagen einlange, gegeben werden kann.



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Hammadi hat beim Mittagessen mitgeteilt, daß die arab. OPEC-Länder
am Sonntag einen Beschluß fassen werden, was sie als Kooperation
und Zusammenarbeit größten wert legen und deshalb hat Bauer gemeint,
die einzige Mitteilung, die wir erwarten können, ist diese Wohlwollens-
erklärung. Dies wäre an und für sich ein mageres Ergebnis und ich
war eigentlich sehr enttäuscht. Dafür hätte der Saudi-Arabische
Botschafter nicht ankündigen müssen, daß für Europa bedeutende Be-
schlüsse gefaßt werden.

Tätigkeit: Botschafter, Onkel v. Louis Marquet; evtl. Falschidentifikation


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    Tätigkeit: österr. Botschafter in Italien


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      Tätigkeit: ÖMV, Dir. Fa. Semperit


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        Tätigkeit: Projektabteilung


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


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            Tätigkeit: China
            GND ID: 130166936


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD ÖMV


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                Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                GND ID: 102318379X


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