Samstag, der 10. November 1973

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Samstag, 10. November 1973

Die ÖMV hat ihr Seminar mit den Zeitungen durch Gen. Sekr.
Khene von der OPEC aufgeputzt. Ich hatte nicht erwartet, daß
dieser ein so geschickter Diplomat ist. Er hat zwar langwierige
Ausführungen in franz. gehalten, aber auch in der Diskussion
jede Frage langwierig beantwortet, aber äußerst geschickt. Die
Angriffe, die die Journalisten starteten, da er in seinem Vor-
trag erklärt hat, die OPEC macht sich große Sorgen, wie die Ver-
sorgung im Jahre 2000 erfolgen wird, der mit folgender Theorie
dann zurückgewiesen. Sowohl die österr. Journalisten auch Jour-
nalisten der europäischen Zeitungen attackierten die OPEC, daß
sie entsprechende Mengenreduzierungen durchgeführt hat und damit
unbeteiligte Länder am Nahost-Krieg in große Schwierigkeiten
bringt. Khene erklärte sofort, die Reduzierung wurde nicht von
der OPEC beschlossen und trägt aber dazu bei, um die Staaten zi
einer Einsparung ihres Energieverschwendungsprogrammes zu zwingen.
Der zweite Angriff richtete sich vielmehr gegen das Preisdiktat
der OPEC. Hier erklärte Khene, daß es sich um kein Preisdiktat
handelt, sondern eben Anbietern den Preis der Ware bestimmen. Die
OPEC-Staaten werden auch nicht von den Lieferländern gefragt, was
sie zu einer Preiskalkulation Veranlagen und Güter sagen, die sie
kaufen. Auch hier bestimmen die Lieferländer resp. Firmen ihre
Preise und dann haben die OPEC-Staaten die Möglichkeit die Waren
zu kaufen olernicht zu kaufen. Wenn man aber eine entsprechende
Preisbildung für Öl wünscht, dann müßte man doch auch zugestehen,
daß die OPEC-Staaten die Preisbildung für Getreide, Stahl, usw.
ebenfalls mitbestimmen können. Prof. Knapp hat ganz besonders die
marktwirtschaftliche Einstellung der OPEC-Staaten verwiesen und
damit natürlich die Zustimmung von Khene erhalten. Ich habe zwar
nur als Zuhörer fungiert, muß aber zugestehen, daß Khene in einem
Punkt Recht hat. obwohl er ihn gar nicht erwähnte. Die OPEC-
Staaten wurden gegründet, als die internationalen Gesellschaften
nicht nur damals den Produzentenländern die Preise diktierten,
sondern sogar noch entsprechende Verzugsreduzierungen vornahmen,
wenn es ihrer Ölpolitik entsprach. Damals kümmerten sich die
westl. Länder umdie internat. Gesellschaften sehr wenig. Ob da-


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durch die Einkommen der OPEC-Staaten entsprechend verringert
wurden. Damals glaubten die internat. Gesellschaften auf dem
längeren Arm zu sitzen und jetzt ist es eben umgekehrt. GenDir
Bauer machte eine kleine Schlußbemerkung in dieser Richtung und
hat naütrlich auch damit die Zustimmung von Khene erhalten.

Da ich lange vor diesem Vortrag am Semmering war, nützte ich die
Gelegenheit, um offene Probleme mit der ÖMV zu besprechen. Die
ÖMV hat im September einen Verlust von 80 Mio S wie eine Zwischen-
bilanz ergibt. Feichtinger und Kreutler, mit denen ich unter
sechs Augen sprach sind der Minung, ich müßte den Preisantrag
der Handelskammer voll akzeptieren. Ich habe sie nicht im Unklaren
gelassen, daß ich max. S l,-- Preiserhöhung akzeptieren könnte.
Interessant war, daß sich bei der anschl. Pressekonferenz von
einigen Journalisten fast aufgefordert wurde, meine Aufgabe, näm-
lich als Preisminister in Erscheinung zu treten, schnell und ge-
wissenhaft zu erfüllen. Grabner von der Presse machte mir sogar
den Vorwurf, daß ich nicht schon längst die Preise erhöht hätte,
um ein marktwirtschaftl. Gleichgewicht wieder herzustellen.

Der Avanti-Chef Ing. Nouza, hinter dem Brouscha der Tankstellen
und sonstiger großer Geschäftemacher steckt, hat deshalb bei mir
interveniert, daß ihm die ÖMV unterstützen müßte, weil Bauer und
auch Meszaros, wie er versicherte, daß die Iraker Öl nur an
Raffineriebesitzer abgeben. Die INOC möchte eben nur mit direkten
Abnehmern in Geschäftsbeziehungen treten, die das Rohöl dann auch
tatsächlich verarbeiten können und nicht als Zwischenhändler nur
zusätzliche Gewinne einstecken möchten. Mein Hinweis, daß Nouza
behauptet, in Italien und Ungarn frei Raffineriekapazität zu be-
sitzen und d nur von der ÖMV in seiner Politik nicht gestört werden
will, hat Kreutler insofern bezweifelt als er meint, dann soll er
doch sein Öl verarbeiten lassen und die Produkte nach Österreich
einführen. Wenn Nouza droht er könne die ÖMV in ihrer Ge-
schäftspolitik stören, weil diese ihn stört, so nimmt Kreutler
diesen Kampf gerne auf. Auf alle Fälle habe ich gesehen, daß die
ÖMV alles daran setzt, um in Irak als einziger Abnehmer zu gelten.



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Bauer und Meszaros wollten eine, womöglich auch vor den
Journalisten abgegebene Erklärung, daß die Bereinigung der
Differenzen zwischen der ÖMV und der AFG von mir in Angriff
genommen werden und ich die ges. staatl. Autoriät einsetze.
In Wirklichkeit setze ich den Beiden auseinander, daß der
richtige Zeitpunkt einer Bereinigung dann der Fall ist, wenn
die Sowjetunion die in Aussicht genommenen 500 Mio m3 für
das Jahr 1974 endgültig bestätigt und damit die Verteilung
mit der AFG resp. den Hauptpartnern besprochen werde muß.
In weiterer Zukunft wird es eine harte Auseinandersetzung
zwischen den beiden Gesellschaften geben, weil die ÖMV auf
dem Standpunkt steht, daß alle Verträge auch über die Ver-
teilung und den Preis im Jahre 78 auch über das inl. Gas ab-
laufen wird. Anwälte der AFG sind sicherlich konträrer Meinung,
obwohl ich mit diesen über dieses Problem noch gar nicht ge-
sprochen habe. Unsere Aufgabe kann es nur sein, so schnell als
möglich, sobald die ersten Mengen zur Verfügung stehen und
damit das Interesse der AFG an einer friedlichen Regelung
gegeben ist, eben das große Konzept in Angriff zu nehmen.

Koppe der bei dem Seminar anwesend war, hat mir nachher mit
Recht gesagt, daß der shwache Punkt in der Diskussion von mir
für ihn und wahrscheinlich auch für andere Journalisten er-
kenntlich war, falls es sich darum handelt, welche Maßnahmen
werden sie in Hinkunft bei einer Entwicklung auch in Österreich
wie in den anderen europ. Staaten, d.h. e eine geringere Rohan-
lieferung ergreifen. Natürlich konnte ich sagen, wir erwarten
diese Entwicklung nicht und ansonsten sind wir gerüstet, aber
zwischen dem Stadium einer reinen Bewirtschaftung und und dem jetzigen,
wo wir gar nichts tun müssen, müßte es noch Zwischenlösungen geben.
Ich habbe Koppe die Punkte, welche Wanke schon zusammengestellt
hat gezeigt und er wird sich mit Wanke besprechen, wie man die
propaganidistisch besser ausbauen kann.MEine große Sorge ist, wie
mir aus dem Reagieren zum Agieren kommen.

18_1234_01

Tagesprogramm, 10.11.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Prof., Wirtschaftsjournalist


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          Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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