Dienstag, 6. November 1973
MinRat Hanisch berichtete mir, daß Messinger von ihm verlangt hat,
es müßte die Heizölbewirtschaftung eingeführt werden. Er frägt was
er tun soll und ich erkläre sofort, daß er selbstverständlich alle
notwendigen Maßnahmen dafür einleiten sollte. In diesem Falle meinte
er müßte er, den Arbeitsausschuß für die wirtschaftliche Landesver-
teidigung einberufen und vorallem dann entsprechende Bezugscheine drucken
lassen. Dies würde ungefähr 100.000,-- S kosten. Natürlich wird
dies neuerdings eine gewisse Beunruhigung in der Bevölkerung aus-
lösen, wenn dies bekannt wird. Hätte ich aber diesen Vorschlag abge-
lehnt, wäre ich früher oder später sicherlich hart attackiert worden,
daß ich nicht alle Vorkehrungen getroffen habe, wenn tatsächliche eine
Ölverknappung eintrift und wir eine Bewirtschaftung durchführen müssen.
Anmerkung für WAIS
Bitte mir den Satz der schon gedruckten Bezugsmarken für Benzine und
Dieselkraftstoffe vorlegen.
Die Verhandlungen über die Bevorratung mit Rief und Dr. Knoll be-
zeichnet selbst Hanisch als vollkommen unbefriedigend. Die Handels-
kammer hätte nebulose Vorstellungen. Dr. Erschen wollte von Hanisch
entsprechende telefonische Informationen. Er hat ihm vorgeschlagen
mit ihn eine Aussprache abzuführen. Aus dies berichtete er mir als
Alibihandlung. Ich lege ihm, da er letzten Endes früher oder
später sicherlich einenen entsprechenden Angriff von ihm kommen
werden, keinerlei Beschränkungen in seiner Tätigkeit aus.
Prof. Petraschek, Leoben, teilte mir mit, daß er den saudi-arabischen
Bergbauminister Jamani getroffen hat. Dieser teilte ihm mit, daß
es für Österreich günstig wäre, wenn die Austro-Mineral endlich deie
gewünschten Eisenbillets, d.s. Rohstahlblöcke liefern würde. Ich
setze mich mit Dr. Neubauer von der Austro-Mineral ins Einvernehmen
und der teilte mir mit, daß die VOEST außerstande ist, solche Lie-
ferungen zu tätigen, weil er sie selbst alle dringendst braucht.
Er wird das Problem mit den Herren in Linz morgen besprechen und
mir Bescheid sagen. Es kristalisiert sich immer mehr heraus, daß
Ägypten und Saudi-Arabien Österreich freundlich, Irak und Syrien da-
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gegen, zumindestens die Botschafter in Österreich, österreichfeind-
licher eingestellt sind.
Bundesrat Römer und sein Sohn, sowie Dr. Nußbaum von der Bundeskammer
intervenieren, daß ich in Ungarn erreichen sollte, die Straßensteuer
auf Transporte wegzubringen. Diesbezügliche Verhandlungen laufen und
ich werde, wenn sie erfolglos sein sollten, bei meinem Ungarnbesuch
mit Aussenhandelsminister Biro darüber sprechen.
Anmerkung für WAIS
Bitte vormerken und Unterlagen mitnehmen.
Beim Gewerkschaftstag der öffentlich Bediensteten ist fast die ganze
Bundesregierung anwesend. Natürlich werden von Gasperschitz auch
die drei ÖVP-Größen Schleinzer, Koren und auch Mock begrüßt. Sonst
aber werden die Ansprachen vom Bundeskanzler, der eine sehr geschickte
Begrüßungsansprache dazu benützt, um seine Politik darzulegen, ebenso
von Bürgermeister Gratz, der gleichfalls freisprechend seine politi-
schen Absichten zu den öffentlich Bediensteten darlegt und vorallem
auch von Benya, welcher auseinandersetzt, warum der ÖGB und wie der
ÖGB solche Politik macht, die für die Arbeitnehmerinteressen ist und
doch nicht, wie die ÖVP behauptet, die Regierung schont.
Von der ÖVP-Seite kommt nur Altenburger als Vizepräsident des ÖGB
bei der Begrüßung zu Wort und der pariert sehr geschickt Angriffe
Benyas Auch die ÖVP ist für die Steuersenkung, bekennt
sich aber sonst zum überparteilichen Gewerkschaftsbund. Die neue
politische Zusammensetzung der Gewerkschaft 60 : 40 bis jetzt fast
überall 50 : 50 ist eine den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung
tragende, doch erstmals eine deutliche Verschiebung zu Gunsten der
ÖVP. Diese Gewerkschaft überparteilich zusammenzuhalten ist eine
ungeheuer schwierige Aufgabe des Gewerkschaftsbundes, aber auch der
Genossen, die in dieser Gewerkschaft wirken.
Bei dieser Gelegenheit komme ich mit Androsch wegen der Mitkompetenz
zu besprechen und er erklärt mir, warum das Finanzministerium, den
es letzten Endes die Mitentscheidung treffen muß, auch ins Verfahren
eingeschaltet werden müßte. Wir kommen überein, daß auf alle Fälle
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wir auf Ministerebene eine endgültige Bereinigung resp. Abgrenzung
dann vornehmen werden. Im Prinzip aber jetzt die Beamten jetzt
eine Lösung suchen sollen. Eine Auffassung, daß es sinnlose Mit-
kompetenzen gibt, wie z. B. die Mitunterfertigung der Exportgarantie-
kredite durch das Handelsministerium, die eigentlich beseitigt ge-
hören, sieht Androsch ein, im Prinzip aber ist er auf dem Standpunkt,
daß in einem Privatbetrieb gewisse Abstimmungen erfolgen. Aus diesem
Beispiel entnehme ich, daß er nach wie vor Erfahrungen aus der Privat-
industrie, auf den Staat überträgt, was ich als absolut positiv be-
zeichne. Allerdings nur weiß ich daraus, daß auch dort auf höchster
Ebene abgestimmt wird und nicht in den unteren Ebenen ständig mit
Kompetenzen und Mitbesprechungen und Mitentscheidungen üblich sind.
Anmerkung für WANKE
Unsere Vertreter sollten versuchen, eine wirklich zielführende
Lösung zu erreichen. Vielleicht schalte dich selbst ein.
KzlRat Herunter und Sekretär der Schuhindustrie tragen ihre Wünsche
bezüglich einer Exportförderung vor. Durch die Dollarabwertung ist
die Schuhindustrie in eine finanziell schlechte Situation gekommen.
Wenn man bedenkt, daß sie durch Reorganisation und Strukturbereinigung
heute im Stande ist zu exportieren, dann ist dies sicherlich eine
gewaltige Leistung. Durch die Dollarabwertung sind sie aber, das
bestreite ich aber gar nicht, in durchwegs rote Ziffern kommen.
Gröger und Giglinger werden sich bei der österr. Kontrollbank bemühen
für die kurzfristigen Exportkredite bessere Mittel zu erreichen.
Vorallem eine Beschleunigung des Verfahren, daß wir schon einige
Mal urgiert haben, vielleicht dorch durchsetzen. GenDir Haschek
erklärte allerdings, daß er schon eine optimale Lösung auf diesem
Gebiet eingeführt hat.
Die Aussenhandelsstelle Nordwest und Nordeuropa-Besprechung war
fast lustlos. Bock [evtl. Falschidentifikation, Anm.]wollte vom schwed. Delegierten wissen, ob die
schwed. Regierung entsprechende Unterstützungen für Auslandsin-
vestitionen gewährt, da Schweden die größten Auslandsinvestitionen
in seiner Geschichte jetzt macht. Zu seiner größten Enttäuschung
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muß er hören, daß dies dicht der Fall ist. Aus Finnland erfahren
wir, daß der EG-Vertrag solange nicht im Parlament ratifiziert
wird, als nicht vorher Industrieschutzgesetze ähnlich unseren
Antidumpinggesetz im Parlament beschlossen wird.,Interessant ver-
langen diese Gesetze die Sozialisten, d.h. die Regierung, während
die Konservativen nur bereit sind, diese kurzfristig Jahr für Jahr
zu genehmigen. Da sieht man, wie sich die Zeiten ändern und was
alles Regierungsverantwortung auslösen kann.Da es sich hier um
kurzfristige Gesetze handelt bin ich überzeugt, wird im Rahmen des
GATT und der EFTA ohne weiters auch dieser finn. Sondermaßnahme
genehmigt werden. Zumindestens zur Kenntnis genommen werden, wenn
sie auch nicht ausdrücklich positiv beschlossen iwrd. Gleissner
bezweifelt dies.
Im Wiener Ausschuß bin ich auf Wunsch von Jacobi und Heindl ge-
gangen. Heindl geht deshalb nicht, weil er mit Recht erwartet,
daß seine Person jetzt du zur Diskussion gestellt wird. Probst hat
ganz kurz eingeleitet und Gratz als Bürgermeister vorgeschlagen,
daß ohne Diskussion einstimmig genehmigt wurde. Gratz hat dann
seine Geschäftsgruppeneinteilung und Personalvorschlag gemacht.
da die Stadträte Jacobi, Schweda, Hintschig, Bock und Suttner.
Letzterer zu meinem größten Leidwesen, nicht mehr aufschienen,
wurde in der Diskussion von vielen Genossen die Reduzierung auf
8 hart kritisiert. Für mich war es ganz klar, daß es letzten Endes
sich Gratz durchsetzen wollte und mußte, weil er erklärt hat, er
wird mit einem neuen Team kommen. Dies war aber nur möglich, wenn
er eben eine kärftige Reduktion der Stadträte vorgenommen hat.
Dann konnte er die fünf austauschen und dafür wenigstens drei
Neue bringen. Wäre er wie gewünscht wieder auf 10 gegangen, wären
zwar auch die drei Neuen geblieben, aber dafür sieben Alte. Weikhart
meinte, es sei irrsinn, wenn man eine Wahl gewinnt, jetzt bei den
Verhandlungen sich selbst so zu beschränken. Wenn wir das nachste
Mal die Wahl nicht zu gut abschneiden können, ÖVP vielleicht dann
ein neues dazugeben muß, auch wenn es nicht amtsführend ist, wird
man zu diesem Zeitpunkt dann eine entsprechende Erhöhung vornehmen
müssen. Im Vorstand war zuerst vorgesehen, daß Hintschig in die
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Stadtratsfraktion aufgenommen werden soll. Slavik hat dort er-
klärt, er würde in diesem Fall mit seinen Informationen in die
Öffentlichkeit gehen. Was das Präsidium, das sich dort zurückge-
zogen hat und auch denn Vorstand veranlaßte, Hintschig gegen
Schieder auszutauschen. Sekanina schnitt dieses Problem sofort
an und schlug auch anstelle des Dr. Stacher ein guter Freund von
ihm, wie er behauptete, dann doch Gemeinderat Dr. Zehmann vom
20. Bezirk für Gesundheit und Soziales vor. Fucik verlangte, daß
reiner Wein eingeschenkt werden muß.wegen Hintschig. Gawlik machte
eine vollkommen neue Liste, indem er Jacobi aufnahm. Stacher als
Experten und nicht als Politiker ausgeschaltet haben wollte, von Mayr
eine Erklärung über seine Wohnbaupolitik verlangte, Schieder wieder
ausschalten wollte, dafür Hintschig oder Suttner im Stadtrat haben
möchte. Außerdem plädierte er auch für Zehmann. Hintschig meldete
sich zu Wort und erklärte einleitend, warum er Makler eingeschaltet
hat und daß er gegebenenfalls mit Klagen vorgehen wird, wenn ihm
nicht widerfahre. Hatzl plädierte für zehn Stadträte und meinte,
Schieder solle im Nationalrat bleiben. Slavik ging dann auf alle
Detailbeschuldigungen gegen Hintschig ein. Der Vorwurf, warum er
erset jetzt kommt, den Sekanina insbesondere erhoben hat parierte
er geschickt in dem er nachwies, daß er durch Briefe bereits die
Verantwortlichen in Wien, d. i. der Bürgermeister und Probst aber
auch Kreisky informiert hatte, es geht um ganz komplizierte Grund-
stückstransformationen, wobei insbesondere immerwiede Machek einge-
schaltet wird und auch die Architekten Glück, Regwart und Reinthaler
von Hintschig Grundstückskäufern empfohlen werden.
Hintschig meldet sich in späterer Folge zuer Erwiderung und meinte
Machik deshalb einschalten, weil dieser meistens bereits, wie
z. B. bei Universale als Konsulent, aber auch bei Porag , Witzmann
und Neubauer – Zentralsparkasse, überall die Hand im Spiel hatte
und die Grundstücke bereits besaß die andere haben wollten, wie
z. B. die sdeutsche Gesellschaft Maritim die Hotels bauen wollte.
Slavik wies daraufhin, daß er deshalb auf dier Wiener Konferenz sein
Mandat zurVerfügzng gestellt hatte, weil die Einleitungsworte von
Probst aber insbesondere von Hintschig, verhalten, aber letzten Endes
den Ausschlag gegeben haben. Für ihn kam dies nicht spontan, sondern
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er hat sich dies wochenlang sehr genau überlegt. Slavik ver-
mutet auch, daß die ganzen Akten, die beim Profil als Grund-
lage für die Angriffe dienten, vom Hintschig-Büro-Büro stammten. Er
beschuldigte Hintschig nicht direkt, aber meinte, daß dies
doch eine unerklärlich Zufälligkeit sei. Windisch meinte, die
Enthüllungen über Hintschig seien erschütternd, anstelle Hellers
sollte Suttner in den Stadtsenat kommen. Gratz müßte seine Per-
sonaländerung begrünen und er plädiert für zehn. Während er be-
stritt, daß es einen Hernalserkreis gab, sondern er hätte nur
mit Gratz gesprochen. Eine Meinungsbefragung über den Stadtsenat,
die allerdings nicht allgemein bekannt war, hat eben Bock schlecht
klassifiziert, weil er als Personalstadtrat immer mit negativen
Stimmen rechnen muß, in der Öffentlichkeit es aber niemals zu
harten Auseinandersetzungen zwischen Bock und dem Personal ge-
kommen. Nekula wollte Schweda wieder neu in die Diskussion bringen,
wenn tatsächlich das Problem Stadtsenatsbesetzung wieder aufgerollt
wird. Suttner beschwerte sich mit Recht, daß man erst heute mit
ihm fünf Minuten gesprochen hat. Erfühlt sich jetzt diskriminiert,
weil es heissen wird, die versagt haben müssen eben weg. Das dies
für ihn am allerwenigsten zutrifft, steht glaube ich außer
Diskussion. Ich bin aber der Erste, der sich über die Wahlnachtser-
klärung von Gratz beschwerte, daß ein neues Team bereits angekündigt
und meinte, die Körperschaftdie dies letzten Endes zu beschließen hätte,
sei der Wiener Ausschuß. Stacher soll als Experte dort bleiben wo
er ist, Mayr im Nationalrat, daüfr hat man ihn reingeschickt und
Schieder ebenfalls, denn dort soll die Jugend besser vertreten sein.
Hofstetter plädierte, daß die Sachgebiete früher besser verteilt
waren, Heller als Personalstadtrat unzweckmäßig ist, deshalb bei
seinem jetzigen Ressort bleiben sollte und anstelle von Schieder
Suttner kommen müßte. Seda beschwerte sich, daß die Frauen ausge-
schaltet sind und dies überhaupt nur geht, wenn acht Stadträte er-
nannt werden. Dienhof plädierte für 10 und begründet, warum
Schieder aufgenommen werden soll. Winhardt ist ebenfalls für 10
und plädiert für Suttner. Lanc analysiert sehr vernünftig und
einleuchtend und begründet, warum er sich letzten Endes im Vorstand
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dann doch für die 8 die er am Anfang gar nicht wollte, entschlissen
hat. Hobl plädiert ebenfallsf für die 8 Stadträte. Pöder weist
darauf hin, und dieses ist für mich sehr beeindruckend, daß die
Geschäftseinteilung ungünstig ist. Man müßte sie neu überdenken.
Er meint, es sollten 10 sein und verlangt, daß unterbrochen wird.
damit der Vorstand sich auf Grund der jetzigen Diskussion sich ein
neues Urteil bidlen könne. Ascherl plädiert ebenfalls für Unter-
brechung und 10. Gratz meldet sich als Diskussionsteilnehmer und
meint, es sei für ihn keine Grundsatzfrage ob 8 oder 10 sind. Ganz
entschieden wehrt er sich aber dagegen, daß man einen Mann wie
Dr. Stacher nicht als Politiker bezeichnet. Stacher ist seit 1947
bei der SPÖ. seit 1952 bei den soz. Ärzten und Obmann der Privat-
angestelltengruppe Ärzte. Als Dozent im Hanuschkrankenhaus über
Leukämie-Spezialist. Für die Begründung der Persönlichkeit weist
er insbesondere darauf hin, daß man entweder, wenn man jetzt in
Hinkunft mit den Primaren verhandeln muß, von diesen entweder als
Experte und Fachmann anerkannt wird oder man hat überhaupt keine
Chance bei dieser Gruppe. Außardem hätte er 1969 die soz. Seite von
der Volkspartei verlangt, daß das Gesundheitswesen von einem Arzt
geführt werden muß. Schieder sollte die Junge Generation in Wien
mobilisieren und deshalb sei er im Stadtsenat unbedingt notwendig.
Er hätte innerhalb des Nationalrates in kürzester Frist sich bei
ihm positiv bemerkbar gemacht und deshalb glaubt er, sei dies der
richtige Mann für Finanzen und Wirtschaft. Gawlik wehrt sich ganz
entschieden, daß der Vorschlag Jacobis, an ihrer Stelle Tischler
zu nehmen, und schlägt dafür Szöllösi vor. Ebenso meint Windisch
man müßte doch nochmals die Liste überdenken und der Vorstand sollte
sich zurückziehen. Da niemand mehr zu Wort gemeldet ist und melde
ich mich dann zum Schluß, was ich von vornherein beabsichtigt habe
und erklärte den Standpunkt unseres Bezirkes. Wirhaben mit niemandem
konspiriert, wurden auch von niemandem gefragt, haben uns als Prä-
sidium aber zeitgerecht angemeldet, um den Wunsch unseres Bezirkes
dem Wiener Präsidium darzulegen. Wir bedauern, daß die Genossin
Jacobi nicht mehr drinnen ist, sind aber der Meinung, daß der Bür-
germeister sein eigenes Team wählen muß. Ich gehen sogar so weit,
daß er das Recht hat, darauf zu bestehen. Die Vorgangsweise finde
ich nicht für richtig und ich erkläre, daß ich öfter anderer Meinung
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als Gratz gewesen bin. Ein Bundeskanzler, ein Bürgermeister,
jeder Mann der Verantwortung trägt und mit anderen zusammen
arbeiten muß, muß aber das Recht haben, seine eigenen Mitarbeiter
auszuwählen. Natürlich beschließt dies letzten Endes der Wiener
Ausschuß, weil bereits bei diesen Diskussionbeitrag Windisch,
Weikhart und auch Gawlik dagegen mit Zwischenrufen wettern. Schranz
meldet sich dann und vertritt dieselbe Meinung wie ich und meint,
daß die Wiener Bevölkerung Gratz deshalb diese überwältigende
Mehrheit gegeben hat, damit er eben, wie er sich ausdrückte, Dreck
herauszieht. Dies löst natürlich einen Sturm der Entrüstung bei
Windisch, Weikhart und Gawlik aus. Probst bringt nun, bevor er die
Sitzung unterbricht und mit dem Vorstand neue Verhandlungen führt,
zur Abstimmung ob 8 oder 10 Stadträte sein sollen. 33 sprechen
sich für 8, 28 für 10 aus. Darauf wird die Sitzung unterbrochen.
Als sie wieder aufgenommen wird, es konnte ja gar nichts anderes
herauskojmen, wird mitgeteilt, daß der Vorstand bei seiner Vor-
schlagsliste bleibt. 46 gegen 2 Stimmen Gawlik und Weikhart, wird
dieser dann auch genehmigt. Präsident des Landtages wird Hlawka
gegen 2 Stimmen, Schweda gegen eine Stimme und Dr. Schnell als
Stadtschulrat einstimmig genehmigt. Der Versuch, Maletas, Bock
zum Landtagspräsident resp. ev. 2. Präsidenten zu machen, wird
von Gratz unterstütz, von Jacobi aber, die darauf hinweist.
daß Hlawka durch zwei Perioden als 2. Präsident sehr bewährt hat,
eine Frau ist und außerdem den 10. Bezirk repräsentiert, der
durch die Ausnahme Hintschigs sehr benachteiligt wurde, ei n-
deutig für einen Vorstandsvorschlag entschieden. Die Nationalräte
die dadurch frei werden, nämlich Mayr wird Dr. Heindl gegben,
gegen die Stimme Gawliks [evtl. Falschidentifikation, Anm.] und Weikhart. Gawlik verlangt, wer im
Wahlkreis und für welchen Wahlkreis Heindl jetzt fungiert. Nittel
weist darauf hin, daß ähnlich wie seinerzeit als anstelle Gratz
Lausecker g kam, die Hernalser und der Wahlkreis damit nicht end-
gültig verzichteten, sondern bei der nächsten Aufstellung wieder
berücksichtigt werden sollen, ebenso jetzt der 15. Bezirk mit
Mayr und Nedwed eine solche Vereinbarung schriftlich unterzeichnet
wurde. Das zweite Nationalratsmandat für Schieder und BR.-Bestellung
wird später vorgenommen. Im Gemeinderat wird anstelle des Veleta
der Vorsteher bleibt, Nussbaumer bestätigt. Die ganze Diskussion
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war äußerst unerfreulich, so wie jede Personaldiskussion ist.
Gratz hat sicherlich sehr ungeschickt agiert, zeichnet sich
aber jetzt schon eine deutliche Differenzierung in der Auffassung,
soll die Politik der Wiener Ausschuß oder soll dies der Bürger-
meister machen. Die Wiener Bevölkerung und wahrscheinlich auch
die Masse der soz. Wähler, aber auch unsere Funktionäre und Mit-
glieder sind sicherlich der Meinung, daß Gratz dies zu tun hätte.
Die Personifizierung der Partei schreitet unablässig fort. In
der Verhandlungspause habe ich mit Weikhart und anderen Genossen
über meinen Standpunkt diskutiert. Sie sind der Meinung, wir müßten
alles daransetzen, damit nicht die Partei zu kurz kommt in ihrer
Entscheidungsfreiheit und letzten Endes auch in ihren Mitwirken
bei der Gemeindepolitik. Ich selbst erklärte rundweg, daß die
eiknzige Möglichkeit, die ein großes Gremium hat, in Wirklichkeit
darin besteht, wenn sie einenMann bestellt genau zu überlegen,
ob er der Richtige ist. Ist dies einmal bestellt, dann ergibt sich
automatisch, daß er seine eigene Politik macht, sich durchsetzt,
dies erwartete man sogar von ihm und damit eben als starker Mann
manchmal sogar Leute dann vor dem Kopf stößt, die zuerst
gejubelt haben und ihn in diese Position gebracht haben. Für
mich gibt es gar keinen Zweifel und ich sagte dies einen jeden,
der dies höhre oder auch nicht hören wollte, daß die Entscheidung
gefallen war, als man eben Gratz zum Bürgermeisterkandidaten aus-
ersehen hat. Jodlbauer, der mich von meinem taktischen Verhalten
und auch von meiner Konsilianz und vor alem aber mit dem Versuch
Kompromisse zu erzielen vom 3. Bezirk her kennt, meinte mirgegen-
über ich hätte dies taktsich anders angelegt und sicherlich werden wir
tnicht inteine solche Situation gekommen, wie dies jetzt in der
Wiener Organisation der Fall ist. Ich konnte ihm allerdings nur
erwidern, daß ich davon nicht ganz überzeugt bin, jeder natürlich
seinen eigenen Stil hat, ich im Grunde genommen aber sehr froh bin,
daß ich diese Aufgabe übertragen bekommen habe. Gratz wird sich
mit den Widerständen, die ja jetzt in den einzelnen Bezirken und
es nicht die Kleinsten, mit seiner Vorgangsweise eingewirtschaftet
hat, äußerst schwerr tun. Personalfragen wirken furchtbar lange
nach, vergiften die Atmosphäre, tragen gar nichts dazu bei, um
nicht nur den betroffenen, sindern auch die Leute die hinter ihm
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stehen auf lange Zeit zu verärgern, sondern sind meinter Meinung
nach die unangenehmsten und längerwirkendsten Hemmschuhe für eine
positive Entwicklung. Wie es in Wien weitergehen wird. wird die
Zukunft weisen. Ich sehe nicht sehr rosig. Obwohl Gratz bei seiner
Begründung immer nur die positiven Seiten der Vorstandsbestellung
herausstreichen wollte und nicht sich einließ, warum eben die
negativen, d.h. die Auswechslungen erfolgen, wird dies natürlich
in der Öffentlichkeit und auch in der Partei und dem Funktions-
kader diskutiert werden und eine sher schlechte Stimmung geben.
Wie man auf solcher Basis positive Arbeit leisten kann und wird
und muß. ist mir noch nicht ganz klar.
Tagesprogramm, 6.11.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung Wiener Ausschuss, 6.11.1973
hs. Notizen (TO Wiener Ausschuss Rückseite)