Mittwoch, der 31. Oktober 1973

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Mittwoch, 31. Oktober 1973

Während meiner Bankbesuche und Sparkassenbesuche zum Weltspartag hatte
ich das Gegühl vollkommen nutzlos nur Prestigegründe die Institute
Veranlassen die Prominenz einzuladen. Man trifft immer wieder dieselben
Leute in den verschiedenen Banken und auch Auftritt der Präsidenten und
Minister ist sozusagen nur Aufputz für das Volksfest. Natürlich bekommt
man dann entsprechende Werbegeschenke, das kriegt ja jeder, der etwas
einlegt und manche Institute tarnen dies noch indem sie einem versteckt
ein Kuvert geben, damit man eine Einzahlung tätigt. Da ich aber für solche
Heimlichkeiten nichts übrig habe, erkläre ich zum Gaudium aller, nur
her mit dem Geld, eine Bank verträgts ja, ich bin auch bereit dasselbe
herzugeben und das spenden wir der Volkshilfe. So kommt es, dass manche
Banken dann im nächsten Jahr mir nicht mehr zumuten, bei ihnen eine Einlage
zu tätigen. Bei dieser GElegenheit erklärte ich aber dem Generaldirektor
von der Genossenschaftlichen Zentralbank Klauhs, der mich wegen der Kredit-
restriktionen und vor allem wegen der verhältnismässig niedrigen Zinsen
bei Aktionskrediten ansprach, dass ich nicht bereit bin für eine Erhöhung
des 8 %-igen Zinssatzes einzutreten. Klauhs hat dies mit grossen BEtrübnis
zur KEnntnis genommen, meint allerdings, dann würden im nächsten Jahr kaum
Bürges- und Gewerbestrukturkredite zur Auszahlung kommen. Ich verwies darauf
dass dies auch für 1974 angeknüdigt wurde und trotzdem die entsprechenden
Beträge alle ausgeschöpft wurden.

Beim unausweichlichen Mittagessen beim japanischen Botschafter konnte
ich als ein zig positiven Punkt, nachdem die Chinesen das Feuerwerk
bei der WIG abgesagt haben, die Japaner vielleicht für einen Ersatz be-
geistern. Die Japaner sind bekanntlich auf der WIG mit einem grossen japa-
nischen Garten vertreten und nachdem die Chinesen jetzt kein Feuerwerk
machen, ein japanisches Feuerwerk abzubrennen. Mir ist es bis jetzt noch uner
klärlich, wie die Chinesen eine solche GElegenheit vorübergehen lassen,
wo sie mit verhältnismässig geringem Aufwand einen ungeheuren Öffentlich-
keitserfolg erreicht hätten. Die Japaner haben, zumindestens die österr.
Botschaft dies sofort erkannt.

Die Besprechung bei der ÖMV mit AFG über eventuelle zusätzliche Mengen
von den zurückgetretenen Süddeutschen, d.h. zu den 2 Mia ca. 3 – 400 Mill.
zusätzlich kam zu keinem Abschluss während meiner Anwesenheit. Die ÖMV und
die AFG sind sich darüber einig, dass zusätzliche Mengen nur dann über-
nommen werden sollen, wenn das Monfalcone-Projekt dadurch erst ermöglichst
wird. Ansonsten solte versucht werden, bei den 2 Mia zu bleiben, da eine


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weitere Gasmenge schwer zu finanzieren wäre. Ich schlug vor, dass
wir uns am Freitag zu einer weiteren Sitzung zusammenfinden sollten,
was sofort akzeptiert wurde.

Die Fachgruppentagung 1973 des Landesgremiums Wien für Lebens- und
Genussmittelgrosshandel hat auf der Tagesordnung ein Referat von mir.
über aktuelle Themen, Kontrahierungszwang, Preisdiskriminierung, Lockvogel-
angebote, Rabattgestaltung der Industrie, Ladenschlusszeiten usw.
Damit ist es mir das erste Mal offiziell gelungen,bei einer Tagung der
Handelskammer aufzuscheinen. Dies war einer der Gründe, warum ich
mich eingehend darauf vorbereitete und sogar Jagoda gebeten habe,
mitzukommen, damit wenn irgendwelche Fragen in der Diskussion aufscheinen
die ich nicht beantworten könnte, er einsprichen sollte. Es gab eine
lebhafte Diskussion und zwar von ca 25 – 30 Anwesenden hatten sich
10 zu Wort gemeldet. Eine einzige Frage konnte ich nicht beantworten,
und hab das auch gleich friemütigst zugegeben. Komm.Rat Nader wollte wiss
sen, warum -nchadem wir am 30.9.73 das Kaffee-Abkommen gekündigt haben –
wir nun bie den Ursprungsländer, die Kaffee produzieren keine Einfuhr-
genehmigung verlangen, dagegen bei Drittländern wie z.B. der BRD oder auc
auch England, wo ein grosser Kaffee-Umschlag stattfindet, Einfuhrgeneh-
migungen verlangt werden, die allerdings leicht zu bekommen sind.
Ich habe ihm versprochen, dass wir ihm schriftlich die genaue Be-
gründung schicken werden.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte einen Brief von mir vorbereiten lassen.

Am angenehmsten überrascht war ich, als der Komm.Rat Babitz erklärte
sich in meiner geschickten Art und rhetorisch meisterhaft alle diese
Probleme behandelt und – was er allerdings nicht sagte – sich aber
sicherlich dachte, keinerlei Zusagen machte, z.B. ein Gesetz zu erlassen,
dass man ncht unter dem Einstandspreis verkaufen darf oder dass der
Kontrahierungzwang abgelehnt wird oder dass entsprechende Mittel für
eine Bevorratung bereitgestellt werden müssen, oder dass die KLienlädern
erhalten werden müssen, damit die Nahversorgung gesichert ist, oder
dass die Industrie ihre Rabattpolitik einstellen muss usw. usw. In
Wirklichkeit hatte ich nur auf Grund der ERfahrungen, die ich doch
in den letzten Jahren sammeln konnte, mich verpflichtet, dass diese
sehr komplizierte Materie im Einvernehmen mit den Sozial- und Wirt-
schaftspartnern eben im Konsumentenbeirat versucht wird, zu lösen.
Jagoda war, wie er mich nachher hsagte, sehr erstaunt, dass mein


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Vortrag, der ihm scheinbar auch gefallen hat, so positiv aufgenommen
wurde, obwohl ich ja keinerlei Zusicherungen oder gar Versprechungen
abgegeben habe. Einleitend hielt ich gleich fest, dass – wenn ich auch
bei Kleinhändlern oder vielleicht gar bei Gewerkschaftern reden würde –
ich dieselben Ansichten würde. Ich komme immer mehr zur Überzeugung,
dass wir klich die beste Lösung ist, sich eine Meinung zu bilden und
diese dann überall gleichmässig zu vertreten. Die Hauptschwierigkeit
liegt nur darin, dass es so furchtbar schwer ist, bis man zu einer einige
massen fundierten Meinung kommt, die nicht einseitig ausgerichtet ist.
Die grosse Gefahr besteht, dass man nur von einer GRuppe, ohne dass die
anderen Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen, beeinflusst wird
und dann sich eine Meinung bildet, von der man, wenn sie erst einmal
in der Öffentlichkeit bekannt wird und dadurch einen gewissen Siegel er-
hält, schwer oder vielleicht garnicht mehr abrücken kann. Zieht man
diese Meinung durch, dann bekommt man nur allzu leicht den Vorwurf,
dass man stur ist und auf vernünftige Argumente nicht eingeht.
BErücksichtigt man vernünftige Argumente, dann heisst es auf der anderen
Seite sofort, amn ist weich und gibt nach, sozusagen, der letzte mit
dme man spricht hat immer recht und man passt sich eben an. In Wirklich-
keit kommt man aus dme Dilemma nur heraus, wenn man die Taktik so spielt
wie ich, dass man eben vorerst versucht, ohne in der Öffentlichkeit
gross in Erscheinung zu treten, die verschiedensten Meinungen aufeinander
abzustimmen, sweit wie möglich einen Konsens zu erzielen und den dann
als Ergebnis eben nicht seiner eigenen Überlegungen sondern eben als
eine Arbeit der verschiedensten Interessensvertretungen hinstellt. Si
gilt man zwar dann nicht als starken Mann, dafür aber kann man wahrschein
lich eine weitestgehende Übereinstimmen erzielen und damir die optimale
Erreichung von Zielen ohne Reibungsverlust.

So sehr es mich gefreut hat, einen Durchbruch in der Handelskammer
zu erreichen und ausserdem offiziellen Vollversammlung im Burgenland
ist es mir jetzt in der Wiener Kammer zumindestens in einer Teilorganisa-
tion geglückt. sosehr würde ich wahrscheinlichin Arbeit ersticken,
wenn die Bundeskammer ihren Widerstand aufgibt und mich tatsächlich zu
allen Fachgruppen- Gremial- Innungstagungen usw. eingeladen werde.
Der jetzitge ZUstand ist deshalb für mich angenehm zu zeigen, mit
welch schwerem Widerstand ist zu kämpfen habe, um mit offiziellen Kammer-
organen in Kontakt zu kommen. Zu erfolgreich möchte ich dabei aller-
dings nicht werden.

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Tagesprogramm, 31.10.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GS Raiffeisenverband


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    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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      Tätigkeit: SChef HM
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