Dienstag, der 30. Oktober 1973

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Dienstag, 30. Oktober 1973

In der Klubtagung berichtet Häuser über seine sozialpolitischen Ge-
setzesvorschläge und vor allem über die nächsten Aktivitäten und in
Vertretung von MOser, derin Istanbul die Brücke eröffnet, Mayer Hans
über die Verhandlungen betreffend die Assanierung und Bodengesetze
und vor allem als letzter Referent Heinzi Fischer über die Geschäfts-
ordnung. Da die meisten Klubmitglieder auf alle Fälle mittags Schluss
machen wollen, gibt es nur mehr eine sehr kurze Diskussion mit einigen
Diskussionsrednern. Interessant ist überhaupt, dass am zweiten Tag fast
nur mehr die Hälfte bis maximal 2/3 anwesend sind. Soviel ich herum-
höre sind alle von der Klubsitzung insoferne befriedigt als es keine
kontroversiellen Auffassungen gibt. Es ist unwahrscheinlich, in welch
starkem Ausmass der Zustand wie er jetzt in unserem Klub und wahrsschein-
lich auch in der Partei ist, liegt, nämlich kein Streit, nicht viel Dis-
kussion, alels soll wie geschmiert gehen und womöglich immer eine Wahl
gewonnen werden. Obwohl es jetzt in der Öffentlichkeit schon deutlich
sichtbar Abnützungserscheinungen von der Regierung Kreisky zumindestens
von den Massenmedien behauptet wird, sind unsere Genossen noch immer
davon überzeugt, dass alles zum besten läuft. Kreisky gelingt es immer
wieder, die Spitzenfunktionäre davon zu überzeugen, dass Niederlagen,
und um solche handelt es sich z.B. auch in Oberösterreich jetzt bei den
Landarbeiterkammerwahlen, maximal um örtlich bedingte Ergebnisse und
Probleme handelt. Ich bin absolut positiv zu zukünftigen Nationalrats-
wahlen eingestellt, glaube ja dass wenn Kreisky kandidiert und daran
ist ja kein Zweifel, wenn er es gesundheitlich durchsthet, wir tatsächlich
noch einmal gewinnen können, d.h. die absolute Mehrheit erhalten, doch
möchte ich nicht die negativen Erscheinungen auf die leichte Schulter
nehmen.
Die fraktionelle Aussprache mit Kreutler und Feichtingen von der ÖMV
ergibt, dass diese meinem Vorschlag, man sollte die Benzinpreiserhöhung
und insbesondere Heizölpreiserhöhung vorwegnehmen, die erst mit 1.1.74
zwischen Finanzminister und der ÖMV vereinbart wurde, findet nicht die
Zustimmung dieser beiden. Sie sind fest entschlossen, abzuwarten, bis
sie in der nächtsen Woche mit den Internationalen gemeinsam ein Preis-
erhöhungsantrag von Seiten der Handelskammer kommt, der natürlich wesent-
lich höher ist, als die seinerzeitigen Vereinbarungen über die Abgeltung
der Mehrwertsteuer. Die Preiserhöhungen, die ihnen vorschweben sind wahr-
scheinlich gigantisch und ich habe Kreutler nicht im Unklaren gelassen,


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dass in den umliegenden Ländern sich maximal die Benzinpreise um 50
Groschen erhöhen, allerdings kann er mit recht darauf hinweisne, dass
dafür vor einiger Zeit dort eine erste Preiserhöhung bereits Platz gegrif
fen hat. Mit Rösch habe ich bereits vereinbart, dass wir – wenn es zu ei-
nem Preiserhöhungsantrag kommt – ganz kurzfristig eine Preiskommission
einberufen müssen, damit nicht dann im letzten Moment neuerdings Hamster-
käufe die ganze Versorgungslage durcheinanderbringen.

Die Aussprache zwischen Mineralölwirtschaft und Landwirtschaft, die
Min.Rat Frank leitet, der dies glaube ich ganz geschickt macht, verlief
äusserst firedlich. Ic selbst bin hauptsächlichningegangen, damit
sich dann bei den Attacken, die im Nationalrat zu erwarten sind, mit
konkretem Hinweis, dass ich die Besprechungen selbst geführt habe oder
zumindestens als BEobachter daran teilgenommen habe, unmittelbare Eindrüc
wiedergeben kann. Die Landwirtschaftskammer hat die Informationen ihrer
Funktionäre gesammelt, hat allerdings selbst mir gegenüber zugegeben,
dass selbstverständlich die Bauern Heizöl und vor allem einmal Dieselöl
hamstern, nicht zuletzt deshalb, weil sie im Oktober und November
den grössten Anteil, nämlich 25 % ihres Jahresverbrauches haben. Im
Dezember fällt er dann auf 4 % herunter. Das schlagendste Argument
müssten dann in einer Debatte im Nationalrat sein, dass ich frge,
wo denn nun 1 kg Mais durch Nichtttrocknen verdorben oder auch nur
eine Arbeit des Bauern wegen Knappheit an Dieselöl nicht gemacht werden
konnte.

Sowohl Min.Rat Langer-Hansel als auch Dr. Zolles versichern mir, dass
jetzt immer stärker Bundesländervertreter sich für Zolles einsetzen.
Unter anderem hat der Obmann des Vorarlberger Fremdenverkehrsverbandes
Zolles persönlich, den er jetzt eknnengelernt hat, versichert, dass
er sich für ihn einsetzt und wenn irgendwer behauptet, Vorarlberg sei
für Gaisbacher oder einen sonstigen Kandidaten, er dem behauptet kann,
dass dies nicht stimmt. Somes, der offizielle Vorarlberger Vertreter
in der Generalversammlung, wird von ihm entsprechend angewiesen. Ich
habe sowohl Langer-Hansel als auch Zolles gegenüber erklärt, es wäre
halt sehr schön, wenn diese unter vier oder sechs Augen gegebenen Er-
klärungen womöglich mir gegenüber schriftlich von dem Betreffenden, der
Zolles unterstützt, mitgeteilt wird.



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Im Klub der Mandatare auf der Landstrasse gab es eine ungeheure inten-
sive und lebhafte und fast würde ich sagen aggressive Diskussion. Zum
ersten Mal hat Jacobi dort mitgeteilt, dass man bis jetzt überhaupt
nicht mit ihr gesprochen hat. Gratz hat nicht einen einzigen Stadtrat,
ob er ihn ablehnt oder zu ihm positiv steht, bis jetzt empfangen. Nur
die, die zu ihm wallfahrten, wie sie sich ausdrückte, nach Bad Gastein
fuhren, hatten mit ihm Kontakt. Er selbst hat keinerlei Kontakt zu
den Stadträten gesucht. Über diese Vorgangsweise und insbesondere, dass
man auch jetzt mit ihr noch kein Wort gesprochen hat, ist sie sehr
empört. Sie sieht zwar ein, dass sie kaum mehr Chance hat, in den
Stadtrat wieder berufen zu werden, doch glaubt sie und dies mit REcht,
dass man darüber mir ihr hätte zumindestens einmal sprechen können.
Sie meinte mir gegenüber unter vier Augen, dass Gratz eben nur kreisky
kopiert. Seitler selbst bemerkte, teilweise richtig, dass jetzt alle
hinter JAcobi stehen, währenddem vor etlichen Wochen noch sehr viele
mit einer Kandidatur von ihr gar nicht so einverstanden gewesen sind.
Und dies lauthals auch verkündeten. Wenn nicht bei uns in Sitzungen
so doch gegenüber Bezirksfremden, die dies naütlrich sofort immer
in die Zentrale meldeten oder zumindestens gesprächsweise dort er-
wähnten. Jetzt meinte Seitler hätten wir es sehr schwer und ganz be-
sonders ich kaum eine Chance, den Wunsch des Bezirkes, nämlich dass
Jacobi zumindestens bis zur Eröffnung der Stadt des Kindes bleibt, durch-
zusetzen. Da ich auch auf der Klubtagung sowohl Heinz Nittel als
Sekretär von Wien als auch vor alltem Otto Probst als Obmann darauf
aufmerksam gemacht habe, dass man unbedingt mit dem Präsidium des
3. Bezirkes vorher reden muss, bevor eine Entscheidung fällt, habe ich
dies natürlich auch unseren Vertrauenspersonen mitgeteilt, Sie waren
mit diesem Vorschlag sehr einverstanden, umso mehr als mir Probst neuer-
dings versicherte, dass er sich daran halten wird, wollten aber gleichzei
tig, dass man sowohl Gratz als auch Probst in eine grösseres Forum
mindestens im Vorstand, am liebsten aber die Ausschussitzung auf die
Landstrasse einlädt. Ich setzte den Genossen auseinander, dass dies
ohne weiteres möglich sei, dass sie sicher aber erst zu einem Zeit-
punkt kommen werden, wo die ganze Angelegenheit schon erledigt ist.
Dann würden sie zwar kritisieren können, aber es hätte überhaupt keinen
Effekt. Die Genossen selbst erwarten, dass zumindestens wenn Jacobi
nicht mher in den Stadtsenat kommt, worauf man ja nicht unbedingt
Anspruch hat, zumindestens dann Heindl im Nationalrat kommt. Eine
solche Möglichkeit eröffent sich, da, wenn Sekanina als Gesundheits-
stadtrat berufen wird, er seine NR-Mandat zurücklegen muss.



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Auf der Liste selbst steht dann vor Heindl noch Pfoch, Hofmann und
eine Frau. So zumindestens hat es mir Heindl gesagt. Da Pfoch und
HOfmann wie ich annehme sicher im Stadtsenat bleiben, müsste der
Plan gelingen, wenn nicht die Frauen wieder eine neuerliche Kandidatur
anmelden. Eine weitere Gefahr wäre die Gewerkschaft, doch habe ich
hier mit Robert Weiss diskutiert und verlang,t dass Heindl jetzt end-
lich berücksichtigt wird. Dieselbe Meinung hat übrigend Pfoch, der im
Wiener Präsidium doch entsprechend viel mitzureden hat. Die Entscheidung
über den Nationalrat fällt allerdings nicht im Wiener Präsidium allein.
Wir werden als Landstrasser eine schwere Auseinandersetzung und dies
spüren unsere Funktionäre. Momentan gärt es bei uns in dieser Frage
ganz schön. Anerkannt wird, dass wir in offener WEise über diese
Probleme diskutieren, wie dies wahrscheinlich in keinem anderen Bezirk
üblich ist. Ich selbst bin ein Gegner von Geheimdiplomatie und noch viel
mehr ein Gegner von geheimer Intrige. Manchmal frage ich mich allerdings
ob man ohne eine solche überhaupt auskommen kann.

GND ID: 124729509


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    Tätigkeit: ÖMV
    GND ID: 132912112


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        Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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          Tätigkeit: FSG-Vors., SPÖ-Klubobmann, Volksanwalt


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            Tätigkeit: -obmann


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              Tätigkeit: Fremdenverkehrsdir. Vbg.? Falschschreibung?


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                Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                  Tätigkeit: Wr. Planungsstadtrat, stv. AR-Präs. DoKW, Obmann BO Floridsdorf


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                    Tätigkeit: BV Landstraße bis 1973


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                        Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


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                          Tätigkeit: ÖMV, Dir. Fa. Semperit


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                            Tätigkeit: Landesfremdenverkehrsamt Stmk. (Tirol?)


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                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                              GND ID: 102318379X


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                                Tätigkeit: Bautenminister


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                                  Tätigkeit: Wr. Vize-Bgm., SPÖ


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                                    Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                                      Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                        Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


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                                          GND ID: 136291708


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                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
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