Samstag, der 27. Oktober 1973

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Samstag, 27. Oktober 1973

Die ARBÖ-Prüfstelle in Amstetten, die ich besuchte, hat mir eine neue Lücke
des Gesetzes gezeigt. Wenn ein deutsches Auto, auch wenn es 10 Jahre alt
ist, importiert wird, ist es in Österreich die Erstzulassung und bekommt
automatisch die Prüfplakette. Ich konnte mich ausreden, dass man doch
annehmen muss, dass die Deutschen in ihrer Gründlichkeit Autos, die zu-
gelassen sind, auch tatsächlich überprüfen. Überzeugt bin ich allerdings
nicht, dass dies auch immer der Fall ist. Hier müsste man wirklich Vorkeh-
rung treffen, dass ein übertragenes Auto auch bei uns bei der Einfuhr ge-
prüft werden müsste.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte den Fall mit Metzner klären, um eventuelle Re-
form in Angriff zu nehmen.

Bei der zweiten Backstrassen-Eröffnung von De Beukelaer in Amstetten
hat Ludwig neuerdings auf die Kreditrestriktion und die Baubremse hinge-
wiesen. Es war mir ein Leichter darauf zu replizieren, scheinbar aber
drückt in nö. Gebieten die Restriktion wirklich sehr hart. Da Androsch
hier eine Auflockerung in Aussicht genommen hat, erklärte ich, dass
die Regierung dieses Problem gewissenhaftest prüft. Präsident Beukelaer
versicherte mir, weil ich ihm für neu Investitionen unter vier Augen
angesprochen habe, dass sie jetzt neuerdings einige Keks, die sie in
Belgien erzeugen testen lassen und wenn sich herausstellt, dass sie
einigermassen ankommen, wird er die Produktion hierher verlegen. Schon
derzeit erzeugt er mit 16 t Tagesausstoss eine Menge, die er zu einem
Drittel bereits exportieren muss. Durch die zweite Backstrasse wird
in nächster Zeit die Produktion noch wesentlich vergrössert. Grosse
Diversifikation müsste aber möglich sein, da der Beukelaer-Konzern
6.000 Beschäfigte hat in der Welt und bei uns nur 100 derzeit. Balluff,
der Direktor versicherte mir, dass die ganze Süsswarenindustrie jetzt bei
der Paritätischen Erhöhungsanträge wegen der Keks-Preise usw. gestellt
hat, die er aber nicht mitmachen wird. Ich kann mir sehr gut vorstellen,
wie sehr unsere österreichische Industrie über diesen Betrieb unglücklich
ist.

Die Schiffahrt der ökologischen Gruppe von Spitz nach Wien zu Ehren
des Prof. Lorenz war für mich sehr lehrreich. Ich bin erst in Dürnstein
zugestiegen und Veselsky hatte schon namens der Bundesregierung eine
Erklärung abgegeben. Der Moderator, ein deutscher Journalist, goschert
wie immer, hat sich dann furchtbar aufgeregt, dass Veselsky das Wort er-
griffen hat, ohne zu warten, bis er ihm ein solches gegeben hat und


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spielte beleidigt und hat dann nur erst auf Zureden anderer Leute
seine Funktion d. h. der Diskussionsleitung übernommen. Die ökologische
Gruppe, die sich aus den verschiedensten Wissenschaftler zusammensetzt
hat dort sehr aggressive aber sicherlich sehr gescheite Leute, die
ihre Vorstellungen mit entsprechender Härte und Leidenschaft vortragen.
Junge Assistenten haben mich beeindruckt, Prof. Rainer, der am aggressivsten
wirkten wollte, gar nicht. Lorenz und auch die anderen haben erklärt, es
ist ein Verbrechen wie wir heute die Natur ausbeuten, sie selbst meinten,
wir müssten uns eben in allem beschränken, erklärten dass sie selbst bereit
wären, ein Drittel ihres Energiebedarfes an Elektrizität, Wärme usw. ohne
weiters einzusparen, allerdings nur wenn dies alle machen. Eine solch
demagogische Ausführung hätte ich eigentlich von Wissenschaftlern
nicht erwartet. Da auch die Vertreter der Schiffahrts- und Wasserrechts-
behörde und vor allem auch der Donaukraftwerke anwesend waren, hat es zwi-
schen diesen und den Ökologen eine ganz interessante, wenn auch sehr
lebhafte Diskussion gegeben. Veselsky hat sich sehr tapfer geschlagen. Ich
selbst habe, da man ja immer dort auf so grossen Wert auf Disziplin legt,
mich als Zuhörer betätigt und nur zum Schluss bescheiden gefragt, ob ich
vielleicht auch eh paar Worte sagen sollte. Meine einzige Erklärung bestand
darin, dass ich sehr froh bin, diese Diskussion gehört zu haben, in
Hinkunft, wenn ich für die Elektrizitätswirtschaft zuständig bin, die
Ökologen jederzeit zu mir kommen können, um mir ihre Bedenken, Wünsche und
Anregungen zu sagen, auch für Kritik bin ich sehr dankbar, dass ich ihnen
aber überhaupt nichts verspreche. Prof. Lorenz meinte zwar dann zu
mir, dass er von dieser Aussprache und insbesondere meinen Erklärungen
sehr positiv beeindruckt sei. Er erklärte man dürfe nicht in einem wüsten
Kampf sich befetzen, sondern müsste versuchen, gemeinsame Lösungen zu er-
reichen. Hier stimme ich mit ihm hundertprozentig überein. Typisch war,
dass z.B. das Wärmekraftwerk Theiss, welches an der Donau bei Krems er-
richtet wird, wirklich optisch einen nicht sehr guten Eindruck macht.
Der rot-weiss-rote Schornstein wird aber von den Ökologen als eine
patriotische Tat gewertet, in Wirklichkeit ist es nur eine Vorschrift
für die Flugkennzeichnung. Als die Donaukraftwerke sich verpflichteten
und erklärten, sie würden den Auwald, der hinter dem Damm ist, immer wieder
überschwemmen, dies ist scheinbar vom ökologischen Standpunkt notwendig,
war Lorenz hoch zufrieden. Ich glaube, dass man in der Vergangenheit den
grossen Fehler gemacht hat, diese einzelnen Gruppen bei den Projekten
nicht zu hören und mit ihnen nicht über die Probleme zu diskutieren.
Dies muss sich in der Zukunft wirklich wesentlich ändern.



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ANMERKUNG FÜR WANKE: So wie für die Ökonomie die Grundsatzgruppe muss
für die Energie etwas ähnliches gefunden werden.

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Tagesprogramm, 27.10.1973


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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      GND ID: 1017902909


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        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


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          Tätigkeit: LH-Stv. bzw. LH NÖ, ÖVP


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            Tätigkeit: VM (Ministerienneuorganisation 1974)


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                Tätigkeit: Betriebsdir. De Beukelaer Amstetten (NÖ), vmtl. Falschschreibung ("Poncelet"?)


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