Mittwoch, 10. Oktober 1973
Dr. Stern, angeregt scheinbar durch die Freien Wirtschaftsverband,
Pirker, von Oberösterreich, wollte allen Ernstes dass ich in ein
schwebendes Verfahren beim Mühlfonds eingreife. Für eine wahrscheinlich
sehr suspekte Mühle, die zwei Betriebe hat und deshalb mit den Ver-
mahlungsmengen manipulierte, muss eine Million S bezahlen. Die-s
beruht angeblich in einem Irrtum in der Buchhaltung, die Veurteilung
erfolgte aber durch ein Gericht. Ich erklärte sofort, dass ich nicht
bereit bin in ein Verfahren mir als Aufsicht unterstellten autonomen
Behörde, in der alle Interessensvertretungen mitwirken, und damit weitest
gehend die Gewähr gegeben ist, dass objektiv beurteilt wird, einzugreifen.
Stern hat dies auch sofort eingesehen. Es war wahrscheinlich von ihm
ein Versuch m.p. – man probiert. Das Gute bei diesem Versuch, ich konnte
ihm Dr. Wais vorstellen, an den er sich in Hinkunft wegen der Sprengung
im Steinbruch in Hohenems immer wenden wird.
Die Aussprache Schiwkow mit dem Bundespräsidenten brachte für mich keine
neuen Erkenntnisse, ausser dass Bulgarien jetzt in gigantische Unter-
nehmen in der SU einsteigen will. Im nächsten 5-Jahres-Plan sollen die
Investitionen von 18 Mia $ auf 30 Mia $ erhöht werden. Die dafür notwen-
digen Importe werden zu einem Drittel aus dem Westen kommen, für Maschinen
und Ausrüstungen hat man 1,2 bis 1,5 Mia $ vorgesehen. 200 Mill. $
soll der österr. Warenaustausch betragen. Diese Ziffer war im ursprünglichen
Entwurf des 10-Jahres-Vertrages, doch hatten wir ihn, da er mir selbst
als kaum erfüllbar erscheint, herausreklamiert. Dann hat Schiwkov über
die Liberalisierung und über die Zölle gesprochen – einige Sachen ver-
wechselt – und gemeint, wieder dann richtig, dass das Handels-
defizit durch einen Riskenaustausch verkleinert werden könnte. Da wir ein
Abkommen über Visafreiheit haben, meinte er, die Fremdenverkehrsfirmen
in Österreich müssten weniger die Besuche in traditionelle Bahnen, d.h.
Jugoslawien, Italien usw. lenken, sondern eben mehr nach Bulgarien. Hier
wäre eine Intervention der Regierung nötig. In Bulgarien seien die Dienst-
leistungen noch nicht auf dem erforderlichen Niveau, weil man im Fremden-
verkehr erst jetzt begonnen hat, während Österreich bereits durch mehrere
Generationen als Reiseland arbeitet und bekannt ist. Jonas bedankte sich
nur für die Amnestiefälle und er ersuchte, dass man auch in Hinkunft im
Einzelfälle entgegenkommend sein sollte. Kreisky wurde dann aufge-
fordert und hat sich über die friktionslose Zusammenarbeit und ins-
besondere über den Rhein-Main-Donau-Kanal, der in Hinkunft auch als
17-1111
Wasserstrasse für uns grosse Bedeutung haben wird. Der Handel
hätte sich nicht so entwickelt wie vor 10 Jahren gewünscht wurde.
Auf den Fremdenverkehr hätte die österr. Regierung keinen Einfluss.
In der wirtschaftlich-technischen Zusammenarbeit hätte das Aluminium-
werk Ranshofen ein grosses Projekt über Walzwerkbau plus Fertigwaren,
auch Folienerzeugung, mit vier österr. Firmen , zwei BRD-Firmen und
zwei Schweizer Firmen, die daran beteiligt sind, den Bulgaren vorge-
legt. Er interveniert und erwarte einen positiven Abschluss. Fälbl
und auch bei der Vorbesprechung wusste niemand etwas von diesem Pro-
jekt. Bodo Beelitz war angeblich auch, wie er mich nachher sagte,
erst am Vortrag um 4 Uhr von Ranshofen verständigt, hat dies in
einer Informaton Kreisky mitgeteilt, den ich darauf aufmerksam machte,
dass leider in der Vorbesprechung man den Bulgaren überhaupt über
diese Sache nichts sagte. Kreisky meinte, dies sie ein Projekt, wel-
ches er selbst schon monatelang verfolgt und Bodo Beelitz weiss es
genau. In Wirklichkeit hat mir Wimberger von Ranshofen, den ich
telefonisch kontaktierte, zugegeben, dass er erst im letzten Moment
Kreisky informiert hat, um eine Intervention zu erreichen. Es ist
unwahrscheinlich wie schlecht koordiniert wird und wie einige Stellen
aber auch Unternehmungen hier im letzten Moment oder überhaupt ver-
spätet ihre Wünsche äussern. Z.B. hat mich unser österr. Botschafter
in Sofia nach dem Schiwkow-Empfang am Abend im Imperial erinnert,
dass Kirchschläger in Feber, als er in Sofia war, 5 Projekte den
Bulgaren übermittelte, eines davon sei erfüllt, vier noch offen
und er erwartet eigentlich, dass auch ich den Bulgaren unser Interesse
an diesen vier Projekten bekunde. Niemand im Haus hat mir ein Wort
nur davon gesagt, Zembsch weiss überhaupt nichts von Römer ganz zu
schweigen und auch Sirowatka, der Handelsdelegierte, sowie die Han-
delskammer Dir. Deuring hatten nicht ein Wort erwähnt. Ich habe dies
mit aller Deutlichkeit als einen grosse Koordinationsfehler bezeichnet.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Zembsch hat zwar versichert, es wird in Hinkunft
nicht mehr passieren, doch kümmere doch bitte um
eine bessere Koordination.
Schiwkow verwies dann, dass in der Metallurgie-Schwarzmeer grosse
Investitionsmöglichkeiten bestehen und insbesondere auf dem Bunt-
metallsektor eine neues Produktion mit 10 Mill. t aufgebaut
werden soll. Auch im Schiffbau Container und Hafeneinrichtung gäbe
es grosse Möglichkeiten. Die Bulgaren werden einen Russe-Varna-Kanal
17-1112
bauen, d.h. die Donau frühzeitig verlassen, um direkt ins Schwarze
Meer zu kommen. Ein ähnliches Projekt haben die Rumänen, ein Stück
unterhalb von Konstanza, doch wurde dieses ursprünglich Projekt,
wo seinerzeit angeblich schon der Bau begonnen wurde, wieder ein-
gestellt, weil die Russen dann auf ihrer Donaustrecke nicht mehr
die beherrschende Kontrolle ausüben können. Es würde mich wundern,
wenn jetzt nicht nur die Rumänen sondern auch die Bulgaren ein so
kostspieliges Kanalprojekt durchführen und von den Russen mehr oder
minder akzeptiert wird. Schiwkow hat angeregt, eine gemeinsame
Schiffahrtsgesellschaft für den Güter- und Personenverkehr. Ich
selbst – nachdem Jonas mir das Wort gegeben hat – habe nur kurz
auf unsere Leistungen bezüglich der Liberalisierungen und der 30 %-
igen Präferenzzölle, die wir autonom gegeben haben, hingewiesen und
insbesondere festgehalten, dass die österr. Reisebüros für die Haupt-
reisezeit zu wenig Anbote an Hotelplätzen am schwarzen Meer bekommen.
Kreisky hat dann bei den multilateralen noch darauf hingewiesen, dass
die Kontakte zwischen den Europäischen Gemeinschaften und COMECON
von ihm befürwortet werden. Kreisky hat auch vorgeschlagen, dass die
Fachminister weitere Gespräche führen sollen, dies gilt für sowohl
für Handels- als auch für Aussenminister.
Vizeministerpräsident Popow schlug dann anschliessend nach der
Sitzung vor, sofort die gewünschten Besprechungen aufzunehmen.
Popow hätte, wie er sich ausdrückte, bei den Präsidentenbesprechungen
eigentlich referieren sollen, doch hat sein Präsident sein Brot geges-
sen, Popow verwies darauf, dass seit dem Juli-Besuch 1973 in Öster-
reich, wo ich mit ihm die steirischen Werke und auch Andritz be-
suchte, die Kooperation sehr gut voranschreitet. Insbesondere gilt
dies für die Firma Ruttner. Er bedauerte nur, dass bei den Koopera-
tionen hauptsächlich jetzt nur private Firmen einsteigen und er
vermisste die verstaatlichten Betriebe. Interessant war, dass bei
einem Interview, welches nachher dem Rundfunk gegeben habe, dieser
wieder besonders darauf hingewiesen hat, dass doch nur die verstaat-
lichten Betriebe, aus die Besprechungen Nutzen ziehen. eine vollkom-
men falsche Information des ORF. Popow möchte eine hochqualifizierte
Stahlproduktion und deshalb mit VÖEST – Koller, Schoeller-Bleckmann
Edelstahlkooperationen. Als erstes Werk soll ihr Stahlwerk Lenin
spezialisiert werden. Ich habe sowohl mit dem Schoeller-Bleckmann-
Leuten als auch mit Böhler, Gen.Dir. Bayer gesprochen, die mir beide
17-1113
sagten, es sei mit den Bulgaren fast unmöglich, zu einem Ergeb-
nis zu kommen. Sie erwarten, dass man das know how und womöglich
die Lizenzen ihnen gratis gibt. Böhler hat von der Beratung für
Indien 5 Mill. $, für Argentinien, wie sie es jetzt durchführen
glaube ich sogar 10 Mill. $ bekommen. Die Bulgaren haben vor län-
gerer Zeit ein dringendes Interesse gezeigt, man hat Metallurgie-
ingenieure hinuntergeschickt und seit der Zeit hört man nichts mehr
von den Angeboten, die man gemacht hat. Voith, die Pumpen, Turbinen
und ein vielschichtiges Programm haben, möchte die bulgarische Seite,
wie Popow sich ausgedrückt hat, sogar ein komplexes Kooperations-
programm. Schiffsbau Korneuburg gäb es es grosse Möglichkeiten,
weil 4 Werften – 3 im Schwarzen Meer bis 1990 zwar ausgelastet,
aber die 4. an der Donau bei Russe freie Kapazitäten hat. Ich
habe Dkfm Schwartz von Korneuburg auf diese Tatsache aufmerksam
gemacht, und empfohlen, sich mit den Bulgaren zusammenzusetzen,
weil er selbst für die sowj. Schiffe in der Endfertigung nach der
Zeit sich einer rumänischen Schiffsbaufirma bedient .
Auch für Lacke und Farben gäbe es eine Vertragsverhandlung und für
Petrochemie, Kunstfaser könnte man eine solche anstreben. Ich habe
Popow versprochen und das auch tatsächlich dann eingehalten, mit
den Firmen persönlich telefonischen Kontakt aufzunehmen, um ihm
am Nachmittag bereits eine entsprechende Information geben zu
können. Die Firmen haben aber unisono erklärt, dass es mit den Bul-
garen äusserst schwierig ist, weil man nur im wahrsten Sinne des
Wortes ausgebeutet wird, ohne dass die Bulgaren etwas bezahlen möch-
ten, resp. dann konkrete Verträge abschliessen.
Bei der Schiwkow-Aussprache mit den österr. Unternehmungen im Imperial
hat dieser sein Vormittagsreferat wiederholt, die Ziffern genauso
wieder nur ungenau gewusst und immer wieder korrigiert, hie aber
neuerdings auf die gigantischen Unternehmungen , die sie mit
der SU gebaut werden sollen, hingewiesen. Er machte auch wieder den-
selben Gag indem er meinte, in dieser Beziehung wird durch die
grossen Lieferungen Bulgarien die Sowjetunion eine Kolonie. Vormittags
ist mir schon aufgefallen, dass Popow, der immerhin auch Mitglied
des ZK ist, bei diesem Gag nicht einmal den Versuch eines Lächelns
gezeigt hat, während Schiwkow gerade hier sehr jovial erscheinen
wollte. Die österr. Firmen haben dann die Gelegenheit benützt, um
entweder zu fragen oder sich zu beschweren. Erster wies Semperit
17-1114
darauf hin, dass sie LKW-Reifen geliefert haben, dafür synthetischen
Kautschuk bekommen sollten, welcher bereits vier Wochen überfällig ist.
Das ganze Geschäft beträgt 8 Mill. S. Kohmeier fragte an, ob ähnlich
wie mit Rumänien und Ungarn auch Gemischte Gesellschaften in Bulgarien
errichtet werden können. Hier wurde dann Popow beauftragt von Schiwkow zu
antworten und meinte, es gäbe eine andere Möglichkeit, nämlich eine Be-
teiligung bei Gewinnung, gemein mit Planung, technische Leitung und
Kontrolle könnte von Österreich ausgeübt werden. Austromontan fragte, ob es
nicht zweckmässiger ist, dass so wie früher nicht nur die Lieferanten
die Industriebetriebe sondern Kaufleute, d.h. Grosshandelshäuser einge-
schaltet werden sollen. Popow erwidert, dass Gemischte österr.-bulg.
Gesellschaften gegründet werden sollten, die die Waren verkaufen wie
eine solche bereits in Frankreich errichtet ist. Diese hat für 40 Mill. S
Importe von synthetischen Fasern und Produkten und er kann jetzt keine
Anschlussaufträge mehr bekommen. Bulgarien verhandelt meistens mit klei-
neren Firmen und daraus ergeben sich grosse Schwierigkeiten. Voith
hat 1968 bis 1973 für 158 Mill. exportiert, hauptsächlich Papiermaschinen
dafür aber für 75 Mill. S Importe durchgeführt. Die Bulgaren drängen aber
fast immer auf bilateralen Ausgleich Hier verwies Popow auf einen Wunsch,
eine Komplexe Kooperation mit Voith anzustreben. Kapsch hat in dreijähri-
gen Verhandlungen einen neuen Vertrag vorbereitet aber noch immer keinen
Abschluss. Schon auf Grund des derzeitigen Kooperationsvertrages könnte
durch eine Zusatzinvestition das know how würde Kapsch zur Verfügung
stellen, eineinhalb Jahre diese Investition hereingebracht werden.
Hier meint Popow, dass die Lizenz moralisch veraltet ist. Neue Produkte,
die dann erzeugt werden, müssten mit Produkten ähnlichen Charakters
bezahlt werden. Die seit der Grund, warum kein Vertrag bis jetzt
abgeschlossen werden konnte. Festl meinte, dass eine Kooperation
in ein joint adventure umgewandelt werden sollte. Hier meinte Popow
eine Erweiterung der automatischen Prozesse wie Festl vorschlägt, sei
möglich. Die wirklich konkreten Beschuldigungen, Nichtlieferung Semperit,
keine Anschlussaufträge Bunzl. gehen weder er noch Nedev noch Schiwkow
ein. Ich habe deshalb zum Schluss mich sehr bedankt, dass es überhaupt
zu dieser Aussprache gekommen ist und dass eben bei Geschäften auch un-
angenehme Seiten zur Sprache kommen, weil einige Unternehmer mir flüsterten
man hat es dem Schiwkow aber hart gesagt. Nützen, fürchte ich, wird es
kaum etwas.
Mit den Erdölfirmen habe ich eine Aussprache gehabt, da ich bereits
in der Früh als ich bei ÖMV anrief, feststellen konnte, dass man dort
Besprechungen über eine Reduzierung der Auslieferungen sehr konkret
verhandelte. Die Ölfirmen schlugen mir dann vor, dass für November und
Oktober eine 60 %-ige Auslieferung vorgesehen wird, damit man unter Um-
ständen dann im Dezember wenigstens noch 30 % zur Verfügung hat
Das irakische Öl kann nun über die Pipelines nur teilweise geliefert
werden, weil die ÖMV überhaupt nicht beladen und angeblich nur Shell noch
in Tripoli Irkuk-Öl bekommen hat. Die Internationalen haben mir ver-
sichert, dass sie durch ihre vielseitigen Bezugsmöglichkeiten versuchen
werden, den Ausfall von irakischem Öl bei der ÖMV 400.000 t im 4. Quartal
aber auch die Internationalen 400.000 t im 4. Quartal bei insgesamt
einer Öleinfuhr von 1,2 Mill. t, in eine schwierige Lage kommen werden.
Shell z.B. hoffte, dass sie aus Italien Fertigprodukte beziehen kann,
weil die Italiener maximal 6 % arabisches Öl beziehen, während wir
60 % von dort bezogen haben. Hanisch wollte bei dieser Aussprache und
ich glaube, hier hat er sich bei den Ölfirmen nicht nur nicht beliebt
gemacht, sondern auch gezeigt, dass er stur an seinem System festhält,
man sollte sofort die Bewirtschaftung einführen. Da wir dafür keine ge-
setzliche Deckung haben, meinte er, es sollte eine ao. NR-Sitzung einberufen
werden. Wenn dies schon nicht möglich ist, denn möge man den Verteidigungs-
ausschuss einberufen, dort referieren, alle Parteien würden zustimmen
und damit wäre ein Handhabe gegeben. Um ihm Rechnung zu tragen, habe ich
vorgeschlagen, dass unverzüglich über das Rohstofflenkungsgesetz mit
den Interessensvertretungen Verhandlungen aufgenommen werden, damit man
das verkürzte Begutachtungsverfahren durchführen kann und dann inter-
ministeriell auch mit den Ländervertretern so zeitgerecht einen Entwurf
fertiggestellt wird, damit er nächsten Dienstag im Ministerrat einge-
bracht werden kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte in der Grundsatzgruppe die Möglichkeit einer
weitergehenden Vorbereitung auch auf legistischem
Wege zu diskutieren, um entsprechende gesetzliche
Vorschläge im Parlament durchzubringen oder zuminde-
stens für uns das Alibi zu haben, alles Erdenkliche
versucht zu haben.
Da die Journalisten von dieser Aussprache erfahren haben und natürlich
eine Riesensensation erwarteten, waren sie wider Erwarten sogar mit dem
Fernsehen in grösserer Anzahl erschienen. Ich habe mich mit den Ölgesell-
schaften dahingehend geeinigt, dass ich eine Erklärung abgeben werde,
vielleicht hätte ich das Ganze überschlafen sollen, doch nehme ich an,
17-1116
dass dann die Journalisten noch viel mehr Sensation vermutet hätten
und wahrscheinlich dann noch krassere Berichte hinausgegangen wären.
So hoffe ich und versuchte, ohne die Bevölkerung zu belügen, einen
entsprechenden Bericht zu geben. Es ist wirklich einmalig, dass der Staat
keine wie immer geartete Möglichkeit hat einzugreifen. In diesem Punkt
hat Hanisch mit seiner Kritik vollkommen recht. Ich bin neugierig, wie
sich die Handelskammer aber verhält und dann die ÖVP vor allem einmal im Par-
lament, wenn die entsprechenden Anträge kommen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: In der zukünftigen Konzeption Wirtschaftliche Landes-
verteidigung müssen die einzelnen Fachreferenten ent-
sprechende Vorschläge auch auf legistischem Ge-
biet ausarbeiten und bereithalten. Im Rahmen eines
grossen legistischen Planes.
Bauer und Feichtinger, die mit mir unter 6 Augen sprechen wollten, er-
klärten, dass sie beim irakischen Botschafter gewesen sind. Dieser hat
sie furchtbar schlecht behandelt, ist nicht bereit, zu intervenieren,
damit sie ihr Öl bekommen, da er sagt, Österreich sei eine feindliche
Nation den Arabern gegenüber. Er verwies insbesondere auf die falsche Be-
richterstattung des ORF und den Zeitungen und vergleicht damit die
objektive in Paris und London. Er erklärte, er sei nur bereit, wenn
Kreisky sich mit ihm zusammensetzt und entsprechende an ihn Wünsche
wegen Intervention hat. Bauer meinte, es gäbe noch die Möglichkeit,
dass ich am nächsten Tag um 2 Uhr zum Botschafter gehe, er hätte dies-
bezüglich bereits dem Botschafter Andeutungen gemacht. Ich habe sofort
mit Kirchschläger Verbindung aufgenommen, der mir von einem solchen Be-
such dringendst abgeraten hat. Da ich am nächsten Tag sowieso im
Burgenland bin, ist es eine gute Ausrede und ich brauche die Zusage
Bauers aus diesem Grund schon nicht zu erfüllen.
Beim Contre-Dinner am Abend habe ich dann Kreisky über die Situation in-
formiert und ganz besonders über den Wunsch von Gen.Dir. Bauer und Feichtin-
ger. Kreisky war über deren Verhandlungen mit dem irakischen Botschafter
sehr erbost.Er meinte, die beiden hätten gar nicht hingehen sollen,
sondern dies ihm überlassen sollen. Er hat den irakischen Botschafter, der
ihm einen Brief bringen will, jetzt einen Termin gegeben und wird mit
ihm auch über die Ölsache reden. Kreisky hat vom seinerzeitigen Sonderbot-
schafter Sadats bezüglich Öl eine Zusicherung, dass Österreich günstig be-
handelt wird. Kreisky möchte aber nicht, dass dies publik wird, sonst
heisst es sofort, Österreich hätte sich mit den Arabern wegen der Öl-
lieferungen einrichten wollen. Jedwede Aktivität auf diplomatischem Ge-
biet lehnt er deshalb von anderen Personen als von ihm und vielleicht
17-1117
noch vom Aussenminister lehnt er entschieden ab. Ich habe ihm nur die
spezifisch schwierige Situation der ÖMV klargemacht, doch meinte er
abschliessend nur keine Panik.
Tagesprogramm, 10.10.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)