Freitag, 5. Oktober 1973
Bei der Eröffnung der Wieselburger Brauerei hat sich wieder bewährt,
dass ein sozialistischer Minister zuletzt sprechen kann. Gen.Dir. Beurle
hat mir nachher gestanden, dass er sehr froh war, dass Maurer nicht
politisch polemisierte, Ich erklärte, das hätte mir eigentlich gar nichts
ausgemacht, weil ich sowieso und das weiss Maurer ganz genau, sofort
auf alle Angriffe entsprechend eingehe. Beurle erzählte mir, dass bei
der Grundsteinlegung, wo er der letzte Redner war, er ein fulminantes poli-
tisches Referat gehalten hat. Interessant war, dass nur ÖVP-Landesräte an-
wesend waren. Dies hat Maurer dazu benützt, um hinzuweisen, dass der
Vertreter der Arbeiter durch Finanzreferent Ludwig, der Vertreter der
Wirtschaft durch Landesrat Schneider und die Bauern durch ihn hier
vertreten sind, um der Brauerei zu danken.
Die Konzentration der Brauerei AG in der Betriebsstätte Wieselburg
hat, wie mir der technische Direktor versicherte, sicher schon jetzt
sich bestens bewährt. Die Brauerei bedauert, dass es seinerzeit nicht
geglückt ist, die Konzentration aller Brauereien in Österreich herbei-
zuführen. Das ursprüngliche Konzept war ja, nicht nur, dass die Zipfer AG
zur Brau AG kommt, sondern dass sich auch Schwechat und Reininghaus und Gösser
liieren. Die Brau AG selbst hat die Wieselburger Brauerei grössenordnungs-
mässig und bautenmässig auf 1 Mill. hl. ausgelegt. Bei 8 Mill. hl Ausstoss
bedeutet dies, dass sie auf lange Sicht sicherlich auch nicht nur die
Liesinger Brauerei, die bereits bezüglich des Brauens stillgelegt ist,
dort wird nur mehr vermalzt, sondern auch die Linzer Brauerei wahrschein-
lich stillegen wird. Derzeit allerdings muss sie die weit entfernteren
Brauereien wie Bürgerbräu in Innsbruck und Zipf in Salzburg und Oberöster-
reich entsprechend, da diese bereits an die Kapazitätsgrenze angestossen
sind, mit Lieferungen versorgen. Die Brau AG erwartet aus der Bundesrepu-
blik aber auch aus Dänemark entsprechenden Importdruck, insbesondere im
Laufe der weiteren Integration durch das Freihandelszonenabkommen mit
der EWG.
Finanzlandesrat Ludwig hat sich bitter bei mir beschwert, dass durch die
Kreditrestriktionen auf die übrigens auch Maurer anspielte und wo ich
leicht replizieren konnte, die nö. Bauvorhaben, die der Bund durchführt,
jetzt sehr stark gedrosselt werden. Ich habe Maurer und Ludwig sofort vorge-
schlagen, sie müssen eben durch Zwischenfinanzierung die notwendigen Mittel
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aufbringen um die Bauvorhaben fortsetzen zu können. Der Bund selbst
muss sich an die Kreditrestriktionen und restriktive Budgetpolitik
halten, wenn er nicht ständig von der Opposition attackiert werden
will. Hier zeigte sich, wie gut doch das System ist, dass nicht wir
die selektive Kreditkontrolle durchführen sondern, dass eben die Banken
die notwendigen Massnahmen und Prioritäten setzen müssen.
Jagoda berichtet, dass es ihm geglückt ist, auf Beamtenebene das Finanz-
ministerium, Min.Rat Wanke, zu überzeugen, dass eine Änderung der Bürges-
richtlinien, resp. neue Aktionen solange die Budgetposten nicht offiziell
bekannt sind und die Gelder nicht entsprechend zur Verfügung stehen, nicht
in Frage kommt. Damit wurde diese kritische Klippe in der Bürges-Aufsichts-
rat umschifft. Die Taktik müsste sein, Bürges austrocknen lassen, wenn
gar nicht anders, dann höchstens irgendwelche unbedeutende Aktionen neu
zu starten, die wirkliche Lösung liegt doch in einem anderen System
ähnlich der Komfortzimmeraktion, wo wir unmittelbar dem Betreffenden
einen entsprechenden Barbetrag auf die Hand auszahlen. Dies bemerkt
er, dazu gibt es die geringsten administrativen Aufwendungen und den
grössten politischen Erfolg. Ausserdem können solche Aktionen so ge-
startet werden, dass früher oder später ein Auslaufen zu erwarten ist,
dann ergibt sich nämlich die gute Situation, dass man eine andere Aktion
mit diesem Geld dann wieder starten kann. Bei der Bürges aber wird un-
unterbrochen eine weitere Belastung des Budgets erreicht. Mit Schaudern
denke ich daran, dass Androsch mir die 20 Mill. S für die Industrie-
förderung gegeben hat, damit ich auch womöglich eine solche Kredit-
aktion starte. Alle Jahre hätte ich mich dann um die weiteren 20 Mill.
und darüber hinaus dann noch um einen entsprechenden höheren Betrag küm-
mern müssen, weil ja letzten Endes die nicht zum Zuge gekommen Industriel-
len erwarten, dass sie wenigstens im nächsten Jahr drankommen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL UND GEHART: Am Fremdenverkehr und gewerblichen Sek-
tor müssen wir irgendwelche Wege finden, um die Bundeskammer
davon zu überzeugen, dass ausser Bürges es noch bessere Lö-
sungen gibt.
Min.Rat Kinscher, mit dem ich das Referat beim Jugendkongress durchge-
sprochen habe, hat mit Recht kritisiert, dass es viel zielführender
wäre, wenn man zeitgerecht eine entsprechende Aussprache hätte. Dann
kann er das Material entsprechend aufarbeiten und vor allem weiss er
die Intentionen, die mich leiten, bei einer Unterlage, die ich von
ihm wünsche. Ich glaube überhaupt, dass es zweckmässiger ist, dass
wenn ich eine Einladung bekomme, dann mit dem Fachreferat resp. mit den
anderen Kollegen entsprechend eine kurze Aussprache habe, um meine
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Wünsche mitzuteilen, die dann entsprechend aufgeteilt sicherlich
besser erfüllt werden, als wie wenn es jetzt über das Büro nur eine
Mitteilung gibt, dass der Minister an dieser Sitzung und an dieser
Eröffnung teilnimmt und entsprechende Unterlagen wünscht.
Bei dieser Aussprache konnte ich neuerdings feststellen, dass Kinscher
sich mit dieser Materie nicht nur von Berufs wegen also im Auftrag sozu-
sagen des Handelsministeriums, sondern sicherlich als Familienpolitiker
sehr beschäftigt und eigene Ideen hat. Schade, dass wir bis jetzt noch
keinen richtigen Weg gefunden haben, wie wir ihn für die Gewerkschaftsjugend
stärker einspannen können. Er ist natürlich ein sehr eigenwilliger
Mensch, doch könnte man ihn für den überparteilichen Gewerkschaftsbund
sicherlich stärker mobilisieren.
Tagesprogramm, 5.10.1973