Mittwoch, der 3. Oktober 1973

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Mittwoch, 3. Oktober 1973

Min.Rat Frank, Gasser, Mayer, Sterk, Gehart bestätigen mir, dass es
möglich sein müsste, bis Ende November, Anfang Dezember die Konzep-
tion des Energiekonzeptes fertig zu haben. Dadurch, dass von der ÖMV
Doz. Romig und Kreutler die Gas- und Flüssigenergie, Bundeslastverteiler
und von der Verbundgesellschaft die elektrische Energie, da vom einzigen
Ministerienvertreter nämlich die Kohle vorgelegt werden wird, müsste
es gelingen, zeitgerecht den ersten Entwurf über die Runden zu bringen.
Interessant ist, dass Frank mitteilt, dass auch das Elektrizitätsministe-
rium einen entsprechenden Entwurf ausgearbeitet hat, von dem Frank
allerdings meint, er ist nicht zu verwenden und wird umgearbeitet.
Sterk dürfte der einzige gewesen sein, der immerhin imstande war, als
Ministeriumvertreter für Kohle ein entsprechende Konzept vorzulegen
wobei er dieses jetzt mit den Unternehmen abstimmt und mit Sicher-
heit angenommen werden kann, dass die Unternehmer dieser ins Detail
gehenden Information zustimmen werden. Das Wirtschaftsforschungs-
institut wird über die Prognose einen diesbezüglichen Vorschlag vorbe-
reiten und Dipl.Ing. Hönigmann von der Verbund einen Entwurf der inter-
nationalen Energielage. Frank hat auch die Akademie für Wissenschaften,
das Wirtschaftforschungsinstitut und den Landverteiler mobilisiert,
um eine Arbeit über die Methoden der Energieprognose vorzulegen. Beim
letzten Energiekonzept, das die ÖVP veröffentlicht hat, wurde von
Nemschak abgelehnt die Details der Methode der Energieprognose in die
Arbeit aufzunehmen. Da hier gewisse Schwächen existieren, wollte er
nur das Ergebnis aber nicht wie man zu diesem Ergebnis kommt publi-
zieren. Ich habe Frank bereits vor längerer Zeit klar und deutlich
gesagt, dass wir alle Schwächen, die ein Energieplan hat, in dem Plan
selbst aufzeigen müssen. Vor allem wird der mit 1. Jänner zu konsti-
tuierende Energiebeirat nur alle Schwächen öffentlich diskutieren.
Das wirkliche Problem liegt aber meiner MEINUNG NACH GANZ WO ANDERS!
Das wird letzten Endes meine Arbeit sein in ganz kleinem Kreis zuerst
fraktionell und dann natürlich auch mit der Gegenseite und den Inter-
essensvertretungen auszudiskutieren, z.B. Wenn die ÖMV auf Propylen
und Äthylen-Produktion einsteigt, braucht sie 5 Mill. t Rohöl. Dies
gibt dann 3 Mill. t Heizöl, die irgendwie, nicht nur im Energieplan
sondern was noch viel wichtiger ist, in der Praxis fest vereinbart ab-
gesetzt werden muss. Wenn die elektrische Energie diese Ölmengen auf-
nimmt und in kalorischen Kraftwerken verarbeitet, sehe ich fast keine
Möglichkeit, unsere Kohle im weststeirischen Gebiet verstromen zu können,


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Der Ölpreis unterliegt irrsinnigen Schwankungen, der Kohle-
preis wird eine ständige Aufwärtsentwicklung mitmachen, wie werden
wir also die Preisrelationen untereinander so gestalten, dass wir
eine kontinuierliche Absatzlage für Öl oder Kohle erzielen können.
Wenn wir dann im Energiekonzept oder was noch viel wichtiger ist
bei den endgültigen Verhandlungen zwischen den einzelnene Energie-
abnehmern einen entsprechenden Plan durchgesetzt haben und dies ver-
traglich gebunden ist, werden wir dann tatsächlich die optimale Lö-
sung auch für die Zukunft gefunden haben. Über diese Probleme wird es
notwendig sein, zu entscheiden. Hoffentlich treffen wird das
Richtige, denn ich fürchte, aus dem Energiekonzept werden wir maximal
einen Anhaltungspunkt, sicherlich aber nicht eine bindende Aussage
haben können.

Min.Rat Mayer hat anschliessend mit Sekt.Leiter Gasser sich bei mir
bitter über Min.Rat Wildauer beschwert. Mayer hat , als Gasser ab-
wesend war, selbstlos zugestimmt, dass Mock seine Sekretärin bekommt.
Dadurch wurde das Personalgefüge der OB ein bisschen durcheinander-
gerüttelt. Dies hat Min.Rat Wildauer, eine angeblich sehr aggressive
Berlinerin, veranlasst zu sagen, dass er sich unakademisch verhal-
ten hat. Seit der Zeit, sagt Min.Rat Mayer, heisst er nicht der
Öl-Mayer, sondern der Proletenmayer. Dadurch fühlt er sich in seiner
Ehre gekränkt, Gasser selbst wird versuchen, dieses Problem aus der
Welt zu schaffen und meint mit Recht, dass dies kaum ein Diszipli-
narfall sein könnte. Ich selbst habe nur Mayer bestätigt, dass er in
einmaliger Art und Weise sich in der Sache verhalten hat und wirklich
jetzt einen diesbezüglich unqualifizierten Angriff nicht verdient.
Dabei erinnere ich mich, dass Koren seinerzeit auf der Universität
da er wusste, dass ich als Stein- und Offsetdrucker und vor allem
einmal als Sozialist nach meiner Kriegsverwundung studieren durfte,
von ihm als emanzipierter Proletarier bezeichnet und auch behandelt
wurde. Mich hat das damals nicht gestört, sondern ganz im Gegenteil
ich war darauf stolz. Koren hatte dies allerdings nicht bösartig
gemeint, sondern nur auch schon in seiner damaligen zynischen Art
und Weise geglaubt, einen guten Gag gefunden zu haben. Die nach-
träglich beste Genugtuung haben ich dann erfahren, als er selbst schon
Politiker der ÖVP auf seine proletarische Abkunft, sein Vater war
Eisenbahner, hingewiesen hat.



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Wirlandner setzt mir auseinander, dass die Investitionskredit,
wo er Vorstandsmitglied ist, im nächsten Jahr in eine pein-
liche oder besser gesagt schwierige Situation kommt. Fast
1,9 Mia S-Ansuchen liegen vor. Die Liste, die mir seinerzeit
Teufenstein nur gezeigt hat, übergibt er mir selbstverständlich.
Er selbst hat diese Ansuchen schon vorsortiert und meint, dass
er von diesen 1,9 Mia maximal 600 Mill. herausstreichen könnte.
Um nun diesen Betrag von 1,3 Mia aufzubringen, müssten sie ausser
den 400 Mill. Rückläufen und den 300 Mill. Anleihen, die ihm
schon zugesichert sind, noch um 400 Mill. Auslandsgelder aufnehmen
und 100 Mill. müssten die Bankinstitute, die ja an der Invest-
kredit beteiligt sind, durch Kassenscheine und Obligationen zur
Verfügung stellen. Dadurch könnte er 1,2 Mia maximal Investitionen
im nächsten Jahr finanzieren. Er fürchtet, und dies mit Recht,
dass der Finanzminister diese Kreditoperationen nicht so restlos
genehmigen wird. Die wirkliche Sanierung, der Investitionskredit AG
könnte ja nur auf zweifache Art erfolgen. Nach längeren Verhand-
lungen wurde das Kapital der Investitionskredit von 200 Mill. durch
die Aufnahme der In-Kredit von der Nationalbank um 100 Mill. auf
300 Mill. erhöht. Wenn nun die Investitionskredit mit der Kommunal-
kredit AG zusammengelegt wird, die ungefähr ein Kapital von 50 –
60 Mill. hat, würde sich das Kapital auf 350 bis 360 Mill. S erhöhen
Da aber die Investitionskredit und die Kommunalkredit jeweils
400 Mill. ERP-Mitteln hat, würden dann 800 Mill. S zur Verfügung
stehen, womit eine grössere Tätigkeit der I-Kredit garantiert
wäre. Ich habe erklärt, dass dieser Plan meiner Meinung nach
sinnvoll ist, aber wahrscheinlich schon allein daran scheitert,
dass Androsch kaum ihn akzeptieren wird und darüber hinaus Kreisky
ein aktiver Mitarbeiter in der Kommunalkredit AG sich dagegen
aussprechen wird. Kreisky hat seinerzeit mit Withalm auch in der
Oppositionszeit in der Kommunalkredit doch den Gemeinden entspre-
chende Unterstützung gewährt und er wird auf dieses politische
Instrument, allerdings auch Withalm, kaum verzichten wollen. Der
zweite Sanierungsplan wäre noch besser. Die ÖNB hat heute ERP-
Wechsel für 5,4 Mia S als sogenannter Eigenblock. Diese Wechsel
könnten dem Bund abgetreten werden, der Bund müsste dann Bundesschuld
bei der Nationalbank erhöhen und der Bund selbst könnte treuhändisch
dieses Wechselmaterial der I-Kredit übertragen. Dann hätte die
Investitionsbank einen ungeheuren starken Kapitalstock und wäre
eine wirkliche Investitionsbank. Derzeit ist ihre Bilanzsumme


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2,4 Mia S und erhöht sich pro Jahr um maximal 400 Mill., was natür-
lich viel zu gering ist. Da die I-Kredit aber keinerlei Einlagen
besitzt, damit auch durch die Kreditrestriktion in eine ganz
besondere Schwierigkeit gelangt, hat sie keine Expansionsmöglichkeit
wie die anderen Banken, Sparkassen, Raiffeisenkassen, usw., die
Direkteinlagen beziehen. Wirlandner und Teifenstein werden bis 1975
noch aktiv bleiben, ob bis dorthin ein so grosses Konzept durchgesetzt
wird, liegt aber primär am Finanzminister und Kreisky. Ich habe
Wirlandner gleich freimütig gesagt, dass ich darauf keinen Einfluss
habe, wir wohl seinerzeit im Wirtschaftsprogramm, aber auch
im Beirat entsprechende Vorschläge gemacht haben, die aber jetzt
scheinbar nicht verwirklicht, resp. durchgeführt werden. Wenn Androsch
einen solchen grossen Plan verfolgen wollte, gegen den sich natürlich
das ERP-Büro, gegen den sich die Banken stellen, gegen die sich vor
allem einmal sicherlich seine Finanzbürokratie in der Himmelpfortgasse
stellen wird, so müsste er auf die seinerzeitigen Studien der Wirt-
schaftskommission aber noch viel mehr des Beirates zurückgreifen, weil
er dann sagen könnte, dies war eine Forderung aller Interessensvertre-
tungen Österreichs. Da aber Androsch ja nur in den seltensten Fällen
in der letzten Zeit glaube ich überhaupt nicht mehr mit den Inter-
essensvertretungen zu so grosser Reorganisation sich verbünden
möchte, sehe ich für die Durchführung eines solchen Projektes derzeit
keine allzu grosse Chance.

Min.Rat a.d. Peschke, hat mit Matthes von der VÖEST seinen Wunsch,
Vertreter bei der OECD bei der Stahlindustrie zu werden, besprochen
Matthes hat es von meiner Zustimmung abhängig gemacht. Ich habe
Matthes und Koller bei der Unterzeichnung einer Zellulose-Anlage
für die CSSR, d.h. Slowakei getroffen und Matthes darauf aufmerksam
gemacht, dass ich nichts dagegen einzuwenden habe, wenn die Stahlindu-
strie tatsächlich über den Fachverband Peschke an stelle des derzeit
schon sehr alten ehemaligen Stahldirektor vorschlägt. Die Tschechen
waren sehr erfreut, dass ich zu dieser Vertragsunterzeichnung gekommen
bin und ganz besonders vor längerer Zeit ja dazu schon einen Minister
aus der CSSR eingeladen habe. Dies war ein Wunsch der VÖEST, das
Essen ging aber auf ihre Kosten, es waren ungeheuer viele Leute auch
geladen, nur der csl. Botschafter meinte, trotz der unglückseligen
Grenzzwischenfälle gehen Gott sei Dank die Geschäfte weiter. Die
CSSR hat nicht zuletzt vielleicht, um zu beweisen, dass sie die Ge-
schäftsverbindungen nach wie vor aufrechterhalten will, heuer schon
für 1 Mia S Investitionen getätigt, wie der csl Handelsrat mit gegen-
über bemerkte.

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Tagesprogramm, 3.10.1973




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    Tätigkeit: Finanzminister
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      Tätigkeit: OB


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: MR HM, Leiter OB


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                Tätigkeit: OB


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                  Tätigkeit: ÖMV, Dir. Fa. Semperit


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                      Tätigkeit: VÖEST


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                        Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                          Tätigkeit: Chef Energiesektion


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