Mittwoch, der 22. August 1973

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Mittwoch, 22. August 1973

Es ist unwahrscheinlich, wie manche Unternehmer glauben, daß
das Handelsministerium entsprechenden Einfluß und Bedeutung
hat. Ing. Schlawitsch von Coca-Cola Graz möchte seinen Betrieb
erweitern. Die Coca-Cola-Produktion hat heute bereits 6 Mio
Kisten erreicht, mit 300 Beschäftigten. Sein Kapital meint er
aber sind die 11.300 Kunden, die er direkt beliefert. Er hat
deshalb auch in einzelnen Betrieben Automaten für Kalt- und
Heißgetränke aufgestellt. Auf Grund dieser Erfahrung hat er
sich eine zweite Firma, Gastronomia mit 22 Beschäftigten auf-
gebaut, die für die AUA in Graz das Catering machen, d.s. 260
Portionen und ungefähr 300 Menü an einzelne Firmen liefert.
Sein System besteht darin, daß er den Mikroherd, das Geschirr
und alles was dazu notwendig ist, selbst beistellt und nicht
von den Firmen, die er beliefert, die Ausrüstung verlangt. Da-
durch kommen seine Menüs zwischen 18 und 21.-- mit Zustellung
wenn sie abgeholt werden um S 1,-- billiger, sind aberimmer
noch wesentlich teurer als von Eskimo und Felix, die Tief-
kühlmenüs um 12,-- bis 16,-- S liefern. Allerdingsmuß dort
die Firma das fertigmachen der Menüs selbst besorgen. Turopack
in Graz hat z. B. deshalb S 800.000,-- investieren müssen und
benötigt vor allem einen Koch, der die 300 Menüs, wenn sie
kommen, aufwärmt und abschmeckt. Ein verhältnismäßig hohe In-
vestition und vor allem ständig laufende Kosten. Coca-Cola
Graz möchte nun eine ganz große Menüproduktion aufnehmen. Zu
diesem Zweck hat er sich mit Hansa-Fertigmenü, einer Hamburger
Firma liiert. Diese verkauft ca. 60.000 Menüs pro Tag in Nord-
deutschland. Bevor er noch den eigenen Betrieb errichtet, der
ca. 60.000 Mio. S verlangt, er möchte auf 10 – 20.000 Menüs pro
Tag kommen, will er die Fertigmenüs von Hamburg beziehen.
Die deutsche Firma dürfte daran Interesse haben, den österreichi-
schen Markt zu beliefern, resp. solange keine eigene Produktions-
stätte errichtet wird, an der sie sich auch beteiligt, selbst
unter Verlust den österreichischen Markt einmal zu testen. Ein
Fertigmenü hat vor alem auch die entpsrechenden Laboratorien und
Forschungseinrichtungen, da man in den letzten Jahren eine wesent-
liche Verfeinerung der Tiefkühlmenüproduktion erreichen konnte


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und auch erreichen müßte. Die neue Idee von Coca-Cola ist
nun, Firmen so zu beliefern, daß diesen überhaupt keinerlei
Investitionen oder gar laufende Aufwendungen entstehen. Alles
trögt sozusagen die Lieferfirma. Wenn das Menü nicht einschlägt
und die Belegschaft damit nicht zufrieden ist, kann die Firma
ohne irgendwelche Investitionsverluste, oder gar Küchenper-
sonal übrig zu haben, jederzeit eben den Vertrag wieder kündigen.
Ich hatte angenommen, daß die Firmen über unseren Landessekretär
Fischer Kontakt mit mir deshalb wollte, weil sie irgendwelche
finanziellen Unterstützungen bedarf. Weit gefehtl. Die Firma
steht auf dem Standpunkt sie kann ohne weiteres diese 60 Mio
mit dem Deutschen gemeinsam aufbringen und wollte nur mit mir
verhandeln, ob und inweiweit solche Produktionsmöglichkeiten
überhaupt bestehen. Ich verwies ganz besonders auf die Schwieirg-
keiten, die bei der Einfuhr von Fertigmenüs entstehen würden.
Insbesondere würde sich sowohl die Firma Eskimo als auch Felix
Mattersburg ganz entschieden im Fachverband gegen Importe wehren.
Es könnte deshalb nur als Übergangsmaßnahme in Betracht kommen.
Außerdem muß mit dem Viehverkehrsfonds verhandelt werden, damit
er bereit ist, die Fleischteile dieser Produkte auch tatsächlich
einführen zu lassen. Dies geht wahrscheinlich am ehestens wenn
man gleichzeitig auch die entsprechenden Fleischmengen im passiven
Veredelungsverkehr nach Deutschland exportiert. Darüber hinaus
muß man im Finanzministerium Besprechungen führen, um sich die
Eingangsabgaben bei den entsprechenden Importen zu ersparen.
Da wenn die deutsche Firma schon die Fracht überwindet, sicherlich
nicht auch noch die Zölle schlucken kann. Der Ing. Schlawitsch
war mit dieser Auskunft voll zufireden und ich war nur über-
rasche, daß er deshalb von Graz nach Wien gekommen ist. Für
mich ist dieses Beispiel ein typischer Fall, wie wir eigentlich
Service für die Wirtschaft machen können, ohne daß es uns einen
Groschen kostet oder daß wir uns wirklich sehr anstrengen müssen.
Ich glaube, hier sollten wir tatsächlich für die österreichischen
Unternehmer neue Aktivitäten entwickeln, nach dem Motto "Service
für die Wirtschaft"


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Anmerkung für WANKE
Gröger müßte mit seinem Branchenreferenten Möglichkeiten
schaffen, daß Unternehmer informiert werden ob sie Kapital-
beteiligungen im Inland irgendwo finden, ob sie neue Pro-
duktionsverfahren in Österreich beginnen können und welche
Schwierigkeiten sie dabei zu überwinden haben; ob Kooperationen
mit ausl. nicht nur Ost- sondern auch Weststaaten möglich und
sinnvoll sind. Dies aller dings nicht unter bürokratischer
Methode ij jeden denkbarer Möglichkeit aktenmäßig durchge-
dacht, sondern improvisiert von Fall zu Fall.

MR. Hauffe ist jetzt mit dem Akt wieder erschienen, den ich
eigentlich ersucht habe, daß Schipper bezüglich der Kontrolle
der Zuckerindustrie erledigt. Schipper hat ihm die ganze Sache
ausgehändigt und erklärt, er soll sich mit mir ins Einvernehmen
setzen, um alles zu bereinigen. SChef Schipper betrachtet die
Präsidialführung eben von einezlenen Abteilungen, die nicht in
Sektionen eingegliedert sind, rein formell. Ein weiterer Grund
mehr, um diese Abteilungen so schnell wie möglich in Sektionen
einzugliedern. Hauffe hat sich ausgeredet, daß er bei der Ab-
fassung des Antwortschreibens an die Zuckerindustrie, was im
Akt festgehalten ist und von mir approbiert werden sollte, auf
Urlaub war und deshalb diese Formulierung von Benda zustande kam.
Er wird selbstverständlich die entsprechenden Kontrollen nach
Gesichtspunkten durchführen, die dem Ministerium entsprechen
und vor allem den Gesetzesauftrag voll erfüllen.

Bei dieser Gelegenheit teilte er mir auch mit, daß er in der
nächsten Viehverkehrsfondssitzung sich bemühen wird, einen
Kompromiß zwischen den Forderungen der AK, nämlich weiterhin
das volierende Verfahren für Importe durchzusetzen, eine Art
quasi Liberalisierung und der Ablehnung von Seiten der Landwirt-
schaftskammer. Er hat mit Strommer, den Obmann des Viehverkehrs-
fonds Besprechungen geführt und nimmt an, daß ein Kompromiß in
Europa rolierendes Verfahren im außereuropäischen Verkehr kurz-
fristige Zuschläge möglich wären. Zöllner, mit dem ich dann
mittags gesprochen habe, meinte, sie haben an einem Kompromiß gar


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kein Interesse, denn wenn die ÖVP, d.h. die Landwirtschaft
jetzt vor den Wahlen die Einfuhrmöglichkeiten ablehnt, wird
die AK eine entsprechende Kampagne starten. Zöllner, glaubt
und denkt noch immer, daß mit Hilfe von Pressepolemiken er
mehr Erfolg hat als wenn er sich letzten Endes doch bei Ver-
handlungen mühsam durchsetzt und natürlich dann nur Kompromisse
erreicht. Hauffe möchte weiters die Messekontingente, die durch
die Dollarabwertung jetzt fast über 1/3 Wert verloren haben
aufstocken und auch hier meint Zöllner, daß er besonders da-
ran nicht interessiert sei.

Da nach langer Zeit wieder einaml eine Abteilung auf einen
Ministerratsvortrag reagiert hat, es handelt sich um das Pro-
blem der Textverarbeitung, habe ich dieses Problem mit Hauffe
zur Sprache gebracht. Hauffe selbst steckt nämlich vor, man
sollte die Textverarbeitung so ausbauen, daß jede Sektion eine
eigene Textverarbeitung bekommt. Mein Hinweis, daß die jetztige
noch gar nicht ausgelastet ist, dürfte scheinbar deshalb nicht
stimmen, weil die Hälfte der Zeit für Bautenministerium reser-
viert ist. Dort werden so wie bei uns die Standesverzeichnisse
geführt, keine überwältigende Belastung aber 103.000 Grundbe-
sitzdaten im Laufe der Jahre eingegeben. Bei uns im Haus wird
nur noch von der Sekt. II einige Bescheide textverarbeitet und
vor allem er selbst benützt es, um Abkommenstexte zu speichern.
Er meint, daß weitere Textverarbeitungsmaschinen sich rationell
auswirken würden, da dadurch Schreibkräfte erspart werden könnnten.

Anmerkung für WANKE und HEINDL
Vielleicht gibt es tatsächlich eine Möglichkeit, bei
der Reorganisation der einzelnen Sektionen die Sekretariate
sollen in Schreibstuben zusammengefaßt werden, dies mit Hilfe
der Textverarbeitung auf der einen Seite zu erleichtern, auf
der anderen Seite aber den Widerstand von Abteilung gegen die
Rationalisierung und Konzentrierung zu brechen.



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Die KommRäte Figdor, Dexinger, Neubauer und Raffelsberger,
die eine Arbeitsgemeinschaft für sowj. Touristen bilden, haben
mich ersucht den russ. Präsidenten Boitschenko von Intourist
zu empfangen. Ich habe diese Gelegenheit genützt um auf die
Preissteigerungen, die die sowjetische Seite vorgenommen hat,
hinzuweisen. Boitschenko meinte, dies sei übertrieben von den
amerikanischen und franz. Nachrichtenagenturen in die Welt
hinausposaunt worden. Tatsächlich seien Tariferhöhungen für
Geschäftsreisen von 12 und 15 % deshalb durchgeführt worden,
weil sie zum Unterschied von der üblichen sowjetischen Methode
7 Tage vorher anzumelden immer nur 2 – 3 Tage der sowjetischen
Seite geben und dann die Reise bestätigt wünschen. Deshalb müssen
größere Zimmerreserven gehalten werden. Die weitere Preiserhöhung
in einezlenen Hotels in Moskau, Kiew und Leningrad asei auf eine
Kategorisierungsänderung der Zimmer zurückzuführen, die neuer
renoviert wurden und jetzt Luxusausstattung haben. Es handelt
sich um einen Anteil von ca. 30 Prozent in diesen Städten.bei
einzelnen Hotels. Was die Saisonerhöhung für Juli und August
um ca. 10 % betrifft, so geschieht dies deshalb, um den Rei-
senden die Vor- und Nachsaison interessanter zu gestalten.
Die österr. Vertreter haben zugegeben, daß sie jetzt einen
Vertrag für 1974 und 1975 mit höheren Preisen abschließen mußten,
aber einige Vertragsverbesserungen erzielen konnten. Hauptpro-
blem ist, daß die Charterverkehrsmaschinen auflass4n. Im
Jahre 1973 hatten sie 11 Linien, sollten 1.100 Touristen in
die Udssr bringen und haben nur 800 bis 900 erreicht. Der Ver-
dienst liegt aber bei voller Auslastung der Chartermaschine.
Insgesamt werden von Österreich ca. 12.000 wie 1972 in die
Sowjetunion fahren und 20.000 reisende inkl. der Schiffsreisenden
nach Österreich kommen. Boitschenko beschwerte sich, daß die
Fremdenführer in Österreich zuwenig auf die sowj. Wünsche ein-
gehen. Es stellt sich immer mehr heraus,,was ich allerdings
als fast selbstverständlich annehme, daß die Sowjetbürger
großes Interesse daran haben auf Detailinformationen. Die Reise-
büros, insbesondere Neubauer von Phönix müßten wesentlich mehr
gut geschulte Fremdenführer haben, die insbesondere die russische


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Sprache beherrschen müßten. Ein sicherlich sehr schwieriges
Problem.

Boitschenko ersuchte mich, wenn ich das nächste Mal nach
Moskau komme, auch mit Minister für Fremdenverkehr Kontakt
aufzunehmen. Intourist war früher dem Aussenhandelsministerium
unterstellt, hat sich aber jetzt zu einer eigenen Organisation
mit einem eigenen Ministerium entwickelt. Figdor benützte diese
Gelegenheit, um gleich wieder darauf hinzuweisen, daß es auch
notwendig wäre, daß es in Österreich der Fremdenverkehr stärker
in einem Ministerium, dies könnte auch das Handelsministerium
in Erscheinung tritt, da. h. eine eigene Organisation aufgebaut
wird. Dieser Forderung schlossen sich natürlich auch alle anderen
auch an. Ich weiß zwar nicht was damit erreicht werden kann, aber
wenn wir tatsächlich jetzt eine Gruppe Fremdenverkehr machen,
werden die sicherlich sehr erfreut sein.

Anmerkung für WAIS
Bitte für die nächste Moskaureise nächstes Jahr vormerken, daß
ich Verbindungen mit den Touristorganisationen in Moskau auf-
nehme und Besprechungen führe.

Durch Zufall kam ich bei einer Abendveranstaltung, meine Frau
hat einmal einer Hochzeit ihrer Friseurin beigewohnt, und wurde
jetzt von deren Schwiegereltern eingeladen, bei einem Baumeister
mit Landesrat und Präsident der nö. Landwirtschaftskammer und
vor allem gleich Landesjägermeister Bierbaum zusammen. Ebenfalls
anwesend war ein Unternehmer aus Stockerau, der mich angeblich
schon inseinen Betrieb einladen wollte, ich aber keine Zeit ge-
habt habe. Weiters war vom Außenamt, ich glaube ein Gesandter ge-
laden, der jetzt auf dem Platz des derzeitigen österr. Botschafters
in Ostdeutschland Bauer, sitzt. Lauter geeichte Schwarze. Intere-
sant aber war, wollten sie unter gar keinen Umständen auf ein
politisches Gebiet kommen, ich nehme an, weil man eben die Gast-
freundschaft nicht mißbrauchen wollte, obwohl ich sehr gerne
mit ihnen politisiert hätte. So unterhielten wir uns halt von
der Jagd und vom Wein. Nur eine Bemerkung von Bierbaum war
interessant, daß nämlich die Landwirtschaft jetzt vor der


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Entscheidung steht, ob sie ihren Bauern empfehlen soll Eiweiß-
futtermittel zu produzieren. Die derzeitigen Weltmarktpreise
würden dies ohne weiteres erlauben, doch befürchtet man, daß,
wenn sie später wieder zurückgehen, die österreichischen Bauern
natürlich mit ihren Produkten hängen bleiben. Das sie ja nur
wesentlich teurer produzieren können als dies der Weltmarkt kann.
Bierbaum machte auch die Bemerkung, daß man erwartet hat, daß
ich Landwirtschaftsminister werden. Wenn ich mir vorstelle, daß
ich aber jetzt glücklich mitzuentscheiden hätte, ob man eine
Eiweißproduktion in Österreich aufbauen sollte oder nicht, so
kann ich nur auf Grund dieses einfachen Beispiels weisen, wie
froh ich bin, daß ich diese Verantwortung nicht zu tragen habe.
Ich glaube nämlich, daß tatsächlich die österr. Landwirtschaft
serh stark von den Organisationen insbesondere der Landwirt-
schaftskammer aber auch dem Bauernbund beeinflußt wird, welche
Produktion sie gegebenenfalls aufnehmen oder einstellen soll.
Während es doch in Industrie, Gewerbe und Fremdenverkehr, und
Handel üblich ist, daß das Unternehmen selbst entscheidet, sich
kaum an das Ministerium wendet, der Coca-Cola-Unternehmer war
sicherlich eine Ausnahme, wird in der G Agrarpolitik sehr wohl
immer wieder versucht, entsprechenden Einlfuß von den Organisationen
auszuüben. Meistens funktioniert es ja nicht, wie z. B. der
Schweinezyklus und die Überproduktion in einezlnen Produkten
zeigt. Die Verantwortung aber wird letzten Endes aber dann
dem Ministerium angelastet. Schon allein aus diesem Grunde
werden ich versuchen, die Lenkungsmentalität durch entsprechende
Auflockerung der Preisbildung, d.h. eben durch eine Freipreis-
bildung auf gewissen Sektoren, die Agrarpolitik zu beinflußen.

Anmerkung WANKE
Wieweit könnte man einen solchen Gesichtspunkt für die Lockerung
der extremen Preispolitik in der Landwirtschaft ausnützen.

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Tagesprogramm, 22.8.1973

17_0930_01

Fotografie eines Werksgeländes mit hs. Notizen


Tätigkeit: MR HM


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    Tätigkeit: nö. ÖVP-LR, Präs. LWK NÖ


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      Tätigkeit: RUEFA


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          Tätigkeit: SChef HM
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              Tätigkeit: AK


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                Tätigkeit: öst. Botsch. DDR, Leiter pol. Sekt. BMfAA


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                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
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                    Tätigkeit: MR HM
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                      Tätigkeit: Jurist Abt. Agrarfragen HM


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