Dienstag, 21. August 1973
Die GATT-Konferenz in Tokio wird, wie jetzt feststehlt, von fast
allen Ministern besucht werden. Die Ergebnisse werden äußerst mager
sein, der Aufwand steht in keinem Verhältnis mit dem Erfolg. Vom
sachlichen Standpunkt wäre eine Beteiligung überhaupt nicht notwendig.
Dies umso mehr, als Willenpart für GATT zuständig, auf alle Fälle
anwesend sein wird und sogar der SL. Meisl, der die bilateralen Ge-
sprächen mit Japan führen wird, Meisl hat in den letzten Jahren immer-
wieder nur in Wien über die Anbeu der Restriktionen gegen japanische
Importe verhandelt und deshalb von den Japanern schon einigemal die
Aufforderung bekommen, endlich nach Tokio zu fahren. Dies ist jetzt
eine günstige Gelegenheit, kombiniert mit den GATT-Verhandlungen.
Meisl steht aber mit Recht auf dem Standpunkt, daß auch unbedingt
ich fahren müßte. Dies weniger aus GATT oder aussenhandelspolitischen
Gründen, als rein innenpolitischer Zweckmäßigkeit. Da ich in den
letzten Jahren fast ausschließlich nur nach den Osten wegen Vertrags-
unterzeichnung gefahren bin, könnte man mit einer Fahrt nach Tokio
das Ostanfälligkeitsargument entkräften. Ich hätte dort theoretisch
dort Möglichkeiten, mit 81 Ministern aus West und Entwicklungsländern
zusammenzukommen. Kirchschläger, mit dem ich dieses Problem eingehendst
diskutierte, neigte gleich von allen Anfang dazu, daß ich unbedingt
fahren sollte. Er wunderte sich, daß neben Norwegen nur auch noch
der Minister Brugger von der Schweiz nicht fahren wird. Ich werde
deshalb mit Brugger Kontakt aufnehmen um seine Gründe zu
erfahren. Dann werde ich mit Kirchschläger nochmals telefonisch in
Kontakt treten.
Anmerkung
Bitte Telefongespräch mit Brugger herstellen.
MinRat Hanisch hat ein Konzept vorgelegt, wie man die Ausländer
bei einer ev. Öl- und Versorgungskrise nach Hause transportieren
kann. Da in Amerika und Großbritannien jetzt die Rationalisierung
von Benzin vorbereitet wird, glaubt er der große Tag für seine Ra-
tionierung für Benzin ist gekommen. Er hat vor Jahrzehnten bereits
ein Versorgungsschema ausgearbeitet, welches im Sandkastenspielen
auch von einzelnen Ländern durchgeführt wurde. Am liebsten hätte er
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dies natürlich einmal in der Praxis abgewickelt. Ich habe mir den
Vorschlag angehört und ihm vor allem keinerlei Zusagen gemacht,
denn er wollte unbedingt gleichzeitig eine Verstärkung seiner Abteilung.
Vor allem legte er ein Konzept vor, was er trotzdem die Umweltschutz-
fragen von Leodolter behandelt werden, noch immer in unserem Ministerium
an Umweltschutz geleistet wird. Seiner Meinung nach müßte deshalb
unbedingt noch eine zweite Kraft zu Winterleitner aufgenommen werden.
Ich habe ihn nicht im umklaren gelassen, daß ich das Memorandum stu-
dieren werde, daß aber keinerlei Absicht besteht, persolell zu verstär-
ken. Da Hanisch Gott sei Dank mit Jahresende in Pension geht, wird
diese Sonderabteilung, die unmittelbar mir unterstellt ist, wieder in
eine Sektion eingeordnet und ein ganz normales Dasein führen. Wanke
frägt mit recht, was Winterleitner eigentlich jetzt konkret macht.
Die Erkenntnis die ich habe ist, daß ein Beamter überhaupt nicht sich
mit dem Problem konfrontiert sieht was er sinnvoll macht, sondern
überhapt nur vom Standpunkt ausgeht, er hatt einen Auftrag, eine
Weisung, womöglich einen Gesetzesbefehl und hat daher jetzt die
und die Arbeit zu erfüllen. Was dabei e herauskommt ist sinnvoll,
dies ist ist nicht sein Problem. Bei Wirtschaftsfragen ergibt sich,
wie Wanke richtig betonte, oft die Situation daß ein Beamten nur
Gutachten und Gegengutachten gegenüberstellt, formelle Konklussionen
aus diesen Abhandlungen zieht, sich also wie ein Richter verhält,
ganz unabhänig ob die wirtschaftliche Situation des Problems eine
ganz andere Entscheidung, resp. überhaupt erst eine Sktivität er-
warten läßt, resp. notwendig macht. Das Meiste wird in einem Wirt-
schaftsministerium von Juristen rein nach judizieller Methode abge-
handelt. Eine Folge des Einsatzes von Juristen in allen Ministerien
und vor allem der vollkommen falschen Schulung von jungen Beamten
wieder durch alteingesessenen Juristen. Hier eine Änderung zu schaffen
bedarf wahrscheinlich jahrzehntelanger Schulung und Organisations-
änderung in einem Ministerium.
Im Ministerrat hat der Verfassungsdienst unseren Vortrag für Er-
richtung einer Arbeitsgemeinschaft für die Erfinderberatung auf
das entschiedenste abgelehnt. Der Verfassungsdienst steht auf dem
Standpunkt, hier werde auf privatwirtschaftlicher Basis eine Institu-
tion errichtet, die eigentlich durch Gesetz, und zwar durch das
zukünftige Förderungsgesetz erst abgedeckt ist. Ich habe natürlich
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ganz entschieden gegen die Absetzung oder gar Ablehnung dieses
Punktes remonstriert und darauf hingewiesen, daß jetzt jahrzehnte-
lang auf privatwirtschaftlicher Basis solche Vereine vom Bund ge-
gründet oder zumindestens mitbeteiligt wurden und da ich mich nicht
abfinden kann, daß jetzt gewartet werden soll, bis ein Bundesför-
derungsgesetz vorliegt. Die Erfinder, die jahrzehntelang auf eine
Lösung warten, würden ein solches Verhalten nicht verstehen. Firnberg
hat mich ebenfalls in dieser Beziehung sehr unterstützt und erklärt, die
Erfinder, die auch zu ihr immer wieder kommen erwarten von der Re-
gierung jetzt endgültig eine entsprechende Unterstützung. Ich glaube
das Hauptargument aber war, daß ich darauf hinweisen konnte, daß auch
die Handelskammer sich zur Hälfte an dieser Aktion beteiligen wird.
Da Vizekanzler Häuser, der den Vorsitz führte und damit auch dem
Bundeskanzler vertrat und daher die Argumente des Verfassungsdienstes
vorzutragen hatte, das letzte Mal l selbst auch mit dem Bundeskanzler
über eine Verfassungsdienstentscheidung diferenter Auffassung war, hat
sich schon aus einer Vorinformation von mir eindeutig beeinflußt sofort
auf meine Seite gestellt. Als Kompromiß wurde beschlossen, daß wenn
das Förderungsgesetz in Kraft ist, wir dann uns dann diesem Gesetz
adaptieren müssen. Eine Selbstverständlich, da das Gesetz auf alle
Fälle dann für alle Zustände geltend ist.
Beim Empfang für das internationale statistische Institut,
fast 2.000 Personen,habe ich eine Diskussion mit Wirtschaftsprüfer
Ziegler und dem zuständigen SChef vom Finanzminister über Budget
und Abgabewesen wegen des Fremdenverkehrs geführt. Ich habe darauf
aufmerksam gemacht, daß die Fremdenverkehrswirtschaft einige Wünsche
an den Gesetzgeber hat, wobei gleichzeitig allerdings auch die seiner-
zeitige Forderung vom Fremdenverkehrstag in Baden zur Sprache kam.
Damals hatten mir die Unternehmer auseinadnergesetzt es wäre zweck-
mäßig wenn der Zustand wieder eingeführt wird, daß die Installationen
in einem Bau nicht zum Bau gehören und damit eine 50 jährige Abschrei-
bung, sondern eben als Anlagegut eine max. 10 jährige Abschreibung
haben sollen. Zu meiner größten Überraschung hat nun das Finanz-
ministerium erklärt, daß dies für den größten Teil der Hotel- und
Gastgewerbebetriebe einen großer Nachteil wäre In diesem Fall würden
zwar die Neubauten profitieren, aber alle anderen Altbauten, die
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dann entsprechende Änderungen vornehmen und heute die Reparaturen
und Neuinstallationen asofort als Betriebsausgabe abschreiben können,
d. h. nicht aktivieren müßten, in Wirklichkeit benachteiligt wären.
Wäre nicht der Wirtschaftsprüfer Ziegler und hätte dies bestätigt,
hätte ich es selbst nicht geglaubt. Zum Glück hatte ich mich in
diesem Punkt noch niemals öffentlich geäußert oder exponiert. Ich
wäre ganz schön blamiert gewesen. Wiedereinmal hat sich gezeigt, daß
in unserem Haus entweder eine Z unzulängliche Information vorliegt,
oder mir diese nicht zur Kenntnis gebracht wird. Mit sicherem Gefühl
habe ich bei einem Interview das Klima von Express von mir verlangte
und zum Schluß fragte ob ich nicht Finanzminister werden wollte, dies
verneint. Hier müßte man nämlich tatsächlich wesentlich mehr Detail-
informationen haben, weils es ins Geld geht als dies bei jedem ande en
Ressort der Fall ist.
Anmerkung für WANKE
Wie kann man erriechen, daß Lejolle oder zumindestens Würzl
hier besser informiert werden und vor allem richtige Informationen
mir geben.
Der Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit teilte
mir auf meine Anfrage mit, daß der Bericht und die Studie "Aktion
Tempo 100 " bereits vorliegt. Er hat ein Exemplar bereits vor längerer
Zeit Frau Wissenschaftsminister Firnberg geschickt. Firnberg hat den
Auftrag bezahlt und das Anrecht darauf, den ersten Entwurf zu be-
kommen. Wieso ich aber überhaupt davon nichts weiß, ja selbst durch
reinen Zufall jetzt erfahren, daß die Studie schon längst fertig ist,
hat mich sehr geärgert. Hier zeigt sich eine mangelnde Koordination
zwischen unseren Beamten und dem Kuratorium für Verkehrssicherheit.
Die Studie sieht weitestgehend ein positives Ergebnis für die Ein-
führung der Geschwindigkeitsbeschränkung für 100 km vor. Ich werde
daher kurzfristig diese Studie, die ich am nächsten Tag bekommen soll,
sofort dem ARBÖ und ÖAMTC zur Stellungnahme schicken, damit ich in
einer Enquete, womöglich noch im September, über dieses Problem eine
umfangreiche Diskussion abführe. Anschließend daran werde ich einen
diesbezüglichen Gesetzentwurf nämlich eine Novelle zur Straßenverkehrs-
ordnung in die Begutachtung schicken. Mein urpsrüngliches Konzept
dieses Problem rauszuschieben, werde ich nachdem auch die Wissenschaft
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zum Ergebnis gekommen ist, daß eine Beschränkung der Geschwindigkeit
der einzig richtige Weg ist, korrigieren müssen.
Anmerkung für WAIS
Bitte die notwendigen Exemplare für ARBÖ, ÖAMTC, Interessensver-
tretungen usw. anfordern und unverzüglich mit einem Begleitschreiben
von mir zur kurzfristigen Begutachtung ausschicken.
Tagesprogramm, 21.8.1973
Tagesordnung 83. Ministerratssitzung, 21.8.1973
17_0923_02Information für den Herrn BK betr. TOP 16, 17.8.1973
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