Montag, der 13. August 1973 bis Samstag, der 18. August 1973

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Montag, 13. – Samstag, 18. August 1973

Die Besuchsreise bei der KELAG, Steweag und ÖDK war äußerst interessant.
Frank, der bereits mit der ÖDK vereinbart hat, daß er daran teilnehmen
möchte, war ebenfalls wieder anwesend. Nach Malta ist sogar Benya, der
alle Jahre dieses Werk besucht, gekommen. Auch Kienzl und Moser sowie
Blecha waren eingeladen und sind erschienen. Das Malta-Werk war lange
Zeit sehr umstritten, da der Aufbau der Tauernkette vorgezogen wurde.
Die Verbundgesellschaft, die letzten Endes als Gesellschafter für die
Sondergesellschaften fungiert, hatte diese Entscheidung getroffen und
die ÖDK, GenDir Werner, war damals darüber sehr unglücklich. Jetzt stellt
sich heraus, daß es vielleicht sein Glück war, daß man erst später be-
gonnen hat, weil man wesentlich größer konzipierte, als man dies vor
5 oder 6 Jahren noch getraut hätte. Der ÖVP-Direktor Kugler, der für
die Bilanzen zuständig ist, wollte von mir unbedingt entsprechende Zu-
sagen bezüglich der weiteren Finanzierung haben. Ich habe niemanden
im Unklaren gelassen, daß mit der herkömmlichen Art wahrscheinlich auf
die Dauer wird nicht zu rechnen sein. Die Konzeption der Verbund war,
und ist derzeit, daß man aus den Preisen resp. aus den Erlösen für den
Stromverkauf die weitere Finanzierung des Ausbaues durchführen sollte.
In Wirklichkeit gibt es wahrscheinlich in kürzester Zeit hier eine un-
überwindbare Barriere. Die Strompreise wurden in den vergangenen Jahr-
zehnten nach 4 oder 5, die letzte sogar nach 6 Jahren, erhöht. Die Erlös-
situation bei den Landesgesellschaften, aber auch in der Verbund
ist nämlich bei einer normalen Wasserführung äußerst günstig. Kosten-
mäßig wäre deshalb überhaupt keine Begründung vorhanden, den Strompreis
zu erhöhen. Andererseits sind natürlich für den Ausbau unserer Wasser-
kräfte Milliardenbeträge erforderlich, die auf dem Kapitalmarkt im
Inland kaum noch zu beschaffen sind, wenn nicht gleichzeitig auch die
Eigenkapitalsituation durch entsprechend gute Erlöse, unter Aufstockung
des Eigenkapitals, erreicht wird. Der Finanzminister wird kaum dafür
entsprechend große Beträge im Budget zur Kapitalaufstockung bereitstellen.
Ich b predige deshalb seit längerer Zeit den Vertretern der Verbund aber
auch den Sondergesellschaften, sie sollten sich endlich einmal irgend
etwas einfallen lassen, wie man dem Konsumenten, d.h. den Stromabnehmer
dafür gewinnen kann, daß er für die Zukunftssicherung keine Preiserhöhung


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aber doch etwas ähnliches in Kauf nimmt. Über den Anleiheweg wird
nämlich so nach der Methode jeder bekommt einen Teil einer Staumauer,
leicht optisch eine Möglichkeit sein dem Konsumenten oder den Anleihe-
zeichnern, oder ich weiß nicht dwem sonst noch, für eine weitere Be-
reitstellung vom Kapital zu gewinnen. zumindestens versucht
werden müssen. Die Landesgesellschaften verdienen bei der jetzigen
Konstruktion am besten. Sie bauen wie die Kelag doer schwarz wie die
Steweag ihre eigenen Kraftwerke nach ihren Konzeptionen und günstigsten
Bedingungen. Dies sieht so aus, daß die KELAG sich Speicherwerke an-
legt, die in ihrer Konzeption größer ist als sie sie braucht und in
ein paar Jahren allerdings damit ein gutes Geschäft macht oder wie
die Steweag, die sich Ölkraftwerke errichtet und jetzt in Werndorf
verdoppelt, obwohl sie auf einem Kohlengebiet oder zumindestens in
der Nähe sitzt. Unabhängig über die gesamtwirtschaftliche Energie-
konzeption machten die Landesgesellschaften ihre eigene zu ihren Vorteil
gereichende Politik. Mit dieser Tatsache muß man sich allerdings ab-
finden. Die Idee, die auch Benya gehabt hat, eine Konzentration und
Zentralisierung würde aus den entschiedenen Widerstand aller Länder
ob rot oder schwarz stoßen und ist deshalb von vornherein zum Scheitern
verurteilt. Hier kann nur eine Koordinierung und eine Überredung ver-
suchen, die ersten Fehler und Fehlinvestitionen zu verhüten. Am schwierig-
sten wird die Abstimmung sein.

Da ich gleichzeitig in das Kohlengebiet gefahren bin, wollte ich eine
informellen Besuch in Döblin-Berger und im Köflacher Revier durchführen.
Dies ist total daneben gegangen. Wenn ein Minister kommt ist es scheinbar
unumgänglich notwendig, daß zumindestens der Präsident der Gesellschaft
SChef Gatscha oder dann sein Vizepräsident die Werke Assmann der Direktor
dvonider VOEST-Alpine Ternitz und ein Dutzend sonstiger höhere Funktionäre
oder leitende Beamte oder Angestellte anwesend sind. Außerdem
natürlich mindestens 1/2 bis 1 Dutzend Betriebsräte die ich allerdings
immer sehr gerne dabei habe, weil ich mich dann mit ihnen extra unter-
halten kann und die Probleme von ihrer Sicht freimütig besprechen kann.
Auf alle Fälle war ich trotzdem froh, daß dies alles inoffiziell gewesen
ist, denn Assmann hat mich als ÖVP-Mann sofort angeschossen, warum nicht
auch die Landesregierung, der Landeshauptmann oder sonst irgend ein


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Funktionär eingeladen wurde. Ich selbst konnte mit ruhigem Gewissen
sagen, daß ich ich die Einladung nicht durczuführen hatte , denn
ich bin selbst inoffiziell hier und wollte mir nur die Gruben ansehen.
Er hatte natürlich bei dieser Gelegenheit Assmann sofort mit aller
Deutlichkeit darauf aufmerksam gemacht, daß ich um den Absatz der
Kohle weder das Land Steiermark noch selbst die Gemeinde Voitsberg
oder Köflach baesonders bemüht haben, da sie sich alle entwederauf
Öl oder anderes Brennmaterial umgestellt haben und niemals die heimische
Kohle verwenden oder im größeren Ausmaß verwenden wollen. Als Alibibe-
handlung verwendet die stmk. Landesregierung für einige Schulen und
Krankenhäuser noch Kohlenfeuerung mit Köflacher Kohle. Das Fernheiz-
werk in Graz, welches seinerzeit errichtet wurde, und die Döfflinger
Kohle zu verheizen, verwendet ausschließlich Voitsberger Kohle, weil
die besser ist und läßt die Döfflinger Kohle fast um Graz herum nach
Voitsberg ins E-Werk führen und dort verbrennen. Gleichzeitig schreibt
sie jetzt für die Luftreinhaltung vor, daß Voitsberg wahrscheinlich
bis 1976 die Kohle verheizen kann und wie auch dann die Verbund vorsieht,
die Reserve gehen sollte. Voitsberg 1 ist nämlich der einzige Sessel
der Döfflinger Kohle verheizen kann. Die Betriebsräte von Döffling stehen
nun auf dem Standpunkt, daß dies alles ein Konzept ist, um den Bergbau
1975 endgültig zu schließen. Sernetz hat aber keinen Zweifel gelassen,
daß die VOEST-Alpine schon heuer nicht mehr bereit ist, Millionen für
die Defizitabdeckung aufzubringen. Heuer werden 24 Mio Defizit ent-
stehen und das Grundkapital ist bereits zur Hälfte aufgebraucht, so daß
laut Aktiengesetz bereits der Konkurs angemeldet werden müßte. Selbst
in der großen Versammlung, wir waren 2 Dzt. Leute bei den Besprechungen,
habe ich keinen Zweifel gelassen, daß die Verantwortung für die finanz.
Gebarung beim Vorstand der VOEST-Alpine als Eigentümer der GKB liegt
und ich mich nur bemühen we5de, die notwendigen Mittel im Rahmen der
Bergbauförderung sow ei bisher zur Verfügung zustellen. Ich habe darauf
hingewiesen, daß die OÖ und die Salzburger über die starke Unterstützung
der GKB nicht sehr glücklich sind, sondern ganz im Gegenteil, selbst di
Landeshauptleute diesimmer kritisieren. Interessanterweise wollte man
mir in Döfflingberg gar nicht den Bergbau zeigen, sondern erst auf mein
Drängen, daß ich gegebenenfalls das Mittagessen streichen würde, sind
sie in den Berg eingefahren. Die Abbauverhältnisse sind dort wirklich
scheußlich. Man arbeitet zwar jetzt auch mit hydraulischen Stempeln, ist
aber sehr schmal, 1 Meter bis max. 1,5 Meter. 5 m3 Wasser pro Sekunde


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sond abzupumpen, so daß ich mir jetzt sehr gut erklären kann, wie 24
Mio Defizit entstehen. Die Arbeit der Kumpels ist ungeheuer schwierig
und ich kann nicht vestehen, wie man bei einem solchen Beruf mit
ca. S 35,-- Stundenlohn verbleiben will. Bei einer entsprechenden Um-
schulung müßte es möglich sein, für diese 300 Leute andere Beschäftigungen
entweder im Raume von Graz zu finden, oder vielleicht gar die VOEST-
Alpine zu veranlassen, irgendeine Produktion nach Döffling zu verlegen.

Im Köflacher Revier sieht dies schon besser aus. Den Bergbau Oberndorf
den wir besucht haben, der eine Flötmäßigkeit von 3 m hat und wesenlich
günstiger abgebaut werden kann, hat wirklich Zukunftsaussichten. Da di
Bergleute Angst haben, daß doch früher oder später die Kraftwerkskohle
nicht mehr verheizt wird, habe ich mich bemüht, die ÖDK und VOEST-Alpine
dafür zu gewinnen, daß sie Untersuchungen über die Kohlenvorräte anstelen.
Man rechnet, daß ca. 10 Mio S dafür erforderlich sind und sowohl GenDir
Stv. Cernetz als auch Aufsichtsratspräsident Werner erklärten sich bereit
jeweils die Hälfte zu übernehmen, damit für die Verbund eine konkrete
Untersuchung vorgelegt werden kann. Werner möchte, daß ein 300 mw Block
als Voitsberg 3 errichtet wird. Wenn die entsprechenden Kohlenvorräte
vorhanden sind. Für Köflach ist also eine entsprechende Absatzmöglichkeit
gegeben und die Kostenmäßige Situation ist dort äußerst günstig. Die
schwlechten Bergwerke müßten allerdings früher oder später stillgelegt
werden. Dies trifft insbesondere für Döffling zu, aber auch für einige
Gruben im Köflacher Revier. Dort wird es allerdings keine Schwierigkeiten
geben, weil man jetzt bereits jugoslawische Arbeiter benötigt. In Köflacher
Revier ist überhaupt ein Arbeitskraftmangel.

Bei einer Diskussion von der SPÖ veranstaltet konnte ich feststelen, daß
die anderen Betriebe, insbesondere Glasfabrik, es war der Betriebsleiter
anwesend, hart gegen die Unterstützung für die Junior-Werke die dort
beits gut angekommen ist, kritisiert wird. Da die Junior-Werke seinerzeit
die Arbeitskräfte von anderen Betriebe abgeworben haben und
2 und 3,-- S mehr bezahlen als die Glasfabrik und andere insbesondere
die Schuhfabrik bezahlen konnte, so wollte man jetzt, daß die Junior-
Werke die Arbeitskräfte wieder abgeben. Ich habe aber dezidiert erklärt,
daß die Bundesregierung kein Interesse daran aht einen Kapitalisten,
sei es ausl. oder inl. Prominenz unterstützen sondern ausschließlich


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um die Sicherung der Arbeitsplätze geht. Um mir die Situation anzu-
sehen. habe ich mit Ing. Weiss vereinbart, daß obwohl am Samstag die
Leute ja nicht arbeiten, ich mir gerne den Betrieb ansehen möchte.
Er war sehr überrascht, daße ich um 6 Uhr in seinen Betrieb beim
Portier erschienen bin und gebeten habe, er soll Ing. Weiss verständigen,
ich war dann umsomehr überrascht, als um 7.00 Uhr die Belegschaft
anrückte, um mir den Betrieb in Produktion zu zeigen. Ich entschuldigte
mich dann bei der Belegschaft, die mich fast feierlichst verabschiedet
hat, daß ich an einem Samstag gekommen bin und gar nicht erwartet habe,
daß sie arbeiten würden. Weiss dagegen erklärte,als er der Nachtschichte
um 11.00 Uhr nach der Diskussion sagte, daß ich kommen würde, waren sie
alle angeblich sofort bereit, am nächsten morgen noch mir den Betrieb
in Produktion zu zeigen. Ich muß sagen, ich war auch von den modernene
Maschinen und vor allem von der Organisation sehr beeindruckt. Ing. Weiss
glaubt, faß er die Schwierigkeiten mit Unterstützung des Sozialministerium
überwinden wird und rechnet, daß wenn sich der Dollar nur auf 18,60
erhöht, er dann schon wieder das Auslangen finden könnte. Als Weiss in
Köflach den großen Betrieb nach den Brand neu errichtete, wollte er
auch eine entsprechende größere Anzahl von Arbeitskräften, wo man ihm
aber erklärte, die sein nicht vorhanden. Jetzt hat er in Gleisdorf
ein Zweigwerk, insbesondere vür die Verchromung errichtet, denn er
muß sehr viel Chrommaterial aus dem Ausland beziehen und nun stellt
sich heraus, daß er doch die Arbeitskräfte doch auch in Köflacher
Raum bekommen könnte. Er meint, bis zu 80 Leute seien bei ihm vorgemerkt.
Ich glaube dies ist verständlich, da er doch noch immer höhere Löhne
bezahlt als im Kohlenbergbau oder in anderen Industriebetreiben. In
der Kohlensortierung, wo es furchtbar staubt und ein riesiger Lärm ist,
zahlt man den Frauen S 20,-- pro Stunde. Ich kann mir vorstellen, daß
man sehr wohl von dort in einen anderen Industriebetrieb oder wenn es
irgendwie möglich ist überwechselt. In der Nähe von Köflach hat er
nun auch eine Werkzeugmaschinenfabrik errichtet, wo er sich alles
Werkzeuge und Vorrichtungen selbst baut undter anderem hat er jetzt
eine Maschine entwickelt die gleichzeitig die Speichen einzentriert,
die jetzt noch vom Frauenhand gemacht werden müssen. Ei en oder zwei
solcher Betriebe in kritische Räume wie eben Köflach oder Döfflingberger
oder Fohnsdorf und die Arbeitsplatzentwicklung resp. die Beschäftigung
ist dort lgeich auf ein wesentlich andere Basis gestellt. Ich bin daher


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fest entschlossen, der Firma über die schwierige Phase, die max. 2
oder 3 Monate meiner Meinung nach dauern wird. hinwegzuhelfen.

Anmerkung für WANKE

Botte mit der Arbeitsmarktverwaltung Sozialministerium Verbindung
aufnehmen, um unmittelbare Unterstützung zu geben. U.a. wird jetzt
dort eine Lehrwerkstätte als Umschulungszentrum getarnt errichtet,
da das Berufsausbildungsgesetz eine größere Anzahl von Umschulung oder
Lehrlingen nicht zuläßt.

Tätigkeit: Alpine, GD ab 1972, SPÖ-nahe


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    Tätigkeit: SChef HM
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      Tätigkeit: Bautenminister


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        Tätigkeit: Chef Energiesektion


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            Tätigkeit: ÖDK


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              GND ID: 129507873


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                  Tätigkeit: ÖVP-Politiker, Unternehmer


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                    Tätigkeit: Dir. ÖDK, ÖVP


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                      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                      GND ID: 119083906


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