Montag, 25. Juni 1973
Fritz Mauthner teilt mir mit, dass er mit der Arbeiterkammer Be-
sprechungen führt, um ausser den schon vorgesehenen 15.000 t Zucker
noch 5.000 t zusätzlich nach Jugoslawien zu exportieren. Bis jetzt
hat er Kontrakte mit Ungarn über 4.000 und mit Jug. 9.000 t . Die
zuckerverarbeitende Industrie in Österreich hat ihre vorgesehenen
Mengen nicht abgenommen und wird dies auch nicht tun. Die Jungbunzlauer
Kahani, die 20.000 t forderte, wird,maximal 5.000 t Zucker und
5.000 t Dextrose verarbeiten. Die Zeit wo man Zitronensäure verlangte,
ist vorüber. Wenn die Waschmittelindustrie nicht von Detegenzien
auf Zitronensäure übersteigt, wird nicht einmal die volle Kapazität
von Jungbunzlau ausgelastet werden können. Von einer Erweiterung der
Produktion überhautp keine Rede . Die Waschmittelproduktion kann aber
meiner Meinung nach von den Umweltschützern erst in Österreich dazu
verhalten werden, wenn gleichzeitig auch in der BRD zumindestens dieses
Problem nicht mehr aktuell ist sondern durch Gesetz geregetl wird.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Bitte durch internationale Vergleiche und
ganz bsonders durch entsprechende Beobachtung
des deutschen Marktes feststellen, ob und wann
ein solcher Zeitpunkt zu erwarten ist. Öster-
reich kann keinesfalls Schrittmacher sein.
Die Fruchtsaftindustrie hat ebenfalls geringe Absatzmöglichkeiten
insbesondere im Export durch die jetzt aufgedeckten Verfälschungen
zwischen dem sogenannten Apfelsaft, der nur Apfeltrunk gewesen ist.
Dadruch ist der Zuckerbedarf von 2 – 3.000 t um mindestens 1.000 t
reduziert worden. Mauthner meint, dass wir heuer mit einem Vorrat von
50.000 t in die neue Kampagne gehen. Dazu kommt anstelle der 280.000 t
Bedarf eine Produktion von 310.000 t sodass weiter zu den 50.000 t
Vorrat noch 30.000 t aus der neuen Ernte zur Verfügung stehen wrden.
Insgesamt wird eben dann ein Zuckervorrat von 80.000 t zur VErfügung
sein, der als wesentlich überhöht betrachtet werden kann. Vor allem
viel Geld kostet, jederzeit durch Ausdehnung der Anbauflächen, falls
wirklich ein grösserer Bedarf auftritt ergänzt werden könnte.
Bezüglich des Weizenpreises diskutierte ich mit ihm, ob er als Händ-
ler, der aber viel in Agrarkreisen herumkommt, eine Erhöhung des
Weizenpreises insbesondere Füllweizens für zweckmässig hält. Mauthner
meint, dass durch die Steigerung der Kosten insbesondere Düngemittel
und andere, weine Erhöhung des Weizenpreises gerechtfertigt ja sogar
notwendig ist. Mein Vorschlag, dass man höchstens den Qualitäts-
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weizenpreis erhöhen darf, muss er letzten Endes als richtig be-
stätigen. Er meint, dass man die Bauern verhalten könnte, auch
heuer wieder um 16.000 ha mehr Qualitätsweizen anzubauen, was eine
weitere Erhöhung um 40.000 t Qualitätsweizen im Ernteertrag bringen
würde. Von einer Freigabe des Weizenpreises möchte er nichts wissen.
Mein Einwand, dass aber jetzt über den Füllweizen , der zuerst aufge-
kauft, dann gelagert, denaturiert,dann als Futterweizen wieder den
Bauern zurückgegeben, eine ganze Agrarbürokratie, die Lagerhäuser,
die Händler, Mühlen usw. manipulieren und verdienen, kann er nicht
entkräften, meint aber, dass dies in ganz Europa so sei.
Beim jour fixe ist diesmal nur Sallinger, der sich beschwert, dass
vom Handelsminister nicht nur die Essen sondern auch bei den letzten
Rechnungen Blumen und andere Ausgaben beinhaltet sind. Oder, der berufe
wird, meint, dass die Handelskammer keine Möglichkeit hat sich gegen
diese Einzelposten zu wehren, weil dann ja bekanntlicherweise die ge-
samte Rechnung hinüerkommt und sie dann nicht mehr die Möglichkeit
haben einzelne Posten herauszustreichen. Ich erkläre, dass ich mich
über die Details nicht unterhalten will, im Handelsministerium selbst
mich auch mit diesen Details nicht zu beschäftigen beabsichtige, son-
dern dass es Aufgabe des Präsidialisten Reiger von der BHK mit meinem
Präsidialisten Ottahal wäre, abzugrenzen, was eben von den einzelnen
Posten verrechnet werden kann. Dies müsste von vornherein festgelegt
werden, damit een dann in den Rechnungen, die der Handelskammer über-
wiesen werden, nicht auch Ausgaben aufscheinen, die sie nicht bezahlen
will.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte mit Ottahal ud Reiger dieses Problem
besprechen und endgültig fixieren.
Mein Vorschlag an Sallinger, er müsste sich schön langsam damit ver-
traut machen, dass auch andere Ausgaben von der Handelskammer z.B.
eben Delegationen bezahlt werden müssen, stösst auf keine Gegenliebe.
Er meint, dass darin ein gefährliches Präjudiz für meine Nachfolger
sein könnte, denen er auf gar keinen Fall dieses Privileg geben möch-
te. Seiner Meinung nach müsste im Budget für alle diese Ausgaben
vorgesorgt werden. Als ich Sallinger andeutete, dass er letzten Endes
aber seine Einnahmen aus dem Export- und Importabgaben, d.h. die AHF-
Gebühren, ständig mehr erbringen und damit die moralische Berechtigung
besteht, dass auch an das Handelsministerium grössere Beträge bezahlt
werdne, um die VErpflichtungen, die aus dem Aussenhandel mir erwachsen,
erfüllt werden können, meint er friemütig, aber nach längerem Nach-
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denken, dass in diesem Fall es ihm fast lieber ist, wenn eine
gesetzliche Regelung dies von ihm verlangt. Er wird sich zwar mit
allen ihm zur VErfügung stehenden Mitteln gegen eine solche Regelung
wehren, doch freiwillig kann er nicht die entsprechenden Zusagen
machen. Mein Hinweis, dass sowohl VP Seidl als auch andere Funktionäre
und vor allem Unternehmer immer auf dem STandpunkt stehen, dass dies
selbstverständlich von der Handelskammer übernommen wird, mölhcte
Sallinger abwarten, ob dies tasächlich von diesen Leuten im Präsidium
resp. Vorstand zur Sprache kommen wird. Der aktuelle Anlass, wie ich
ihm erkläre, ist allerdings derzeit weggefallen, da es in der Sowjet-
union der Kommission gelungen ist, die Schillingfakturierung, resp.
konvertible Währungsforderung durchzusetzen. Stollack hat bereits
den ersten Vertrag in Schweizer Franken abschliessen können. Die
Sowjetunion dürfte annehmen, dass der Dollar jetzt mit ca. 19.- S
auf seinem Tiefpunkt angelangt ist und sie nicht mehr weitere
Dollarspekulationen vornehmen möchte. Deshalb dürfte auch jetzt erst
nachdem Patolitschew und die sowjetische Seite mir das einige Mal
schon versprochen hat, eine diesbezügliche Weisung an die Aussenhandels-
stellen der Sowjetunion gegangen sein, dass in Hinkunft auch ausser
Dollars in anderen konvertiblen Währungen fakturiert werden darf.
Bezüglich derFordnung, dass Jacobs-Kaffee das Staatswappen führen
darf, frägt mich Sallinger, ob ich ein persönliches Interesse daran
habe, was ich natürlich sofort verneine. Ich erkläre nur, dass neuer-
dings der Betriebsrat sich wegen der Auszeichnung an uns gewendet
hat. Sallinger zeigt mir nun zum Beweis einen Aktenvermerk, der
wahrscheinlich von der lieben Konkurrenz ihm gegeben wurde, wo
Jacobs verschiedener unlauterer MEthoden beschuldigt wird. Insbe-
sondere aber legt er mir eine Fotokopie vor, wo Jacobs bereits den
Adler in Deutschland verwendet. Ich verlange diese Fotokopie und er-
kläre, dass ich die Firma um STellungnahme bitten werde.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Da ich nicht in den Verdacht kommen möhcte,
irgendwelche besonderen Gründe z haben,
Jacobs zu favorisieren, bitte ich eine objek-
tive Untersuchung über dieses Vergehen seitns
des Präsidiums anstellen zu lassen. Betriebsrat
ist entsprechend zu verständigen.
Beim Journalistenfrühstück verabschiedet sich Koppe, indem er einen
Schlussbericht über die bisherige Konsumententätigkeit gibt. Bei
dieser Gelgenheit weise ich darauf hin, dass ich nicht nur mit
Koppe bis jetzt jahrzehntelang zusammengearbeitet habe, sondern
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auch überzeugt bin, dass wir in Hinkunft Freunde bleiben und ich mit
seiner UNterstützung rechne. Ic erkläre, dass ich nur aus gewerkschaft-
licher Solidarität ihn letzten Endes für seine neue Funktion. nämlich
Geschäftsführer der Konsumenteninformation zu werden, freigeben habe.
Weder das Konsumententhema noch die Liberalisierung der Ostimporte
durch weiterstgehende Einführung der Zollämterermächtigung für eine
Liste von 40 Seiten neuer Produkte erregt das Interesse oder auch nur
die Diskussion der Anwesenden. Erst als man mich fragt, was ich zum
Vorschlag Rösch bezüglich des Preisbestimmungsgesetzes sage, kommt ein
bisschen Diskussion in die Frühstücksrunde. Ich glaube und fürchte,
dass wir in Hinkunft nicht immer am Ball sein werden, wenn wir uns
ausschliesslich mit eng abgegrenzten Problemen meines Ressorts be-
schäftigen werden. Ich glaube, wir müssen eine Überlegung anstellen
wie wir selbst auf das Risiko in andere Ressorts dann vorzubringen, auf
alle Fälle die Presse und vielleicht auch Rundfunk, Fernsehen kommt
ja seit Monaten überhaupt nicht mehr, einerseits aktuelle Probleme und
andererseits entsprechende Stellungnahmen des Handelsministeriums wieder
für uns mehr zu interessieren. Am meisten war ich nämlich diesmal er-
schüttert, dass selbst die Konsumentenaktivitäten keinen Niedershlag
in einer Diskussion gefunden haben. Ich bin schon sehr gespannt, was
eigentlich in den Zeitungen jetzt erscheinen wird.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Hier müssten wir einen Plan entwickeln, wie
wir in Hinkunft vorgehen möchten, um das Presse-
und Rundfunk- und Fernsehteam wieder für unsere
Arbeit mehr zu interessieren.
Dir. Schmidt von den Salzburger Stadtwerken würde sich um einen Posten
in den Tauernkraftwerken interessieren und wollte deshalb sich bei
mir erkundigen, ob und inwieweit ich dafür Verständnis habe. Zum Glück
habe ich Min.Rat Frank dazu gebeten, der sich dann mit ihm über einzelne
personelle Probleme Tauernkraftwerke unterhielt. Da dieses Problem frühe-
stens 1974 spruchreif wird, werde ich schon in meiner Kompetenz diese
Frage zu bearbeiten haben. Dir. Schmidt hat dann auch gleichzeitig eine
Studie über die Konzeption de Stadtwerke mitgebracht, welche Frank sehr
interessierte.
Gen.Dir. Reisinger, Gen.Dir. Gruber und der steirische Funktionär
der Austria-Ferngas wollten von Frank und mir entsprechende Unter-
stützung für die finanzielle Transaktion, die jetzt notwendig wird.
Im Algerien soll ja die Verflüssigung und die Hafenanlage für die
Erdgaslieferung finanziert werden. Auf Österreich entfällt ein Anteil
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von 12 %, ca. 130. Mill Dollar für entsprechende Exporte der VÖEST
und anderer österreichischer Unternehmungen und 50 Mill. $-Kredit
auf den Eurodollarmarkt. Für das letzte ist weder die Nationalbank noch
sonst eine österreichische Stelle zuständig und deshalb kann trotz
der Kreditrestriktionen dieser Teil ohne weiteres abgewickelt werden.
Anders verhält es sich bei den 130 Mill. $, die die VÖEST und andere
Firmen Waren nach Algerien liefern sollen. Hier müsste die Österr.
Kontrollbank ermächtigt werden, entsprehcende finanzielle Vorkehrung
zu treffen, und ähnliche Bedingungen den Algeriern zu bieten wie dies
die Ex- und Importbank Amerika zur Finanzierung von El Paso gemacht
hat. 18 Jahre Laufzeit, 6,5 % maximale Zinsen auf einer Zinsbasis von
5 7/8. Das österr. Bankenkonsortium wird eine entsprechende
in Form eines Aide Memoires dem Bundeskanzler, Finanzminister, mir
uns anderen Stellen übermittelt. Ich habe erklärt, dass ich dafür zwar
nicht zuständig bin, wohl aber natürlich diese Vorschläge unterstützen
werde. Die Algerier erwarten sich ähnlich den BEdingungen der Ex-Import-
bank, wo die amerikanische El Paso-Transaktion finanziert wurde, Kre-
dite mit eienr Laufzeit von 18 Jahren, 5 7/8 Grundzins , der dann auf
6,5 % kommt.
Den Einstandspreis von Austria-Ferngas an das Konsortium wurde nun
endgültig fixiert. Er beträgt 2,4 Cents pro Million ptu, für die
Anladung in force sur mer und 1,1 % für die Mocca-Leitung, diesen
BEtrag muss auch die GFS bezahlen. Diese 3,5 Cent sind auf den m³
umgerechnet, 3,5 Groschen und nach Meinung der Austria-Ferngas äüsserst
günstig.
Die Verhandlungen mit den westlichen Bundesländern erfolgen nach Mittei-
lung von Gruber äusserst günstig. Vorarlberg hat sich nun entschlossen,
1 % Anteil der Austria-Ferngas zu erwerben, das ist dies der symbolische
Anteil, wie ihn auch Kärnten besitzt, dafür einen Sitz im Aufsichtsrat
zu bekommen. Die Menge, die übe Deutschland Vorarlberg zur VE-fügung
gestellt werden soll beträgt 80 Mill. m³. MIt Tirol Salzburg und OÖ
gehen die Verhandlungen weiter. Hier wurden aber solche unreale
Mengen als Verhandlungsbasis verlangt, insgesamt 1 Mia m³, sodass
derzeit keine Einigung erzielt werden konnte. Die Verhandlungen werden
aber in sehr gutem Klima weitergeführt. Huber und Reisinger sehen die Ha
Hauptschwierigkeiten darin, dass auf der anderen Seite bei den Landes-
gesellschaften meistens keine Gasfachleute sitzen sondern eben Indu-
striellenvertreter meistens aus der Handelskammer oder dem Industriellenverein irgednwelche Sekretäre, die keinerlei Verantwortung aber vor
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allem aber keinerlei Erfahrung haben.
Austria-Ferngas verlangte neuerdings eine Entscheidung, dass die
Verbindung zwischen der TAG und der MOCA auf österreichischem Boden
erfolgen sollte. Ich habe der ÖMV diesbezäglich vorgeschlagen, sie
muss sich mit der Austria-Ferngas einigen, weil ich nicht beabsichtige,
der Austria-Ferngas ein eigenes Leitungsnetz für dieses Stück zuzuge-
stehen. Die Transporte, sollte die ÖMV in ganz Österreich durchführen,
aber natrülich müsste dieser berechtigten Forderung der Austria-Fern-
gas versucht werden, Rechnung zu tragen.
Der Vorsteher der Taxi-Unternehmer Komm.Rat Todter mit seinem
Stellvertreter und Direktor Klein, der eine Genossenschaft von
50 Taxlern die gestorben sind und die Witwen sie durch ihn führen
lassen, führt, sowie der Sekretär wollten wegen weiterer Taxi-
Konzessionen mit mir verhandeln. Bei Amtsbeginn mit 30. Jänner 1970
gab es in Wien 2.300 Taxi, davon 836 mit Funk ausgestattet. Nun
wurden diese Konzessionen von mir schon wesentlich vergrössert.
Für Oktober 1972 w-ren 2,732 Taxi-Konzessionen mit 1.699 Funkausstat-
tung gemeldet. Mit 13. Juni 1973 gab es 2.860 Konzessionen. Diese
wurden von 2.500 Unternehmern betrieben, womit erwiesen ist, dass
meistens nur 1 Taxi auf einen Unternehmer entfällt. Insgesamt werden
1.350 Lenker von diesen 2.500 Unternehmern beschäftigt. Nach Berech-
nungen der Innung kann man mit 50 – maximal 60 S brutto Einnahmen
pro Stunde rechnen. Ein Taxler muss heute 60 Stunden fahren und kommt
dadurch auf eien Wochenumsatz von 3.00 bis 3.600 S. Der Chauffeur, der
30 – 35 % verdient, kommt damit ca. auf 1.000 bis 1.200 S Bruttover-
dienst pro Woche. Wir einigten uns, dass Min.Rat Metzner, der an-
wesend war, als sehr vernünftiger Beamter auch in Hinkunft nur mehr
ca. 50 Konzessionen bis zum Jahresende ausgeben wird. Dann ist dieses
Problem Gott sei Dank eine ANgelegenheit des Verkehrsministers.
Trotzd er verhältnismässig starken Aufstockung der Taxi-Konzessionen
ist es noch immer üblich, dass diese Konzessionen verkauft werden.
Direktor Klein allerdings meinte, er sei sofort bereit, entsprechende
Taxi-Konzessionen, di-e er verwaltet, abzugeben. Da er sie nicht mehr
anbringt. ALs ich ihn dann allerdings fragte, zu welchem Preis, dann
musste er zugeben, dass er 100.000 S schon noch erwartet. Was mich über-
rascht hat, war, dass ein gewisser Anwalt Dr. Peter für die Vermittlung
von Taxi-Konzessionen 20.000 S verlangt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte diese Aussage prüfen lassen und mir entspre-
chende Information vorlegen.
In Österreich gibt es, wie mir Todter mitteilt, ca. 10.000 Taxi-
und Mietwagenkonzessionen. Die Hotels wünschen nun auf Grund der Ge-
werbeordnung, dass sie ihre Gäste selbst befördern können. Dadurch
würden 20.000 Hotels ohne Konzessionsgenehmigung als Konkurrenten
auftreten. sie wollten deshalb von mir eine entsprechende Änderung
in der vorgesehenen Gewerbeordnung. Ich habe ihnen dezidiert erklärt,
dass dieses Problem mit dem Handelskammerpräsidenten von Tirol Menardi
und Gen.Sekr. Mussil einvernehmlich geregelt wrude und ich nicht
bereit bin, eine weitere Konzession zu machen.
Dir. Pflaum und Lange von der Firma Tarbuk kamen wegen einer Zollreduk-
tion für Skoda-Wagenimporte. Skoda kostet jetzt noch immer 39.800 S
ist ein ausgesprochener Billig-Wagen und sollte durch Zollermässigungen
noch entsprechend verbilligter abgegeben werden können. Ich erklärte
den Direktoren, dass nur im Rahmen der GATT-Runde eine solche REduktion
des Autozolles möglich wäre. Die Direktoren haben mir nachher zuge-
geben, dass sie diese Vorsprache deshalb machten, damit sie ihrem
Lieferwerk mitteilen können, wie siesich in Österreich einsetzen,
um die Absatzchancen von Skoda zu verbessern. Ich hatte dafür voll-
stes VErständnis und ermächtigte sie, dass sie hier dem Mutterwerk
in Prag entsprechende Mitteilung machen von ihren versuchen, die
ständig durchgeführt werden, um eben die Konkurrenzsituation für
Skoda gegenüber den Waren aus der EWG zu verbessern.
Die Diskussion mit der Jungen Generation im AEZ war diesmal besonders
hart. Immer finden sich dort einige leicht Angeheiterte ein und dies-
mal waren sie ausgesprochen hart und agressiv. Während aber in den
vorhergehenden Jahren ich immer wieder feststellen konnte, dass dann
die vernünftigen gegen solche Krakeeler und Agressiven Stellung nahmen
musste ich jetzt vollkommen allein und ohne UNterstützung der Zuhörer
argumentiren Allerdings muss ich zugeben, dass es nicht nur diese
Leute waren sondern auch Linke aber auch Leute, die mich nachher sagten,
dass sie immer sozialistisch gewählt haben, die mit der Entwicklung ins-
besondere mit den Pensionen nicht einverstanden sind. Natürlich kam
sofort die Politikerbesteuerung, die Politikereinkommen und vor allem
die unerwartet hohen Bezüge der Funktionäre d.h. der Politiker zur
Sprache. Lautsprecheranlage war für mich ausgesproch ungünstig, weil
sie entweder pfiff oder sogar im Schall so gegen mein Ohr strömte, dass
mich dies sihtbar narvös machte. Darüber hinaus kamen die jungen Kollegen
zu spät und ich musste dort 20 Minuten schon warten. Danzinger von
der Jungen Generation war der Einzige, der anwesend war, sodass wir
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Hauptkrakeller gar nicht aus dem Kreis herausdrängen konnten.
Das war aber nur das äussere Bild, in Wirklichkeit aber, wenn
ich mir die Leute so angeschaut habe und wenn ich die Diskussion
jetzt Revue passieren lasse, so muss ich feststellen, dass wahr-
scheinlich sich das Klima gegen die Regierungspolitik aber letzten
Endes auch gegen die gesamten Politiker sehr verschlechtert. Hier
kann man deutlich feststellen, dass die Massenmedien und vor allem
aber die Zeitungen die Schonung der Regierung nicht mehr vornehmen,
dass sie im Gegenteil natürlich jetzt die Bevölkerung durch Schlag-
worte mit Argumenten versorgen, die diese gerne glauben, weil sie
ja letzten Endes keine andere Information bekommen aber auch gar
keine andere Information wollen und damit natürlich hart attackieren
Vereinzelte haben mir nachher gesagt, warum ich mich dahin stellen
lasse und mich für die Politiker oder ide anderen mich abwatschen
lasse. Mein Hinweis, dass dies in einer Demokratie notwendig ist,
und ich diese Aussprache immer gesucht habe und auch weiter
suchen werde, hat sicherlich bei denen einen Respekt hinterlassen,
aber ich glaube sie haben mich doch für deppert angesehen, dass
ich mir dies antue. Zum Glück war dort ein Diskutant, der sich als
Öffentlich Bediensteter sehr genau über seine Bezüge aber auch
über die Politikerbezüge auskannte. Er hat mit Recht zuerst darauf
hingewiesen, dass er als Familienvater mit 2 Kindern und ca. 6.000
netto jetzt mit 1. Juli um 400 S brutto mehr bekommt, dafür aber
so viel Steuern und Abgaben zahlen muss, dass er nur um 220.- S
eine Nettoerhöhung verzeichnen wird. Demgegenüber hat er dann
festgehalten, was eignetlich ein Politik und eigentlich auch ein
Minister verdient, wobei er objektiver WEise sagte, dass dieser
Gehalt in keinem Verhältnis zu den Bezügen von Managern oder Bank-
direktoren steht, die allerdings haben den VOrteill, dass sie
sich niemals der Öffentlichkeit stellen müssen. WEnnjemals ein
Politiker oder gar Kreisky geglaubt hat, dass 3 mit steigendem
Lebensstandard die Bevölkerung wird ohne Neidkomplex über Politiker-
bezüge wird diskutieren, wenn jemals ein Politiker geglaubt hat,
dass mit steigenden Lebensstandard die Bevölkerung wird mehr aner-
kennen, was geleistet wurde und weniger fordern, wenn je ein Politi-
ker geglaubt hat, dass also durch diese günstige wirtschaftliche
Entwickung eine Alleinregierung ganz besonders die Ernte wird ihrer
Tätigkeit wird in die Scheune führen können, dann glaube ich hat
er schwer geirrt. Die Menschen warne nie anders und werden auch
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nie anders sein, d.h. ich habe immer sie richtig eingeschätzt,
dass sie sich ausschliesslich von ihren persönlichen Interessen und
Wünschen leiten lassen und in Wirklichkeit grosse Lösungen, die
man vielleicht als Politiker machen muss, nicht anerkennen werden.
Die wenigen Intellektuellen und denkenden Arbeiter auch dann,
wenn sie nicht in Erscheinung treten, weil sie bei solchen Dis-
kussionen schweigen, können und werden nie die Mehrheit sein.
Die grosse Masse wird sich emotionell entscheiden und wird emotionell
letzten Endes über die Regierungstätigkeit urteilen. In den Partei-
gremien, in den Parteiveranstaltungen, da herrscht ein Klima, wonach
man annehmen könnte, es ist alles in bester Ordnung. Dort ist man abe
bekannt und die LEute schonen einem wahrscheinlich. Bei Diskussionen
wie im AEZ und deshalb liebe ich sie so und werde sie weiter fort-
setzen, hängt man wirklich ganz von der Gunst des Zufalls ab, wer
gerade dort das Wort ergreift und kann abr dann sehr genau beobachten
wie die Stimmung immer der Passanten dort ist. Für mich also keine
Illussion, aber eine wertvolle ERkenntnis, die ich nicht missen
möchte und auch sicherlich in Hinkunft durchführen werde, wenn ich
auch noch so hart attackiert werde. Reis, der sihc immer hinten
als Zuhörer betätigt, war so besorgt, dass er meinte, jetzt und
jetzt geht es los und es kommt zu einer Schlägerei oder sonstigen
hartenAuseinandersetzung, was mich aebr bei der ganzen Diskussion
wirklich gerührt hat, war, dass ein junger Mann mit 15 Jahren, wie
ich nachher feststellen konnte, mitteilte, dass er mit drei Geschwi-
stern, sein Vater ist gestorben, seine Mutter liegt jetzt im Spital,
mit 56.- S Tageszuschuss aus irgendeiner Fürsorgestelle leben soll.
Er wurde vom evangelischen Pfarrer jetzt an eine Familie verwiesen,
da seine Mutter schwer krank ist und wahrscheinlich sterben wird.
HIer versagt unser Sozialsystem vollkommen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: HIermuss etwas geschehen. Der Mann heisst
Marki Franz, wohnt bei der Familie Studler
Wien 13., Gloriettegasse 8. Die Mutter
liegt im evangelischen Krankenhaus 9., Glaser-
gasse.
Während der Verabschiedung von Handelsrat Brown von der amerikani-
schen Botschaft habe ich mich nur zwar 5 Minuten aufgehalten, doch
war der Botschafter, seine Frau als auch Brown mit seinr Frau an-
wesend und wie ich wirklich entnehmen konnte, sehr gerührt, dass ihc
mich überhaupt darum gekümmert habe und die Zeit genommen habe, ihm
in seiner neuen Tätigkeit viel Glück zuwünschen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL:
Wenn Botschafter sich verabschieden, kommen
mehrere Minister, bei den Handelsräten glaube
ich bin nur ich allein. Bitte deshalb vor-
sehen, wenn immer ein Handelsrat sich verab-
schiedet und ich Zeit habe, ich auch hingehe.
Tagesprogramm, 25.6.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)