Dienstag, 15. Mai 1973
Im Ministerrat wurde unser Gesetzesantrag für Eisen- und Stahlorganisation
auf Grund des EGKS-Vertrages doch letzten Endes von Verfassungsdienst
beeinsprucht. Kreisky hat ein langes ELaborat von Loebenstein bekommen
und wollte wissen, ob ich dieses Elaborat kenne. Ich habe zwar dieses
Elaborat noch nicht gelesen gehabt, doch war mir klar, dfass die Einsprüche
die sie auch bereits bei uns angedeutet haben, verankert waren. Meisl
hat mir Recht allerdings mir nachher gesagt,dass ja der Verfassungsdienst
im Prinzip mit unserem Vorschlag doch einverstanden gewesen ist. Wir haben
deshalb mit der Massgabe diesen Gesetzentwurf beschlossen, dass die
offenen Fragen ausgeräumt resp. noch einmanl besprochen werden. Interessant
war, dass dann bei der Sektionsleitersitzung Meisl meinte, dies bedeute,
dass der Gesetzentwurf vom Ministerrat bereits genehmigt sei und er mit
dem Verfassungsdienst innerhalb eines TAges die ganze offene Angelegenheit
erledigen könne. Ich bin keinesfalls ein solcher Optimist. Auf alle
Fälle wollen wir diese Materie am nächsten Montag hie der Pressebesprechung
als Hauptgegenstand präsentieren. Friedl von der Presse hat bereits sich
der detailliert über diese Frage informiert. Ich habe ihn selbstverständ-
lich auf das nächste Pressefrühstück verwiesen.
Nach dem Ministerrat gab es eine Ministerratsnachbesprechung. Kreisky
wollte unbedingt noch einmal die Frage des Sternwartegeländes mit Firnberg
diskutieren. Er befürchtet, dass die Publikationen und die Propaganda
der Stadtverwaltung negativ sich auswirken wird. Da es sich um eine öffent-
liche Informationsschrift handelt, wird sie skeptisch von der Bevölkerung
aufgenommen werden. Darüber hinaus ist die Suggestivfrage, die zu beant-
worten mit ja oder nein von der Stadtverwaltung vorgeschlagen wird, ein
sogenannter Kaper-Schmäh und schon aus diesem Grund nach seiner Meinung
von der grossen Masse zu erwarten, dass er abgelehnt wird. Weiters kriti-
sierte er, dass Brantl, der die Propaganda machen soll, erst gestern das
Material bekommen hat. Brantl ist dann mit den 3 Texten zu ihm gekommen
und will dies in einer einzigen Annonce unterbringen. Kreisky schlug des
halb vor, man sollte Mauhart beauftragen, mit einem Werbebüro nächsten
Samstag/Sonntag eine gross angelegte Kampagne zu starten. Bezahlt muss dies
vom Finanzminister werden, weil die Partei dafür kein Geld hat und ausser-
dem es sich um eine öffentliche frage handelt. Firnberg protestierte indir
rekt, indem sie erklärte, sie hätte bis jetzt ja mit Brantl über diese
Fragen Kontakt gehabt und heute mittags würde er mit ihr die einzelnen
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Details besprechen. Kreisky hat dann insoferne nachgegeben, als er meine,
Brantl ud Mauhart sollten jetzt die Werbekampagne starten im engsten
Einvernehmen mit ihm und Firnberg.
Kreisky hat in dieser Beziehung ein gutes Gspür, denn ich habe am Abend
in unserem Bezirksausschuss feststellen können, dass auch dort meine
politischen Argumente, warum wir alle mobilisieren müssen, dass sie für
diesen Antrag der Gemeindeverwaltung stimmen, eigentlich auf verhätlnis-
mässig taube Ohren gestossen ist. Ich wollte und habe nich, obwohl ich
politische Situation und die politische Aktion des Gegners bei diesem
Sternwartegelände-Antrag genau und detailliert erklärt habe, nicht die
grosse Gefahr aussprechen, die uns droht. In der Diskussion ist sie dann
natürlich zum Vorschein gekommen, nämlich dass die Wiener Bevölkerung ge-
gen die Gemeindeverwaltung insbesondere gegen Slavik diese Aktion wird
nützen. Bis in unsere Partei hinein werden die Funktionäre und auch
Mitglieder vor allem aber unsere Wähler sagen, dass dies eine Gelegenheit
ist, um der Gemeindeverwaltung eines auszuwischen. Günstigstenfalls
werden sie nicht wählen ungünstigstenfalls vielleicht sogar gegen den
Sternwartepark-Antrag der Gemeindeverwaltung. Kreisky befürchtet
daher mit Recht, es wird über diesen sehr ungünstigen Ausgang und ein
solcher tritt ja schon ein, wennvielleicht mit ganz knapper Mehrheit
was ich noch gar nicht sicher bin, der Antrag angenommen wird, dann
die Gemeindeverwaltung antrülich die Regierung für diese Etnscheidung
verantwortlich machen wird.
Zur Sektionsleiterbesprechung hat die Präs. G – Gehart – das erste Mal
einen umfangrecihen Katalog aller oder zumindestens der meisten zur
Besprechung kommenden Materien geliefert. DAdurch kann ich mir vorher
ein Bild des Ablaufes machen. Bock, der mich gefragt hat, ob ich
damit einverstanden bin, hat deshalb von mir nicht nur die ZUstimmung
bekommen, sondern auch meine Anerkennung.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Die Aufzählung genügt mir vollkommen, soll nur
als Schema dienen und ich hoffe, dass dann
abe auch der Diskussion resp. aus den letzten
Gegenbenehiten noch eine gewisse friemütige ERgän-
zugn der einzelnen Sektionen erfolgt. Keinesfalls
will ich haben, dass dies jetzt ein Papierschema
womöglich schon mit schriftlich vorbereiteten Be-
richten, wie dies teilweise die Sektion III jetzt
schon macht, wird.
Die Sektionsleiterbesprechung soll und muss eine Aussprache sein
und nicht ein womöglich mit schriftichen Unterlagen vorgetragenes
Referat, das seelenlos dann vom Vertreter der Sektion referiert wird.
Der nächste Schritt wird nämclich ansonsten, dass wir uns gar nicht mehr
zusammensetzen müssen, sondern dass ein diesbezüglicher Wochenbericht oder
14-Tage-BEricht dann abgeliefert wird. Ein grässlicher Gedanke.
Im Institut hatte ich Gelegenheit, mit Auracher und Gehart über die
Inpadoc zu sprechen. Auracher beschwerte sich bitter, dass er mit dem
Leiter der technischen Seite – Werner – nicht zusammenarbeiten kann.
Disziplinlosigkeit, die bis zu Schwierigkeiten in der Abrechung gehen,
gehen Auracher gegen den Strich . Werner allerdings hat sich sowohl bei
Gehart als auch bei mir beschwert, dass er ebenfalls keine Möglichkeit
hat, mit Auracher zusammenzuarbeiten, weil dieser eine schlechte Men-
schenführung hätte. Ich habe keine Zeit und auch nicht LUst, mich
hier in einen Krieg der beiden einzumischen oder gar vielleicht durch
wöchentliche Schlichtungen meine Zeit und auch meine Nerven dafür zu
opfern. Auracher erklärte dezidiert, er möchte sich in die Agenden von
Werner nicht einmischen, wenn er das GEfühl hat oder wenn eine Vereinbarung
ustandekäme, dass tatsächlich dann im Sinne der Inpadoc von jedem ent-
sprechende gearbeitet wird. Ich schlug ihm deshalb vor, er soll einen
GEschäftsordnungsentwurfmir vorlegen. Dasselbe konnte und sollte auch
Werner tun, sodass wir dann versuchen können, aus den beiden dann sicher-
lich konträren Entwürfen eine gemeinsame schriftliche Lösung zu versuchen,
die beide zwar nicht befriedigen aber vielleicht die ARbeit des Inpadocs
ermöglichen wird. Sollte dieser Versuch auch scheitern, dann weiss ich
selbst auch keinen Ausweg.
Interessant für mich war, dass von der gestrigen Vorsprache der Skiindu-
strie sowohl die Presse als auch der Kurier erfahren haben und von
mir detaillirte INformationen wollten, was wir eigentlich für sie tun.
Zum GLück hatte ich bereits mit Haschek von der Kontrollbank gesprochen
um ihre Exportfinanzierungswünsche dort zu deponieren und Haschek aht
mir zugesagt, er wird etnsprechende BEsprechungen mit der Skiindustrie auf
nehmen. Genauso werde ich mit ÖFVW sprechen, ob es eine Möglichkeit gibt,
was ich fast bezweifele, dass man im Zuge der Österreich-Werbung im Aus-
land auch ohne auf Einzelfirmen einzugehen, die Ski-Problematik in ein
Plakat in irgendeiner Weise aufnimmt. Da ich kein p.R.-Mann bin, kann
ich mir nur vorstellen, dass eine eventuelle Verbindung Österreich-Ski-
fahren, der Skiindustrie in irgendeiner Weise helfen könnte.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Ich werde Langer-Hansel mit diesem ERsuchen konfron-
tieren, bitte vielleicht kannst Du dann mit Schanov-
sky einen Ausweg suchen.
Wenn es gelänge, hier einige ANsätze für die Skiindustrie zu machen, wir
wollen ja auch auf alle Fälle eine Untersuchung ihnen teilweise mitfinan-
zieren, dann könnte man dies als Industrie-Aktivität der Öffentlichkeit
präsentieren.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: BItte lass genau feststellen, wieviel heute die
österr. Bundesregierung mit der Handelskammer gemein-
sam für den österr. Skiverband an Millionenbeträgen
aufwendet.
Fr. Dr. Rameder ist mit Prof. Beranek und Prof. Mang erschienen, da das
Institut für Formgebung, wenn es die Subvention von der Handelskammer
– 150.000 S – und von der Österr. Industriellenvereinigung – 130.000 S –
nicht erhält, liqudieren muss. Das Handelsministerium gibt 150.000 S
und die Handelskammer will hauptsächlich deshalb ausspringen, weil der
Vorstand den Prof. Mautner-Markhof nicht mehr gewählt hat. Direktor
Plach von Wifis, der im Vorstand gesessen ist, hat mir Auböck jetzt im
Rahmen des Wifis einen eigenen Arbeitskreis entwickelt. Ich habe ver-
sprochen, dass ich mit Sallinger über dieses Problem reden werde, da am
Freitag bereits die eigentliche entscheidende Sitzung in der Handelskammer-
stattfinden soll. Rameder erklärte, dass sie erfahren hat, dass die Stim-
mung äusserst negativ ist und mit einer Ablehnung der Subventionsansuchen
zu rechnen ist. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass das Handelsmini-
sterium im Bauzentrum ein Super-Edifikat auf eine Halle hat, die dem
Design-Zentrum zwar formell gehört, aber uns zusteht, da sie bereits vor
7 Jahren mit Handelsministerium-GEld errichtet wurde. Es müssten jetzt
mindestens noch 3 Jahre Ausstellungen dort durchgeführt werden, damit –
wie Rameder meinte – die AfA, d.h. die Abschreibung den Bau amortisiert.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: WEnn es nicht allzuviel Arbeit macht, wäre inter-
essant, wo Aktivitäten, die uns entweder Grund-
eigentum oder Gebäude oder sonstige Vermögenswerte
geschaffen haben in der Vergangenheit von uns finan-
ziert und subventioniert, heute noch zu unserer
Verfügung und unserem Besitz stehen. GIbt es eine
solche Aufstellung ?
Botschafter der DDR Fleck und Gen.Direktor Mayer sowie der Handelsrat
sind gekommen und nicht nur einen Anstandsbesuch bei mir zu machen,
und mich nach Berlin formell einzuladen, sondern auch noch doe offenen
Probleme bei den Vertragsverhandlungen zu besprechen. Es ist unserer
Verhandlungsdelegation – und dazu ist sie zu beglückwünschen – geglückt,
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weitestgehende Einigung über die escape-Klausel und über die Aufstockung der
Importe der DDR aus Österreich – nämlich 7 – 10 % jährlich als Gegenleistung
für unsere Liberalisierung zu erreichen. Die einzige Schwiergkeit ist,
dass die Handelskammer noch immer wünscht, dass im Vertrag in Schilling-
fakturierung in irgendeiner Weise erwähnt wird. Wir haben bei keinem ein-
zigen Ostvertrag dies durchsetzen können. Die Multilateralisierung wurde
nur dadurch zum Ausdruck gebracht, dass man erklärt hat, die REchnungen und
Bezahlungen erfolgen in konvertiblen Währungen. Ich habe – nachdem Gen.
Direktor Meyer erklärte, er müsste unbedingt in einem solchen FAll eine
interministerielle BEsprechung in Berlin durchführen – empfohlen, gegebenen-
falls die Verhandlungen zu unterbrechen. Meisl, aber auch Hillebrandt und
Tschach sowie Schwarz haben nachher gemeint, dies würde ein denkbar
schlechtes Zeichen sein. Sie befürchten, dass in diesem FAll auch sogar die
Zugeständnisse, die Meyer schon gemacht hat, in der DDR genau analysiert
werden und die Verhandlungen sich nachher nur noch mehr versteifen könnten.
Dies glaube ich zwar nicht und ich bon überzeugt, dass aus den weiteren Ge-
sprächen dann Gen.Direktor Meyer sehr wohl zu erkennen gegeben hat, dass
er sich bemühen wird, doch noch eine Kompromisslösung auch für diesen Punkt
zu erreichen. Meisl, aber auch Hillebrandt werden den Handelskammervertreter
neuerdings vor Augen führen, was bereits erreicht wurde und welches Risiko
darin steckt, wenn man sich über diesen letzten Punkt nicht dochnoch in
irgrendeiner Form einigt. Auf alle Fälle haben wir, wenn wir den letzten
offenen Vertrag, nämlich den der DDR, jetzt mit escape-Klausel – Aufstockung
als Gegenleistung für die Liberalisierung, letzten Endes sogar in irgend-
einer Weise die Schillingfakturierung durchsetzen, wirklich in den ver-
gangenen drei Jahren haben praktische ARbeit für die österr. Industrie ge-
leistet. WEnn mann bedenkt, dass tatsächlich die Ostflanke aufgerissen
war, als wir die Arbeit hier aufgenommen haben, dann können wir sagen,
dass jetzt eine weitestgehende Absicherung erreicht werden konnte. In
eventuellen harten Auseinandersetzungen, dass ich für die Industrie
und die österr. Wirtschaft kein VErständnis hätte, werden wir dies einmal
dringendst brauchen können.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Ich frage mich immer, ob wir nicht dann nach Abschluss
des DDR-Vertrages prophylaktisch eine Art kleine Pro-
pagandakampagne starten sollten. Vielleicht allerdings
ist es zweckmässiger, das Pulver trocken zu halten und
abzuwarten, bis die ANgriffe auf einem anderen Sektor
kommen.
Prof. Plasil, der 1948 als sozialdemokratischer Vizepräsident des National-
rates emigrieren musste, fragte bei mir schüchtern an, ob es nicht eine
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Möglichkeit für ihn gebe, sich zu betätigen. Er muss auf Grund der UNIDO-
BEstimmungen mit 60 in Pension ghen, hat aber von Kreisky seinerzeit ein.
mal einen Hinweis erhalten, dass die Österreicher sich bemühen solltn,
diese UNIDO-Beamten nachher wieder hie uns zu beschäfitgen. Er hat sich
deshalb an Kreisky vor etlichen Monaten gewendet, der hat ihn an die ÖIAG
verwiesen. Gen.Direktor Geist hat ihm immerwieder erklärt, es gäbe schon
Möglichkeiten, insbesondere nach der grossen Stahlfusion usw. Nun hat er
einen Brief bekommen, dass sein Typ als Fachmann nicht gebraucht werden
könnte. Prof. Plasil, den Wanke sehr gut kennt, fragte nun bei mir an,
ob wir eine VErwendung für ihn haben. Er erklärt sich von vornherein ein-
verstanden, dafür keine Bezahlung zu bekommen. Maximal erwartet er, dass
wenn man ihn irgendwo hin schickt, die Reisekosten verrechnen kann, was
ja selbstverständlich ist. Meisl und Heindl, die ich für diese BEspre-
chung zuzog haben dann eine phantastischen Vorschlag gehabt, nämlich
Meisl meinte, er sollte als Fachmann, sprachkundig und internationale
Verbindung besitzend – er war in der ECE ebenfalsl sher lange tätig,
im Europa-Institut mitarbeiten. Dieses Institut führt bis jetzt ein kümmer-
liches Dasein, weil sowohl unsere Leute vom Büro kaum Zeit finden können,
die Arbeit dort wirklich zu aktivieren. ZIelführend wäre eine leiten-
de Position für Plasil dort zu schaffen. Plasil aht mir allelrdings
gesagt, er wäre bereits als Experte einverstanden, auch dort in unter-
geordneter Position mitzuarbeiten. Da wir aber selbst ja gar keine Leitungs-
funktionäre stellen können, die entsprechende Zeit haben, wird es
zielführend sein, hier Plasil wirklich eine einmalige Chance zu geben,
das Europa-Institut zu aktivieren und damit unsere Idee endlich zum
Durchbruch zu bringen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: BItte einen entsprechenden Vorschlag konkret mit
unserem Büro und Meisl ausarbeiten und mit Plasil
bespchren.
Gen.Dir. Freibauer von der Universale wollte, dass ich mich stärker ein-
schalte, damit die Rohrisolierung, die Universale mit Spie Patignol
einer franz. Firma in Österreich, betreiben, auch in Algerien zum Zug
kommen könnten. Ich habe ihn über die Gasverträge der Austria-Ferngas
und Konsortium sowie der Algerier eingehend informiert. Freibauer wird
voererst mit Reisinger und Gruber sprechen, um eine Unterstützung für
das Gasleistungsgeschäft in Algerien zu bekommen, die franz. Firma
fürchtet, dass sie als Ressentiment oder sonstigen GRünden in Algerien
nicht so leicht zum Zug kommt als die österreichische Firma, an der sie ja
massgebend beteiligt ist. Für die neue Europa-MOKA-Leitung müsste sich
Freibauer, wie ich ihm erklärte , mit der ÖMV, die 51 bekommt, ins Ein-
vernehmen setzen.
Ich habe mit Freibauer auch gleichzeitig die Angriffe wegen des Bau-
kostenindexes diskutiert. Freibauer war interssanterweise von seiner Innung
ebenfalls falsch informiert. In so einer wichtigen Frage hat niemand die
tatsächlichen Erhebungen, die bereits im statistischen Zentralamt-Nachrich-
ten veröffentlicht wurden , gelesen und behauptetdeshalb, es handelt sich
bei dem Index um Anbotspreise, was bereits durch diese seinerzeitig
PUblikation widerlegt ist, weil dort genau drinnensteht, dass es sich
immer um Zuschlagspreise handelt. Darüber hinaus werden die 43 Baumei-
ster nicht manipuliert sondern wurden auf Grund einr Umfrage auch frei-
williger Basis ermittelt. Die grossen Betriebe, die sich jetzt be-
schweren, dass sie nicht berücksichtigt wurden, haben wahrscheinlich
damals abgelehnt sich an dieser Indexberechnung, d.h. an den Erhebungen
zu beteiligen. Freibauer sagt, dass er jetzt für den Aufsichtsrat UNter-
suchungen angestellt hat, und dass dort eine ca. 8 %-ige Verteuerung
im Vorjahr festzustellen sei. Freibauer wird dieses ganze Problem noch
einmal mit seinen Fachleuten besprechen und mir dann entsprechend BEscheid
sagen.
ANMERKUNG FÜR GEHART TUND KOPPE: Vielleicht wäre es zielführend, wenn in
Hinkunft eine solche Streitfrage entsteht, das
wir unverzüglichst versuchen, uns ein entsprechend
Bild zu machen und dann beim nächsten Pressefrüh-
stück aufklärend wirken , oder wo es sehr dringend
ist, sofort eine INformation hinasugeben.
Natürlich wäre es eigentlich Aufgabe des Statistischen Zentralamtes, welches
so schwer beschuldigt wurde, sofort zu reagieren. Zu meiner grössten Ver-
wunderung dauert es aber auch bei heftigsten Angriffen tagelang, bis sich
ein Amt wehrt. Dass Kreisky neben seinen vielen Agenden nicht auch noch
die Aufgabe der VErteidigung der Statistischen Zentralamtes und deren
Publikationen übernehmen kann, erscheint mir selbstverständlich. Hier
würdeich an seiner STelle eben z.B. Veselsky generell und durch Anwei-
sung beauftragen, diese GEsichtspunkte wahrzunehmen.
Bezirksrat Berger, der von den Sektionsleitern an erster STelle als
neuer Bezirksvorsteher vorgeschlagen wurde, hat im Prinzip bei mir
diesen Vorschlag angenommen. Er fühlt sich durch diesen Beschluss sehr
geehrt, muss aber natürlich vorher mit seinem Dienstgeber – Siemens –
reden, ob uns inwieweit er seine Rechte, die er sich dort durch 30-jäh-
rige Tätigkeit erworben hat, gewahrt erhält. Ich empfahl ihm auch, dass
er sich mit seiner Frau über diese neue Tätigkeit genau aussprechen sollte
Da wie er mir mitteilte, sein Sohn jetzt geheiratet hat und von zu Hause
weggezogen ist, wird es umso mehr für sein Famielienleben von Bedeutung
sein, ob und inwieweit seine Frau hier dieser neuen Tätigkeit zustimmt.
Ein gewisses Risiko bleibt es auf alle Fälle. Niemand weiss, wie lange
wir den Bezirksvorsteher stellen können und natürlich muss es sich finan-
ziell und vor allem einmal wegen seiner Pension absichern. Die beste Lö-
sung wäre, wenn er einen Karenzurlaub bekommen könnte. Er sagte aber mit
Recht, dass er als TEchniker immer den Kontakt weiterbraucht, weil er anson-
sten bei Wiedereintritt vollkommen abgehängt ist. Dies ist auch der Grund,
warum er sich bis jetzt als Betriebsratsobmann nicht freistellen liess.
Hier zeigt sich, dass Jacky ein sehr vernünftiger und weitblieckender Mensc
ist. Er hat nicht um des Vorteiles willen als freigestellter vielleicht
mehr Freizeit zu haben, eine berufliche Karriere geopfert.
In der Bezirksausschuss-Sitzung meinte Adelpoller ganz am Ende nach einer
sehr langen Diskussion über Bezirksprobleme, er hätte eigentlich eine
politische DIskussion erwartet. In Wirklichkeit meinte er, wir hätten auf
Grund derletzten BEsprechungen mit den Sektionsleitern bereits im Be-
zirksausschuss die Personalfragen diskutieren sollen. GEnau dies anber
wollte ich nicht. Zuerst müssen wir die ganze Personalprobleme im Be-
zirksvorstand besprechen, vor allem muss ich ja wissen, wie sich Berger
endgültig entscheidet, bevor wir die BEschlüsse im Vorstand, Bezirksausschuss
und Bezirkskonferenzen dann herbeiführen.
Weisbier hat dann übrigens vorgeshlagen, dass wir auf unserer nächsten
Bezirkskonferenz am Donnerstag auch REsolutionen beschliessen sollen,
die auf der einen Seite die Regierung in ihrem Kampf unterstützt und auf
der anderen SEite aber endlich für unseren Bezirke entpsche Kinder-
spielplätze, Sportplätze undsonstige ERholungsräume fordert.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte diese Resolutionen mit Tischler und Weisbier
vorbereiten.
Interessant war, dass ganz zum Schluss dann och eine Diskussion über die
Zweckmässigkeit des Wirtschaftswachstums und die Verteilungsproblematik
von den jüngeren Genossen angeschnitten wurde. Hier zeigt sich das UNge-
hagen auch in unserer Partei, das über die Verteilungsproblematik und über
die Veteilungspolitik in den lezten Monaten und JAhren nicht nur nicht ein-
mal diskutiert wurde, geschweige denn eine Verteilungsänderung d.h. wenn
amn will ein Klassenkampf härter geführt wurde. Auch dies ist zweifelsohne
ein UNbehagen, welches sich schön langsam jetzt in unserer Bewegung sicher-
lich bei den jüngeren Genossen stärker als bei den älteren zum Vor-
schein kommt.
Tagesprogramm, 15.5.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 71. Ministerratssitzung, 15.5.1973
16_0562_02hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)