Ostern 1973
Der Hauptdiskussionspunkt ist die zukünftige Preisgestaltung in
Österreich. Ich schlage vor, dass wenn ich die grosse Preiskompetenz
mit 1.1.1974 bekomme, doch auf alle Fälle eine neue konzeptive
Preispolitik vorlegen müsste. Tommy Lachs teilt diese Meinung, zum
Unterschied von Zöllner in der AK, der ein Preisregelungsgesetz
resp. ein Preisgesetz vorlegen möchte, das alle Wünsche einer admi-
nistrativen Preispolitik beinhalten sollte, wie Lachs doch ein wirk.
sames Preisgesetz, das aber noch vielleicht von den Sozialpartnern
akzeptiert werden kann. Zöllners Idee ist nach wie vor, ein extremes
Preisgesetz, das die ÖVP ablehnt, die Sozialisten dann das derzeitige
auslaufen lassen und die Landeshauptleute die ausschiessliche Verant-
wortung dann für die Preisentwicklung tragen, da die Kompetenzen auf
sie übergehen würden. Ich bezweifle, dass die SPÖ, d.h. auch die Bun-
desregierung sich traut, mit 1.1.1975 knapp vor den Wahlen die gesamte
Preisregelung auslaufen zu lassen. Zöllner spekuliert damit, dass dann
in der letzten entscheidenden Phase bei den Verhandlungen die ÖVP nach-
geben wird, da auch sie kein Interesse daran hat, dass die gesamte
Preisregelung den Landeshauptleuten übertragen wird. Meiner Politik
würde es entsprechen, so weit wie möglich den Landeshauptleuten
Kompetenzen abzutreten, gleichzeitig aber eine gewisse zentrale
Möglichkeit der Preisbeeinflussung bei extremen Preissteigerungen
für einzelne Güter und Dienstleistungen zu behalten. Dr. Lachs vom
ÖGB wieder möchte, dass ausschliesslich den Sozialpartnern die
Preispolitik übertragen wird, da er fürchtet, dass weder sein Prä-
sident noch auch die anderen bereit sind, auf Sozialpartnerebene
die ganze schwierige Arbeit zu leisten. Wahrscheinlich wäre dies
wie ich es seinerzeit bei der ersten Regierungserklärung vorgeschla-
gen habe, noch möglich gewesen. Damals hätte man, wenn es nach mir
gegangen wäre, einen einzigen Satz in die Regierungserklärung auf-
genommen, dieser hätte sinngemäss lauten sollen: Dass die Bundes-
regierung die Tätigkeit der Sozialpartner auf Lohn- und Preisgebiet
so wie bisher weitgehend unterstützt. Damit wäre die Verantwortung
oder zumindestens die Mitverantwortung weitgehend von der Bundesre-
gierung abgenommen worden. Ich kann natürlich jetzt nicht sagen,
ob die Sozialpartnern damals mit an diesem Paket getragen hätten,
doch war damals vielleicht noch eine gewisse Chance, dies durchzu-
setzen. In der Öffentlichkeit selbst rechnet man ja auch selbst jetzt
15-0469
noch immer den Sozialpartnern die Hauptverantwortung für eine
ruhige Lohn- und Preisentwicklung und insbesondere für das ruhige
soziale Klima zu. In Wirklichkeit hat sich die Situation ja insofern
noch für uns verschlechtert, als man die Ursachen der Preissteigerung
hauptsächlich dem Finanzminister wegen seiner Steuern und Fiskalpolitik
anlastet. Ob es gelingt, jetzt ein System der Preispolitik zu finden. w
wo die Sozialpartnern stärker herangezogen werden, traue ich mir von
vornherein nicht zu behaupten. Versuchen sollten man aber auf alle
Fälle, eine bessere Lösung zu erreichen. Lachs selbst ist bereit,
eine neues Preisregelungs – oder überhaupt umfassendes Preisgesetz
zu akzeptieren, wo die Sozialpartnern und Landeshauptleute stärker
herangezogen werden. Dies könnte durch eine weitestgehend Auflockerung
der administrativen Preispolitik erfolgen. Lachs selbst wäre auch einver-
standen, wenn die Handelskammer diesbezügliche Vorschläge macht, das
alle Preiselemente der verschiedenen Gesetze, vom Preisregelungsgesetz
bis zum Rabattgesetz und der Ausverkaufsordnung, in ein wirtschaftli-
ches Preisgesetz zusammengefasst werden. In diesem müssten nach seiner
Auffassung aber der Kontrahierungszwang für Produzenten, für Händler
vorgesehen sein. Ausgehend von der Tatsache, dass einzelnen Produzen-
ten wie z.B. Skierzeuger nicht alle Händlerbeliefern, die als Diskonter
auftreten, möchte er eine Lieferverpflichtung von den Produzentenfirmen
erreichen. Zweitens verlangt er im neuen Preisgesetz vorzusehen, dass
ausländische d.h. multinationale Konzerne und Produzenten verpflichtet
werden, die inländischen Preise genauso zu gestalten, wie sie im
billigsten Ausland, d.h. auf Drittmärkten verlangen. Wenn die Unter-
nehmung nicht bereit ist, eine solche Preispolitik zu machen, dann
soll der Staat, d.h. das Handelsministerium berechtigt sein, auf Grund
des Preisgesetzes eine solche Preispolitik zu erzwingen. Lachs möchte
dass wir ein solches Preisgesetz ausarbeiten, Und diese beiden Punkte
unbedingt aufgenommen werden sollen. Ansonsten ist er mit dem Prinzip
einverstanden, eine weitestgehende administrative Preislockerung ein-
zuführen, d.h. die Rute im Fenster-Politik mitzumachen , glaubt aller-
dings auch nicht, dass die Handelskammer hier aktive Vorschläge machen
wird.
Fritz Gehart hat mir einen Bericht über die letzte INPADOC-Aufsichts-
ratssitzung geschickt. In einer Aussprache zwischen Auracher, Werner
Gehart und mir wurde seinerzeit festgelegt, dass vor jeder Aufsichts-
ratssitzung eine fraktionelle Besprechung stattfinden sollte. Ich
weiss nicht aus welchen Gründen sich Auracher an diesen Beschluss
nicht hält. Die Spannungen zwischen den einzelnen Aufsichtsratsmit-
15-0470
gliedern und dem Geschäftsführer Auracher werden dadurch nicht ab-
gebaut. Zu meinem grössten Bedauern gelingt es scheinbar nicht, in der
Geschäftsführung der INPADOC und vor allem auch in den Beziehungen
zum Patentamt und der Wipo, in Genf besser Beziehungen herzustellen.
Auracher ist es bis jetzt gelungen, vom Finanzministerium selbst
ganz grosse budgetäre Ansätze zu bekommen. Dies ist zweifelsohne ein
sehr grosses Verdienst. Leider ist es ihm bis jetzt nicht geglückt,
ein Arbeitsklima zu erreichen, wonach mit ruhiger Entwicklung auf dem
Inpadoc-Sektor gerechnet werden kann.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich glaube, wir sollten eine Organisationsform
auch auf diesem Sektor finden, ähnliche wie es
Dir geglückt ist, auf dem Fremdenverkehrsgebiet
zu erreichen. Ich glaube, dass man auf fraktionelle
Besprechungen unbedingten Wert legen muss
Samstag vor Ostern hatte ich erstmalig Gelegenheit mit anderen Be-
zirken über Zwischenwahlkontakten gemeinsame Aktionen zu starten.
Eine leider verregnete Marktdiskussion im 17. Bezirk habe ich sofort
in eine Stadtbahnstation Alserstrasse verlegt. Leider ist dort nicht
annähernd ein solcher Verkehr und eine solche Bewegung wie dies im
AEZ, d.h. bei der Stadtbahn- und Schnellbahnstation Landstrasse der
Fall ist, zu verzeichnen. Ein Kaufhausbesuch bei Stafa von der
dortigen Bezirksorganisation organisiert, endete in einem bescheidenen
Oster-Frühstück. Mir wäre es aber viel lieber gewesen, wir hätten dort
mehr mit Passanten diskutiert. Überhaupt müsste jetzt im Hinblick
auf die Wahl der Wiener Gemeindeverwaltung 1974 im Frühjahr bereits
eine stärkere Aktivität einsetzen. Das schlechteste ist, wenn sich im
letzten Moment knapp vor der Wahl durch Versammlungen und sonstige
Aktivitäten die Bevölkerung angesprochen werden soll. Hier haben
wir auf der Landstrasse doch glaube ich gewisse bessere Startbedingungen
weil wir eben unsere Passagendiskussionen und unseren Kontakt mit
Wählerschichten, sei es Akademiker oder jetzt neu aufbauend mit
Gewerbetreibenden rechtzeitig und über die Wahlzeit hinaus das ganze Jahr
kontinuierlich fortsetzen. Bei den Sektionsleitern kam dann in einer
furchtbar langen Sitzung auch der Wunsch zum Durchbruch, bereits jetzt
über die zukünftigen Kandidaten, die 1974 sei es als Bezirksvorsteher
oder Bezirksvorstehung, sie es als Gemeinderäte oder als Stadtrat
zur Diskussion gestellt werden sollen. Die Sitzung dauerte deshalb
auch bis nah 11 Uhr. Anschliessend meinte noch Adelpoller zu mir,
er sei der Meinung, dass wir dieses ganze Problem erst im Präsidium
hätten besprechen sollen. Er glaubt auch, dass die vorzeitige Fest-
legung von Kandidaten sich nur schlecht auswirken wird. Er erinnerte
15-0471
daran, dass seinerzeit als wir unsere Sektionsleiter Glaser und Weber
vorzeitig aufgestellt haben, die dann letzten Endes nicht zum Zuge
kamen, sehr viel Unruhe unter die Sektionsleiter gebracht haben. Hier
allerdings kann ich mich sehr genau erinnern, war genau der umgekehrte
Weg eingeschlagen worden. Im Präsidium oder zumindestens er als Obmann
hat den beiden gewisse Hoffnungen gemacht. In der weiteren Folge konnte
er aber dies nicht mehr durchziehen. Das Endergebnis war, dass die
beiden sehr verbittert gewesen sind. Ich glaube, dass unser Weg derzeit
der bessere ist, dass wir ganz freimütig, wenn die Sektionsleiter dies
wollen, über die Besetzung diskutieren sollen. Ein endgültiger Beschluss
kann doch erst bei den beschlussfassenden Organ, das ist die Bezirks-
konferenz, gefasst werden. Dort wird man aber in Hinkunft nicht mehr
sagen, dass das Präsidium oder gar vieleicht die Wiener Organisation
bestimmt hat, wer bei uns im Bezirk kandidieren sollte.