Sonntag, der 1. April 1973

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Sonntag, 1. April 1973

Da ich unserem Vorstandsmitglied der christlichen Fraktion Tuscher
versprochen hatte, wenn ich einmal nach Schärding komme, auch seinen
Betrieb zu besuchen, musste ich bereits um 7 Uhr mein Versprechen
einlösen. Tuscher selbst, der ausserhalb Schärdings wohnt, kam deshalb
ein bisschen später. Der Direktor aber und der Besitzer waren bereits
anwesend und führten mich durch den sehr interessanten Mittelbetrieb.
Die Besitzer der Baumgartner Brauerei, so heisst sie, haben keine
Sorgen wegen der österreichischen Giganten, ob es sich jetzt um
die Brau AG oder die Brauereien der Betriebsberatungsgesellschaft
Schwechater, Reininghaus usw. handelt. Die wirkliche Konkurrenz
befürchten sie aus dem deutschen Mittelbetrieb, die im Zuge der Inte-
gration wahrscheinlich stärker nach Österreich drängen werden. Derzeit
ist der Bierpreis in Bayern nur unvergleichlich höher, wird aber
sich im Laufe der Zeit angleichen. Die österr. Unternehmer, aller-
dings in der Hoffnung, dass sich der österr. Bierpreis auf das Niveau
der bayrischen Bierpreise einstellen wird. Ich bin überzeugt, dass auch
eine Gegenbewegung, nämlich billigere bayrische Biere nach Österreich,
einsetzen wird und kann. Bei dieser Besichtigung habe ich auch
NR Kinzl von der ÖVP getroffen, der mit NR Zittmayer vom Schärdinger
Molkereiverband die Bauerndemonstration gegen Kreisky, Androsch und
Weihs organisierte. Kinzl meinte zwar, sie würden alles daransetzen,
damit keinerlei unliebsame Vorfälle entstehen können, doch beabsichtig-
ten sie 500 bis 700 Bauern zusammenzuziehen. Ich selbst diskutierte
die Erfahrungen, die ich bei den Bauerndemonstrationen in den letzten
tagen gehabt habe und Kinzl meinte, so wie übrigens auch LH Niederl
und LR Krainer mir in Graz versicherten, dass es nicht sehr zielführend
ist, zu mir Bauern zu schicken, da ich mich über eine solche Demonstra-
tion ja nie aufrege, sondern ganz im Gegenteil, so etwas liebe, da
kommt nämlich ein bisschen Bewegung in Versammlungen, Spüren glaube ich
auch die Spitzenfunktionäre auf der anderen Seite, dass es nicht sehr
viel Sinn hat, sich mit mir anzulegen.

Bei der Aussprache mit den Unternehmern war zuerst ein Fotograf an-
wesend und ich habe angenommen, dass er von der Handelskammer ge-
schickt wurde. Ich ersuchte deshalb alle, sie sollten, nachdem der
Fotograf aussen eine Aufnahme machen wollte, wir sollten uns doch
als Erinnerungsbild vor der Aufschrift Bezirksstelle Handelskammer
zusammenfinden. Nachher erfuhr ich erst, dass dies ein Fotograf der
sozialistischen Presse war und Ebner, der drinnen blieb meinte, dass


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die Wirtschaftsbündler fragten, da können wir doch nicht mittun, wir
erscheinen dann womöglich in der sozialistischen Presse. Einige Unternehmen
waren bereit, sich mit mit abbildeln zu lassen. Als ich dann erfuhr
dass der Fotograf sogar erklärt hatte, dass er im Auftrag der Regierung
gekommen sei, musste ich mich und das habe ich wirklich aus vollem Herzen
getan, entschuldigen, da ich davon nichts gewusst habe.

Die Diskussion mit den Unternehmern zeigte deutlich, dass Ebner die Si-
tuation falsch einschätzte oder sie mir doch positiver berichtete. Er
meinte, dass die Unternehmer begeistert waren, dass sich jetzt endlich
jemand im Detail für ihre Probleme interessiert und sie die Initiative
meinerseits begrüssten. In Wirklichkeit stellt sich dann bei der Dis-
kussion heraus, dass sich de Unternehmer, die – wie sie sich ausdrückten
160 Jahre vergessen wurden, auch in den letzten drei Jahren erwartet
hätten, dass sehr wohl auf Grund der Vorsprachen bei Bundeskanzler in
Wien wo ich auch anwesend war, die Regierung seit ca eineinhalb Jahren
entsprechende Schritte hätte müssen beschliessen. Sie legten mir eine
Resolution vor, die sie bereits am Vortag auch Kreisky gegeben haben
und mit einem entsprechenden Forderungsprogramm. Ich habe deshalb
so wie immer ganz dezidiert abgelehnt, über Probleme, die andere Ressorts
betreffen, insbesondere steuerliche Erleichterungen zu verhandeln. Der
Hinweis, dass in OÖ diese Forderungen nicht nur zwischen der Landes-
regierung und der Handelskammer sondern auch mit der Arbeiterkammer
abgesprochen und von allen einstimmig beschlossen wurde, habe ich ge-
flissentlich überhört. Ich verwies darauf, dass ich im Rahmen der
Sozialpartnerschaft versuchen werde, für die Bürges und die Gewerbe-
struktur Richtlinienänderungen herbeizuführen, wonach auch Ansuchen aus
diesem Raum als Schwerpunkte gelten können. Dasselbe gilt auch für
Fremdenverkehrsansuchen. Dezidiert habe ich aber erklärt, dass man nur
jeden einzelnen Fall konkret mitteilten soll, wo man sich benachteiligt
fühlt und ich werde diesen konkreten Fall dann eingehend prüfen.
Zum Glück kam mir dann ein Unternehmer indirekt zu Hilfe, indem er
erklärte, er hätte für die produktive Arbeitsmarktförderung entspre-
chende Ansuchen laufen gehabt und die Sozialministerium-Bürokratie
hätte monatelang dies verzögert und Häuser hätte dann in ein paar Tagen
endgültig positiv entschieden. Ich erklärten ihnen also, dass ich
auch bereit wäre so wie Häuser jeden konkreten Fall im einzelnen zu
überprüfen. Mehr habe ich nicht zugesagt, Von einer Begeisterung, dass
ich mich jetzt überhaupt mit dem Problem im OÖ. Raum beschäftige, konnte
ich beim besten Willen bei den Unternehmern nichts feststellen. Hier
dürfte Ebner den grossen Fehler aller Beamten machen, dass sie bestrebt


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sind, dem Minister seine Tätigkeit in irgendeiner Weise zu loben.

Die sozialistische Raumordnungskonferenz mit Deutschland, Italien und
der Schweiz begann mit einer kurzen Einleitung von Androsch. Interessanter-
weise hat mich Kreisky im letzten Moment durch Häuser aufgefordert,
ich sollte ergänzende Bemerkungen dazu machen. Als ich darauf hinwies,
dass auch im Zuge der Integration der ganze Grenzraum anders betrachtet
werden muss und vor allem ein gewisser Vorteil von den Pendlern, die
ihr Geld, das sie in Bayern verdienen und in Oberösterreich ausgeben, die
Fremdenverkehrsbetriebe und Gewerbebetriebe dadurch einen Vorteil haben,
hat KREISKY SOFORT WIDERSPROCHEN. Er meint, dass wir diese Devisen
nicht brauchen, die Wertschöpfung in Deutschland erfolgt, deshalb
zwischen Deutschland und Österreich auf sozialistischer Ebene das weitere
Vorgehen abgestimmt werden soll. Minister Vogel meinte dann noch, die
Unterstützungen wird haushoch überschätzt. Er nannte auch ganz unbedeuten-
de Ziffern, im Raum Passau als Staatsunterstützungen gegeben wurden.
Ebner selbst, der bei der Konferenz anwesend war und in der Pause
als ich bereits in Passau verhandelte mit Vogel konkrete Gespräche führte
war auch selbst ganz erschüttert über die geringen Subventionen, die
drüben gegeben wurden. Ebner hat vereinbart, dass er die Detailinforma-
tionen von Vogel bekommen kann. Der Passauer soz. Abgeordnete aber
hat sich gleich ganz entschieden gegen eine Reduzierung ausgesprochen
sondern Investitionshilfe verlangt, angeblich werden 10.000 DM pro
Arbeitsplatz bezahlt um die Abwanderung von Passau und dessen Raum nach
München zu verhindern. Vogel begrüsste, dass ich mit Friderichs Kontakt
aufgenommen hatte und auch jetzt mit Jaumann Besprechungen führen
werde und meinte nur, auch auf dem Raumordnungsgebiet müsste die Raum-
ordnungsminister, in dem Fall er und Kreisky näher kooperieren.

Die Besprechung mit Minister Jaumann, Dr. Eberle von Baden-Württem-
berg und Min.Dirigent Heitzer auf der einen Seite und Gen.Dir. Bauer
und mir erstreckte sich hauptsächlich auf die Gasgesellschaften, Gas-
politik und Gasleitung in Oberösterreich nach Deutschland. Die bayrisch- würtembergische Regierung hat sich noch nicht endgültig entschieden,
und hat Berechnungen, dass es für sie preiswerter und zweckmässiger ist,
über Fossionär das algerische Gas zu beziehen und nicht Molfalcone.
Diese Berechnungen können. wie Gen.Direktor Bauer andeutete und auch
ich glaube, nur auf falscher Basis beruhen. Auf alle Fälle ist noch
nicht endgültig entschieden, ob Württemberg über Monfalcone beziehen
wird. In diesem Fall würden 2 Mia für Bayern und 2 Mia für österreich
von Monfalcone kommen. Der hauptsächlichste Grund der Aussprache von


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Jaumann und Eberle waren aber zu klären, zu klären, wie weit die
ÖMV mit der Ruhrgas Verträge hat, um die innerdeutsche Problematik,
das Überwiegen der Ruhrgas gegenüber den süddeutschen Gesellschaften
weiter zu festigen. In Deutschland gibt es innenpolitisch dasselbe
Problem wie bei uns zwischen ÖMV und Austroferngas. Ich war sehr
froh, dass Bauer anwesend war, er musste das Essen nicht einmal bezahlen
da Jaumann natürlich sofort erklärte, dass wir seine Gäste sind. Diese
Detailinformationen hätte ich den Deutschen nicht geben können. Da
Jaumann über diese Aussprache sehr befriedigt war, hat er mir auf meinen
Wunsch dann auch bezüglich der Investitionen im Grenzraum Bayern
eine wie ich glaube doch bedeutende Zusage gemacht. Er meinte, dass
es für die Bayern nicht entscheidend sei, ob diese 9.000 Grenzpendler
im bayrischen Raum arbeiten, sieht nur keinerlei Möglichkeiten, dies
zu verhindern. Da unsere Unternehmer glauben, dass es die Investitions-
politik und Subventionspolitik des bayrischen Staates ist, erklärte
sich Jaumann bereit, meinen Wunsch zu erfüllen und die Projekte vorher
nur zur Information zu schicken. In diesem Fall könnte ich dann unsere
Einwände und Bedenken geltend machen. So wie ich also mit Friderichs
in Bonn einen Austausch der Erfahrungen habe, kann man auch jetzt
mit Jaumann in München hier sogar durch Übersendung der konkreten Pro-
jekte, mindestens eine bessere Information erwarten. Wenn es nämlich
stimmt, dass tatsächlich nur so geringe Mittel in den bayrischen
Raum de fact geflossen sind, dann glaube ich, fällt die Argumentation
der Oberösterreicher in sich zusammen. Wenn auch LH-Stv. Fridl
jetzt erklärt, es müssten gezielte Massnahmen für diesen Raum ergriffen
werden, wird es sehr davon abhängen, ob und inwieweit die Deutschen
wirklich im bayrischen Raum diese wie die österr. Unternehmer sagen,
unverantwortlichen hohen Subventionen bezahlen, wahr ist oder nicht.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte sofort spätestens bei Rückkehr von Gehart
Kontakt mit Min.Dirigenten Heitzer aufnehmen.

Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
GND ID: 130620351


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      Tätigkeit: BRD-Wirtschaftsminister
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                Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                    Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                            Tätigkeit: oö. SPÖ-Politiker


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